Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730342/29/Wg/Jo

Linz, 10.01.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 23. Mai 2011, Zl. 1-1011528/FP/10, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. November 2011 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit 7 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Se estima en parte la apelación y la decisión impugnada se confirma en la medida en que el tiempo de prohibición de residencia se fija en 7 años. Por lo demás, se desestima la apelación por considerarla infundada.

 

Rechtsgrundlagen/ Fundamento jurídico:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bundespolizeidirektion Steyr (im Folgenden: belangte Behörde) hat gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 23. Mai 2011 gemäß § 60 Abs.1 Z1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Das Aufenthaltsverbot stützt sich im Wesentlichen auf die strafrechtliche Verurteilung des Bw vom 4. April 2011.

 

 

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 7. Juni 2011. Der Bw beantragte, die Sicherheitsdirektion möge der Berufung Folge geben und das verhängte Aufenthaltsverbot gegen Erteilung einer Ermahnung ersatzlos aufheben; in eventu auf ein vertretbares Ausmaß reduzieren. Er argumentierte, bei Ansicht in den Protokolls- und Urteilsvermerk hätte festgestellt werden müssen, dass ihm Handlungen im Zeitraum Anfang Jänner 2008 bis 21. September 2008 in Linz vorgeworfen wurden. Dieser Zeitraum liege rund 3 Jahre zurück. Eine Einsichtnahme in den Protokolls- und Urteilsvermerk hätte auch ergeben, dass er damals für ein Kind im Alter von 2 Monaten sorgepflichtig gewesen sei. Seiner Mutter X sei am 17. April 2003 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Aus ihm unbekannten Gründen sei damals die Staatsbürgerschaft nicht auf ihn bzw. seinen Bruder erstreckt worden. Jedenfalls hätten zwei Schwestern die Staatsbürgerschaft erhalten. Er sei seit 2003 im Bundesgebiet und sei noch in die Hauptschule X gegangen. Er sei also mit etwa 13 oder 14 Jahren nach Österreich gekommen, nachdem er bei den Großeltern gelebt hätte. Die Großeltern seien mittlerweile sehr alt, wobei die Großmutter behindert und krank sei. Ein Onkel sei nach Argentinien ausgewandert, ein anderer nach New York. Auch der leibliche Vater lebe in den Vereinigten Staaten. Die väterlichen Großeltern seien bereits verstorben. Sein letzter Besuch in der Dominikanischen Republik sei vor etwa 3,5 Jahren erfolgt. Ansonsten würden sich die Kontakte auf das Telefon beschränken. Auch die früheren Jugendfreunde seien alle emigriert. In Österreich sei er für ein Kind, einen Sohn mit dem Namen X, sorgepflichtig. Er würde mit der Mutter X nicht in Lebensgemeinschaft leben. Jedenfalls besuche er seinen kleinen Sohn jedes Wochenende. Er sei im Besitz eines Niederlassungsnachweises. An Verwaltungsübertretungen oder sonstige Straftaten könne er sich nicht erinnern. Obwohl er derzeit als Lagerarbeiter im Bauhaus arbeite, gelte seine Liebe und sein Interesse der Musik. Er gestalte selber Hip-Hop-Texte und trete gemeinsam mit seinem Bruder unter dem Namen X auf. Die ihm vorgeworfenen Straftaten leugnete er. Die Behörde sei allerdings an das Urteil des Landesgerichtes gebunden. Seiner Ansicht nach sei er zu unrecht verurteilt worden. Aus Scham habe er das Strafverfahren auch gegenüber seiner Mutter verschwiegen. Von seinem Pflichtverteidiger fühlte er sich nicht gut vertreten. Jedenfalls würden die Handlungen drei Jahre zurück liegen und sei seither nichts mehr vorgekommen. Er sei damals unter 21 gewesen und unbescholten. Zur Beurteilung des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8 EMRK hätte daher insbesondere von der Erstbehörde angeführt werden müssen, dass er sich seit seinem 13. oder 14. Lebensjahr im Bundesgebiet bei seiner Mutter und bei seinem Stiefvater aufhalte und auch seine Geschwister im Bundesgebiet leben würden. Er sei Vater eines Säuglings, der seinen Vornamen trage. Er habe regelmäßigen Kontakt zu seinem Sohn und erfülle seine Unterhaltspflicht. Er sei im Arbeitsprozess integriert, aber auch kulturell in der Musikrichtung Hip-Hop tätig. Seine Bindungen zur Domenikanischen Republik seien reduziert, weil dort nur mehr die betagten und kranken Großeltern leben würden. Er sei bislang unbescholten gewesen. Er sei legal eingereist und verfüge über einen Niederlassungsnachweis, der bis 2015 gültig sei. Sein Privatleben und sein Familienleben seien nicht in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen. Er stehe im X Lebensjahr und habe prägende Jahre seines Lebens in Österreich bei seiner Mutter und seinen Geschwistern verbracht. Ihm hätte eigentlich zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft an seine Mutter ebenfalls durch Erstreckung die Staatsbürgerschaft gewährt werden müssen. Er sei zwar nicht von Klein auf im Inland aufgewachsen, jedoch langjährig hier rechtmäßig niedergelassen und habe entscheidende Jahre seines Lebens in Österreich verbracht. Er müsse für seine Fehler büßen, dies bedeute, dass er seinen Arbeitsplatz verlieren werde und sich der Kontakt zu seinem Sohn reduziere, außer er habe die Chance als Freigänger unterzukommen. Zuletzt leide auch seine musikalische Karriere durch die Haft. Der Vollzug der Ausweisung würde ihm den Boden unter den Füßen wegreißen, auch wenn er nach wie vor der spanischen Sprache mächtig sei. Seine Freundin X sei zu einem Zeitpunkt schwanger geworden, als er vom Strafverfahren keine Ahnung gehabt hatte. Sein Aufenthalt sei damals keineswegs unsicher gewesen. Die Beziehung zu seinem Sohn X wiege deshalb sehr schwer, weil für Jungen das Vorbild eines Vaters sehr wichtig für ihr Rollenverständnis sei. Er könne sich nicht vorstellen, dass sein Sohn ihn erst wieder im 11. Lebensjahr sehe. Der Kontakt über moderne Kommunikationsmittel könne wohl die körperliche Nähe nicht ersetzen. Er verdiene jedenfalls noch eine Chance und habe bereits bewiesen, dass er von Suchtgift die Finger gelassen habe. Ihm sei klar, dass er eine weitere Chance nicht bekommen werde, egal wie wichtig die familiären Interessen auch sein mögen. So wie viele andere junge Männer in seinem Alter in Österreich würde er erst mit 24 oder 25 vollkommen auf eigenen Beinen stehen und sein Leben gestalten können. Die über ihn verhängte teilbedingte Strafe erfordere es nicht, über ihn ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot zu verhängen.

 

 

 

Die Bundespolizeidirektion hat der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich den Verfahrensakt zur Entscheidung übermittelt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich dem Unabhängigen Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der UVS hat am 24. November 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der rechtsanwaltliche Vertreter des Bw brachte darin vor: "Das Beweisverfahren hat eine sehr intensive Verfestigung in Österreich bzw. ein intensives Familienleben in Österreich ergeben. Aus diesem Grund wird unter Hinweis auf das Berufungsvorbringen beantragt, der Berufung stattzugeben und das bekämpfte Aufenthaltsverbot zu beheben."

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

 

 

Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik.

 

 

 

Der Bw reiste am 31. Dezember 2003 in das Bundesgebiet ein und meldete mit 5. Jänner 2004 einen Hauptwohnsitz in Österreich an. Seit der Anmeldung des Hauptwohnsitzes am 4. Jänner 2004 ist er im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen. Seit dem 1. Jänner 2005 verfügt er über einen Niederlassungsnachweis.

 

 

 

Er wuchs bei seinen Großeltern auf, da seine Mutter X, vor ca 20 Jahren nach Österreich auswanderte. Ihr wurde am 17. April 2003 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Sie ist nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin. Bei seiner Mutter leben an der Adresse X sein Stiefvater X sowie seine beiden Schwestern X, geb. X und X, geb X. Beide sind österreichische Staatsbürgerinnen. X ist Staatsangehöriger der dominikanischen Republik.

 

 

 

Der Berufungswerber lebte bis 1. April 2011 in Familiengemeinschaft mit seiner Mutter (zuletzt an der Adresse X). Danach war an der Adresse X mit Hauptwohnsitz gemeldet. Laut einer Haushaltsbestätigung aus dem Lokalen Melderegister, datiert auf den 19. Dezember 2011, ist er seit dem 19. Dezember 2011 wieder an der Adresse X mit Hauptwohnsitz gemeldet. Von 31. August 2011 bis 9. Dezember 2011 war er in der JA X mit Nebenwohnsitz gemeldet.

 

 

 

Sein Bruder ist nicht österreichischer Staatsbürger. Dessen Gattin ist aber österreichische Staatsbürgerin. Die Kinder seines Bruders sind ebenfalls Österreicher.

 

 

 

Der Bw spricht nach wie vor perfekt spanisch bzw. seine Heimatsprache. Er kann aber auch eigenen Angaben zufolge "ganz gut deutsch". Seit seiner Einreise machte er regelmäßig, etwa einmal pro Jahr, Urlaub in der Dominikanischen Republik. Zuletzt war er vor 4 Jahren in der Dominikanischen Republik. Dort leben seine Großmutter und sein Großvater. Die Großeltern leben mittlerweile in einem Altenheim.

 

 

 

Der Vater des Bw hält sich nicht in der Dominikanischen Republik auf, er lebt mittlerweile in den USA. Es leben auch noch weitschichtige Verwandte in der Dominikanischen Republik. Zu diesen halten aber weder der Bw noch seine Mutter Kontakt.

 

 

 

Nach seiner Einreise besuchte er ein halbes Jahr lang die Hauptschule (X) in X. Da er die X wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse nicht positiv abschließen konnte, begann er einen AMS-Kurs für Jugendliche ohne Schulabschluss. Bis Mitte bzw. Ende 2010 besuchte er weitere Kurse beim AMS.

 

 

 

Aus einem Versicherungsdatenauszug, Stand 10. Oktober 2011, geht hervor, dass er nach längerem Arbeitslosengeldbezug mit 27. August 2007 als Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet wurde. Dieses Beschäftigungsverhältnis dauerte bis 14. September 2007. Weiters scheint auf, dass der Bw im Mai 2008, Juli bis August 2008, tageweise im November 2008 sowie jeweils am 20. März 2009, 21. März 2009, 18. August 2009, von 1. Oktober 2009 bis 5. Oktober 2009, von 9. März 2010 bis 18. März 2010, von 11. Mai 2010 bis 29. Juni 2010, von 3. September 2010 bis 2. März 2011 sowie von 22. März 2011 bis 22. Juli 2011 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nachging. Sein letzter Dienstgeber war die X. Laut Angaben des Bw war dieses Dienstverhältnis befristet und lief am 22. Juli 2011 aus. Er habe ein Arbeitsverhältnis über seinen Stiefvater in Aussicht gehabt. Sein Stiefvater hätte ihm bei der Firma X eine Stelle vermitteln können. Am 11. August 2011 trat er aber eine Strafhaft an und konnte seinen Angaben zufolge deswegen das neue Dienstverhältnis nicht eingehen.

 

 

 

Im Jänner 2011 wurde ihm auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Verein für X ein Nettolohn idH von 534,09 Euro ausbezahlt, im Februar 2011 ein Betrag idH von 526,62 Euro. Bei der X verdiente er im März 2011 einen Lohn idH von 353,87 Euro netto, im April 2011 1.119,52 Euro netto. Lt dem vorgelegten Kurszeugnis vom 13. Jänner 2011 nahm er an einem 8-stündigen Erste Hilfe Auffrischungskurs beim Öst. Roten Kreuz teil.

 

 

 

Der Bw ist in der Hip-Hop-Szene musikalisch aktiv. Er hatte schon mehrere Auftritte als Sänger. Auftrittsorte waren zB X, X und X. Auch in der X hatte er schon Auftritte, einmal auch in X und in der X. Es werden ca. 100 Auftritte pro Jahr sein. Er ist schon seit seiner Kindheit musikalisch aktiv.

