Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730371/12/Wg/Wu

Linz, 20.12.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15. Juni 2011, Sich40-165/2-2009/KG/CW, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG

 

II.                Eine Rückkehrentscheidung sowie eine Ausweisung sind auf Dauer unzulässig.

 

Rechtsgrundlage:

§ 61 Abs.3 Fremdenpolizeigesetz

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Bescheid vom 15. Juni 2011, Sich40-165/2-2009/KG/CW, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) ein Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich für die Dauer von 5 Jahren gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 sowie §§ 63 und 66 des Fremndenpolizeigesetzes 2005 (FPG) erlassen. Die Behörde stützte das Aufenthaltsverbot vor allem auf den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG, da der Berufungswerber im Asylverfahren einen falschen Namen angegeben habe.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 7. Juli 2011. Der Bw beantragt darin, die Berufungsbehörde möge den Bescheid vom 15. Juni 2011 dahingehend abändern, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben wird und das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingestellt wird, in eventu den gegenständlichen Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die 1. Instanz zurückverweisen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat der Sicherheitsdirektion den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Unabhängigen Verwaltungssenat den Verfahrensakt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gemäß § 67d Abs.1 AVG nicht erforderlich.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Nigeria.

 

Er reiste am 27. November 2002 illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein und stellte am 28. November 2002 unter dem Namen "X", geb. X, einen Asylantrag. Das Asylverfahren ist seit dem 24. Dezember 2008 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Der Bw verfügte während des Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz wies ihn darauf hin mit Bescheid vom 12. Februar 2009, Zahl 1032097/FRB, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus. Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich hat der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 24. Juni 2009, St 54/09 E1/3408/2009, keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerde wurde mit Beschluss des VwGH vom 12. Oktober 2009, Aw. 2009/21/0165-3, die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das Ausweisungsverfahren ist daher nach wie vor nicht abgeschlossen.

 

Am 2. November 2010 kam der Berufungswerber mit seiner Lebensgefährtin X, geb. X, zur nunmehr zuständigen Bezirkshauptmannschaft Perg und stellte richtig, dass er "X" heißt und am X geboren wurde. Die Bezirkshauptmannschaft Perg erließ daraufhin das bekämpfte Aufenthaltsverbot.

 

Am 26. November 2011 heiratet der Berufungswerber die nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin X. Die Beiden hatten sich im Jahr 2007 kennen gelernt. Seit Ende 2008 leben sie in einer Beziehung. Mit 27. April 2009 meldete sich der Berufungswerber bei seiner nunmehrigen Gattin mit Hauptwohnsitz an der Adresse X an. Seither leben sie in Familiengemeinschaft und haben mittlerweile 3 gemeinsame Kinder. Aus einer früheren Ehe der X ist die mj. X hervorgegangen. Es besteht kein Kontakt mehr zum leiblichen Vater. Sie nennt den Berufungswerber "Papa".

 

Die Familie X lebt zurzeit von Karenzgeld und vom Einkommen der X als Zeitungsausträgerin.

 

Der Berufungswerber hat noch keinen Deutschkurs besucht. Er hat zurzeit keine Arbeit in Aussicht, wird aber eigenen Angaben zufolge seiner Gattin beim Zeitungsaustragen unterstützen, sobald ein Aufenthaltstitel vorhanden ist und ihm diese Tätigkeit nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erlaubt ist.

 

Am 5. Dezember 2011 wurde der Bw bei einer Einvernahme beim Verwaltungssenat befragt, aus welchem Grund er im Jahr 2010 seine wahre Identität bekannt gegeben hat. Dazu gab er an, dass er das wegen der Kinder gemacht habe. Ihm sei wichtig, dass diese Sache endlich richtig gestellt sei. Er habe natürlich schon gewusst, dass die BH ein Heimreisezertifikat auf seinen vormaligen Namen eingeholt hatte. Der Schlepper hätte ihm gesagt, dass er eine falsche Identität bekannt geben müsste. Er habe seine Dokumente in Österreich wegwerfen müssen. Er hätte die falsche Identität im fremdenpolizeilichen Verfahren verwendet. Es sei aber niemand sonst zu Schaden gekommen.

