Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550589/4/Wim/Rd/Bu

Linz, 26.01.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der X Gesellschaft mbH, X,  vertreten durch X Rechtsanwälte, X, X, vom 20. Jänner 2012 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der X GmbH & Co KG betreffend das Vorhaben "X, Tischlertüren", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin X GmbH & Co KG die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 20. März 2012, untersagt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 20. Jänner 2012 hat die X Gesellschaft mbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsent­scheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  900 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um ein nicht offenes Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung für einen Bauleistungsauftrag im Unterschwellenbereich handle, dessen geschätzter Auftragswert 4,845.000 (exkl. USt) nicht übersteige.

 

Am 14. November 2011 sei die Einladung der Antragstellerin zur Legung eines Angebots für die gegenständliche Bauleistung erfolgt. Als Zuschlagsprinzip gelangte gemäß Pos. 00 11 24 D des LV das Billigstbieterprinzip zur Anwendung. Die Antragstellerin habe rechtzeitig ein vollständiges Angebot gelegt und erfolgte am 6. Dezember 2011 die Angebotsöffnung, wobei nachstehende Angebote verlesen und protokolliert worden seien:

X, X                            135.426,90 Euro

X, X                                       141.420,80 Euro

X, X (Antragstellerin)            127.065,62 Euro

X, X                                       103.941,--  Euro

 

Am 13. Jänner 2012 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, der X Objekt Tischlerei den Zuschlag mit einer Vergabesumme von 103.941 Euro (exkl. USt) zu erteilen.

 

Die Antragstellerin bekundete ihr Interesse an der Auftragserteilung und führte weiters zum Schaden aus, dass ihr zwischenzeitig Kosten in Höhe von zumindest 5.000 Euro (für die Rechtsverfolgung und sonstige mit der Verfahrensteilnahme verbundene Kosten) sowie von 900 Euro (Pauschalgebühren) erwachsen seien. Überdies drohe der Schaden des entgangenen Gewinns und der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens, insbesondere auf

-                    rechtskonforme Prüfung der Angebote;

-                    Vornahme einer Ausscheidensentscheidung;

-                    rechtskonforme Ermittlung des Zuschlagsempfängers;

-                    Zuschlagserteilung

-                    Gleichbehandlung der Bieter und Einhaltung eines fairen Wettbewerbs

verletzt.

 

Zu den Vergabeverstößen wurde nach Zitierung des § 7 Abs.1 und 2 Oö. VergRSG 2006 ausgeführt, dass ein wesentlicher Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens auch dann gegeben sei, wenn die festgestellte Rechts­widrigkeit Auswirkungen auf den Verfahrensausgang haben könnte. Dabei genüge bereits eine potentielle Relevanz für den Verfahrensausgang. Es müsse wenigstens die Möglichkeit bestehen, dass bei rechtskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich sei. Dies sei etwa dann der Fall, wenn es zu einer anderen Reihung der Bieter komme. Die Ermittlung des Billigstbieters sei nicht Gegenstand eines Nachprüfungsver­fahrens. Maßstab des behördlichen Vorgehens sei daher nicht die Gewissheit eines anderen Ausgangs des Verfahrens. Die bloße Möglichkeit eines anderweitigen Ausgangs reiche aus. Überdies sei anzumerken, dass im Hinblick auf die Wesentlichkeit von Rechtswidrigkeiten nicht zwischen Verstößen gegen inhaltliche Vorgaben und bloßen Formalvorgaben unterschieden werde.

 

Zur Bekanntgabe der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde vorgebracht, dass ein Unternehmen mit der Bezeichnung "X Objekt Tischlerei" in ganz Österreich nicht existiere. Eine Recherche im Firmenverzeichnis der Wirtschaftskammer Österreich habe ergeben, dass am angegebenen Standort die Firma "X" ihren Firmensitz habe. Ob es sich bei jener in der Zuschlagsentscheidung genannten "X Tischlerei", richtigerweise um das Unternehmen "X" handle, sei fraglich.

 

Gemäß § 2 Z49 BVergG 2006 sei die Zuschlagsentscheidung die an Bieter abgegebene nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden solle. Gegenständlich sei die benannte Zuschlagsempfängerin nicht existent, wobei dies einer Nichtbekanntgabe gleichzuhalten sei. Enthalte die Zuschlagsentscheidung keine Bekanntgabe, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden solle, liege jedenfalls eine rechtswidrige Zuschlagsentscheidung vor.

 

Nach Zitierung des § 130 BVergG 2006 führt die Antragstellerin weiters aus, dass es sich bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vermutlich um die "X" handle, welche - nach Kenntnis der Antragstellerin - über maximal zwei qualifizierte Mitarbeiter und daher aus vergaberechtlicher Sicht nicht über die erforderliche (technische) Leistungsfähigkeit verfüge. Mit der angeführten Anzahl zur Verfügung stehender Mitarbeiter könnten die Montage­arbeiten nicht abgewickelt werden, zumal zweifellos auch andere Aufträge abzuarbeiten seien.

 

Gemäß § 69 Z2 BVergG 2006 müsse die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bei nicht offenen Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorliegen. Es sei davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer im selben Zeitpunkt – somit am 14.11.2011 – zur Abgabe eines Angebots eingeladen bzw aufgefordert worden sei. Entsprechend den Ausschreibungs­bedingungen seien keine Nachweise zur Befugnis, Leistungs­fähigkeit und Zuverlässigkeit beizubringen gewesen. Dies lasse vermuten, dass die Auftraggeberin entweder die Eignungsprüfung im Vorfeld der Einladung vorgenommen habe oder gemäß § 70 Abs.3 BVergG 2006 von einer Nachweisführung abgesehen habe, da der Auftragswert dieser Bauleistung den Betrag von 120.000 Euro nicht übersteige. Es bestünden aber begründete Zweifel an der Leistungsfähigkeit des (vermutlichen) präsumtiven Zuschlagsempfängers.

Diesbezüglich wurde auch auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 70 Abs.3 BVergG 2006 hingewiesen.

 

Trotzdem die Auftraggeberin vorerst von einem Nachweis zur Leistungsfähigkeit abgesehen habe, sei die Leistungsfähigkeit dennoch (zumindest) für die präsumtive Zuschlagsempfängerin zu prüfen. Im Hinblick auf die Judikatur  des VwGH sei es möglich, die personelle Ausstattung eines Bieters – objektiv – als zu gering zu bewerten und diesen Bieter daher auszuscheiden, obwohl in der Ausschreibung keine erforderliche Mindestzahl an Arbeitnehmern genannt worden sei (VwGH 18.5.2005, 2004/04/0094).

 

Die Antragstellerin bezweifle ausdrücklich die Leistungsfähigkeit der (vermutlichen) präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Diese verfüge nicht über eine ausreichende Anzahl von Mitarbeitern, welche für die ausgeschriebenen Bauleistungen herangezogen werden könnten. Die Leistungserbringung wäre lediglich unter Zuhilfenahme von "fremdem" Personal denkbar. Die Unternehmensstruktur, insbesondere der Mitarbeiterstand, der (vermutlichen) präsumtiven Zuschlagsempfängerin, sei daher nicht den Erfordernissen des konkreten Bauauftrages angepasst. Das Zur-Verfügung-Stehen eines allfälligen Subunternehmers hätte jedenfalls bereits mit der Angebotslegung nachgewiesen werden müssen.

 

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die präsumtive Zuschlags­empfängerin nicht über die vergaberechtlich geforderte technische Leistungs­fähigkeit iSd § 75 BVergG 2006 verfüge, weshalb deren Angebot daher mangels Eignung auszuscheiden gewesen wäre.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag und bringt weiters vor, dass die Untersagung der Zuschlagserteilung zwingend erforderlich sei, weil die Auftraggeberin mit der Erteilung des Zuschlags unumkehrbare Tatsachen schaffe, die von der Antragstellerin mit den Mitteln des Oö. VergRSG 2006 nicht mehr beseitigt werden können.

 

Gegenständlich überwiege das Interesse der Antragstellerin auf Beseitigung der im Verfahren von der Auftraggeberin zu verantwortenden Vergabeverstöße bei weitem gegenüber allfälligen nachteiligen Folgen einer derartigen Maßnahme für die Auftraggeberin. Der Antragstellerin drohe bei Zuschlagserteilung an die Mitbieterin der Entgang des Auftrags, somit entgangener Gewinn bzw Frustration der Kosten für die Erstellung der Angebotsunterlagen und Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung. Im Falle der Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wäre die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen.

 

Es seien keine besonderen Interessen der Auftraggeberin ersichtlich, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen würden. Besondere öffentliche Interessen, die für eine Fortführung des Vergabeverfahrens vor der rechtskräftigen Sachentscheidung durch den UVS sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.         

      

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die X GmbH & Co KG als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Über Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates wurden mit Schreiben vom 23. Jänner 2012 vorab der Gesellschaftsvertrag der KG "X Immobilien GmbH & Co KG" sowie die Satzungen für die GmbH und aufsichtsbehördliche Genehmigungen des Landes vorgelegt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung der einstweiligen Verfügung langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.   

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die X GmbH & Co KG stellt aufgrund der Tatsache, dass laut Firmenbuchauszug unbeschränkt haftender Gesellschafter die X GmbH ist und die X alleinige Kommanditistin ist,  ein Unternehmen im Sinne des Art.127a Abs.3 B-VG dar und ist daher die X GmbH & Co KG öffentliche Auftraggeberin im Sinn des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftrag­geber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des dis­kriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorial­verfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, somit ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zu­min­dest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

 

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