 

 

 

Er hat in Österreich einen Freundes- und Bekanntenkreis.

 

 

 

Aus der Beziehung mit der nicht freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin X ging der gemeinsamen Sohn X, geb am X, hervor. Er ist österreichischer Staatsbürger. Die Kindesmutter X ging laut ihrer Zeugenaussage davon aus, bis Ende Juli 2011 eine Beziehung mit dem Berufungswerber geführt zu haben. Es bestand aber zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Haushalt.

 

 

 

Im Sommer 2011 ging der Bw mit der österreichischen Staatsbürgerin X eine Beziehung ein. Zu den allfälligen gemeinsamen Zukunftsplänen befragt, gab die Zeugin X an, dass sie nach der Entlassung aus der Haft zusammenziehen wollen. Für sie wäre es wegen ihres Arbeitsverhältnisses besser, wenn sie in X zusammenziehen würden. Sie arbeite als Stewardess bei der X. Auch Heirat sei ein Thema.

 

 

 

Die Kindesmutter X steht dagegen zur Zeit in keinem Arbeitsverhältnis. Sie ist in Karenz und erhält Kinderbetreuungsgeld. Sie erhält auch Arbeitslosengeld. Ihr kommt die alleinige Obsorge bezüglich dem gemeinsamen Sohn X zu. In der mündlichen Verhandlung gab sie an, dass der Berufungswerber abgesehen von 200 Euro bislang keinen Unterhalt geleistet hat. Während der Haft habe sie Unterhaltsvorschuss erhalten.

 

 

 

Weiters gab sie an, sobald sie kein Kinderbetreuungsgeld mehr für X erhalten würde, würde sie wieder arbeiten gehen. Sie hoffe, dass sie wieder eine Arbeit finden werde. Sie würde jedenfalls nicht einfach zu Hause sitzen. Befragt, ob sie sich auch ohne den Berufungswerber in der Lage sehe, den gemeinsamen Sohn aufzuziehen, gab sie an, dass ihr nichts anderes übrig bleiben würde. X sei zur Zeit in einer Krabbelstube angemeldet. Er sei dort ein- bis zweimal in der Woche, wenn sie einen Termin beim Arbeitsamt habe. Sie suche jetzt schon eine Teilzeitarbeit, für die Zeit nach der Karenz habe sie X bereits in den Kindergarten, in den auch ihre Tochter geht, angemeldet. Dort werde er dann unterkommen.

 

 

 

Befragt, ob sie es für zweckmäßig halte, dass der Berufungswerber weiterhin hier in Österreich sei und für seinen Sohn da sein könne, gab sie an, dass dies sicher der Fall sei. Es sei besser, wenn er dableiben könne und für seinen Sohn sorge. Er solle sich aber gefälligst um seinen Sohn kümmern. Sie wollte nicht, dass er abgeschoben wird.

 

 

 

Das Landesgericht Linz hat mit Urteil vom 4. April 2011, Zl. 22 Hv 150/10i, zu Recht erkannt:

 

 

 

"Sachverhalt 1):     X    ist schuldig, er hat vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (großen Menge) einem anderen überlassen, indem er im Zeitraum Anfang Jänner 2008 bis 21. September 2008 in Linz vom abgesondert verfolgten X (Spitzname X) pro Monat insgesamt 100 Gramm Kokain, sohin insgesamt 900 Gramm Kokain, zum Grammpreis zwischen EUR 80,-- und EUR 90,- ankaufte und anschließend an bislang unbekannte Abnehmer verkaufte.

 

 

 

Strafbare Handlung(en): X hat hiedurch das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG in der Fassung BGBl I 2007/110

 

begangen.

 

 

 

Strafe: u. A. des § 36 StGB nach § 28 a Abs 2 SMG

 

 

 

Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten

 

 

 

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

 

Gem. § 43a Abs. 3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten bedingt für eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen, 6 Monate Freiheitsstrafe sind zu verbüßen.

 

 

 

Kostenentscheidung: Gemäß § 389 Abs 1 StPO wird der Angeklagte zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt.

