Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210578/15/Bm/Sta

Linz, 15.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn H G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W W. N, P, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr.  vom 18.5.2011, BauR96-56-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Oö. Bauordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25.9.2011 zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 18.5.2011, BauR96-56-2010,  wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs.1 Z9 iVm § 43 Abs.1 Oö. Bauordnung 1994 und § 57 Abs.2 Oö. Bauordnung verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben am 20.12.2010 um 17.36 Uhr die auf dem Grundstück Nr., KG. P, Gemeinde G, errichtete bauliche Anlage benützt, obwohl Sie die Fertigstellung dieser baulichen Anlage der Baubehörde nicht angezeigt haben."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben und dies im Wesentlichen damit begründet, der Bw habe keine Rechtsvorschriften verletzt und keine Verwaltungsübertretungen begangen. Der von der Behörde festgestellte bzw. zu Grunde gelegte Sachverhalt entspreche nicht der Wahrheit. Die Rechtfertigungen und Stellungnahmen seien inhaltlich nicht berücksichtigt worden, vom Bw angebotene bzw. beantragte Beweise nicht aufgenommen worden. Die Richtigkeit der vom Bürgermeister A gemachten Angaben seien nicht überprüft worden, obwohl dieser als befangen und unglaubwürdig abgelehnt worden sei, weil er sich in der gesamten Bauangelegenheit des Bw von unsachlichen persönlichen Motiven leiten lasse.

Es werden daher die Berufungsanträge gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, im Ergebnis keine Verwaltungsstrafe, jedenfalls nicht in dieser Höhe zu verhängen; die Sache gegebenenfalls zur Durchführung eines ergänzenden ordentlichen Verfahrens und  neuerlichen Bescheiderlassung an die Erstinstanz zurückzuverweisen; in eventu den Bescheid dahingehend abzuändern, dass keine bzw. eine niedrigere Verwaltungsstrafe verhängt wird.

  

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt; da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.9.2011, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter erschienen sind und gehört wurden. Als Zeugen einvernommen wurden Herr Bürgermeister G A sowie Bauamtsleiter C R.

 

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Bw ist Eigentümer des Grundstückes Nr. , KG. P. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G vom 9.9.2008 wurde dem Bw die Baubewilligung für die Errichtung eines Stallgebäudes samt Remise auf diesem Grundstück erteilt. Nach Erteilung der Baubewilligung wurde vom Bw auch mit der Errichtung eines Gebäudes begonnen.  Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G vom 10.11.2008 erfolgte für das vorgenannte Gebäude eine Baueinstellung, da festgestellt wurde, dass das Bauvorhaben nicht den bewilligten Plänen entspricht. Daraufhin wurde vom Bw ein Bauänderungsplan eingereicht, welcher jedoch nicht bewilligt wurde. Zur Zeit wird das vom Bw vorgelegte Bewirtschaftungskonzept beim Amt der Oö. Landesregierung begutachtet.

Entgegen dem Baueinstellungsbescheid wurden im Frühjahr 2010 die Bauarbeiten wieder aufgenommen und ein Gebäude im Ausmaß von ca. 13 x 7m errichtet.

Am 20.12.2010 wurde vom Bürgermeister gemeinsam mit dem Bauamtsleiter der Gemeinde G ein Lokalaugenschein auf dem Grundstück Nr. , KG. P, vorgenommen und dabei das Gebäude von außen besichtigt.

Eine Innenbesichtigung des Gebäudes wurde nicht vorgenommen.

Von den Zeugen R und A wurde festgestellt, dass vor dem Gebäude Autos abgestellt wurden, sich Herr G im Inneren des Gebäudes befunden hat, im Gebäude Licht brannte und die Heizung in Betrieb war.

