Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166254/10/Fra/Th

Linz, 24.01.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Frau Rechtsanwältin Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 1. August 2011, VerkR96-3842-2011 Be, betreffend Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12. Jänner 2012, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2e leg.cit eine Geldstrafe von 360 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt, weil er am 30.04.2011 um 22.10 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X auf der A1 Westautobahn bei km 192,063 im Gemeindegebiet von Sipbachzell in Fahrtrichtung Wien gelenkt hat, wobei er die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesene Vertreterin eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am
12. Jänner 2012 erwogen:

 

Unstrittig ist, dass der Bw zum Vorfallszeitpunkt an der Vorfallsörtlichkeit den in Rede stehenden Pkw gelenkt hat. Der Bw hat jedoch bereits in seiner Stellungnahme vom 19.07.2011 an die belangte Behörde die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung bestritten. Er brachte vor, dass er die im Bereich Sipbachzell 3-spurig ausgebaute Autobahn auf dem mittleren der
3 Fahrstreifen befahren habe. Als er am Polizeifahrzeug vorbeifuhr, habe er gesehen, dass Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt wurden. Er sei von einem BMW am linken Fahrstreifen mit hoher Geschwindigkeit überholt worden. Die Polizeibeamten haben anschließend die Verfolgung mit eingeschaltetem Blaulicht aufgenommen. Er habe mit seinem Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und die Geschwindigkeit reduziert. Das Einsatzfahrzeug der Polizei habe ihn überholt, wobei er dieses aus dem Blickfeld verloren habe. Nach einer Strecke von einigen Kilometern sei das Einsatzfahrzeug der Polizei am rechten Rand gestanden und er sei durch die anzeigenden Polizeibeamten angehalten worden. Bei der Berufungsverhandlung präzisierte der Bw seine Angaben dahingehend, dass er nach ca. 2 km ein Polizeifahrzeug auf dem Pannenstreifen langsam fahrend mit eingeschaltetem Blaulicht und der Aufschrift "Polizei – bitte folgen" gesehen habe. Das Polizeifahrzeug sei halb auf dem Pannenstreifen und halb auf dem Fahrstreifen gefahren. Als ihn das Polizeifahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht überholte, sei die Aufschrift "Polizei – bitte folgen" nicht heruntergeklappt gewesen. Der Bw brachte weiter vor, dass sich in seinem Fahrzeug ein Navigationsgerät befand und dieses so eingestellt gewesen sei, dass es bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von über 25 oder 30 km/h der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit laute und deutlich wahrnehmbare Signaltöne abgebe. Weder er noch die weiteren Insassen im Fahrzeug haben diese Warntöne wahrnehmen können. Er gehe davon aus, dass die anzeigenden Polizeibeamten sein Fahrzeug mit jenem Fahrzeug verwechselt haben, welches ihn im Bereich Sipbachzell mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit überholt habe. Bei dem von ihm gelenkten Fahrzeug handelt es sich um einen BMW und auch das überholende Fahrzeug war ein Fahrzeug der Marke BMW. Er gehe davon aus, dass die Nachfahrt des Polizeifahrzeuges nicht ihm galt. Dies schließe er daraus, dass sich das Einsatzfahrzeug der Polizei seinem Fahrzeug von hinten genähert habe, um nach kurzer Nachfahrt zum Überholvorgang anzusetzen und weiterzufahren. Er sei zu diesem Zeitpunkt von dem anzeigenden Polizeibeamten nicht zum Anhalten seines Fahrzeuges veranlasst worden. Aus seiner Sicht sei kein Hinderungsgrund dafür vorgelegen, dass das Polizeifahrzeug nach dem Überholvorgang sich auf dem rechten Fahrstreifen eingereiht hätte. Es sei richtig, dass er bei seiner Anhaltung angegeben habe, es tue ihm leid, dass er die Geschwindigkeit übersehen habe. Dies beziehe sich jedoch ausschließlich auf die von ihm bereits in seinem Einspruch vom 15.05.2011 eingeräumte geringfügige Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit. Der Bw führte bei der Berufungsverhandlung aus, dass diese Angaben 3 weitere Personen, die sich in seinem Fahrzeug befanden, bezeugen könnten.

 

Beweiswürdigend hält der Oö. Verwaltungssenat fest, dass der Bw bei der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ. Der Meldungsleger konnte bei seiner zeugenschaftlichen Befragung nicht angeben, ob, als er die Messung durchgeführt hat, neben oder im Nahebereich des aus seiner Sicht gemessenen Beschuldigtenfahrzeuges ein anderes Fahrzeug fuhr.

 

Unter Zugrundelegung der Angaben des Bw erstattete der bei der Berufungsverhandlung teilnehmende Amtssachverständige für Verkehrsmesstechnik Dipl.-HTL-Ing. X ein Gutachten zu der Frage, ob eine korrekte Messung durchgeführt wurde und ob ausgeschlossen werden kann, dass ein anderes Fahrzeug gemessen wurde. Der Sachverständige ist in seinem schlüssigen Gutachten zum Ergebnis gekommen, dass von einer korrekten Messung auszugehen ist, wenn der Polizeibeamte vor Inbetriebnahme der Lasermessung die entsprechenden Gerätekontrollen, Funktionskontrollen, vor allem die Zielerfassung und die Nullmessung durchgeführt hat. Laut Aussage des Messbeamten wurde das von ihm beim Messstandort durchgeführt bzw. sind entsprechende Einrichtungen, Steher und Verkehrszeichen vorhanden, um diese Kontrollmessungen vor der Messung dort durchführen zu können. Wenn jedoch links neben dem Fahrzeug des Bw ein weiteres Fahrzeug gefahren ist und dieses Fahrzeug etwa die gleiche Höhe eingehalten hat wie das Fahrzeug des Bw, ist es messtechnisch möglich, dass der Messbeamte auch dieses Fahrzeug anvisieren konnte. Nachdem offenbar ein Messwert auf dem Messgerät zustande gekommen ist, ist sichergestellt, dass dann entweder das eine oder das andere Fahrzeug anvisiert wurde. Eine Doppelerfassung hat es nicht gegeben, da das Gerät die Differenzgeschwindigkeit der beiden Fahrzeug erkennen würde, woraus eine Fehlmessung und eine Errormeldung resultieren würde. Aufgrund der geometrischen Schilderungen oder Gegebenheiten ist es aber vom Messstandortes des Polizisten möglich und auch aus technischer Sicht nachvollziehbar, dass ein Pkw, welcher aus der Sicht des Bw links neben ihm fuhr, anvisiert werden konnte und es auch dabei, wenn das neben dem Bw fahrende Fahrzeug gemessen wurde, es zu einer korrekten Messung gekommen ist und zwar dahingehend, dass der Messbeamte einen Messwert am Display ablesen konnte.

 

Im Hinblick auf dieses Beweisergebnis kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Bw tatsächlich die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung eingehalten hat bzw. kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein anderes als das vom Bw gelenkte Fahrzeug gemessen wurde, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "dubio pro reo" spruchgemäß entschieden wurde.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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