Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222527/15/Kl/Rd/Pe

Linz, 06.12.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, vertreten durch Rechtsanwalt DDr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. September 2011, Ge96-107-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. November 2011 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene     Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren   eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher         Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. September 2011, Ge96-107-2011, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 GewO 1994 iVm § 113 Abs.1 und Abs.7 GewO 1994 und § 1 Abs.2 der Oö. Sperrzeitenverordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001 iVm § 370 Abs.1 GewO 1994 jeweils idgF, verhängt, weil die x GmbH mit dem Sitz in x, x, als Betreiberin des Lokals im Standort x, x, im Rahmen der Gewerbeberechtigung Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z1 GewO 1994 in der Betriebsart 'Kaffee-Restaurant' am 23. Juni 2011 die Bestimmungen der aufgrund des § 113 GewO 1994 erlassenen Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl. Nr. 150/2001, nicht eingehalten hat, da entgegen § 1 Abs.2, wonach die Sperrstunde für die Betriebsart 'Kaffee-Restaurant' mit 04.00 Uhr festgesetzt ist, das gegenständliche Kaffee-Restaurant zwischen 04.45 Uhr und 05.00 Uhr noch betrieben worden ist, nachdem sich zu diesem Zeitpunkt noch 15 Gäste im Lokal befanden. Als gewerberechtliche Geschäftsführerin der x GmbH sind sie für diese Verwaltungsüber­tretung gemäß § 370 Abs.1 GewO verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behauptung des Meldungslegers x nicht richtig sei. Richtig sei vielmehr, dass an die sich im Lokal befindlichen Personen nichts mehr ausgeschenkt worden sei. Zudem haben sich nach 4.00 Uhr nur mehr Personal und Künstler des Abends im Lokal befunden. Die Aussage des Meldungslegers sei ungenau und nicht verwertbar, zumal er nicht vor 4.00 Uhr im Lokal war und daher nicht angeben könne, ob es sich bei den Personen, die das Lokal verlassen haben, um Künstler des Abends oder um Personal des Lokals gehandelt habe. Der Meldungsleger habe in den 15 Minuten seines Aufenthalts das Lokal nicht betreten und seien offensichtlich auch keine Personen befragt worden. Auch seien die Angaben von x unbestimmt und ungenau. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die Anwendung des § 20 VStG beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. November 2011, zu welcher die Verfahrensparteien und der Rechtsvertreter der Berufungswerberin sowie die Zeugen x, x und x geladen wurden. Der Vertreter der belangten Behörde sowie die Berufungswerberin haben sich entschuldigt. Die Zeugen x, x und x wurden zeugenschaftlich einvernommen.

 

4. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Die Berufungswerberin war zum Tatzeitpunkt 23. Juni 2011 gewerberechtliche Geschäftsführerin der x GmbH, welche Gewebeinhaberin der Gastgewerbeberechtigung in der Betriebsart "Kaffee-Restaurant" im Standort x, x, war. Die Sperrstunde für das Lokal ist mit 4.00 Uhr festgelegt.

 

Am 23. Juni 2011 um ca. 4.45 Uhr erfolgte beim Lokal eine Kontrolle durch die Meldungsleger x und x, wobei die Kontrolle etwa 15 Minuten dauerte. Dabei wurde wahrgenommen, dass Personen das Lokal verlassen. Ein Einlass von Personen in das Lokal wurde nicht gewährt. Das eigentliche Lokal ist durch eine Treppe erreichbar. Im Türeingangsbereich befinden sich die Toiletten und die Garderobe. Diese Beobachtungen wurden vom Dienstwagen aus gemacht, wobei das Auto nicht verlassen wurde. Vom Dienstauto aus konnte der Türeingang beobachtet werden. Ein Betreten des Lokals durch die Polizeibeamten erfolgte nicht. Es wurden weder die das Lokal verlassenden Personen befragt noch kam es zu einer Kontaktaufnahme mit der Berufungswerberin oder dem Personal seitens der Polizeibeamten. Es finden sich daher keine Feststellungen, ob es sich bei den wahrgenommenen Personen um Lokalgäste oder um Personal gehandelt hatte. 

 

4.1. Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die Aussagen der bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen. Sämtliche Zeugen wirkten glaubwürdig und waren ihre Aussagen schlüssig. Im Einzelnen ist zu den Aussagen Nachstehendes zu bemerken: x war am Vorfallstag nicht beim Lokal, sondern hat lediglich die Anzeige verfasst, wobei ihm der Sachverhalt von seinen Kollegen per E-Mail mitgeteilt wurde. Eine persönliche  Kontaktaufnahme mit der Berufungswerberin erfolgte erst ein bis zwei Wochen nach dem Vorfall. x war nicht erinnerlich, ob im Beobachtungszeit­raum von 4.45 Uhr bis 5.00 Uhr Personen das Lokal verlassen haben bzw ob welche das Lokal betreten wollten. Erinnerlich war ihm aber, dass Personen vor dem Lokal standen. Dabei hatte er den Eindruck, dass es sich um Gäste handelte. Eine Befragung dieser Personen erfolgte nicht. Das Lokal war ihm unbekannt und habe er auch nicht hineingesehen. x kannte das Lokal und wusste auch, dass der eigentliche Gastraum nur über eine Treppe erreichbar ist. Er hatte auch Kenntnis davon, dass im Türeingangsbereich die Toiletten und die Garderobe etabliert sind. Er tätigte aber auch keine Nachschau in den Räumlichkeiten und keine Befragung der Anwesenden.     

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366, 367 und 367a genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 113 Abs.7 GewO 1994 haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gastgewerbetreibenden haben die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen. In Beherbergungsbetrieben ist die Verabreichung von Speisen und Getränken an Beherbergungsgäste auch während der vorgeschriebenen Sperrzeiten gestattet.

 

Gemäß § 1 Abs.2 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2011 idgF, müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Cafe, Cafe-Restaurant, Kaffeehaus, Pub und Tanzcafe spätestens um 4 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6 Uhr geöffnet werden.

 

5.2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens kann nicht widerlegt werden, dass am 23. Juni 2011 das Lokal am Standort x, x, wie in § 1 Abs.2 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung festgelegt, um 4.00 Uhr, geschlossen gehalten wurde. Dies geht aus den anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung getätigten Zeugenaussagen der Polizeibeamten hervor. Keiner der einvernommenen Meldungsleger hielt Nachschau in den Räumlichkeiten, obwohl x davon Kenntnis hatte, dass sich im Bereich der Eingangstür lediglich Toiletten und die Garderobe befindet, sich hingegen der tatsächliche Gastraum, in welchen Getränke ausgeschenkt und konsumiert werden, nur über eine Treppe erreichbar und sohin vom Dienstwagen aus nicht einsehbar ist. Es erfolgte auch keinerlei Befragung der anwesenden Personen, welche sich zum einen bereits vor dem Lokal befanden und zum anderen das Lokal gerade verlassen haben. Es konnte sohin nicht festgestellt werden, ob es sich bei den anwesenden Personen um Gäste oder um Personal des Lokals gehandelt hat.

 

Ob nunmehr tatsächlich am 23. Juni 2011 das Lokal zumindest bis 4.45 Uhr geöffnet und betrieben worden war, konnte somit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, weshalb der Berufung im Zweifel Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG zur Einstellung zu bringen war.

 

Unbeschadet der gegenständlichen Entscheidung darf noch angemerkt werden, dass dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Terminus "und das Verweilen gestattet wurde" sowie bei der Strafbestimmung das Wort "Einleitung" als wesentliche Tatbestandsmerkmale gefehlt haben. Zudem wurde eine gegenüber der Strafverfügung höhere Ersatzfreiheitsstrafe verhängt (§ 49 Abs.2 letzter Satz VStG).

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.     

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung: Verweilen, keine Wahrnehmungen

 

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