Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252828/20/Py/Hu

Linz, 13.12.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5. April 2011, GZ: SV96-39/8-2010, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. November 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5. April 2011, GZ: SV96-39/8-2010, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), drei Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 600 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Beschäftigung der nachstehend angeführten litauischen Staatsbürger, obwohl für diese ausländische Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG), eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) oder eine Entsendebewilligung (§ 18 AuslBG) erteilt oder eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 AuslBG) ausgestellt wurde oder wenn eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder einen Befreiungsschein (§§ 15 und 4c AuslBG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 AuslBG) nicht vorliegt.

 

Name der unerlaubt Beschäftigten:

x, geb. x61, litauischer StA

x, geb. x, litauischer StA

x, geb. x, litauischer StA

 

Die unerlaubte Beschäftigung erfolgte nachweislich im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzverwaltung und der Polizei Sierning am 09.09.2009 um 19.20 Uhr in x und in x, sowie x.

 

Da die Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kontrolle keine arbeitsmarktrechtlichen Genehmigungen vorweisen konnte, wurde das Vergehen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anzeige gebracht.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer) der Firma x angelastet."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass aufgrund des festgestellten Sachverhaltes die angeführten Arbeiten unselbstständig durchgeführt wurden. Die Ausländer haben keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorweisen können. In der mit dem Bw am 11. September 2009 aufgenommenen Niederschrift gab er an, dass die angeführten Arbeiter bei ihm beschäftigt sind, allerdings für die Firma x arbeiten und an diese verleast wurden. Dies hat auch Herr x in seiner mit ihm am 10. September 2009 aufgenommenen Niederschrift angegeben. Er sagte aus, dass die Litauer neu vom Bw gekommen wären und noch keine schriftliche Vereinbarung vorliege.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass bei der Festsetzung der Strafhöhe spezialpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt wurden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 18. April 2011. Darin bringt er vor, dass er durch die Zustellung des Straferkenntnisses erstmals Kenntnis vom Verfahren erlangte und dieses somit mangelhaft ist. Wegen der ihm vorgeworfenen Handlung wurde er vom Landesgericht Steyr zu x bereits strafgerichtlich verurteilt und widerspricht eine neuerliche Bestrafung dem Doppelbestrafungsverbot. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe sind unberechtigt.

 

3. Mit Schreiben vom 29. April 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe je Übertretung verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. November 2011, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit der im Verfahren zu VwSen-252827 anberaumten Berufungsverhandlung durchgeführt wurde. An der Verhandlung nahmen die Bw samt ihren Rechtsvertretern teil. Das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr entschuldigte sich für die Berufungsverhandlung. Als Zeugen wurden einer der gegenständlichen ausländischen Staatsangehörigen, Herr x, einvernommen. Zu seiner Befragung wurde eine Dolmetscherin der Verhandlung beigezogen. Die als Zeugin geladene Kontrollbeamtin entschuldigte sich aus Krankheitsgründen für die Berufungsverhandlung.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanzverwaltung und der Polizeiinspektion Sierning am 9. September 2009 um 19.20 Uhr wurden u.a. die litauischen Staatsangehörigen

x, geb. x,

x, geb. x,

x, geb. x,

 

an der Adresse x, wohnhaft angetroffen. Bei diesem Gebäude handelte es sich um ein Wohnhaus, in dem vorwiegend Personal der Firma x, einem vom Bw betriebenen Personalleasingunternehmen, untergebracht war.

 

Am Kontrolltag waren die litauischen Staatsangehörigen als Bauarbeiter für die Firma x tätig.

 

Es konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob die drei gegenständlichen litauischen Staatsangehörigen vom Bw an die Firma x zur Arbeitsleistung überlassen wurden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 11. November 2011.

 

In der mündlichen Berufungsverhandlung bestritten sowohl der Bw als auch der unter Wahrheitspflicht einvernommene Zeuge x, dass die drei litauischen Staatsangehörigen zum Leasingpersonal des vom Bw vertretenen Personalleasingunternehmens gehörten. Bereits aus der mit dem Bw am 11. September 2009 am Finanzamt Steyr aufgenommenen Niederschrift geht nicht eindeutig hervor, dass es sich auch bei den bei der Kontrolle angetroffenen litauischen Staatsangehörigen um ein vom Bw überlassenes Leasingpersonal handelt. Vielmehr gab der Bw in dieser im Akt einliegenden Niederschrift an, er habe Herrn x "einen Tipp gegeben, dass er bei Hrn. x anfragen soll, ob er eine Arbeit für ihn habe". Entsprechend dieser Erstverantwortung des Bw schilderte auch der Zeuge x, dass sich die litauischen Staatsangehörigen direkt bei der Firma x beworben hätten. Auch das Entgelt sei direkt mit einem Vertreter der Firma x verhandelt worden. Ebenso gab auch Herr x in der Berufungsverhandlung an, dass er nicht mehr sicher sagen könne, wie die drei litauischen Staatsangehörigen damals zu seinem Unternehmen kamen, er räumte aber ein, dass er davon ausgegangen sei, dass es sich auch bei diesen um ein vom Bw zur Verfügung gestelltes Leasingpersonal gehandelt habe. Auch im Hinblick auf die Angaben der Ausländer in den mit ihnen aufgenommenen Personenblätter, aus denen ebenfalls keine Nennung des Bw bzw. des von ihm betriebene Personalleasingunternehmens hervorgeht, ist festzuhalten, dass keine ausreichenden und überzeugenden Beweise, die für eine Überlassung der gegenständlichen ausländischen Staatsangehörigen durch die Firma x sprechen, vorliegen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zum Berufungsvorbringen, eine Bestrafung des Bw würde aufgrund der gerichtlichen Verurteilung des Bw wegen organisierter Schwarzarbeit dem Doppelbestrafungsverbot widersprechen, ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständlichen litauischen Staatsangehörigen – wie aus der im Akt einliegenden Urteilsausfertigung zu x des Landesgerichts Steyr hervorgeht – nicht Gegenstand des gerichtlichen Strafverfahrens waren. Das Doppelverwertungsverbot würde daher einer Bestrafung im gegenständlichen Verfahren nicht entgegenstehen. Das diesbezügliche Berufungsvorbringen geht daher schon aus diesem Grund ins Leere. Zudem hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2010 2011, B 343/10, die Auffassung vertreten, dass sich der einer Bestrafung wegen Übertretung des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG zu Grunde liegende Sachverhalt in wesentlichen Elementen von dem dem Vergehen nach § 153e Abs.1 Z1 StGB zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheidet, weil auch zum Tatbestand des Vergehens nach § 153e Abs.1 Z1 StGB die Beschäftigung eines Ausländers ohne Beschäftigungsbewilligung nicht gehört.

 

5.2. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)      in einem Arbeitsverhältnis,

b)      in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)      in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)     nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)      überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Als Beschäftigung im Sinne des AuslBG gilt nicht nur die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. a leg. cit.), sondern ebenso die Verwendung überlassener Arbeitskräfte (§ 2 Abs. 2 lit. e leg. cit.). Um die Verwendung von ausländischen Arbeitskräften als Beschäftigung im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG zu qualifizieren, macht es daher keinen Unterschied, ob derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, selbst Arbeitgeber der Ausländer ist oder ob im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG in Verbindung mit dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz die Verwendung überlassener Arbeitskräfte erfolgt. In beiden Fällen ist derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, ohne dass eine in § 3 Abs. 1 AuslBG angeführte Genehmigung oder Bestätigungen vorliegt, wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. strafbar (vgl. VwGH vom 9. Oktober 2006, Zl. 2004/09/0085).

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben jedoch erhebliche Zweifel an der Täterschaft des Bw, zumal nicht nur der Bw selbst, sondern auch einer der gegenständlichen Ausländer eine Überlassung der Ausländer durch den Bw ausdrücklich in Abrede stellt und entgegenstehende Beweise nicht vorliegen. 

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens vor dem  Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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