Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166276/8/Sch/Eg

Linz, 22.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn W. H., geb. x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Juli 2011, Zl. S-23473/11-3, wegen einer Übertretung des Führerscheingesetzes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6. Dezember 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt werden.

         Im übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.               Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich demnach auf 10 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Juli 2011, Zl. S-23473/11-3, wurde über Herrn W. H. wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 FSG iVm § 2 Abs. 2 Z. 2 lit. b FSG eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 69 Stunden, verhängt, weil er am 27.4.2011 um 11.00 Uhr, in Linz, A7, Ausfahrt Wiener Straße, Richtungsfahrbahn Nord, den Kraftwagenzug, bestehend aus Pkw, Kz. x und Anhänger, Kz. x, gelenkt habe, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten, gültigen Lenkberechtigung für die Klasse E zu sein, da die Summe des höchstzulässigen Gesamtgewichtes von Kraftfahrzeug und Anhänger 3.500 kg überstiegen habe,  nämlich 3.870 kg betragen habe, und die höchste zulässige Gesamtmasse des Anhängers von 2.000 kg die Eigenmasse des Zugfahrzeuges von 1.330 kg überstiegen habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber – wie unter Punkt 1. näher umschrieben – als Lenker eines Pkw betreten wurde, an welchem ein Anhänger gekoppelt war. Die höchstzulässige Gesamtmasse beider Fahrzeuge betrug 3.870 kg, die höchstzulässige Gesamtmasse des Anhängers 2.000 kg, jene des Zugfahrzeuges 1.870 kg. Sohin war zudem die höchstzulässige Gesamtmasse des Anhängers höher als jene des Pkw.

 

Ebenso unbestritten ist, dass der Berufungswerber nicht im Besitze einer Lenkberechtigung der Klasse E war bzw. ist, wohl aber einer der Klasse B.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 lit. a FSG berechtigt die Lenkberechtigung der Klasse B zum Lenken von Kraftwagen mit nicht mehr als 8 Plätzen für beförderte Personen außer dem Lenkerplatz und mit einer höchsten zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg.

 

Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 lit. b FSG ist der Inhaber einer Lenkberechtigung der Klasse B weiters berechtigt, mit einem Zugfahrzeug einen Anhänger zu ziehen, dessen höchste zulässige Gesamtmasse die Eigenmasse des Zugfahrzeuges nicht übersteigt, sofern die Summe der höchstzulässigen Gesamtmassen beider Fahrzeuge höchstens 3.500 kg beträgt.

 

Aus der Diktion dieser Gesetzesbestimmungen ergibt sich zweifelsfrei, dass es bloß auf den Eintrag im Zulassungsschein ankommt und nicht auf die tatsächlichen festgestellten Gewichte. In Anbetracht dessen kann kein Zweifel bestehen, dass der Berufungswerber objektiv das Tatbild des § 1 Abs. 3 FSG iVm § 2 Abs. 2 Z. 2 lit. b FSG erfüllt hat.

 

Rechtfertigend bringt der Berufungswerber schon bei der Amtshandlung, aber auch später im Verwaltungsstrafverfahren vor, er habe sich beim Lenken dieses Gespannes in einer Notstandssituation befunden. Jener Fahrzeuglenker, der die Fahrzeugkombination ursprünglich auch gelenkt hatte, sei plötzlich von Übelkeit befallen worden, weshalb er die Fahrzeuge angehalten habe und ein Fahrerwechsel vorgenommen worden sei. An der dafür in Anspruch genommenen Verkehrsfläche kurz vor der Rampe von der Salzburgerstraße auf die A 7 Mühlkreisautobahn stadteinwärts sei ein längeres Verweilen nicht tunlich gewesen, hier wäre eine Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgegangen. Deshalb habe der Berufungswerber das Lenken des Gespannes auf sich genommen und mit dem bisherigen Lenker nunmehr auf dem Beifahrersitz die Fahrt weitergeführt. Er vermeint deshalb, hier sei eine Notstandssituation im Sinne des § 6 VStG vorgelegen.

 

Gemäß dieser Bestimmung ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof legt in seiner ständigen Judikatur zur Frage des Vorliegens eines Notstandes einen relativ strengen Maßstab an. Im Hinblick auf plötzlich auftretende gesundheitliche Probleme des Lenkens eines Kraftfahrzeuges vertritt er regelmäßig die Ansicht, dass die Weiterfahrt einer Person ohne Lenkberechtigung nicht durch eine Notstandssituation gerechtfertigt ist. Dies etwa bei einer plötzlichen Ohnmacht der Fahrzeuglenkerin (VwGH 14.10.1971, 663/71), die Verbringung einer Person in besorgniserregendem Zustand in ein Krankenhaus (VwGH 11.5.1990, 90/18/0004) uva.

 

Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die plötzlich auftretenden gesundheitlichen Probleme beim Lenker den Berufungswerber zu der Überlegung hätte bringen müssen, ob das Lenken des KFZ mit Anhänger ohne entsprechende Lenkberechtigung das angemessene und einzige Mittel zur Abwendung eines Nachteils für andere Rechtsgüter, hier für die Sicherheit des Straßenverkehrs, war. Dabei hätte ihm zu Bewusstsein kommen müssen, dass das vorschriftsmäßige Absichern der Fahrzeuge – sie standen im Bereich der an dieser Stelle unterbrochenen Leitschiene etwas abseits abgestellt – dem Zweck der Sicherung des nachkommenden Verkehrs entsprochen hätte. Solche Maßnahmen wären wohl aufwendiger gewesen, als das bloße Weiterfahren, nach der hier gegebenen Sachlage aber die zumutbare Alternative hiezu. Der Berufungswerber ist nicht im Besitze einer Lenkberechtigung der Klasse E. Er hat durch seine Fahrt damit – wenngleich nur abstrakt – dem Rechtsgut Verkehrssicherheit zuwider gehandelt, zumal die Vorschriften über den Besitz entsprechender Lenkberechtigungen keinen anderen Zweck haben, als eben jenen, dass nur berechtigte Fahrzeuglenker – im Interesse der Verkehrssicherheit – am Straßenverkehr teilnehmen.

 

Dem Berufungswerber kann also nicht beigepflichtet werden, dass hier eine Notstandssituation die Weiterfahrt gerechtfertigt hätte. Andererseits kann auch nicht von der Hand gewiesen werden, dass der Berufungswerber einen Beitrag zur Bereinigung der Situation leisten wollte, indem er eben das Fahrzeuggespann so schnell wie möglich zu entfernen trachtete. In Anbetracht dieser Erwägungen ist die Berufungsbehörde zu der Ansicht gelangt, dass eine Herabsetzung der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe vertretbar ist.

 

Die nunmehr festgesetzte Verwaltungsstrafe scheint angemessen, um den Berufungswerber künftighin von solchen Übertretungen abzuhalten, wobei davon auszugehen ist, zumal eine solche Situation, wie sie vom Berufungswerber als Rechtfertigung angegeben wurde, keinen alltäglichen Vorgang darstellt.

 

Die vom Berufungswerber angesprochene Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG kam für die Berufungsbehörde aber nicht in Betracht. Lenkt jemand bewusst ein Kraftfahrzeug ohne die entsprechende Lenkberechtigung, auch wenn er dafür einen nicht alltäglichen Grund zu haben glaubt, dann kann von geringfügigem Verschulden nicht mehr die Rede sein.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

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