Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-531206/3/Kü/Ba

Linz, 30.12.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der B GmbH M, X, M, vertreten durch DI X X, p.A. I W-O OG, X, X, vom 18. Oktober 2011 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Oktober 2011, UR-2006-3854/122, betreffend Anordnung von Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nach § 62 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 62 Abs.2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002 idgF.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich 11. Oktober 2011, UR-2006-3854/122, wurden der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) für den Betrieb der auf näher bezeichneten Grundstücken bestehenden Biogasanlage nach Maßgabe des Ergebnisses des Lokalaugenscheins und der Verfahrensan­ordnung vom 8. Februar 2011 sowie aufgrund von Stellungnahmen der Amts­sachverständigen für Bau- und Abfalltechnik vom 30. September 2011 und Grundwasserschutz vom 28. September 2011 nachstehende Maßnahmen aufgetragen:

-         Es ist ein positiver gas- und sicherheitstechnischer Abnahmebefund gemäß § 22 Oö. Luftreinhaltetechnikgesetz vorzulegen.

-         Es sind zur Behebung der Undichtheiten von der Fahrsiloanlage der gegen­ständlichen Biogasanlage Sofortmaßnahmen durchzuführen (Abdichtungs­maß­nahmen udgl.), die geeignet sind, eine Verunreinigung von Gewässern und des Grundwassers abzuwehren. Über diese Maßnahme ist der Behörde unverzüglich ein Bericht zu übermitteln, um die Behebung der Mängel bzw. Undichtheiten durch aussagekräftiges Fotomaterial zu dokumentieren. Nach Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ist unverzüglich durch Vorlage eines neuen Dichtheitsattestes die Flüssigkeitsdichtheit und Medienbeständig­keit für die gesamte Fahrsiloanlage zu attestieren und der h. Behörde unaufgefordert zu übermitteln.

-         Als Frist für die Vorlage der erforderlichen Unterlagen wird der 15. November 2011 vorgeschrieben.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Begründend wurde festgehalten, dass die Behörde auf Seite 4 feststelle, dass "aufgrund der Ermittlungsergebnisse durch den unsachgemäßen Betrieb der Biogasanlage erhebliche, nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt bestehen können".

 

Die Bw beantrage diesbezüglich die Sachverhaltsfeststellung, dass erhebliche Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt durch den Betrieb der Biogasanlage keinesfalls bestehen würden sowie Undichtheiten eindeutig an der Verbindung der Wandplatten (Fuge) aufgetreten seien, die attestierte Flüssig­keitsdichtheit und Medienbeständigkeit der Siloplatte damit keinesfalls in einem Zusammenhang stehe.

 

Der positive gas- und sicherheitstechnische Abnahmebefund sei am 25.5.2011 per Mail übermittelt worden.

 

Die Undichtheiten am Fahrsilo würden ausschließlich bei der Verbindung der Fahrsilowände Richtung angrenzender Weidewiese bestehen. An diesen Stellen würde das innen ablaufende Niederschlagswasser gemeinsam mit den Sicker­wässern quasi rausgedrückt. Entlang des Silos würden drei Problembereiche bestehen, wo diese Platten aneinander gefugt würden. Diese Problembereiche seien im Zuge der betrieblichen Abnutzung entstanden und trete hier in gering­fügigem Ausmaß Sickerwasser bzw. Niederschlagswasser, das innerhalb der Silo­wände über die Abdeckfolie eintritt, aus. Es stehe hier keinesfalls fest, dass eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt bestehe. Unzweifelhaft würde hier ein leichter Flurschaden verursacht, der mit dem Besitzer der Weidewiese abzuklären sei.

 

Die Bodenplatte würde über keine Fugen verfügen und sei quasi ein Betonmonolith. Die festgestellten Undichtheiten seien damit für die Bodenplatte auszuschließen.

 

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass es zu keiner Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen und der Umwelt sowie zu keiner mehr als gering­fügigen Beeinträchtigung eines Gewässers im Sinne des § 32 WRG gekommen sei und kommen könne, weswegen der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben sei.

 

Unbeschadet der Berufung würden die Risse in der festgesetzten Frist abge­dichtet und würde die Bodenplatte nach der Entleerung gesäubert und auf den Zustand geprüft. Bei Verdacht einer Undichtheit würde eine Dichtheits­überprüfung durchgeführt.  

 

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 3. November 2011 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungs­entscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

§ 62 Abs.2 AWG 2002 lautet:

"Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde – unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens – den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen."

 

Voraussetzung für den bescheidmäßigen Auftrag der Behörde zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes im Sinne des § 62 Abs.2 AWG sind einerseits der nicht dem Konsens entsprechende Betrieb der Anlage sowie die Nichteinhaltung der mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes festgesetzten Frist. In einer Verfahrensanordnung im Sinne des § 62 Abs.2 AWG ist von der Behörde der Soll-Zustand des Anlagenbetriebes so hinreichend konkret zu beschreiben, dass kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat (vgl. VwGH vom 16.7.1996, 96/04/0062, zur vergleichbaren Regelung des § 360 Abs.1 GewO 1994). Die Erstinstanz bezieht ihre bescheidmäßige Anordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung ent­sprechenden Zustandes unter anderem auf die Verfahrensanordnung vom 8. Februar 2011, welche von der Behörde im Zuge der Anlagenüberprüfung ergangen ist. In dieser Verfahrensanordnung wird der Bw aufgetragen, binnen sechs Wochen die Gasspeicherfolie wieder in Stand zu setzen und die Instand­setzungsarbeiten unverzüglich in die Wege zu leiten. Außerdem wurde ange­ordnet, dass ein gas- und sicherheitstechnischer Abnahmebefund gemäß § 22 Oö. Luftreinhaltetechnikgesetz vorzulegen ist sowie unter Bezugnahme auf die luftreinhaltetechnischen Auflagenpunkte des Genehmigungsbescheides auch der Abnahmebefund für das BHKW vorzulegen ist. Als Frist für die Erfüllung der Verfahrensanordnung wurde der 31. Mai 2011 festgelegt.

 

Im Berufungsvorbringen ist festgehalten, dass der positive gas- und sicherheits­technische Abnahmebefund am 25.2.2011 der Behörde vorgelegt wurde. Eine Durchsicht des übermittelten Verfahrensaktes ergibt, dass dieser gas- und sicher­heitstechnische Abnahmebefund gemäß § 22 Oö. Luftreinhalte- und Ener­gie­technikgesetz 2002, erstellt von DI Dr. Gerstl, der Behörde vorgelegt wurde und zu UR-2006-3845/100 protokolliert wurde. Die Behörde hat gemäß dem einsehbaren Aktenverlauf diesen Abnahmebefund an den Sachverständigen für Maschinentechnik zur Begutachtung weitergeleitet. Eine abschließende Begut­achtung findet sich im Akt nicht. Diese Sachlage verdeutlicht für den Unab­hängigen Verwaltungssenat, dass die Bw der Verfahrensanordnung vom 8. Februar 2011 innerhalb der bis 31. Mai 2011 gesetzten Frist nachgekommen ist, weshalb eine neuerliche Vorschreibung der Vorlage dieses Abnahmebefundes zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands gemäß § 62 Abs.2 AWG nicht rechtens ist.

 

Die im zweiten Punkt des angefochtenen Bescheides angeordneten erforderlichen Maßnahmen zur Behebung der Undichtheiten der Fahrsiloanlage zur Abwehrung von Verunreini­gungen von Gewässern und des Grundwassers sind – wie oben dargestellt – nicht Inhalt der Verfahrensanordnung vom 8. Februar 2011 gewesen. Die Undichtheiten der Fahrsilowände, die von der Bw dem Grunde nach nicht bestritten werden, wurden vom Sachverständigen für Gewässerschutz erst im Zuge eines Lokal­augenscheins am 22.9.2011 festgestellt und hat dieser der Behörde mit Schreiben vom 28.9.2011 über seine Feststellungen berichtet. Dem vorliegenden Verfahrensakt ist nicht zu entnehmen, dass von der Erstinstanz die Durchführung von Abdichtungsmaßnahmen an der Fahrsiloanlage innerhalb angemessener Frist mittels Verfahrensanordnung im Sinne des § 62 Abs.2 AWG 2002 angeordnet wurde. Gemäß der Regelung des § 62 Abs.2 AWG 2002 ist die Vorschreibung von Abdichtungsmaßnahmen an der Fahrsiloanlage aber erst nach fruchtlosem Ablauf der in einer Verfahrensanordnung gesetzten Frist rechts­konform. Diese Verfahrensanordnung der Erstinstanz hat es allerdings nicht gegeben, weshalb eine bescheidmäßige Anordnung der Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nicht den Vorgaben des § 62 Abs.2 AWG 2002 entspricht. Insgesamt war daher der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zur Gänze zu beheben.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

VwSen-531206/3/Kü/Ba vom 30. Dezember 2011

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

AWG 2002 §62 Abs2

 

Voraussetzung für die Anordnung von erforderlichen geeigneten Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mit Bescheid iSd § 62 Abs 2 AWG 2002 ist der Verdacht des konsenswidrigen Betriebes der Behandlungsanlage sowie die Nichterfüllung der Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb der festgesetzten Frist. In dieser Verfahrensanordnung ist zudem der Soll-Zustand des Betriebes der Behandlungsanlage hinreichend zu beschreiben und zu konkretisieren, sodass kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat.

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum