Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-330027/2/Lg/Hue

Linz, 31.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. Juli 2011, Zl. Wi96-5-2011/HW, wegen einer Übertretung des Maß- und Eichgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die       Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 11 Stunden herabgesetzt.

 

II.        Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen          Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 365 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48  Stunden verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG der C P H GmbH, X, X, zu verantworten habe, dass von der C P H GmbH als Herstellerin der nachfolgenden Fertigpackungen die Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung nicht eingehalten worden seien. Weiters heißt es im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses:

"Anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Eichamtes Innsbruck am 03.02.2011 wurde festgestellt, dass am 03.02.2011 in den Lagerräumlichkeiten der Firma R I F-X/Tirol (Lagerleitung), X, X, folgende Fertigpackungen zum Verkauf vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht wurden:

 

Produkt: P K

Hersteller: C P H GmbH in X, X

Chargen Nr: X

EAN: X

Import/Handel: Handel

Nennfüllmenge: 8 Liter

Losgröße: 365

 

Dabei war bei den o.a. Fertigpackungen die Nennfüllmenge in Liter angegeben. Auf Grund der Bestimmungen des § 11 Abs. 2 FPVO ist die Angabe der Nennfüllmenge bei festen Produkten in Kilogramm/Gramm erforderlich.

Von der Wirtschaftskammer wurde in einer Handelsbrauchumfrage festgestellt, dass betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ein Handelsbrauch dahingehend nicht feststellbar ist."  

 

2. In der Berufung bringt der Bw vor, dass er bereits ausführlich dargelegt habe, dass seines Erachtens ein Handelsbrauch vorliege, weshalb er das vorgeworfene Delikt nicht begangen habe. Zudem sei der angenommene Sachverhalt des "In-Verkehr-Bringens" durch den Umstand "zum Verkauf vorrätig halten" nicht erfüllt. In der Bestimmung des § 26 Abs.1 MEG fehle nämlich eine analoge Bestimmung, wie sie im § 4 Abs.17 Arzneimittelgesetz vorgesehen sei: "...ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere...". Da im Verwaltungsstrafrecht ein Analogieverbot herrsche, sei diese Bestimmung für das gegenständliche Verfahren nicht heranzuziehen.

 

Eine Analyse der Fertigpackungsverordnung (Vergleich Österreich – Deutschland) ergebe: Die Beanstandungen des Eichamtes gegenüber Katzenstreu-Produkten, diversen Einstreuartikeln für kleine Heimtiere und Spezialfutterartikel wie Fischfutter/Teichsticks würden sich auf § 11 Abs.2 beziehen: "Andere als in den Anhängen 4 + 5 genannten Erzeugnissen müssen, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen."

 

Auch wenn es in Österreich keine offiziellen Usancen dafür gebe, bestünden de facto in der Praxis entgegen gesetzte Handelsbräuche:

-         Seit rund 40 Jahren würden am Markt parallel Katzenstreuprodukte existieren, welche in Kilogramm oder Volumen gekennzeichnet würden. Die Konsumenten hätten dies auch so gelernt und offensichtlich keinerlei Probleme damit.

-         Gleiches gelte für andere Einstreuartikel für kleine Nager.

-         Unter der weltweit vertriebenen Marke X Fischfutter gebe es auch immer schon Artikel, welche ausschließlich in ml (250 ml) verkauft würden.

-         Daneben gebe es noch verschiedene Spezialprodukte wie Schildkrötenfutter, Teichsticks etc., die vom Wesen her sehr voluminös seien und bei denen die Inhaltsangaben in Volumen erfolge. Viele diese Artikel würden über deutsche Produzenten/Anbieter auf den österreichischen Markt kommen.

Die Diskrepanz zur deutschen Fertigpackungsverordnung würden dies in § 6 Abs.1 klar machen: "Fertigpackungen dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Füllmenge nach Gewicht, Volumen oder Stückzahl oder in einer anderen Größe angegeben ist. Sofern nicht nach §§ 7-9 die Angabe in einer bestimmten Größe vorgeschrieben ist, hat die Angabe der allgemeinen Verkehrsauffassung zu entsprechen."

 

Ein Vergleich mit der deutschen Fertigpackungsverordnung würde ergeben, dass Katzenstreu bzw. Einstreumittel für Heimtiere in den §§ 7 – 9 nicht erwähnt würden. Daraus erkläre sich die Praxis, dass diese Artikel in Deutschland teils in Kilogramm und teils in Volumen deklariert würden. Es gebe also die "allgemeine Verkehrsauffassung", dass beides möglich sei.

 

Heimtierfuttermittel würden in den §§ 7 – 9 der deutschen Fertigpackungsverordnung extra erwähnt. Daraus ergebe sich, dass z.B. Fischfutter-Artikel mit Volumsdeklaration und deutschsprachiger Aufmachung existieren würden, die aufgrund der Verflechtung Österreich mit dem deutschen Markt auch in Österreich erhältlich seien (z.B. Eigenmarktprodukt von Retail Ketten wie Fressnapf oder Dehner).

 

§ 9 Abs.4 zur Kennzeichnung der Stückzahl bei Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen: "Futtermittel für Heimtiere und freilebende Vögel, wenn die Futtermittel der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechend nur nach Stückzahl gehandelt werden."

Der Vergleich der deutschen Rechtslage mit der österreichischen ergebe:

                                   Österreich = Handelsbräuche

                                   Deutschland = allgemeine Verkehrsauffassung

 

Somit liege jedenfalls ein entsprechender Handelsbrauch vor, weshalb das Straferkenntnis zu Unrecht ergangen sei.

 

Mit Schriftsatz vom 3.5.2011 habe der Bw einen Beweisantrag gestellt und die Einholung eines Gutachtens/Stellungnahme der Wirtschaftskammer Oö. betreffend der Frage, ob ein Handelsbrauch dahingehend vorliege, dass die in den Verkehr gebrachten bzw. in Zukunft zu bringenden Verpackungen, beinhaltend Katzenstreu, auf der Verpackung die Angabe des Nennvolumens und/oder die Angabe eines Nenngewichtes tragen. Die Erstinstanz habe unter Hinweis auf die im Jahre 2007 durchgeführte Umfrage der Wirtschaftskammer u.a. diesem Beweisantrag nicht stattgegeben. Aus Sicht des Bw sei es irrelevant, wann oder ob im Jahr 1993 ein Handelsbrauch bestanden habe oder nicht. Entscheidend sei der Zeitpunkt des "Inverkehrbringens" und dies sei im Jahr 2011 gewesen.

 

Eine Begriffsbestimmung darüber, was unter "Inverkehrbringen" zu subsumieren ist, sei der relevanten Bestimmung der FPVO nicht zu entnehmen. Soweit die Erstbehörde "hilfsweise" eine vergleichbare Bestimmung heranziehe (General Food Law), verlasse sie den dem österreichischen Justiz- und Verwaltungsstrafrecht immanenten Grundsatz des Analogieverbotes.

 

Abgesehen davon sei von diesem Umstand allein aus der Tatsache, dass die im Straferkenntnis angeführten Produkte in Fertigpackungen tatsächlich zum Verkauf bereit gehalten worden seien, nicht gewonnen. Im Straferkenntnis sei lediglich angeführt worden, dass die Fertigpackungen zum Verkauf vorrätig gehalten worden und somit in Verkehr gebracht worden seien. Dem gesamten Akt lasse sich nicht entnehmen, dass tatsächlich diese angeführten Verpackungen zum Verkauf vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht worden seien.

 

Sowohl in der Strafverfügung vom 24. Februar 2011 als auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. März 2011 werde als Tattag der 18. Jänner 2011 angegeben (Lieferdatum). In einer weiteren Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. Juli 2011 werde als Tattag der 3. Februar 2011 (Kontrolltag) genannt. Durch die neuerliche Vorhaltung eines neuen Tatzeitpunktes habe die belangte Behörde die Identität der Verwaltungsstrafsache verlassen. Es sei unzulässig, dass die Erstbehörde aufgrund eines Versehens in einem laufenden Verwaltungsstrafverfahren den Tatzeitpunkt ändere, insbesondere dann, wenn bereits eine Strafverfügung erlassen worden sei. Anders würde sich der Fall darstellen, wenn im Laufe des Verwaltungsstrafverfahrens eine Aufforderung zur Rechtfertigung erfolgt und das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz noch nicht abgeschlossen sei.

