Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720307/8/Wg/Gru

Linz, 09.01.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X (geb. X), geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1. August 2011, Sich40-41797, angeordnete Ausweisung zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

II.                Eine Rückkehrentscheidung sowie eine Ausweisung sind auf Dauer unzulässig.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 1, Abs 2 iVm 61 Abs.3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I. Nr 100/2005 idF BGBl I Nr. 38/2011

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 1. August 2011, Sich40-41797, gem. § 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) ausgewiesen. Gem. § 70 Abs. 3 des FPG wurde ihr von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. Die Behörde argumentierte, die Bw habe sich am 10. August 2010 erstmals mit Hauptwohnsitz in Österreich polizeilich angemeldet. Seit der Auflösung ihres Dienstverhältnisses sei sie in keinem weiteren Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden. Seit 6. April 2011 würde sie Sozialhilfeleistungen des Sozialhilfeverbandes Gmunden beziehen. Durch die Tatsache, dass sie Sozialhilfeleistungen beziehe, würden die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich nicht mehr vorliegen. Die Identität der bestehenden Lebenspartnerschaft werde durch das Nicht-Vorhandensein einer gemeinsamen Unterkunft und der Tatsache, dass der Lebenspartner nicht für den Unterhalt aufkomme, massiv abgeschwächt. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich habe sie bisher nicht angeführt. Sollte sich der Gesundheitszustand (Schwangerschaft) verschlechtern, werde auf eine gute medizinische Versorgung in Polen, einem EWR-Staat, hingewiesen.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 16. August 2011. Die Bw beantragt darin, der UVS möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufheben und der Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Die Bw wurde am 25. Juli 1985 geboren und ist Staatsangehörige von X. Sie meldete mit 10. August 2010 einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet. Sie lebt in Familiengemeinschaft mit dem österreichischen Staatsbürger X, geb. X. Am 25. September 2011 wurde der gemeinsame Sohn X geboren, der ebenfalls österreichischer Staatsbürger ist. Am 2. Dezember 2011 heiratete die Bw X. Sie legte dabei ihren vormaligen Familiennamen X ab und übernahm den Familiennamen ihres Gatten. Die Familie X lebt in aufrechter Familiengemeinschaft an der Adresse X, X.

 

Laut dem vorliegenden Mietvertrag ist das Mietverhältnis für die Wohnung X, X, auf die Zeit von 1. Mai 2011 bis 30. April 2014 befristet. Der zu entrichtende Mietzins setzt sich wie folgt zusammen: Hauptmietzins von monatlich 280,-- Euro inkl. 10 % USt., Betriebskosten und öffentliche Abgaben von derzeit 65 Euro inkl. 10 % USt., Kosten des Betriebes der Wartung und Instandhaltung der Zentralheizung inkl. 20 % USt. laut Berechnung monatlich 85,-- Euro, Parkplatz pro Auto 5,-- Euro.

 

Von 30. Juni 2010 bis 12. Februar 2011 war die Bw als Arbeiterin bei der Firma X beschäftigt. Im Juli 2010 erhielt sie einen Nettolohn in der Höhe von X Euro, im August 2010 X  Euro, im September 2010 X  Euro, im Oktober 2010 X  Euro, im November 2010 X Euro und im Dezember 2010 X  Euro. Das Dienstverhältnis mit der Firma X wurde einvernehmlich gelöst. Von 22. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 bezog sie Krankengeld.

 

Am 6. April 2011 stellte die Bw bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes. In der  dazu aufgenommenen Niederschrift vom 6. April 2011 wird festgehalten, dass die Bw bei der Firma X die Arbeit verloren habe, da die Bar geschlossen worden sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden anerkannte mit Bescheid vom 20. April 2011, SO-101-2011, folgende Hilfe zum Lebensunterhalt: In der Zeit von 6. April 2011 bis 30. April 2011 richtsatzgemäße Sozialhilfe in Höhe von 487,-- Euro. In der Zeit von 1. Mai 2011 bis 31. Mai 2011 richtsatzgemäße Sozialhilfe inkl. Mietzuschuss in Höhe von 705,80 Euro. Anteilige Sonderzahlung für April und Mai 2011 in Höhe von 179,81 Euro. Gewährung von Krankenhilfe durch Übernahme der Beiträge bei der Oö. Gebietskrankenkasse ab 6. April 2011.

 

Mit Schreiben des Amtes der oö. Landesregierung vom 9. Mai 2011, GZ. 2011-37997/2, wurde der Bw vom Mai 2011 bis April 2012 eine Wohnbeihilfe in Höhe von 157,50 Euro monatlich bewilligt.

 

Im an die Bw gerichteten Schreiben des SHV Gmunden vom 30. August 2011 wird festgehalten, dass die Bw mit Schreiben vom 29. August 2011 auf Grund eines anhängigen Ausweisungsverfahrens um die Rückzahlung der gesamten Sozialhilfeleistung gebeten haben. Der SHV setzte entsprechend dem Schreiben der Bw 4 Raten fest (1. Rate idH von 1.000,-- Euro, 3 weitere Raten monatlich in Höhe von 626,85 Euro). Die Bw hat mittlerweile 1.000,-- Euro der bezogenen Sozialhilfe dem SHV Gmunden rückerstattet.

 

Die Bw war von 25. Februar 2011 bis 1. August 2011 als arbeitsuchend beim AMS Gmunden vorgemerkt. Das AMS Gmunden gab dem Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosenentgeltes vom 25. Februar 2011 mit Bescheid vom 9. Mai 2011 mangels Erfüllung der Anwartschaft keine Folge. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Bw in der gesetzlichen Rahmenfrist nur 228 Tage arbeitslosen­versicherungs­pflichtige Beschäftigung bzw. anwartschaftsbegründende Zeiten nachweisen könne. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Laut der Betreuungsvereinbarung mit dem AMS Gmunden vom 5. Mai 2011 endete die Arbeitslosigkeit auf Grund Wochenhilfe am 1. August 2011.

 

Laut Arbeits- und Entgeltbestätigung der Firma X, X, X, vom 16. August 2011 war X vom 11. Juli 2011 bis 7. August 2011 dort teilzeitbeschäftigt. Ab 8. August 2011 war er vollzeitbeschäftigt. Am 12. September 2011 wurde das Dienstverhältnis einvernehmlich aufgelöst.

 

Laut Schreiben der Bw vom 22. Dezember 2011 habe der ehemalige Arbeitgeber die Wiedereinstellung zugesichert, sobald sich die Auftragslage verbessert habe. Das nunmehrige Ehepaar werde von den jeweiligen Eltern finanziell unterstützt. Der Bezug des Karenzgeldes werde umgehend nachgewiesen.

 

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Da bereits nach der Aktenlage feststeht, dass der Bescheid zu beheben ist, war eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.

 

Im Akt der Erstbehörde befinden sich neben Auskünften aus dem Zentralen Melderegister, Versicherungs­daten­auszügen, Lohnzetteln auch ein Antrag auf Ausstellung einer Anmelde­bescheinigung sowie die oben erwähnten Bescheide. Die Feststellungen zur Dauer des Dienstverhältnisses und zum Ablauf des Verfahrens vor dem AMS stützen sich einerseits auf den Versicherungsdatenauszug, auf die Betreuungsvereinbarung vom 5. Mai 2011 sowie auf den Bescheid des AMS vom 9. Mai 2011. Im Akt der Erstbehörde ist weiters die erwähnte Arbeits- und Entgeltbestätigung der Firma X sowie der Mietvertrag für das Objekt X enthalten, des weiteren Kurzarztbriefe über den Verlauf der Schwangerschaft enthalten.

 

Die Feststellungen zur Eheschließung und der Geburt des mj. X stützen sich auf die im Berufungsverfahren vorgelegte Heiratsurkunde, den Staatsbürger­schaftsnachweis für X.

 

Seitens der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wurde bestätigt, dass die 1. Rate der Rückzahlungsvereinbarung über 1.000,-- Euro bereits bezahlt wurde. Die übrigen, mit Schreiben des SHV vom 30. August 2011 vorgeschriebenen Raten wurden bislang nicht rückerstattet.

 

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger gemäß § 51 Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, gemäß § 51 Abs 2 NAG erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

 

Das Dienstverhältnis der Bw wurde am 12. Februar 2011 einvernehmlich gelöst. Da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 nicht vorliegen endete somit zu diesem Zeitpunkt die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmerin. Es liegt keine "unfreiwillige" Arbeitslosigkeit im Sinn des § 51 Abs. 2 Z. 2 und 3 NAG vor.

 

Gemäß § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG ist die Bw daher nur dann zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügt, sodass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen muss.

 

Durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20. April 2011, in dem Hilfe zum Lebensunterhalt anerkannt wurde, ist belegt, dass die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG nicht vorliegen.

 

Die finanzielle Situation des Ehepaares X hat sich seither nicht gebessert. Beide gehen keiner Erwerbstätigkeit nach und sind nicht in der Lage, aus eigenen Kräften den Unterhalt zu bestreiten. Dazu wäre gemäß § 1 Abs 1 Z 2 lit a und Z 3 lit a OÖ. Mindestsicherungsverordnung, LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr 121/2011, ein Familieneinkommen in der Höhe von 1346,60 Euro erforderlich (2 x 578,80 Euro gem § 1 Abs 1 Z 2 lit a und 189,00 Euro gemäß § 1 Abs 1 Z 3 lit a) Die Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht nach § 51 NAG liegen nicht mehr vor, weshalb sich die Bw nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde gemäß § 55 Abs 3 NAG den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass die zuständige Fremdenpolizeibehörde hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Die zuständige Fremdenpolizeibehörde ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7.

 

EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können gemäß § 66 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Im Fall der Bw liegen die Voraussetzungen einer Ausweisung nach § 66 Abs 1 FPG vor.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat die Behörde gemäß § 66 Abs 2 FPG  insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Die hier relevanten Umstände des Privat- und Familienlebens der Bw haben sich seit Erlassung der erstinstanzlichen Ausweisung maßgeblich verändert. Eine Ausweisung würde nach der derzeit geltenden Rechts- und Sachlage zu einer Trennung von ihrem österreichischen Gatten und dem gemeinsamen mj. Kind, das ebenfalls österreichischer Staatsbürger ist, führen. Diese Trennung ist der Familie X unzumutbar.

 

Es kann von der Familie X auch nicht verlangt werden, gemeinsam nach X auszuwandern. Das private Interesse an der Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Bundesgebiet überwiegt die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens.

 

Die Erlassung einer Ausweisung ist daher mittlerweile gemäß § 66 Abs. 2 FPG iVm mit § 61 Abs. 3 FPG dauerhaft unzulässig.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 109,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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