Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166149/2/Kei/Bb/Th

Linz, 19.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des X, vom 29. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. Juni 2011, GZ VerkR96-6844-2010/Dae/Pos, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

 

II.                Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 18 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. Juni 2011, GZ VerkR96-6844-2010/Dae/Pos, wurde über X (den nunmehrigen Berufungswerber) wegen einer Übertretung des § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 StVO gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 90 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 48 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 9 Euro verpflichtet.

 

Dieser Bestrafung liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

"... Sie haben als wartepflichtiger Lenker des angeführten Fahrzeuges durch Kreuzen auf der Kreuzung als entgegenkommender Linksabbieger einem geradeausfahrenden die Fahrtrichtung beibehaltenden Fahrzeug nicht den Vorrang gegeben und dieses dadurch zu unvermitteltem Bremsen genötigt.

 

Tatort: Gemeinde Linz, Krzg. Lederergasse – Gruberstraße stadteinwärts fahrend,

Tatzeit: 25.11.2009, 09:35 Uhr.

Fahrzeug:

Kennzeichen X (D), PKW..."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 21. Juni 2011, hat der Berufungswerber rechtzeitig – mit Schriftsatz 29. Juni 2011 – Berufung erhoben.

 

Er bestreitet darin im Wesentlichen die ihm vorgeworfene Vorrangverletzung und führt dazu im Einzelnen an, dass der Busfahrer eindeutig stehen geblieben sei. Vielleicht sei er verzögert losgefahren und er habe es falsch interpretiert. Tatsache sei aber, dass der Bus nicht Losgefahren sei und das Abfedern des Busvorderteiles sich auf das dahinter fahrende Polizeifahrzeug bezogen habe. 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 6. Juli 2011, GZ VerkR96-6844-2010/Fe, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages der Verfahrensparteien und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat – aus den genannten Beweismitteln – folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Der Berufungswerber lenkte am 25. November 2009 um 09.35 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X (D) in Linz, auf der Lederergasse, Richtung stadteinwärts, zur Kreuzung mit der Gruberstraße. An der genannten Kreuzung wollte er nach links in die Gruberstraße abbiegen.

 

Zur gleichen Zeit lenkte X den Linienbus Nr. X der Linz AG-Linien aus der entgegenkommenden Richtung, auf der Lederergasse stadtauswärts in Richtung Kreuzung mit der Gruberstraße. Er beabsichtigte die Kreuzung in gerader Richtung zu überqueren und fuhr dazu in die Kreuzung ein, als der Berufungswerber plötzlich unmittelbar vor dem Linienbus nach links in die Gruberstraße einbog, wodurch X zum unvermitteltem Abbremsen des Busses genötigt wurde.

 

4.2. Der gegenständliche Vorfall wurde von der Besatzung der Streife X (RI X und Insp. X), die sich zum Tatzeitpunkt hinter dem Pkw des Berufungswerbers befand, dienstlich wahrgenommen und zeugenschaftlich bestätigt. Die beiden Inspektoren konnten sowohl die Vorrangverletzung beobachten, als auch, dass der Linienbus durch die das erzwungene Abbremsen auftretenden Bremskräfte mit der Vorderseite zur Fahrbahn federte.

 

Der vorrangberechtigte Buslenker bestätigte anlässlich seiner Befragung ausdrücklich weder durch die Abgabe von Hand- noch Lichtzeichen oder Sonstiges auf den Vorrang verzichtet zu haben. Durch das abbiegende Fahrmanöver sei er zum plötzlichen und unvermitteltem Abbremsen genötigt worden.

 

Die diesbezüglichen Aussagen aller - unter Wahrheitspflicht stehenden - Zeugen (§ 289 StGB) sind glaubwürdig, nachvollziehbar und schlüssig. Es wird den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs, insbesondere der Überwachung der Einhaltung der verkehrspolizeilichen Vorschriften bestellten und geschulten Straßenaufsichtsorganen zugebilligt, über Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs richtige Feststellungen zu machen. Die niederschriftlichen Aussagen der Polizeibeamten und auch jene des Zeugen X vermitteln keinesfalls den Eindruck, dass sie in ihrer Darstellung übertrieben hätten oder den Berufungswerber gar wahrheitswidrig zu belasten geneigt gewesen sein könnten. Es gibt keinen Hinweis oder Anhaltspunkt, um an deren Schilderungen zu zweifeln.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige) darf gemäß § 19 Abs.7 StVO, durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 
Gemäß § 19 Abs.5 StVO haben Fahrzeuge, die ihre Fahrtrichtung beibehalten oder nach rechts einbiegen, sofern sich aus Abs.4 nichts anderes ergibt, den Vorrang gegenüber entgegenkommenden, nach links einbiegenden Fahrzeugen.

 

5.2. Im gegenwärtigen Fall beabsichtigte der Berufungswerber im Bereich der verfahrensgegenständlichen Kreuzung nach links in die Gruberstraße einzubiegen und war somit gegenüber den auf der Lederergasse entgegenkommenden (bzw. nach rechts einbiegenden) Fahrzeugen wartepflichtig (Gegenverkehrsregel).

 

Durch das von ihm durchgeführte Linksabbiegemanöver hat er den Vorrang des entgegenkommenden Linienbusses nicht beachtet und ist seiner Wartepflicht nicht nachgekommen. Durch dieses Verhalten wurde der entgegenkommende, gerade ausfahrende Buslenker zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt.

 

Um der Pflicht nach Abs.5 und 7 des § 19 StVO zu genügen, hat - nach ständiger Rechtssprechung der Höchstgerichte - der im Nachrang befindliche Verkehrsteilnehmer (Wartepflichtige) den bevorrangten (Gegen-)Verkehr aufmerksam zu beobachten und sich auf ihn in seiner tatsächlichen Gestaltung derart einzustellen, dass die im Vorrang befindlichen Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet oder behindert, also jedenfalls nicht zu einem unvermittelten Bremsen oder Ablenken gezwungen werden (z.B. OGH 6. November 1979, 2 Ob 104/79).

 

Die Wartpflicht für den benachrangten Verkehrsteilnehmer besteht so lange, bis nach Beobachtung des bevorrangten Gegenverkehrs die volle Gewissheit besteht, dass eine Gefährdung oder Behinderung bevorrangter Verkehrsteilnehmer durch das Abbiegen auszuschließen ist. Im Zweifel muss er Vorrang bis zur Klärung der Verkehrslage wahren.  

 

Angesichts des erstinstanzlich durchgeführten Beweisverfahrens und der Judikatur der Höchstgerichte steht die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der gegenständlichen Übertretung durch den Berufungswerber zweifelsfrei fest. Zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, hat der Berufungswerber sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

5.3. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde im angefochtenen Straferkenntnis für das gegenständliche Delikt (§ 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 StVO) eine Geldstrafe in der Höhe von 90 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, festgesetzt. Strafmildernd wurde kein Umstand gewertet, auch ein straferschwerender Umstand wurde nicht festgestellt.

 

Darüber hinaus wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 1.400 Euro, kein Vermögen und keine  Sorgepflichten angenommen und berücksichtigt wurden. Diesen Werten hat der Berufungswerber nicht widersprochen, sodass von diesen angeführten Grundlagen auch durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ausgegangen wird.

 

Verstöße gegen die Vorrangsregeln zählen zu den schwerwiegendsten Verkehrsdelikten im Straßenverkehr und führen oftmals zu Verkehrsunfällen. Es bedarf sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen einer angemessenen Strafe, um sowohl den Berufungswerber als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der Vorrangregeln im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist der Ansicht, dass die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verhängte Geldstrafe in der Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) tat- und schuldangemessen und auch erforderlich ist, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihm den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Übertretung nachhaltig vor Augen zu führen. Die Geldstrafe liegt noch an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt 12,3 % der möglichen Höchststrafe (726 Euro - § 99 Abs.3 lit.a StVO). Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe konnte nicht in Erwägung gezogen werden.

 

Es war folglich spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r  

 

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