 

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 14. Februar 2011 zugrunde. Demnach sei anlässlich einer am 3. Februar 2011 in den Lagerräumen der Firma R I F-X/TIROL, X, X, durchgeführten Kontrolle die gegenständliche Verwaltungsübertretung festgestellt worden.

Der Anzeige angeschlossen ist eine Niederschrift über die Füllmengenkontrolle von Fertigpackungen angeschlossen.

 

Gegen die Strafverfügung vom 24. Februar 2011 brachte der Vertreter des Bw einen Einspruch ein.

 

Nach "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 11. März 2011 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung und ergänzte, dass eine Markterhebung aus dem Jahr 2009 ergeben habe, dass in Deutschland ein überwiegender Teil der Produkte ausschließlich in Volumsangaben aufzeichnen würden. Anzumerken sei dabei, dass die erhobenen H- Futterartikel darstellen würden. Diese würden daher nicht unter Einstreu fallen sondern seien Ergänzungsfutter für kleine Nager. Durch die unterschiedlichen Bewertungsvorgänge, welche zudem im europäischen Raum in Einzelnen nicht vereinheitlicht seien, würden sich in logischer Konsequenz unerwünschte Differenzen auf dem Gebiet der Rechtsanwendung ergeben. Im gegebenen Fall betreffe es den Bereich der Fertigpackungen und deren Füllmengenbezeichnung. So komme es in Österreich und Deutschland zu unterschiedlichen Kennzeichnungen. Zur Herstellung einer EU-konformen Rechtslage sei daher im nationalen Recht auch durchgängig auf die "allgemeine Verkehrsauffassung" abzustellen. Durch die unterschiedlichen europäischen Regelungen komme es zu einer Diskriminierung der österreichischen Anbieter betreffend dem freien Warenverkehr. Eine Umstellung der bisherigen Abfüllsysteme sei mit enorm hohem Kostenaufwand verbunden und wäre dadurch die Konkurrenzfähigkeit im österreichischen und gesamteuropäischen Raum nicht mehr gegeben. Unter Verweis auf die Klassifizierung der Erzeugnisse betreffend der zulässigen Minusabweichung der Füllmenge einer Fertigpackung sei anzumerken, dass Erzeugnisse, deren Schüttdichte nicht mit angemessenem technischen Aufwand hinreichend konstant gehalten werden könne, gleich wie flüssige Erzeugnisse klassifiziert würden. Daraus sei eindeutig zu schließen, dass gegenständliche Katzenstreu, welche aufgrund ihrer Eigenschaften zweifelsfrei in genannte Klassifizierung falle, aufgrund der Richtlinie der Europäischen Union in Volumen zu kennzeichnen sei.

 

Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 brachte der Vertreter des Bw vor, dass die Beweisergebnisse betreffend "Handelsbrauch" auf einer Stellungnahme der Österreichischen Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2009 basieren würden. Daher sei erforderlich, dass ein neuerliches Gutachten/Stellungnahme bei der Wirtschaftskammer zur Frage eingeholt werde, ob ein Handelsbrauch dahingehend vorliege, dass die in Verkehr gebrachten bzw. in Zukunft zu bringenden Verpackungen von Katzenstreu auf der Verpackung die Angabe des Nennvolumens und/oder die Angabe eines Nenngewichtes tragen. Nachstehende Fragen zur Frage, ob ein Handelsbrauch vorliege, mögen gestellt werden:

            "1. Sind als Inhaltsangabe der in Verkehr gebrachten Produkte                                    ´Katzenstreu´ ausschließlich Nennvolumen (Liter) angegeben"

            2. Sind als Inhaltsangabe der in Verkehr gebrachten Produkte                                     ´Katzenstreu` ausschließlich Nenngewichte angegeben?

            3. Sind beide Inhaltsangaben am Markt üblich, also sind sowohl Produkte       ´Katzenstreu` im Verkehr die in Nennvolumen als auch solche die in     Nenngewichten deklariert sind?"

 

In einer weiteren "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 21. Juli 2011 wurde dem (Vertreter des) Bw mitgeteilt, dass in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. März 2011 irrtümlich der Liefertag (18. Jänner 2011) anstatt des Kontrolltages (3. Februar 2011) als Tattag angegeben wurde.

 

Dazu brachte der Vertreter des Bw Folgendes vor: "Die bisher vorgebrachten Gründe in der Rechtfertigung vom 17.03.2011 sowie der Beweisantrag vom 03.05.2011 bleiben vollinhaltlich aufrecht".

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Erkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Die vom Vertreter des Bw in seiner Rechtfertigung vom 5. Mai 2011 verwiesene Handelsbrauchumfrage der Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2007 brachte im Detail folgendes Ergebnis:

 

"Frage 1:

Besteht nach Ihren Kenntnissen ein Handelsbrauch betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg?

 

 

Bundesland

 

      JA

 

NEIN

 

     KA

 

Gesamt

 

WK Burgenland

 

4

 

2

 

0

 

6

 

WK Kärnten

 

0

 

0

 

0

 

0

 

WK Niederösterreich

 

6

 

4

 

0

 

10

 

WK Oberösterreich

 

2

 

1

 

1

 

4

 

WK Salzburg

 

2

 

2

 

0

 

4

 

WK Steiermark

 

10

 

5

 

0

 

15

 

WK Tirol

 

0

 

0

 

0

 

0

 

WK Vorarlberg

 

2

 

1

 

0

 

3

 

WK Wien

 

10

 

6

 

0

 

16

 

Gesamtsumme

 

36

 

21

 

1

 

58

 

Gesamtsumme in %

 

62,07

 

36,21

 

1,72

 

100

 

 

Ein Handelsbrauch ist nicht feststellbar."

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gem. § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung müssen andere als die in den Anhängen 4 und 5 genannten Erzeugnisse, soweit nicht entgegen gesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

 

Gem. § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung ist der Hersteller oder der Importeur dafür verantwortlich, dass die Fertigpackungen den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. Die in einer Fertigpackung enthaltene Füllmenge muss nach Gewicht oder Volumen gemessen oder kontrolliert werden. Die Messungen oder die Kontrollen sind nach den allgemein anerkannten Regeln der statistischen Qualitätskontrolle mit geeichten und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeigneten Messgeräten vorzunehmen. Die Ergebnisse der Überprüfung sind entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der statistischen Qualitätskontrolle aufzuzeichnen und mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

 

Gem. § 24 Abs. 3 Ziffer 3 Maß- und Eichgesetz ist das In-Verkehr-Bringen das Anbieten, Importieren, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe.

 

Gem. § 26 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz dürfen Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in Verkehr gebracht werden, wenn auf ihnen leicht erkennbar und deutlich lesbar die Nennfüllmenge in einer gesetzlichen Maßeinheit oder nach Stückzahl angegeben ist.

 

Gem. § 63 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen, Entscheidungen oder Verfügungen, sofern sie nicht nach anderen Vorschriften mit einer strengeren Strafe bedroht sind oder ein gerichtlich zu ahnender Tatbestand vorliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 10.900 Euro bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist.

 

5.2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass durch die Fertigpackungsverordnung folgende Bestimmungen der Rich­tlinie 76/211/EWG für und 75/106/EWG umge­setzt wurden:

 

RICHTLINIE DES RATES vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvor­schriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen (75/106/EWG).

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie 75/106/EWG ist im Artikel 1 näher ausgeführt:

 

Gegenstand dieser Richtlinie sind die Fertigpackungen mit den in Anhang III aufgeführten flüssigen Erzeugnissen, die nach Volumen abgefüllt werden und in einheitlichen Mengen von nicht weniger ais 5 ml und nicht mehr als 101 in Verkehr gebracht werden sollen.

 

Die diesbezüglichen Bestimmungen dieser Richtlinie 75/106/EWG sind daher (und waren) auf Katzenstreu, die nicht in Anhang III aufgeführt ist und eindeutig kein flüssiges Produkt ist, nicht anzuwenden.