 

 

 

Strafbemessungsgründe:

 

Erschwerend:   kein Umstand

 

Mildernd:        bisherige Unbescholtenheit"

 

 

 

 

Das Landesgericht Linz hat mit Beschluss vom 14. September 2011, Zl. 22 Hv 150/10 i, den Antrag des Berufungswerbers vom 22. August 2011 auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens abgewiesen. Gemäß § 390a Abs.2 StBO fallen dem Antragsteller auch die Kosten für das erfolglose Begehren um Wiederaufnahme des Verfahrens zur Last. Weiters wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Hemmung des Strafvollzuges abgewiesen. Das Landesgericht argumentierte, dem Antragsvorbringen fehle im Zusammenhang mit den bisher vorliegenden Beweisergebnissen jede Eignung, die Urteilsgrundlage zu erschüttern, sodass der Wiederaufnahmeantrag abzuweisen war.

 

 

 

Dagegen erhob der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 30. September 2011 Beschwerde an das Oberlandesgericht Linz. Der Beschluss wurde zur Gänze angefochten und beantragt, das OLG Linz möge der Beschwerde Folge geben und den bekämpften Beschluss insofern abändern, als dem Antrag auf Wiederaufnahme und Hemmung des Strafvollzuges stattgegeben werde. Das OLG wies die Beschwerde ab.

 

 

 

Vom Verhandlungsleiter in der mündlichen Verhandlung befragt, ob er schuldig ist, gab der Bw an, dass er die Straftat nicht begangen habe. Er sei lediglich aufgrund der Angaben einer einzigen Person verurteilt worden. Er habe noch nie mit Drogen zu tun gehabt. Er habe noch nie Drogen genommen.

 

 

 

Der Bw wurde am X bedingt aus der Strafhaft entlassen.  Seither versucht er, eine Arbeit zu finden.

 

 

 

 

 

Zu Beweiswürdigung:

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. November 2011. Dabei wurden der Berufungswerber als Partei sowie X, X und X als Zeuginnen einvernommen.

 

Die Feststellungen zu den privaten bzw. familiären Verhältnissen des Berufungswerbers ergeben sich unstrittig aus dem Vorbringen der einvernommenen Zeugen sowie der Einvernahme des Berufungswerbers. Entscheidend ist, dass der Bw – anders als noch in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2011 – letztlich einräumte, dass er mit X erst seit dem Sommer 2011 eine Beziehung führt. Es besteht kein gemeinsamer Haushalt. Der Berufungswerber ist nach der Entlassung aus der Haft wieder bei seiner Mutter eingezogen. Er leugnete in der mündlichen Verhandlung, die am 4. April 2011 vom Landesgericht Linz abgeurteilte Straftat begangen zu haben. Er verwies dabei auf einen Wiederaufnahmeantrag. Das Landesgericht Linz hat den Wiederaufnahmeantrag abgewiesen. Das OLG hat die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen. Für den Verwaltungssenat steht daher fest, dass der Berufungswerber die Tat auch tatsächlich begangen hat. Soweit er die Tat bestreitet, handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung. Es zeigt, dass der Bw seine Tat nach wie vor nicht einsieht.

 

Vorgelegt wurde der Beschluss des Landesgerichtes Linz, mit dem die Wiederaufnahme des Strafverfahrens abgewiesen wurde, sowie die dagegen erhobene Beschwerde. Diese beiden Dokumente wurden in Kopie als Beilage zur Niederschrift genommen.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat weiters Beweis erhoben durch die Einholung einer Haushaltsbestätigung aus dem Lokalen Melderegister zur Adresse X.

 

 

 

Die Feststellungen zu den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ergeben sich aus dem vom Bw vorgelegten Versicherungsdatenauszug vom 10. Oktober 2011.

 

 

 

Weiters wurde Beweis erhoben durch die vom Bw vorgelegten Lohnzettel, das Zeugnis über einen Erste Hilfe Kurs, einen Mietvertrag und einem Kontoausdruck 2008/2009.

