Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166538/5/Kof/Rei

Linz, 09.01.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn R W,
geb. x, B, G, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. S M, L, S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 22. November 2011, VerkR96-14780-2011 wegen Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO, nach der am 4. Jänner 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat 20% der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 99 Abs.1 lit.b StVO, in der zur Tatzeit (= 03.09.2011) geltenden Fassung,   

        BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2011

§§ 19, 64 Abs.1 und 64 Abs.2 VStG

 

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:

-      Geldstrafe ............................................................................. 1.800 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ...................................... 180 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz ..................................... 360 Euro

                                                                                                                      2.340 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ................................................ 14 Tage.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

"Sie haben sich am 3. September 2011 um 21:21 Uhr in PLZ Ort, Strasse Hausnummer nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie am 3. September 2011 gegen 20 Uhr 53 von PLZ Ort nach Wohnort den PKW mit dem Kennzeichen x in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 § 99 Abs.1 lit.b  iVm  § 5 Abs.2 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von  

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

gemäß

1.800 Euro

14 Tage

§ 99 Abs.1 StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

180 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe/Kosten) beträgt daher  1.980 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 28. November 2011 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 05.12.2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 4. Jänner 2012 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie der Zeuge und Meldungsleger, Herr RI MS, PI L. teilgenommen haben.


 

Stellungnahme des Bw:

Am Samstag, 3. September 2011 abends war ich bei einer Kundschaft.

Ich verwende grundsätzlich blutdrucksenkende Mittel, nicht jedoch an diesem Tag.

Da ich an diesem Tag diese blutdrucksenkenden Mittel nicht verwendet habe,

wurde mir noch bei der Kundschaft "schwarz vor Augen".

Ich entschloss mich dennoch, mit meinem PKW nach Hause zu fahren, die Entfernung von dieser Kundschaft zu mir nach Hause beträgt geschätzt ca. 2 bis 3 Kilometer.

Ich fuhr von dieser Kundschaft weg.

Nach einer Fahrtstrecke von geschätzt ca. 1 Kilometer wurde ich von einem anderen Verkehrsteilnehmer angehalten.

Dieser Verkehrsteilnehmer stieg aus, ich blieb in meinem PKW sitzen.

Es ergab sich eine Debatte, wobei von diesem Verkehrsteilnehmer behauptet wurde, ich hätte ihn – auf welche Art auch immer – "behindert".

Nach einer kurzen Debatte fuhr ich weiter und zwar nach Hause.

Der andere Verkehrsteilnehmer war mir zu diesem Zeitpunkt persönlich

nicht bekannt.

Dieser Verkehrsteilnehmer ist mir offenkundig mit seinem PKW gefolgt und

zwar bis zu mir nach Hause.

Ich fühlte mich persönlich nicht wohl und hatte auch keinerlei Interesse,

mit diesem Verkehrsteilnehmer noch weiter zu debattieren.

Ich habe meinen PKW vor dem Haus abgestellt und bin hinein gegangen.

Mir wurde auch im Haus wieder "schlecht".

Möglich war irgendetwas im Zusammenhang mit dem Blutdruck oder dem Kreislauf.

Ich holte mir noch ein Glas Wasser und ging anschließend ins Schlafzimmer.

Kurz danach kam die Polizei.

Zu diesem Zeitpunkt war jener Verkehrsteilnehmer, welcher mich zuvor angehalten und anschließend mir nachgefahren ist, nicht mehr vor meinem Haus anwesend.

Er ist offensichtlich weggefahren.

Ich ging die Stiege wieder hinab und befand mich dadurch wiederum im Erdgeschoß.

Ein amtshandelnder Polizist leuchtete mit der Stablampe beim Fenster herein.

Mir war wiederum schwarz vor Augen.

Der Polizist hat mich durch das geschlossene Fenster aufgefordert zur Alkoholprobe.

Ich wollte jedoch nur das Glas Wasser, welches ich mir zuvor "gerichtet" hatte,

konsumieren und in das Bett gehen.

