Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166142/2/Fra/Bb/Th

Linz, 16.01.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des X, geb. X, X, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Mag. X, X, vom 30. Juni 2011, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. Juni 2011, GZ VerkR96-14942-2011, betreffend Abweisung des Antrages vom 25. Mai 2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand infolge der Versäumung einer Rechtsmittelfrist gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a iVm 71 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm

§§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirkes Linz-Land hat mit Bescheid vom 27. Juni 2011, GZ VerkR96-14942-2011, den Antrag des X (des nunmehrigen Berufungswerbers) vom 25. Mai 2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – eingelangt bei der Behörde am 13. Juni 2011 - gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist in der Verwaltungsstrafsache zu GZ VerkR96-14942-2011 gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm § 24 VStG abgewiesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 29. Juni 2011, hat der Berufungswerber durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung rechtzeitig – mit Schriftsatz vom
30. Juni 2011 - Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und seinem Einspruch sowie dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.  

 

Im Einzelnen führt er darin aus, dass im vorliegenden Fall die Frist, wie in der Kanzlei seines Rechtsvertreters üblich in zwei Mitarbeiterkalender, einem Hauptfristkalender und im EDV-Fristenkalender eingetragen wurde, womit alles vorgekehrt wurde um diese Frist zu wahren. Jedoch sei im gegenständlichen Fall durch Verwechslung der Rechtssache mit einer ähnlichen ihn betreffenden Rechtssache, welche zwei Tage später kalendiert gewesen sei, durch die rechtskundige Mitarbeiterin Mag. X ein menschlicher Fehler passiert.

 

Aus diesem Grunde handle es sich im gegenständlichen Fall um einen Fall minderen Verschuldens, welcher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertige. Als Beweis dafür, dass ein derartiges Versehen in der Rechtsanwaltskanzlei noch nie vorgefallen sei und nunmehr Vorkehrungen (Umbenennung von ähnlich lautenden Akten) getroffen worden sei, um derartige Fehler zukünftig zu vermeiden, wurden dem Wiedereinsetzungsantrag eidesstaatliche Erklärungen von Mag. X und Mag. X angeschlossen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 7. Juli 2011, GZ VerkR96-14942-2011, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.         Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates    (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und überdies der im Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erließ aus Anlass der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Haid vom 7. April 2011, GZ A1/16085/02/2011, wegen des Verdachtes der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2e StVO gegen den Berufungswerber die Strafverfügung vom 27. April 2011, GZ VerkR96-14942-2011. Die Zustellung dieser an den Berufungswerber gerichteten Strafverfügung erfolgte nachweislich am 3. Mai 2011 durch postalische Hinterlegung.

 

Gegen diese behördliche Erledigung erhob der Berufungswerber durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung mittels Telefax (Schriftsatz datiert vom 25. März 2011!) am 19. Mai 2011 begründet und offensichtlich nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Einspruch.

 

Auf den daraufhin ergangenen Verspätungsvorhalt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Mai 2011, GZ VerkR96-14942-2011, beantragte der  Berufungswerber anwaltlich vertreten mit Eingabe vom 25. Mai 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG gegen die Versäumung der Einspruchsfrist.

 

Die Fristversäumung begründet er damit, dass es in der Kanzlei seines Rechtsvertreters auf Grund zweier ihn betreffenden Termineintragungen (17. Mai 2011 Rücksprache betreffend eine Privatrechtssache und 19. Mai 2011 Fristenablauf für den Einspruch bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) durch eine langjährige, verlässliche und rechtskundige Mitarbeiterin zu einer Verwechslung der beiden Verfahren gekommen sei.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 24 VStG ist die Bestimmung des § 71 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

 

5.2. Der Berufungswerber geht – unbestritten – von einer rechtsgültigen Zustellung der Strafverfügung am 3. Mai 2011 und von der Versäumung der Rechtsmittelfrist für diese Strafverfügung aus. Als Grund für die Fristversäumung wird ein Versehen einer rechtskundigen Bediensteten des von ihm bevollmächtigten Rechtsanwaltes behauptet. 

 

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist diesem dann als Verschulden anzurechnen, wenn er die ihm zumutbare Kontrolle und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber dem Angestellten unterlassen hat.

 

Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass eine Rechtsanwaltskanzlei so organisiert ist, dass die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt ist. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Der rechtskundige Vertreter hat gegenüber der ihm als Hilfsapparat zur Verfügung stehenden Kanzlei alle Vorsorgen zu treffen, die notwendig sind, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben zu gewährleisten, die ihm aus dem Bevollmächtigungsverhältnis obliegen (VwGH
17. Dezember 2009, 2009/07/0172; 20. Jänner 1998, 97/05/0329). Die berufsgebotenen Vorkehrungen betreffen vor allem die Organisation des Kanzleibetriebes und die wirksame Überwachung der Angestellten in Bezug auf die Einhaltung der Fristen.

 

Im Zusammenhang mit der Fristwahrung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Vormerkung behördlicher Fristen, insbesondere von Rechtsmittelfristen, ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit von jedem Betroffenen voraussetzt, dessen Außerachtlassung - liegen nicht besondere Umstände vor - bereits ein erhebliches Maß des Verschuldens voraussetzt (VwGH 17. November 1994, 94/09/0218), wobei an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige Parteien. Dies gilt nicht nur für das eigene Handeln, sondern auch hinsichtlich der Tätigkeit seiner Mitarbeiter.

 

In Anbetracht der Bedeutsamkeit der Wahrung von Rechtsmittelfristen trifft die Partei bzw. ihre bevollmächtigten Vertreter in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. z. B. VwGH 19.12.1996, 95/11/0187).

 

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat zwar glaubhaft vorgebracht, dass im konkreten Fall die Rechtsmittelfrist wie in seiner Kanzlei üblich in zwei Mitarbeiterkalender, einem Hauptfristkalender und in einem EDV-Fristenkalender eingetragen worden sei. Dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag lässt sich nicht aber entnehmen, ob und welche Vorkehrungen von ihm zur Kontrolle der Eintragung dieser Frist gesetzt wurden. Im Hinblick darauf sowie der Tatsache, dass dem Fristversäumnis eine Verwechslung von Verfahren durch eine rechtskundige! Angestellte des Rechtsvertreters des Berufungswerbers zu Grunde liegt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Versäumung der gegenständlichen Frist bloß auf einem minderen Grad des Versehens beruht hätte.

 

Die vorliegende Berufung war daher abzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

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