Weitere Beobachtungen, insbesondere dahingehend, dass zum Tatzeitpunkt das in Rede stehende Gebäude als Wohngebäude oder auch als Stallgebäude benutzt wurde, konnten die Zeugen nicht schildern.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden von den Zeugen zwar Fotos über die Innenausstattung des in Rede stehenden Gebäudes vorgelegt, die wohl den Schluss zulassen, dass das Gebäude als Wohngebäude genutzt wird, allerdings stammen diese Aufnahmen vom behördlichen Überprüfungszeitpunkt 17.5.2011, der nicht vom Tatvorwurf umfasst ist.   

 

Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem Akteninhalt und den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen sowie des Bw.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 57 Abs.1 Z9 Oö. Bauordnung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine bauliche Anlage, deren Fertigstellung gemäß § 43 leg.cit. anzuzeigen ist, ohne Baufertigstellungsanzeige benützt oder benützen lässt und ist mit einer Geldstrafe bis 36.000 Euro von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen.

 

Nach § 43 Oö. Bauordnung ist die Fertigstellung des Neu-, Zu- oder Umbaues, die keine Kleinhausbauten oder Nebengebäude sind, vom Bauherrn der Baubehörde schriftlich anzuzeigen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommen Tat geht dahin, dass am 20.12.2010 vom Bw die auf dem Grundstück Nr. , KG. P, errichtete bauliche Anlage benützt wurde, obwohl dieser die Fertigstellung dieser baulichen Anlage der Baubehörde nicht angezeigt hat.

 

Dieser Tatvorwurf konnte allerdings im Rahmen des Beweisverfahrens für den vorgeworfenen Tatzeitpunkt weder im Hinblick auf die Fertigstellung noch im Hinblick auf die Benützung des Gebäudes mit einer für das Strafverfahren an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Vom Bw wird vorgebracht, dass zu den Tatzeitpunkten das Gebäude nicht als Wohnhaus benutzt wurde, sondern zu diesem Zeitpunkt lediglich nach dem Rechten geschaut wurde. Das Beheizen des Gebäudes wurde damit begründet, dass dies erforderlich sei, um Schäden hintanzuhalten.

Die Wahrnehmungen der Zeugen konnten dieses Vorbringen - das auch nicht völlig realitätsfremd ist - nicht widerlegen, zumal das Gebäude nur von außen beobachtet wurde.

In Beachtung des Grundsatzes in dubio pro reo war sohin auf Grund des mangelnden Beweisergebnisses das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

Anzuführen ist noch, dass Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit Benützung einer baulichen Anlage ohne Baufertigstellungsanzeige bei der Baubehörde, sofern mehrere von einem einheitlichen Tatwillen umfasste Tathandlungen gegeben sind, nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur als sogenanntes fortgesetztes Delikt gewertet werden.

 

Aus dem Wesen dieser Straftat als fortgesetztes Delikt folgt, dass ungeachtet einer im Spruch des Strafbescheides der Behörde I. Instanz angeführten Tatzeit, alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung erfolgten Fällung des Strafbescheides I. Instanz erfasst sind und daher welcher solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen denselben Täter eine Strafe verhängt werden darf (Hauer/Leukauf, Seite 1383, Anmerkung 6 mit Judikatur­nachweisen).

 

Vorliegend wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 17.5.2011, BauR96-54-2010, der Bw hinsichtlich des Benützens einer baulichen Anlage auf Grundstück , KG. P, ohne Fertigstellungsanzeige bestraft. Nach dem Akteninhalt wurde dieses Straferkenntnis dem Rechtsvertreter des Bw am 20.5.2011 zugestellt. Dies bedeutet, dass durch dieses Straferkenntnis, welches die erste Tathandlung am 24.11.2011 (richtig: 24.11.2010 wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung auch vorgeworfen) vorwirft, alle weiteren im Gesamtvorsatz des Beschuldigten gesetzten Einzeltathandlungen bis einschließlich 20.5.2011 von einer allfälligen Bestrafung mit umfasst wären, somit auch die vorliegend vorgeworfene Übertretung vom 20.12.2010, welche ebenfalls am 20.5.2011 zugestellt wurde.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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