Ich habe zum Polizisten nur gesagt "Habt Ihr nichts Besseres zu tun".

Der Polizist ist dann weggefahren.

Ich bin in den 1. Stock ins Schlafzimmer und zu Bett gegangen.

Ich habe am Tag des Vorfalles (03.09.2011) absolut keinen Alkohol getrunken.

Am Dienstag, dem 06. September 2011 ging ich zum Arzt, Herrn Dr. H. (in) G.

Das ärztliche Attest vom 06.09.2011 lege ich hiermit vor.

 

Zeugenaussage des Herrn RI. MS, PI Lambach:

Wir wurden von der Bezirksleitzentrale verständigt, im Ortsgebiet von G habe sich ein "Beinahe-Verkehrsunfall" ereignet.

Ein Fahrzeuglenker habe einen Mopedlenker beinahe "niedergefahren".

Der Vater dieses Mopedlenkers, welcher mit seinem PKW hinter dem Mopedlenker nachgefahren sei, hat daraufhin den Fahrzeuglenker – den Bw –
angehalten und mit ihm gesprochen.

Anschließend hat der Vater dieses Mopedlenkers die Polizei verständigt.

Der Bw hat ursprünglich noch gewartet, ist jedoch dann weitergefahren und zwar nach Hause.

Der Anzeiger ist dem Bw nachgefahren bis nach Hause.

Wir waren auf Streife in Bad x und benötigten für die Fahrt bis zum Wohnort des Bw ca. 20 Minuten.

Während der Anfahrt haben wir versucht, die für den Wohnort zuständige Streife zu erreichen, dies ist jedoch nicht gelungen.

Der Wohnort des Bw befindet sich bereits im Bezirk x,

von der Bezirksgrenze x max. 1 Kilometer entfernt.

Wir kamen zum Wohnhaus und haben versucht anzuläuten und anzuklopfen.

Es gab keine Reaktion.

Ich habe die Daten des Anzeigers aufgenommen.

Dieser ist anschließend nach Hause gefahren.

Als der Anzeiger weg war, ist der Bw vom 1. Stock schwankend die Stiege herunter gekommen in das Erdgeschoß.

Ich habe ihn durch das gekippte Fenster angesprochen.

Aufgrund des "schwankenden Ganges" hatte ich den Verdacht, dass der Bw

sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Ich habe ihn mit dem Namen angesprochen.

Er hat daraufhin mit lallender Stimme zur Antwort gegeben

"Habt Ihr nichts Besseres zu tun".

 

Ich habe ihn dann anschließend zur Vornahme des Alkotests aufgefordert.

 

Auch der Anzeiger – Herr MP, Adresse – hat bei der Anzeige bereits angegeben, er vermute, dass der andere Fahrzeuglenker alkoholisiert sei.

 

Nach meiner Aufforderung zum Alkotest hat der Bw (sich) abgewandt und
ist über die Stiege in den 1. Stock gegangen.  Gesagt hat er nichts mehr.

 

Wir haben – vor der Amtshandlung bzw. vor der Aufforderung zum Alkotest –mehrfach über Funk bzw. Handy versucht, die Sektorstreife Haag zu erreichen,
dies ist jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht gelungen.

 

Erst nach der Amtshandlung bzw. Aufforderung zum Alkotest haben wir diese
Sektorstreife am Handy erreicht.

 

Über Befragung des Rechtsanwaltes des Berufungswerbers gebe ich an:

Wir wurden von der Bezirksleitzentrale über den Wohnort des Bw verständigt.

Diese hat dessen Wohnort - im Wege einer Anfrage aus der Zulassungsdatei - erhoben.

Meinem Kollegen und mir war bekannt, dass der Wohnort des Bw sich in einem anderen Bezirk befindet, wir haben daher versucht, die zuständige Sektorstreife zu erreichen, dies ist jedoch – wie bereits dargelegt – nicht gelungen.

Auf der Rückfahrt vom Wohnhaus des Bw zur PI Lambach konnte erstmals ein telefonischer Kontakt mit der Sektorstreife Haag hergestellt werden.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Sektorstreife Haag nach meiner Kenntnis keinen
Einsatz mehr.

Wo sich diese Sektorstreife Haag in jenem Zeitpunkt, als wir miteinander telefoniert haben befunden hat, weiß ich nicht.

Die Fahrtstrecke vom Wohnhaus des Bw bis zur PI Lambach beträgt geschätzt
ca. 15 – 20 Minuten.

Die Sektorstreife Haag haben wir somit spätestens 15 Minuten nach Beendigung der Amtshandlung erreicht.

Zu diesem Zeitpunkt hätte - nach meiner Einschätzung – auch die Sektorstreife Haag einen Alkotest durchführen können.

Ich bin zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zum Haus des Bw gefahren.

 

Bei der Amtshandlung habe ich den Bw erst gesehen, als dieser schon im Haus war.

Er ist somit "nicht vor mir geflüchtet".

 

Schlussäußerung des Berufungswerbers sowie seines Rechtsvertreters:

Ich verweise auf die Ausführungen in den Berufungen.

Weiters verweise ich auf die bei der heutigen mündlichen Verhandlung vorgelegte ärztliche Bestätigung.

Aus dieser ergibt sich eindeutig, dass den Berufungswerber kein Verschulden an der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung trifft.

Auch aus diesem Grund ist den Berufungen Folge zu geben.

 

Weiters weise ich ausdrücklich darauf hin, dass die amtshandelnden Beamten – mangels Gefahr im Verzug – für die Durchführung dieser Amtshandlung nicht
zuständig waren.

 

Die PI Lambach hat die PI Haag am Hausruck spätestens 15 Minuten nach Beendigung der Amtshandlung beim Haus des Bw  erreicht.

 

Die PI Haag wäre somit in der Lage gewesen spätestens 30 Minuten nach Beendigung der Amtshandlung durch die PI Lambach, beim Haus des Bw zu erscheinen und die Amtshandlung einschließlich Aufforderung zum Alkotest durchzuführen.

Durch diese halbstündige "Verspätung" hätte sich keine Verfälschung eines Alkotests ergeben.

Der PI Lambach war bekannt, dass die PI Haag am Hausruck spätestens eine halbe Stunde später diese Amtshandlung hätte durchführen können.

Die PI Lambach hätte diese halbe Stunde zuwarten können bis zum Eintreffen der PI Haag.

Außerdem gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bw wieder hätte wegfahren wollen.

 

Es wird daher beantragt, den Berufungen stattzugeben und die erstinstanzlichen
Bescheide (Straferkenntnis, Bescheid betreffend Entziehung der Lenkberechtigung) aufzuheben.

In eventu wird Strafmilderung beantragt.

 

Der Berufungswerber wurde von einem für diese Amtshandlung unzuständigen
Polizeibeamten aufgefordert, den Alkotest vorzunehmen.

Er war daher berechtigt, den Alkotest zu verweigern, insbesondere deshalb,

da keine "Gefahr im Verzug" vorlag.

 

Auf die Durchführung einer Verkündungstagsatzung bzw. auf die Verkündung der Entscheidung wird ausdrücklich verzichtet.

 

Ich bin damit einverstanden, dass die Entscheidungen schriftlich ergehen.

        

Anmerkung:  Der Name des Bw wurde durch die Wendung "Bw" – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

Die Durchführung einer Verkündungstagsatzung sowie die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde nicht durchgeführt, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw darauf ausdrücklich verzichtet hat;

VwGH vom 26.01.2010, 2009/02/0220; vom 25.03.2009, 2008/03/0090;

          vom 20.04.2004, 2003/02/0270 mit Vorjudikatur.

 

Unstrittig steht fest, dass der Bw am 03.09.2011 kurz vor 21.00 Uhr einen PKW bis zu seinem Wohnhaus gelenkt hat. Die Fahrtstrecke hat - gemäß den Angaben des Bw bei der mVh – ca. 2 bis 3 Kilometer betragen.

Unstrittig steht ebenfalls fest, dass der Bw von einem Beamten der Polizeiinspektion Lambach – Herrn RI MS – um 21.21 Uhr aufgefordert wurde seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Zur behaupteten örtlichen Unzuständigkeit der amtshandelnden Polizeibeamten ist auszuführen:

Die Amtshandlung (= Aufforderung zum Alkotest) wurde von einem
Polizeibeamten der PI Lambach (= Bezirk Wels-Land) beim Wohnhaus des Bw – dieses befindet sich im Bezirk Grieskirchen, höchstens 1 Kilometer von der Bezirksgrenze zum Bezirk Wels-Land entfernt – durchgeführt.

 

Der Bw hat in der Berufung sowie bei der mVh – insbesondere unter Hinweis auf § 27 VStG – vorgebracht, die Beamten der PI Lambach seien örtlich unzuständig gewesen.

Er sei dadurch berechtigt gewesen, die Vornahme des Alkotests zu verweigern.

 

§ 27 Abs.3 Z2 VStG lautet auszugsweise:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen bei Gefahr im Verzug zur Vornahme unaufschiebbarer Amtshandlungen die Grenzen des Sprengels ihrer Behörde überschreiten, wenn die örtlich zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen nicht rechtzeitig treffen kann und die Amtshandlungen zur Aufklärung von strafbaren Handlungen, die von Amts wegen zu verfolgen sind, erforderlich sind.

Solche Amtshandlungen gelten als Amtshandlungen der sachlich zuständigen Behörde, in deren Sprengel sie vorgenommen worden sind.

Das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes hat die Behörde von solchen Amtshandlungen unverzüglich zu benachrichtigen.

 

Die von den Polizeibeamten der PI Lambach durchgeführte Amtshandlung ist daher der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zuzurechnen.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte, Herr RI MS hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen, den Ablauf der Amtshandlung ausführlich und detailliert geschildert und in keiner Phase bei
der Einvernahme den Anschein erweckt, den Bw in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen;

VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247

 

Die Polizeibeamten der PI Lambach haben aufgrund der Mitteilung des Herrn
MP erfahren, ein möglicherweise alkoholisierter PKW-Lenker habe einen "Beinahe-Verkehrsunfall" verursacht.

 

Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit;

VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 20.3.2001, 2000/11/0089;

          vom 23.5.2000, 2000/11/0102; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

          vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 24.9.2003, 2001/11/0285;

            vom 27.2.2004, 2002/11/0036; vom 20.4.2004, 2003/11/0143.

 

Es war daher im Interesse der Verkehrssicherheit, diesen Vorfall so rasch als möglich aufzuklären.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte RI MS, PI Lambach hat bei der mVh dargelegt, dass vor Beginn der Amtshandlung versucht wurde, den "rayonszuständigen" Streifendienst (PI Haag) zu erreichen.

Dies ist jedoch nicht gelungen.

Aus diesem Grund wurde die Amtshandlung von der PI Lambach durchgeführt.

 

Der „rayonszuständige“ Streifendienst konnte erst nach Beendigung der Amtshandlung – bei der Rückfahrt vom Ort der Amtshandlung – erreicht werden.

 

Die amtshandelnden Polizeibeamten der PI Lambach konnten vor Beginn und während der Amtshandlung nicht wissen bzw. "prophezeien", zu welchem Zeitpunkt sie den „rayonszuständigen“ Streifendienst erreichen werden.

 

Die beiden Polizeibeamten der PI Lambach haben daher völlig zu Recht die gegenständliche Amtshandlung (Aufforderung zum Alkotest) durchgeführt.

 

Selbst wenn die beiden Polizeibeamten der PI Lambach – wie vom Bw mehrfach vorgebracht – die gegenständliche Amtshandlung im Widerspruch zu § 27 VStG durchgeführt hätten, wäre der Bw dennoch nicht berechtigt gewesen, die von ihm verlangte Atemluftprobe zu verweigern;

VwGH vom 28.07.2010, 2010/02/0004 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 11.08.2005, 2003/02/0170.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte MS hat bei der mVh ausgesagt, dass er beim Bw die Alkoholisierungssymptome: "schwankender Gang“, „lallende Sprache" bemerkt hat. –

Der Bw hat das Vorliegen dieser Alkoholisierungssymptome nicht bestritten.

 

Dass er zum Alkotest aufgefordert wurde, hat der Bw in der mVh sogar ausdrücklich bestätigt.

Der Bw wäre somit verpflichtet gewesen, die Atemluftprobe vorzunehmen.

 

Jedes Verhalten, welches den Alkomattest verhindert, gilt als Verweigerung; VwGH  vom 27.2.2007, 2007/02/0019; vom 9.10.2007, 2007/02/0197;

           vom 11.8.2006, 2005/02/0290; vom 25.11.2005, 2005/02/0254;

           vom 20.6.2006, 2005/02/0150; vom 18.3.2005, 2005/02/0048 uva.

           vom 24.9.2010, 2010/02/0046.

 

Der Bw ist vom Ort der Aufforderung zum Alkotest (sein Wohnhaus beim Fenster, durch welches der amtshandelnde Polizeibeamte MS die Aufforderung zum Alkotest vorgenommen hat) „ohne Worte“ weggegangen und zwar in den 1. Stock in das Schlafzimmer.

Durch dieses Verhalten hat der Bw die Vornahme des Alkotest verweigert und

eine Verwaltungs­übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO begangen.

 

Zur vom Bw behaupteten "Unzurechnungsfähigkeit" aufgrund der "körperlichen und psychischen Überlastungssituation":

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist betreffend die „Zurechnungs-fähigkeit“ eines KFZ-Lenkers dessen "situationsbezogenes Verhalten“ maßgebend.

Erkenntnisse vom 09.09.2005, 2004/02/0097; vom 20.06.2006, 2005/02/0245;

vom 11.08.2006, 2006/02/0159; vom 21.09.2006, 2006/02/0196;

vom 23.05.2006, 2006/02/0091; vom 18.6.2007, 2007/02/0170.

 

Der Bw hat bei der mVh ein ärztliches Attest, erstellt von Herrn Dr. H.,

Arzt für Allgemeinmedizin in G. vom 06.09.2011 vorgelegt:

"Der Bw ist am 2. September 2011 erkrankt.

Er klagte über Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl, Schweißausbrüche und Kreislaufstörungen im Sinne von Schwarzwerden vor den Augen.

Es besteht ein jahrelanger Nikotinabusus und eine chronische Bronchitis mit quälendem Reizhusten.

Bei der Untersuchung am 6.9.2011 (ich war erst ab dem 5.9. vom Sommerurlaub zurück) fand sich tatsächlich eine chronisch entzündlich veränderte Rachenschleimhaut mit einer ausgeprägten Grau-schaumigen Schleimstraße.

Der Infekt wird derzeit antibiotisch behandelt.  Erschwerend kommt hinzu, dass der Bw nach eigenen Angaben seit gut 15 Jahren keinen Urlaub mehr absolviert hat, da er als Selbstständiger einen kleinen Handwerksbetrieb führt, was zu einem chronischen Erschöpfungszustand geführt hat.

Am Nachmittag des 3.9.2011 bekam er einen heftigen Schweißausbruch und ein Zustandsbild wie bei einem Kreislaufkollaps.

Es erscheint plausibel, dass der Bw danach bei der polizeilichen Einvernahme paradox reagierte und in der Zusammenschau der körperlichen und psychischen Überlastungssituation paradox reagierte

Und den Alkoholtest verweigerte"

 

Anmerkung:  Der Name des Bw sowie der Begriff "Patient" wurde durch die Wendung "Bw" ersetzt.

 

Dieses Gutachten wurde drei Tage nach dem Vorfall/der Amtshandlung erstellt.

Herr Dr. H. war bei der Amtshandlung nicht anwesend und kann daher naturgemäß keine wie immer gearteten Aussagen zum "situationsbezogenen Verhalten" des Bw treffen.

 

Der Bw ist von einer Kundschaft nach Hause gefahren; Fahrtstrecke ca. 2 – 3 km.

Diese Fahrt erfolgte "zielgerichtet und in diesem Sinne auch erfolgreich".

VwGH vom 25.09.1991, 90/02/0217.

 

Der Bw hat bei der Amtshandlung zum Polizeibeamten gesagt:

"Habt Ihr nichts Besseres zu tun!"

Ferner hat der Bw bei der mVh bestätigt, dass er vom Polizeibeamten RI MS

zur Vornahme des Alkotests aufgefordert wurde.

Bei der Amtshandlung gab es somit ein konkretes, „geordnetes“ Gespräch zwischen dem Polizeibeamten MS und dem Bw;

VwGH vom 18.03.2005, 2005/02/0048

 

Durch die

-         „zielgerichtete und in diesem Sinne erfolgreiche" Fahrt des Bw von der Kundschaft nach Hause

-         Aussage des Bw zum Polizeibeamten "Habt ihr nichts Besseres zu tun" sowie

-         Bestätigung des Bw, dass er zur Vornahme des Alkotests aufgefordert wurde

steht fest, dass der Bw im Zeitpunkt der Amtshandlung/Aufforderung zum Alkomattest "zurechnungsfähig" war.

 

Der VwGH hat bei nachfolgenden "Krankheiten" die Unmöglichkeit, einen Alkotest durchzuführen, verneint:    

Magen- und Darmgrippe - Erkenntnis vom 30.04.2007, 2006/02/0086

Bronchitis, Atemnot, Husten - Erkenntnis vom 29.06.1993, 92/11/0241

Herzkrankheit - Erkenntnisse vom 20.06.2006, 2005/02/0245 und

                                           vom 28.01.2004, 2001/03/0019

Lungenkapazität - Erkenntnisse vom 16.12.2005, 2004/02/0198;

                  vom 28.01.2004, 2001/03/0019; vom 16.04.1999, 99/02/0088 uva.

Asthma - Erkenntnisse vom 22.03.2002, 99/02/0310 und

 vom 16.4.1999, 99/02/0079

Kurzatmigkeit - Erkenntnis vom 01.02.1989, 88/03/0093.

Chronische Bronchitis – 10.06.2008, 2007/02/0240

Lungenleiden – 25.06.2008, 2006/02/0302

 

Dass er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen wäre, den Alkomattest durchzuführen, behauptet der Bw selbst nicht.

 

Somit steht fest, dass der Bw die Aufforderung zum Alkomattest zu Unrecht verweigert hat.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Betreffend die Strafbemessung wird auf die zutreffende Begründung

im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen.

Ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig;   

siehe die in Walter-Thienel, Band I, 2. Auflage E 48, E 58 und E 60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) sowie E19 zu § 67 AVG (Seite 1325) zitierten VwGH-Erkenntnisse.

 

Der Strafrahmen nach § 99 Abs.1 lit.b StVO beträgt 1.600 Euro bis 5.900 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen bis sechs Wochen.

 

Beim Bw ist eine einschlägige Verwaltungsübertretung vorgemerkt.

 

Die verhängte Geldstrafe (1.800 Euro) ist daher als sehr milde zu bezeichnen.

 

Die Berufung war somit auch hinsichtlich des Strafausmaßes abzuweisen.

 

Gemäß § 64 Abs. 2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz

10% und für das Berufungsverfahren weitere 20% der verhängten Geldstrafe.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Josef Kofler

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 15. Oktober 2013, Zl.: 2012/02/0043-5

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