Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166293/2/Kei/Bb/Th

Linz, 22.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der X, geb. X, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. X und Dr. X, X, vom 19. Juli 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. Juni 2011, GZ VerkR96-6899-2010-Dae/Pi, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Die Berufung wird hinsichtlich dem Schuldspruch und hinsichtlich der Geldstrafe abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit bestätigt.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 15 Stunden herabgesetzt.

 

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Berufungsverfahrens. Für das erstinstanzliche Verfahren beträgt der Kostenbeitrag 3 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§§ 24, 51, 16 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. Juni 2011, GZ VerkR96-6899-2010-Dae/Pi, wurde über X (die nunmehrige Berufungswerberin) wegen einer Übertretung des § 24 Abs.1 lit.l StVO gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 30 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden, verhängt. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 3 Euro verpflichtet.

 

Dieser Bestrafung liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

"... Sie haben vor einer Behindertenrampe gehalten.

Tatort: Gemeinde Linz, Gemeindestraße Ortsgebiet, Sonnensteinstraße 7, Krzg. mit Gerstnerstraße

Tatzeit: 28.10.2009, 13:30 Uhr."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 5. Juli 2011, hat die Berufungswerberin durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig – mit Schriftsatz 19. Juli 2011 – Berufung erhoben und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Die Berufungswerberin bestreitet darin zwar die Abstellung des Fahrzeuges an der vorgeworfenen Örtlichkeit nicht, jedoch bestreitet sie damit einen Verstoß gegen § 24 Abs.1 lit.l StVO begangen zu haben.

 

Zur näheren Begründung führt sie im Einzelnen an, dass es zwar einer speziellen Kundmachung einer Behindertenrampe durch Verkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht bedürfe, jedenfalls aber sei eine Verordnung im Sinne des § 43 StVO erforderlich. Einer derartigen Verordnung ermangle es allerdings, zumindest habe während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens eine solche nicht vorgelegt werden können.

 

Abgesehen davon liege aber auch rein begrifflich eine Behindertenrampe im Sinne des § 24 Abs.1 lit.l StVO nicht vor.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 6. September 2011, GZ VerkR96-6899-2010/Fe, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages der Verfahrensparteien und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat – aus den genannten Beweismitteln - folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Am 28. Oktober 2009 um 13.30 Uhr wurde von zwei Straßenaufsichtsorganen der Polizeiinspektion Linz-Kaarstraße aus Anlass einer vorangegangenen anonymen Anzeige dienstlich festgestellt, dass der Pkw mit dem Kennzeichen X, in Linz, Sonnensteinstraße 7, Kreuzungsbereich mit der Gerstnerstraße vor der deutlich erkennbaren Behindertenrampe abgestellt war.

 

Die Berufungswerberin, die zumindest zur Tatzeit Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X war, hat den Pkw ihren Angaben entsprechend in der Lenkerauskunft vom 30. Dezember 2009 an der fraglichen Tatortörtlichkeit abgestellt.

 

4.2. Diese Festsstellungen ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Akt, insbesondere aus der dienstlichen Wahrnehmung der beiden Exekutivbeamten der Polizeiinspektion Kaarstraße, deren erstatteten Anzeige und zeugenschaftlicher Bestätigung, den beigeschlossenen Lichtbildern und in Bezug auf das Abstellen des Fahrzeuges am Tatort aus der Verantwortung der Berufungswerberin.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 lit.l StVO ist das Halten und das Parken vor Behindertenrampen verboten.

 

5.2. Bei der Beurteilung des relevanten Sachverhaltes ist von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei der Tatortörtlichkeit um eine Behindertenrampe gemäß § 24 Abs.1 lit.l StVO handelt oder nicht und diese allenfalls für die Berufungswerberin als solche erkennbar war.

 

Dazu wird im Einzelnen folgendes festgehalten:

 

Es ist zunächst unstrittig, dass der Pkw mit dem Kennzeichen X am 28. Oktober 2009 um 13.30 Uhr in Linz, Sonnensteinstraße 7, Kreuzungsbereich mit der Gerstnerstraße, abgestellt war. Die Berufungswerberin hat den Pkw an dieser Örtlichkeit abgestellt.

 

Unter Behindertenrampen im Sinne des § 24 Abs.1 lit.l StVO sind – wie auch die erstinstanzliche Behörde im angefochtenen Straferkenntnis zutreffend festgestellt hat - in der Praxis meist im Kreuzungsbereich vorgenommene Abschrägungen der Gehsteigkanten (Rand- oder Bordsteine) zu verstehen, die insbesondere den Benützern von Rollstühlen die Überwindung der Rand- oder Bordsteine ermöglichen bzw. erleichtern sollen.

 

Im Einzelfall mag es durchaus zutreffend sein, dass Behindertenrampen mangels eines in der StVO definierten Begriffes sowie mangels einer Kundmachung durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen als solche oftmals nur schwer erkennbar sind, konkret ist aber – wie die beigeschlossenen Lichtbilder zeigen –im Kreuzungsbereich an der fraglichen Örtlichkeit eine Absenkung der Rand- bzw. Bordsteine erkennbar, sodass von einer Behindertenrampe im Sinne des § 24 Abs.1 lit.l StVO auszugehen ist.

 

Bei Aufwendung entsprechend zumutbarer Sorgfalt (vgl. auch VwGH 26. Juni 1999, 97/02/0187), die von geprüften Kraftfahrzeuglenkern und damit auch von der Berufungswerberin als Inhaberin einer Lenkberechtigung verlangt werden muss, hätte die Berufungswerberin erkennen müssen, dass sie ihr Fahrzeug im Bereich einer errichteten Behindertenrampe abgestellt hat. 

 

Die Errichtung einer Behindertenrampe ist eine faktische Maßnahme, die eine Gemeinde oder ein Bauwerber über bescheidmäßigen Auftrag der Baubehörde tätigt oder zu tätigen hat, und bedarf daher ähnlich wie Gehsteige selbst, Straßen mit Gleisen von Straßenbahnen, unübersichtliche Straßenstellen, Brücken und Unterführungen, und ähnliches, keiner Verordnung (Pürstl, StVO, 13. Auflage, in Anm 10 zu § 24 StVO, Seite 490).

 

 

5.3. In Anbetracht der genannten Umstände ist daher sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der der Berufungswerberin vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit.l StVO als erfüllt zu bewerten. Umstände, welche das Verschulden der Berufungswerberin hätten ausschließen können, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG - zumindest - von fahrlässigem Verhalten ausgegangen wird.

 

5.4. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde im angefochtenen Straferkenntnis für das gegenständliche Delikt (§ 24 Abs.1 lit.l StVO) eine Geldstrafe in der Höhe von 30 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, festgesetzt.

 

Strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin gewertet, straferschwerende Umstände wurden nicht festgestellt.

 

Darüber hinaus wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin zu Grunde gelegt, wobei ein monatliches Einkommen in der Höhe von ca. 1.300 Euro, kein Vermögen und keine  Sorgepflichten angenommen und berücksichtigt wurden. Diesen Werten hat die Berufungswerberin  nicht widersprochen, sodass von diesen angeführten Grundlagen auch durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ausgegangen wird.

 

Wie schon erwähnt wurde, sollen Behindertenrampen insbesondere den Benützern von Rollstühlen udgl. die Überwindung der Rand- oder Bordsteine ermöglichen bzw. erleichtern. Es bedarf sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen einer angemessenen Strafe, um sowohl die Berufungswerberin selbst, als auch die Allgemeinheit entsprechend darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmung von besonderer Bedeutung ist, um Menschen mit besonderen Bedürfnissen die Benützung von Gehsteigen ohne Behinderungen durch abgestellte Fahrzeuge zu ermöglichen.  

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist der Ansicht, dass die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verhängte Geldstrafe in der Höhe von 30 Euro tat- und schuldangemessen und auch erforderlich ist, um die Berufungswerberin eindringlich darauf hinzuweisen, dass das Halten und Parken des Pkws an der gegenständlichen Straßenstelle nicht zulässig war und sie von einer weiteren derartigen Tatbegehung abzuhalten. Die Geldstrafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt 4 % der möglichen Höchststrafe (726 Euro - § 99 Abs.3 lit.a StVO).

 

Eine Herabsetzung der Geldstrafe konnte aus den angeführten Gründen nicht in Erwägung gezogen werden, jedoch war eine Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne einer Herabsetzung auf 15 Stunden erforderlich.

 

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe bzw. den Ausspruch einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG lagen nicht vor. Das Verfahren hat keinen Hinweis darauf ergeben, dass das Verschulden der Berufungswerberin wesentlich niedriger ist als dies bei derartigen Übertretungen üblicherweise der Fall ist.

 

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.


Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r  

 

 

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