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie 76/211/EWG (in der Fassung der RL 2007/45/EG) ist im Artikel 1 näher ausgeführt:

 

Diese Richtlinie gilt für Fertigpackungen, in denen Erzeugnisse in konstanten, einheitlichen Nennfüllmengen in den Verkehr gebracht werden sollen, die

 

Artikel 4 Punkte (1) bis (3) der Richtlinie lauten:

 

(1) Auf allen in Artikel 3 genannten Fertigpackungen muss stets das als Nenngewicht oder Nennvolumen bezeichnete Gewicht oder Volumen des Erzeugnisses angegeben sein, das sie gemäß Anhang I jeweils enthalten müssen.

Fertigpackungen mit flüssigen Erzeugnissen müssen die Angabe ihres Nennvolumens, Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen die Angabe ihres Nenngewichts tragen, es sei denn, dass in allen Mitgliedstaaten die gleichen entgegen gesetzten Handelsbräuche oder einzelstaatliche Regelungen oder dass entgegen gesetzte gemeinschaftliche Regelungen be­stehen.

 

 

5.2.2. Sind die Handelsbräuche oder die einzelstaatlichen Regelungen für bestimmte Arten von Erzeugnissen oder bestimmte Arten von Fertigpackungen nicht in allen Mitgliedstaaten gleich, so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handelsbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestimmungslandes ent­spricht.

 

Zunächst ist also davon auszugehen, dass nach Artikel 4 Punkt (1) auf allen Fertigpackungen entweder Gewicht oder Volumen anzugeben ist.

 

Danach kommt Artikel 4 Punkt (2) zur Anwendung, in dem normiert wird, dass

- flüssige Erzeugnisse die Angabe des Nennvolumens

- andere Erzeugnisse die Angabe des Nenngewichts

tragen müssen.

 

Dann wird auf einen abweichenden Handelsbrauch verwiesen, wobei – wie bereits erwähnt wurde – einer der drei Fälle zu­treffen muss:

1. in allen Mitgliedstaaten bestehen die gleichen entgegen gesetzten  

    Handelsbräuche oder

2. in allen Mitgliedstaaten bestehen die gleichen entgegen gesetzten

    einzelstaatlichen Regelungen oder

3. es bestehen entgegen gesetzte gemeinschaftliche Regelungen.

 

Ferner ist Artikel 4 Punkt (3) anzuwenden, in dem das Vorhandensein der Angabe ent­sprechend dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestim­mungslandes zwingend verlangt ist (so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Rege­lung des Bestimmungslandes entspricht).

 

 

5.2.3. Zur konkreten Beschwerde der Deklaration von Katzenstreu nach Volumen (I) an Stelle der Deklaration nach Gewicht (kg):

 

Zunächst ist festzustellen, dass Katzenstreu kein flüssiges Erzeugnis ist und demnach nach Artikel 4 Punkt (2) die Angabe des Nenngewichtes erforderlich ist.

 

Zur Prüfung des Handelsbrauches in Österreich ist festzuhalten, dass die Wirtschaftskammer Öster­reichs in einer Untersuchung aus dem Jahr 2007 festgestellt hat, dass kein abweichender Handelsbrauch zur Gewichtsangabe für dieses Produkt vorliegt.

 

Daher ist das Ergebnis nach Artikel 4 Punkt (2), dass die oben angeführten Bestimmungen (1) bis (3) des Artikels 4 nicht zutreffen und daher auch nicht anzuwenden sind.

 

Aus diesem Grund wird auf jeden Fall die Angabe des Nenngewichtes gefordert und dieses wird auch für die Prüfung der Packung auf Übereinstimmung mit den Anforderungen heran­gezogen.

 

Wie der Vertreter des Bw selbst darlegt, bestehen offensichtlich jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland abweichende Bestimmungen zur österreichischen Rechtslage. Alleine dadurch sind die Voraussetzungen des Artikels 4 Punkt (1) der Richtlinie nicht gegeben. Dies bedeutet, dass die Nennfüllmenge von Katzenstreu jedenfalls in Gewichtseinheiten anzugeben ist. In Österreich wird als Zusatzkennzeichnung für den Kunden auch die Angabe in Liter toleriert. Eine Fertigpackung, die jedoch nur Liter enthält (wie im gegenständlichen Fall) entspricht nicht den Anforderungen der Richtlinie und der österreichischen Fertigpackungsverordnung.