 

 

 

Der Bewährungshelfer des Bw nahm nach dessen Entlassung mit dem erkennenden Mitglied telefonisch Kontakt auf und teilte mit, dass der Bw seit seiner Entlassung sehr bemüht sei, eine Arbeit zu finden. Er kündigte an, sich an den rechtsanwaltlichen Vertreter des Bw zu wenden und über diesen eine ergänzende Stellungnahme einzubringen. Das erkennende Mitglied erkundigte sich in der KW 1 sowie am 10. Jänner 2012 bei der Kanzlei des rechtsanwaltlichen Vertreters telefonisch, wann diese Stellungnahme beim UVS einlangen würde. Es wurde mitgeteilt, dass der Bewährungshelfer zur Zeit auf Urlaub sei und daher kein konkreter Zeitpunkt bekannt gegeben werden könne. Es kann dessen ungeachtet unbedenklich festgestellt werden, dass sich der Bw seit seiner Entlassung um eine Arbeit bemüht.

 

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

 

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG 2005 idF BGBl I 38/2011 (= idgF) sind vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097, ausgesprochen, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der innerstaatlichen Benennung des Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art 3 Z 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, Abl. l. 348/98 (in der Folge: RückführungsRL) handelt. Aus diesem Erkenntnis folgt, dass durch die notwendige unmittelbare Anwendung der RückführungsRL der UVS als Rechtsmittelinstanz iSd Art 13 Abs. 1 der RückführungsRL berufen ist.

 

Der Berufungswerber ist mittlerweile wieder bei seiner Mutter, die nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin ist, eingezogen. Familienangehörige (§ 2 Abs.4 Z12) unterliegen gemäß § 65b FPG der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 41a, 65a Abs.2, 66, 67 und 70 Abs. 3. Gemäß § 2 Abs.4 Z12 FPG ist Familienangehöriger, wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie). Da der Berufungswerber bereits großjährig ist, ist er nicht Familienangehöriger im Sinn dieser gesetzlichen Bestimmung. Gemäß § 65b FPG kommt die Bestimmung des § 67 Abs.1 FPG nicht zur Anwendung.

 

Der Berufungswerber verfügt über einen Niederlassungsnachweis. Der erteilte "Niederlassungsnachweis" gilt gemäß § 11 Abs.1 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgestz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) als "Daueraufenthalt – EG". Der Berufungswerber hält sich aufgrund dieses Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet auf. In seinem Fall ist die Bestimmung des § 63 FPG (Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel) maßgeblich.

 

Gemäß § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

  1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
  2. anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Ein Aufenthaltsverbot ist gemäß § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

  1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
  2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
  3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
  4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
  5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
  6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
  7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
  8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
  9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

  1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
  2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
  3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
  4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
  5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
  6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
  7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
  8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Er wurde vom Landesgericht Linz wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall, Abs.2 Z3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten bedingt für eine Probezeit von 3 Jahren nachgesehen wurde. Es ist daher der Tatbestand für ein höchstens 10-jähriges Aufenthaltsverbot nach § 63 Abs.3 iVm § 53 Abs.3 Z1 FPG erfüllt.

 

Der Bw räumt ein, er sei nicht von Klein auf im Inland aufgewachsen. Er argumentiert, aus ihm unbekannten Gründen sei im Jahr 2003 die Staatsbürgerschaft nicht auf ihn erstreckt worden. Dies ergibt sich aber schon daraus, dass er zum Zeitpunkt als seiner Mutter die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, noch gar nicht in Österreich aufhältig war.

 

Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf gemäß § 64 Abs 1 Z 1 FPG eine Ausweisung gemäß § 62 und ein Aufenthaltsverbot gemäß § 63 nicht erlassen werden, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs.1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StBG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können.

 

Der maßgebliche Zeitpunkt liegt in der Verwirklichung des ersten der von der Behörde zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogenen Umstände, das sind vorliegend die dem Aufenthaltsverbot zu Grunde liegenden Straftaten (vgl VwGH vom 22. Juli 2011, GZ 2009/22/0179).

 

Die strafbaren Handlungen begannen im Jänner 2008. Da der Berufungswerber erst am 31. Dezember 2003 einreiste, ist diese 10-jährige Frist eindeutig nicht erfüllt. § 64 Abs.1 Z1 iVm § 10 Abs.1 Z1 Staatsbürgerschaftsgesetz stehen daher der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

 

Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder "Daueraufenthalt – Familienangehöriger" verfügen, dürfen gemäß § 64 Abs.4 FPG nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

 

§ 64 Abs 4 FPG gilt dem Wortlaut zufolge nur für Ausweisungen (§ 62). Aus systematischen Gründen ist die Bestimmung aber jedenfalls auch im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu beachten.

