Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522988/2/Fra/Bb/Th

Linz, 04.01.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, Deutschland, vom 20. Oktober 2011, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Oktober 2011, GZ VerkR21-586-2011/LL, betreffend Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als die Dauer der Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, mit sechs Monaten und sechs Wochen, gerechnet ab 12. August 2011  (= Abnahme des Führerscheines) festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm

§§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z3 und Z4, 26 Abs.2a und Abs.3 und 30 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 -FSG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land hat mit Bescheid vom 4. Oktober 2011, GZ VerkR96-586-2011/LL, Herrn X (dem nunmehrigen Berufungswerber), das Recht aberkannt, von seinem vom Landesbetrieb Verkehr Hamburg-Mitte am 21. Oktober 2003 für die Klassen B und L ausgestellten ausländischen Führerschein mit FS-Nr. X in Österreich Gebrauch zu machen, indem ihm für die Dauer von sieben Monaten, gerechnet ab 12. August 2011 (= Abnahme des Führerscheines), das Lenken von Kraftfahrzeugen untersagt wurde.  

 

Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 13. Oktober 2011, hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2011 - Berufung erhoben.

 

Der Berufungswerber verweist in der Berufung auf seinen Schriftsatz vom 9. September 2011 an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und die darin enthaltenen Ausführungen.

 

In diesem Schreiben vom 9. September 2011 hat der Berufungswerber im Wesentlichen die Herabsetzung der Dauer des Verbotes zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Österreich beantragt und dazu begründend festgehalten, dass er verkehrsrechtlich noch nie in Erscheinung getreten sei und es sich bei der vorgeworfenen Tat um seine allererste Auffälligkeit überhaupt handle. Seit seinem 17. Lebensjahr sei er im Besitz der deutschen Fahrererlaubnis, wobei er jährlich 40.000 bis 50.000 km zurücklege.

 

Nachdem er regelmäßig auch im Europäischen Raum und somit auch in Österreich mit seinem Pkw geschäftlich unterwegs sein müsse, treffe ihn die Aberkennung des Rechts auf Gebrauchnahme seines Führerscheines in Österreich besonders hart. Die Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln sei weder beruflich noch auf Grund seiner eingeschränkten Mobilität (Rollstuhl) möglich. Zudem müsse er regelmäßig auf Grund seiner Behinderung in ein Sanatorium in die Schweiz fahren, wozu es erforderlich sei, Österreich zu durch queren. Überdies seien seitens des Arbeitgebers auch schon arbeitsrechtliche Konsequenzen angedacht. Leider würden es auch seine finanziellen Mittel nicht gestatten, sich einen Fahrer einzustellen.

Hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 84 km/h führt der Berufungswerber an, dass es sich bei der Tat um ein "Augenblicksversagen" gehandelt haben müsse und auch bei der Abstandsunterschreitung müsse es sich um eine kurzfristige Unterschreitung gehandelt haben.

 

Selbst wenn mehrere Taten begangen wurden, sei doch zu berücksichtigen, dass es sich um eine einheitliche Fahrt handle, bei der die Verstöße innerhalb weniger Minuten kumuliert begangen worden seien. Er bedauere die Tat vehement.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 25. Oktober 2011, GZ VerkR21-586-2011/LL, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat – aus den genannten Beweismitteln - folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Gemäß der Anzeige der Landesverkehrabteilung Oberösterreich vom 16. August 2001, GZ 36401/01/2011, lenkte der Berufungswerber am 12. August 2011 den Pkw, Mercedes Benz 207 E 500, weiß, mit dem internationalen Kennzeichen X (D) auf der Westautobahn A 1, in Fahrtrichtung Salzburg, wobei er unter anderem im Gemeindegebiet von St. Florian die gemäß § 4 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich im Sanierungsgebiet auf der A 1 Westautobahn erlaubte festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nach Abzug der entsprechenden Messtoleranz um 16.35 Uhr im Bereich von Strkm 159,530 um 84 km/h und um 16.36 Uhr auf Höhe Strkm 161,020 um 65 km/h überschritten hat sowie um 16.36 Uhr in Asten, bei Strkm 160,290 bei einer Fahrgeschwindigkeit von 113 km/h (nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz) zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug einen zeitlichen Sicherheitsabstand von lediglich 0,18 Sekunden (= 5,7 m) eingehalten hat.

 

4.2. Die Feststellung dieser Delikte erfolgte im Zuge der Nachfahrt durch Exekutivorgane der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich mittels geeichter Provida-Anlage mit Videoaufzeichnung, Type Multavision, Gerätenummer 214121. Hierbei handelt es sich um ein absolut taugliches technisches und höchstgerichtlich anerkanntes Hilfsmittel unter anderem zur Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr und zur Abstandsüberwachung.

 

Der Berufungswerber hat weder die Geschwindigkeitsüberschreitungen an sich, noch dessen Ausmaß noch die Unterschreitung des Sicherheitsabstandes bestritten, sodass diese Taten mangels gegenteiliger Anhaltspunkte als erwiesen anzunehmen sind und der dargestellte Sachverhalt bedenkenlos der Entscheidung zu Grunde gelegt werden kann.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

3.     als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, sowie jedenfalls Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 90 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 100 km/h, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und diese Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurden, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen;

4.     die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde; ...

 

Gemäß § 26 Abs.2a FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z3 genannten Übertretung mindestens sechs Monate zu betragen, sofern nicht gemäß Abs.2 eine längere Entziehungsdauer auszusprechen ist.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1 oder 2 vorliegt - die Entziehungsdauer

...

2.     wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 70 km/h überschritten worden ist, sechs Wochen, ...

zu betragen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

5.2. Der Berufungswerber hat durch das Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 16.35 Uhr bei km 159,530 um 84 km/h und um 16.36 Uhr bei km 161,020 um 65 km/h grundsätzlich jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß § 30 Abs.1 IG-L iVm § 4 Abs.1 der Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A 1 Westautobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 101/2008, begangen.

 

Im Hinblick auf die Begehung dieser beiden Überschreitungen anlässlich einer einzigen Fahrt, den zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Begehungsform und die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände ist jedoch von einem für ein fortgesetztes Delikt einheitlichen Willenentschluss des Berufungswerbers auszugehen und in Bezug auf die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen Deliktseinheit anzunehmen und ihm dementsprechend lediglich die Überschreitung im Ausmaß von 84 km/h vorzuwerfen.

 

Damit hat der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs.1 IG-L iVm § 4 Abs.1 der Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A 1 Westautobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 101/2008, begangen. Diese Übertretung stellt eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG dar.

 

Durch im Rahmen der gegenständlichen Fahrt begangene  Abstandsunterschreitung hat der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO und damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG begangen.

 

Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten und Abstandsunterschreitungen zählen generell zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die straßenpolizeilichen Vorschriften und sind als besonders verwerflich und gefährlich anzusehen.

 

Im Hinblick auf die - nach der sich darstellenden Aktenlage – erstmalige Begehung sowohl einer Übertretung gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG als auch gemäß    § 7 Abs.3 Z4 FSG ist dem Berufungswerber das Lenken von Kraftfahrzeugen in Österreich gemäß § 26 Abs.2a FSG im Ausmaß der gesetzlichen Mindestverbotsdauer von sechs Monaten und gemäß § 26 Abs.3 Z2 FSG für (weitere) sechs Wochen zu untersagen.

 

Der Berufung konnte damit kein Erfolg beschieden werden. Diese Verbotsdauern sind gesetzlich bestimmt und zwingend anzuordnen. Eine Unterschreitung ist nicht möglich. Es besteht in solchen Fällen - zumindest nach unten - keine Dispositionsmöglichkeit für die Behörde.

 

Es handelt sich beim gegenständlichen Verbot um keine Strafe, sondern eine vorbeugende Schutzmaßnahme im (primären) Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer bzw. sonstigen Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern.

 

Berufliche, wirtschaftlich, persönliche oder familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche möglicherweise mit dem Verbot für den Berufungswerber verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Allgemeinheit im Straßenverkehr vor verkehrsunzuverlässigen Personen ist bei der Festsetzung der Verbotsdauer auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

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