 

Der Berufungswerber ist in Österreich strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Laut einem nigerianischen polizeilichen Führungszeugnis vom 28. Oktober 2011 scheinen im Strafregister der Bundespolizei Nigerias bezüglich dem Berufungswerber keine Eintragungen auf.

 

Der Berufungswerber verfügt über einen auf seinen Namen ausgestellten nigerianischen Reisepass.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und der niederschriftlichen Einvernahme des Berufungswerbers am 5. Dezember 2011. Dieser Niederschrift wurde ein polizeiliches Führungszeugnis des Bw, die Geburtsurkunde des Bw, Meldezettel der Familie X, eine Kopie des Reisepasses samt Bestätigung der nigerianischen Botschaft, die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden der Kinder und ein Fakturaprotokoll Zeitungsausträgereinkünfte angeschlossen.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

§ 9 Abs. 1 Z 1 FPG und § 9 Abs. 1a FPG sehen die Zuständigkeit des Verwaltungssenates als Berufungsbehörde grundsätzlich nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor. Aus dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, GZ: 2011/22/0097, folgt aber letztlich, dass im Belangen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – wie z. B. Ausweisung und Aufenthaltsverbot – aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Artikel 13 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/eg des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG 2005 idF BGBl I 38/2011 (= idgF) sind vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Als Ehegatte einer nicht freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin ist er Familienangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 12 FPG.

 

Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR Bürger, Schweizer Bürger, Begünstigte Drittstaatsangehörige und Familienangehörigen von nicht unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und Österreichern gemäß §§ 65b und 67 FPG haben sich mit Inkrafttreten des FRÄG am 1. Juli 2011 nicht wesentlich geändert.

 

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist gemäß § 67 Abs 1 FPG zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 67 Abs 2 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

 

Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 67 Abs 3 FPG unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Entscheidende Voraussetzung für das Aufenthaltsverbot nach § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz ist eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die belangte Behörde stützte sich bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die Bestimmung des § 60 Abs. 3 Z. 6 FPG. Im § 53 Abs. 2 und 3 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ist keine mit § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG, BGBl. I Nr. 157/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 vergleichbare Bestimmung enthalten. Jedoch setzt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 67 Abs. 1 FPG nicht zwingend voraus, dass einer der im § 53 Abs. 2 und 3 FPG – lediglich demonstrativ – aufgezählten Tatbestände erfüllt ist; vielmehr kann ein Aufenthaltsverbot auch erlassen werden, wenn andere triftige Gründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme rechtfertigen. Entscheidend ist hiebei das dieser Beurteilung zugrunde liegende Fehlverhalten des Fremden und nicht das Vorliegen einer deswegen erfolgten rechtskräftigen Bestrafung oder Verurteilung (vgl. VwGH vom 15. September 2010, 2010/18/0127).

 

Bei der Gewichtung seines Fehlverhaltens ist im gegebenen Zusammenhang auf die Bestimmung des § 120 Abs. 2 Z. 2 FPG abzustellen. Wer als Fremder in einem Asylverfahren vor dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof wissentliche falsche Angaben über seine Identität oder Herkunft macht, um die Duldung seiner Anwesenheit im Bundesgebiet oder einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen, begeht gemäß dieser Bestimmung eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Wochen, zu bestrafen. Diese Norm stellt einen wichtigen Anhaltspunkt für die Gefährdungsprognose nach § 67 Abs. 1 FPG dar.

 

Der Berufungswerber hat wissentlich eine falsche Identität im Asylverfahren angegeben. Der Bw wollte auf diesem Weg die Duldung seiner Anwesenheit im Bundesgebiet oder einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet erschleichen.

 

Es handelt sich um eine der schwersten Übertretungen des Fremdenrechtes, die je nach den Umständen durchaus eine Gefahr im Sinn des § 67 Abs. 1 FPG darstellen kann. Wurde im Asylverfahren ein falscher Name angegeben, kann im Einzelfall sehr wohl die Annahme gerechtfertigt sein, er würde auch im sonstigen Rechtsverkehr über seine Identität hinwegtäuschen. Entsprechend dem – ein Rückkehrverbot betreffendes – Erkenntnis des VwGH vom 15. September 2010, GZ: 2010/18/0127, ist dabei darauf abzustellen, ob eine tatsächliche, erhebliche und gegenwärtige Gefahr besteht, dass der Fremde das öffentliche Interesse an der Zuverlässigkeit von Urkunden im Rechtsverkehr und an der Vermeidung der Verwendung von Falschidentitäten weiter beeinträchtigen wird.

 

Der Bw hat seine tatsächliche Identität bekannt gegeben. Er verfügt über einen auf diesen Namen ausgestellten Reisepass. Es ist nicht zu befürchten, dass durch die Verwendung dieses Namens der Rechtsverkehr getäuscht wird. Die nigerianischen Behörden haben seine Fingerabdrücke überprüft. Dabei schienen keine strafrechtlichen Verurteilungen in Nigeria auf. Er ist auch in Österreich strafrechtlich unbescholten.

 

Es ist daher nicht zu befürchten, dass der Bw erneut durch die Verwendung einer Falschidentität den Rechtsverkehr täuschen wird. Es liegt damit keine tatsächliche, gegenwärtige und erheblich Gefahr vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Der Tatbestand für ein Aufenthaltsverbot nach § 67 Abs. 1 FPG ist nicht erfüllt.

 

Ein Aufenthaltsverbot besteht begrifflich aus einer Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung und einem Einreiseverbot (vgl. VwGH vom 31. Mai 2011, GZ: 2011/22/0097). Der für Angehörige von nicht freizügigkeitsberechtigten Österreichern geltende Verweis des § 65b auf die unter anderem durch begünstigte Drittstaatsangehörige geltenden Regelungen umfasst grundsätzlich nicht den die Ausweisung betreffenden § 66 FPG (vgl. VwGH vom 7. Februar 2008, 2006/21/0255). Hält sich ein Familienangehöriger eines nicht freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgers nicht rechtmäßig iSd § 31 FPG im Bundesgebiet auf, ist gemäß § 52 Abs 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Es ist aber kein Einreiseverbot nach § 53 FPG zu verhängen, da § 67 FPG eine abschließende Regelung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (= Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot; vgl VwGH vom 31. Mai 2011, GZ: 2011/22/0097) enthält.

 

Dem Bw kommt kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu, da seine Ehegattin nicht freizügigkeitsberechtigt ist. Er hält sich seit dem rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Voraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG liegen daher vor.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Die Dauer seines Aufenthaltes in Verbindung mit dem Umstand, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist und aus dieser Lebensgemeinschaft 3 Kinder, die ebenfalls österreichische Staatsbürger sind, hervorgingen, verleihen dem persönlichen Interesse des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet großes Gewicht. Er lebt mit seiner Ehegattin seit 27. April 2009 in Familiengemeinschaft.

 

Mit der am 26. November 2011 erfolgten Eheschließung hat sich der Sachverhalt, den die Sicherheitsdirektion Oberösterreich ihrem Berufungsbescheid vom 24. Juni 2009 zugrunde legte, wesentlich geändert. Die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion steht daher einer Neubeurteilung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht entgegen.

 

Bei einer Gesamtwertung überwiegt nunmehr das persönliche Interesse des Berufungswerbers an der Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin und den drei österreichischen Kindern das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung.

 

Eine Ausweisung sowie eine Rückkehrentscheidung sind mittlerweile auf Dauer unzulässig. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Die belangte Behörde hat gemäß § 44a Abs. 1 NAG einen Aufenthaltstitel auszustellen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum