Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166243/24/Sch/Eg

Linz, 22.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn R. H., geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. Mai 2011, Zl. VerkR96-2636-2010, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2011 und am 9. November 2011, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 50 Euro (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. Mai 2011, Zl. VerkR96-2636-2010, wurden über Herrn R. H., geb. x, wegen drei Verwaltungsübertretungen nach der StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 80 Euro, 2.) 90 Euro und 3.) 80 Euro sowie im Nichteinbringungsfall 1.) 37 Stunden, 2.) 42 Stunden und 3.) 37 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe  verhängt:

Folgendes wurde ihm zur Last gelegt:

1)    Der Berufungswerber habe am 27.7.2010, 11:40,  in der Gemeinde Kefermarkt, B 310 Mühlviertler Straße – Fahrtrichtung Linz, km 33.900, zu einem von ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtszeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO 1960 begangen. 

2)    Der Berufungswerber habe am 27.7.2010, 11:41 Uhr in der Gemeinde Kefermarkt, B 310 Mühlviertler Straße – Fahrtrichtung Linz, km 33.850, auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeiten "Überholen Verboten" gekennzeichnet sei, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 2 lit. a StVO 1960 begangen.   

3)    Weiters habe der Berufungswerber am 27.7.2011, 11:41 Uhr, in der Gemeinde Kefermarkt, B 310 Mühlviertler Straße – Fahrtrichtung Linz, km 33.800, vor einer unübersichtlichen Stelle (Fahrbahnkuppe) ein Fahrzeug überholt und dadurch die Rechtsvorschrift des § 16 Abs. 2 lit. b StVO 1960 verletzt.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von insgesamt 25 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Im gegenständlichen Verfahren wurde am 7. Oktober 2011 an Ort und Stelle eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt. An dieser nahmen der Berufungswerber, ein Vertreter der Erstbehörde und ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger teil. Der Anzeigeleger, der als Zeuge geladen war, ist zur Verhandlung aus vorerst nicht bekannten Gründen nicht erschienen, im Nachhinein stellte sich heraus, dass er sich wegen einer Terminkollision bei der Berufungsbehörde entschuldigt hatte, diese Information aber nicht bis zum zuständigen Mitglied durchdrang. Sohin wurde am 9. November 2011 neuerlich eine Verhandlung abgeführt, zu der der erwähnte Zeuge auch erschienen ist. Entschuldigt haben sich dem gegenüber der Berufungswerber und der zuständige Vertreter der Erstbehörde.

 

4. Zumal der Anzeigeleger bereits im erstbehördlichen Verfahren zeugenschaftliche einvernommen worden war und detaillierte Angaben machte, konnte vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen anlässlich der Berufungsverhandlung vor Ort im Verein mit dem durchgeführten Lokalaugenschein eine fachliche Begutachtung insbesondere des Überholvorganges erfolgen. Vom Sachverständigen wurde ausgeführt, dass ausgehend von einer realistischen Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers von etwa 70 km/h und einer Beschleunigung auf etwa 100 km/h vom Berufungswerber in der Überholzeit eine Wegstrecke von etwa 260 m zurückgelegt wurde. Ausgehend vom Beginn des Überholmanövers an der vom Zeugen im erstbehördlichen Verfahren geschilderten Örtlichkeit wäre trotz Berücksichtigung einer erhöhten Sitzposition des Berufungswerbers als Lenker eines Lkw nur eine Sichtweite von etwa 210 m zur Verfügung gestanden. Geht man allerdings davon aus, dass, wie vorgeschrieben, das Fahrzeug des Berufungswerbers bei 90 km/h "abgeregelt" wird, würden sich diese Werte zu Ungunsten des Berufungswerbers noch verändern.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 16 Abs.2 lit. b StVO 1960 kommt es bei dieser Bestimmung darauf an, dass der überholende Kfz-Lenker in der Lage ist, das Straßenstück vor Beginn des Überholvorganges zur Gänze zu überblicken, das er für diese Maßnahme einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnens seines Kfz auf den rechten Fahrstreifen benötigt (VwGH 7.6.2000, 97/03/0120 ua.).

 

5. Wie schon oben ausgeführt, ist der Anzeigeleger zur Berufungsverhandlung am 17. November 2011 erschienen. Er wurde im Rahmen dieses Verhandlungstermins zeugenschaftlich einvernommen. Er gab dabei Nachstehendes an:

"Ich kann mich an den heute abzuhandelnden Vorfall noch erinnern. Ich war am Vorfallstag auf der B 125 mit meinem Pkw alleine unterwegs, und zwar von Freistadt kommend in Fahrtrichtung Neumarkt im Mühlkreis. Ab der Fa. FM Küchen beginnt in Fahrtrichtung Neumarkt im Mühlkreis eine 70 km/h-Beschränkung. Ich fahre am Tag diese Strecke vier Mal hin und retour. Das Sattelkraftfahrzeug des nunmehrigen Berufungswerbers ist mir im Bereich dieser 70 km/h-Beschränkung insofern aufgefallen, als er relativ knapp an mein Fahrzeug aufgefahren war. Ich konnte im Rückspiegel kein Gesicht des Lenkers mehr sehen, geschätzt war der Abstand aus meiner Sicht etwa 5-7 Meter. Ich konnte nur mehr die Scheinwerfer des hinter mir fahrenden Sattelkraftfahrzeuges sehen. Der Lkw-Lenker fuhr ca. einen Kilometer in diesem Abstand hinter mir nach. In der Fahrbahnsenke vor Ende der 70 km/h-Beschränkung begann der Fahrer des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Überholmanöver. Ich hatte damals eine Fahrgeschwindigkeit von etwa 70 km/h eingehalten gehabt. Gleichzeitig mit der 70 km/h-Beschränkung und deren Ende besteht auch ein Überholverbot für mehrspurige Kraftfahrzeuge.

 

Der Lenker des Sattelkraftfahrzeuges begann schon wie gesagt innerhalb des beschilderten Überholverbotes und der Geschwindigkeitsbeschränkung mit seinem Überholmanöver. Abgeschlossen hatte er es dann auf der dort befindlichen Ebene im Fahrbahnverlauf, also bevor die Fahrbahn dann wieder bergab verläuft. Im Gegenverkehr erschien dann auch noch ein Lkw. Ich musste daher meine Fahrgeschwindigkeit reduzieren. Das Wiedereinordnen des Fahrzeuges des Berufungswerbers ging sich dann aus. In meine Fahrtrichtung betrachtet befindet sich dann in der Folge im Zuge der Bergabstrecke eine Bushaltestelle, danach eine Straße, die nach links abzweigt zu zwei Häusern. Ich bin nicht dort nach links abgebogen, sondern fuhr noch  etwa einen halben bis einen Kilometer weiter und bog dann nach rechts zu mir nach Hause ein. Die heute erwähnte Einfahrt nach links habe ich keinesfalls benutzt.

 

Ich kann daher noch einmal nur darauf hinweisen, dass der Berufungswerber beim Hintereinanderfahren zu mir einen geringen Abstand eingehalten hat, geschätzt aufgrund meiner Wahrnehmungen der Vorderfront des nachfahrenden Lkw's waren dies etwa 5-7 m.

 

Das Überholmanöver wurde zudem eindeutig im beschilderten Verbotsbereich begonnen, wenngleich abgeschlossen außerhalb der Beschränkung.

 

Hinsichtlich der genauen Kilometerangaben verweise ich auf meine bisherigen Schilderungen im Verfahren.

 

Der Berufungswerber blieb nach seinem Überholmanöver dann vor mir fahrend bis ich dann nach rechts zu mir nach Hause abbog, er fuhr dann weiter.

 

Die Anzeige des Vorfalles meinerseits ist deshalb erfolgt, da ich mich in der Situation gefährdet gefühlt hatte. Ich verweise noch einmal auf den entgegen kommenden Lkw. Ich hatte die Befürchtung, dass ich allenfalls vom Berufungswerber von der Straße abgedrängt werden könnte, damit dieser einen Zusammenstoß mit dem Gegenverkehr verhindert.

 

Ich fahre diese Strecke, wie schon erwähnt, sehr häufig und werde gelegentlich auch vorschriftswidrig überholt. Allerdings im vorliegenden Fall war der Vorgang so massiv, dass ich mich zu einer Anzeige entschloss."

 

Auf Grund der Ausführungen des Zeugen, der bei der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen und besonnen Eindruck hinterließ, besteht für die Berufungsbehörde kein Zweifel daran, dass sich der Sachverhalt in dieser Form zugetragen hat. Der Berufungswerber hat also das Überholmanöver sowohl innerhalb des geschilderten Überholverbotes als auch an einer unübersichtlichen Stelle begonnen und weitergeführt. Dabei kam es zu einer gefährlichen Situation, die letztlich glimpflich verlaufen ist, welcher Umstand allerdings nicht dem Berufungswerber, sondern nur dem Zufall zugerechnet werden kann.

Zu dem davor vom Berufungswerber eingehaltenen Sicherheitsabstand beim Nachfahren hinter dem Fahrzeug des Zeugen ist auszuführen, dass nach den Schätzungen des Zeugen dieser etwa 5 bis 7 m betragen habe. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass hier eine ganz exakte Angabe natürlich nicht zu erwarten ist, allerdings ist es sehr lebensnah, von einer Schätzung in diesem Bereich auszugehen, wenn man im Rückspiegel als vorausfahrender Fahrzeuglenker von einem Lkw nur mehr die Scheinwerfer und nichts mehr von der Windschutzscheibe sieht. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 70 km/h wäre allerdings ein Abstand beim Hintereinanderfahren von etwa 20 m geboten gewesen, der dem Reaktionsweg entsprochen hätte; dies bei Anwendung der bekannten Formel Reaktionsweg = Fahrgeschwindigkeit : 10 x 3. Im Hinblick auf die Erfordernisse bei der Umschreibung der Tat bei Übertretungen des § 18 Abs. 1 StVO 1960 im Spruch eines Strafbescheides wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, der hier entsprochen wurde (vgl. VwGH 4.7.1997, 97/03/0028).

 

Dem gegenüber beschränkt sich der Berufungswerber auf das Bestreiten der Tatvorwürfe, welches Recht ihm als Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren naturgemäß zukommt. Damit konnte er allerdings die detaillierten und nachvollziehbaren Angaben des Zeugen nicht in Zweifel ziehen.

 

6. Zur Strafbemessung:

Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von 2 x 80 und 1 x 90 Euro wurden im untersten Bereich des Strafrahmens des § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960, der bis 726 Euro reicht, festgesetzt. Sie können schon aus diesem Grunde nicht als überhöht angesehen werden. Angesichts der Gefährlichkeit der vom Berufungswerber gesetzten Delikte muss vielmehr konstatiert werden, dass die Erstbehörde bei der Strafbemessung sehr konziliant vorgegangen ist.

Dem Berufungswerber kommt zudem keinerlei Milderungsgrund zugute, auch nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, vielmehr scheint er einmal wegen eines Geschwindigkeitsdeliktes vorgemerkt auf.

Ausgehend von den schon von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, insbesondere seinem monatlichen Nettoeinkommen von etwa 1.500 Euro, wird ihm die Bezahlung der Verwaltungsstrafen ohne weiteres möglich sein.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

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