 

Als schwere Gefahr iSd Abs.4 hat gemäß § 64 Abs.5 FPG insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem inländischen Gericht

  1. wegen eines Verbrechens oder wegen Schlepperei, entgeltlicher Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt, Eingehens oder Vermittlung von Aufenthaltsehen oder Aufenthaltspartnerschaften, wegen einer Aufenthaltsadoption oder der Vermittlung einer Aufenthaltsadoption, wegen eines mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Vergehens nach dem SMG oder nach einem Tatbestand des 16. oder 20. Abschnitts des besonderen Teils des StGB oder
  2. wegen einer Vorsatztat, die auf der selben schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihnen begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten

rechtskräftig verurteilt worden ist. § 73 StGB gilt.

 

Wurde der Fremde wegen eines Verbrechens verurteilt, so sind die auf den Fremden allenfalls anzulegenden – gegenüber § 63 FPG strengeren – Voraussetzungen des Gefährdungsmaßstabes nach § 64 Abs.4 FPG erfüllt (vgl. VwGH vom 3. November 2010, 2009/18/0405). Der Bw wurde wegen eines Verbrechens nach dem SMG verurteilt. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes iSd § 64 Abs.4 und 5 FPG sowie § 63 Abs.3 und § 53 Abs.3 Z1 FPG sind erfüllt.

 

Wird durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs. 1 FPG 2005 idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

  1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
  2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
  3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
  4. der Grad der Integration;
  5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
  6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
  7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
  8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
  9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Der Berufungswerber hat mit 19. Dezember 2011 einen Hauptwohnsitz an der Adresse X begründet. Dort leben seine Mutter, sein Stiefvater und seine beiden Schwestern. Es steht zweifelsohne fest, dass sich der Berufungswerber seiner Familie sehr verbunden fühlt. Das Aufenthaltsverbot würde zur Trennung von seinen Angehörigen führen und stellt damit einen schweren Eingriff in das Privat- und Familienleben des Berufungswerbers dar.

 

Dieser Eingriff wird dadurch relativiert, dass der Berufungswerber von 1. April 2011 bis zum Antritt der Strafhaft im August 2011 eine gesonderte Unterkunft hatte. Er ist volljährig und arbeitsfähig. Dies wird durch die – wenn auch durch lange Zeiten der Arbeitslosigkeit unterbrochenen – Beschäftigungsverhältnisse bestätigt. Er versucht seit seiner Entlassung am X erneut Arbeit zu finden.

 

Zur beruflichen Integration ist festzuhalten, dass es dem Bw noch nicht gelungen ist nachhaltig am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies ist zweifelsohne auch darauf zurückzuführen, dass der Bw erst 22 Jahre alt ist. Erst seit dem 3. September 2010, als ihn der Verein für X zur Sozialversicherung anmeldete, sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, die nicht bloß kurzfristig andauerten, nachgewiesen.

 

Der Bw ist in der Musikszene aktiv. Die sich aus der Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes (seit dem 31. Dezember 2003) ergebende Integration wird jedoch durch das vom Landesgericht Linz am 4. April 2011 abgeurteilte Verbrechen nach dem SMG entscheidend gemindert (vgl VwGH vom 8. Juni 2010, GZ 2008/18/0758).

 

Der Berufungswerber verbrachte den größten Teil seines Lebens in der Dominikanischen Republik. Er spricht nach wie vor perfekt spanisch. In der Dominikanischen Republik leben seine Großeltern, bei denen er auch aufgewachsen ist. Es bestehen daher durchaus relevante Bindungen zum Heimatstaat iSd § 61 Abs 2 Z 5 FPG. Dort leben auch weitschichtige Verwandte, zu denen allerdings kein Kontakt besteht.