 

 

5.3. Der Vertreter des Bw beantragte eine neuerliche Umfrage durch die Wirtschaftskammer um festzustellen, ob nunmehr ein Handelsbrauch dahingehend vorliegt, dass das Nennvolumen der Katzenstreu auf der Verpackung angegeben ist, da die durchgeführte Untersuchung der Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2007 nicht mehr aktuell sei. Dazu ist festzuhalten, dass nicht feststellbar ist, ob zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Fertigpackungsverordnung im Jahr 1993 ein Handelsbrauch bestanden hat. Wenn man – zugunsten des Bw – (hypothetisch) annimmt, dass ein solcher Handelsbrauch im Jahre 1993 bestanden hat, hätte dieser spätestens im Jahr 2007 geendet, wie die Wirtschaftskammer – unbestritten – in ihrer Umfrage aus dem Jahr 2007 festgestellt hat. Zu einem späteren Zeitpunkt konnte und durfte ein solcher Handelsbrauch contra legem nicht mehr entstehen, weshalb eine neuerliche Umfrage der Wirtschaftskammer entbehrlich war.

 

 

5.4. Nach § 26 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz dürfen Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in Verkehr gebracht werden, wenn auf ihnen leicht erkennbar und deutlich lesbar die Nennfüllmenge in einer gesetzlichen Maßeinheit oder nach Stückzahl angegeben ist.

 

Gem. § 24 Abs. 3 Ziffer 3 Maß- und Eichgesetz ist das In-Verkehr-Bringen das Anbieten, Importieren, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe.

 

Wenn der Vertreter des Bw ein Analogieverbot bei Strafverfahren ins Spiel bringt, da sich die Erstbehörde in der Definition des Begriffs "In-Verkehr-Bringen" des G F L bedient hat, ist zu erwidern, dass die vorgenannte Bestimmung des § 24 Abs. 3 Z3 MEG – als die gegenständlich maßgebliche und zur Anwendung zu gelangende Bestimmung – den Begriff des In-Verkehr-Bringens noch wesentlich weiter fasst als die von der belangten Behörde herangezogene angenommene Bestimmung.

 

Damit steht fest, dass der Bw als Hersteller/Importeur der gegenständlichen Fertigpackung verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich ist, dass dieses Produkt sowohl anlässlich der Anlieferung am 18. Jänner 2011 als auch anlässlich der Kontrolle am 3. Februar 2011 in den Lagerräumlichkeiten der Firma R in X durch Anbieten, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe in-Verkehr-gebracht wurde, obwohl die Fertigpackung nicht den Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung entsprochen hat.

 

Wenn der Vertreter des Bw moniert, dass in der zweiten "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 21. Juli 2011 der Tattag ausgetauscht wurde, ist er darauf aufmerksam zu machen, dass – wie bereits weiter oben näher dargelegt wurde – an beiden Tagen (18. Jänner und 3. Februar 2011) das vorgeworfene Delikt begangen wurde. Zudem liegt auch der Eintritt von Verfolgungsverjährung nicht vor, da der Austausch des Tattages in der "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 21. Juli 2011 noch in der gesetzlichen sechsmonatigen Frist erfolgt ist.

 

Die Tat ist dem Bw als Hersteller des gegenständlichen Produkts daher in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von auf mangelnde Rechtskenntnis zurückzuführende Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass unter Berücksichtigung der vom Bw unwidersprochen gebliebenen und der Behörde angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. Juli 2011 und des möglichen Strafrahmens lediglich eine sehr geringe Geldstrafe ausgesprochen wurde, wobei mildernd lediglich die Unbescholtenheit des Bw (zur Tatzeit) zum Tragen kommt. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG wurden nicht vorgebracht und liegen auch nicht vor. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Die vorwerfbare Rechtsunkenntnis ist unter den gegebenen Umständen nicht als geringfügiges Verschulden einzustufen. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herab zu setzen. Damit entfällt die Vorschreibung der Kosten für das Berufungsverfahren.   

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 12.06.2013, Zl.: 2012/04/0019-6

 

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