 

Bei der im fremdenpolizeilichen Verfahren durchzuführenden Gefährdungsprognose fällt die Uneinsichtigkeit des Berufungswerbers entscheidend ins Gewicht. Auch wenn die strafbaren Handlungen am 21. September 2008 beendet waren, ändert dies nichts daran, dass unter dem Blickwinkel des hier maßgeblichen Fremdenrechts ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters in erster Linie daran zu messen ist, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohl verhalten hat (vgl. VwGH vom 19. Mai 2011, GZ: 2008/21/0486). Der Bw wurde am 9. Dezember 2011 aus der Strafhaft entlassen. Die seither vergangene Zeit ist noch nicht ausreichend, um eine nachhaltige Besserung des Berufungswerbers annehmen zu können. Dabei ist insbesondere auf die hohe Wiederholungsgefahr bei Suchtmitteldelikten hinzuweisen. Es ist zu befürchten, dass der Berufungswerber rückfällig wird und neuerlich Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz begehen wird. Im Sinne des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Straftaten (vgl. Artikel 8 Abs.2 EMRK) ist daher die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten.

 

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist auch seinem minderjährigen Sohn X zumutbar. Letzterer lebt in Familiengemeinschaft mit der Kindesmutter X, der auch die Obsorgeberechtigung zukommt. Die Kindesmutter vermittelte in der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass sie der Erziehung des minderjährigen X ohne weiteres gewachsen ist. Sie hat konkrete Pläne für die Zukunftsgestaltung. Sie will wieder arbeiten gehen. So ist der minderjährige X bereits in einer Krabbelstube angemeldet. Für die Zeit nach der Karenz ist X bereits in einem Kindergarten angemeldet Unstrittig ist, dass der Berufungswerber sich seinem Sohn emotional verbunden fühlt. X verwies darauf, dass der Bw nach der Geburt seinen Sohn regelmäßig gesehen habe. Er habe am Wochenende eigentlich immer bei ihr übernachtet. Der Bw bezahlte bis zum Antritt der Strafhaft aber lediglich 200 Euro an Unterhaltsleistungen. Zudem führte er zu keinem Zeitpunkt mit der Kindesmutter bzw. dem gemeinsamen Sohn einen gemeinsamen Haushalt. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Ausreise des Bw das Kindeswohl gefährdet wäre.

 

Im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten hat der Berufungswerber auch die Trennung von seiner derzeitigen Freundin X hinzunehmen. Abgesehen davon, dass er mit dieser erst seit dem Sommer 2011 wieder eine Beziehung führt, ist das rechtliche Interesse an der Fortsetzung dieser Beziehung auch deshalb zu relativieren, weil kein gemeinsamer Haushalt besteht.

 

Bei der Bemessung des Aufenthaltsverbotes sind vor allem zwei Umstände zu beachten, einerseits, bis zu welchem Zeitpunkt bei weiterem Wohlverhalten eine nachhaltige Besserung des Bw angenommen werden kann. Zum anderen, wie lange dem Bw bzw. seiner Familie eine Trennung zumutbar ist (vgl. VwGH vom 30.08.2011, 2008/21/0576).

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist die von der belangten Behörde vorgeschriebene Dauer von 10 Jahren zu lange. Im vorliegenden Fall ist bei einer Gesamtwertung ein 7-jähriges Aufenthaltsverbot angemessen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Berufung und die ergänzenden Eingaben samt Beilagen idH von 97,50 Euro (3 Schriftsätze zu je 14,30 Euro sowie 2 Beilagen zu je 7,8 Euro, je 1 Beilage zu 11,70 Euro und 19,50 Euro und 2 Beilagen zu 3,90 Euro) angefallen.

 

Información sobre los posibles recursos:

Contra la presente decisión no cabe recurso ordinario alguno.

 

Advertencia:

La presente decisión puede ser impugnada con una denuncia ante el Tribunal Constitucional y/o el Tribunal Administrativo dentro del plazo de seis semanas a partir de su notificación; tal denuncia se tiene que presentar por una abogada apoderada o un abogado apoderado – salvo las excepciones contempladas por la ley. Para cada una de estas denuncias se tiene que pagar una tasa de 220 euros para su presentación.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 28. August 2012, Zl.: 2012/21/0027-7

 

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