Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150854/8/Lg/Hue

Linz, 17.01.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 23. November 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 30. Dezember 2010, Zl. BauR96-274-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.    

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
17 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen X am 27. Oktober 2010 um 20.35 Uhr die mautpflichtige A8 Innkreisautobahn, ABKM 44.450, Gemeinde Pram, in Fahrtrichtung Sattledt benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass die verhängte Geldstrafe immer noch zu hoch sei. Es habe keine Möglichkeit bestanden, eine ASFINAG-Service-Stelle zu kontaktieren, und würde vom Bw auch nur in Wien "angestrebt werden". Weitere ASFINAG-Servicestellen seien dem Bw nicht bekannt. Die Mitnahme aller besagten Dokumente (Reparaturschein der Werkstätte, unterer Abschnitt der Vignette, Versicherungsschreiben) und die klare und nachvollziehbare Erklärung, soeben erst auf die Autobahn aufgefahren zu sein, müssten die Behörde überzeugen können, das Verfahren einzustellen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried/I. vom 3. Novem­ber 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen. Der Lenker habe die angebotene Ersatzmaut abgelehnt. Als Zusatz zur Anzeige wurde angegeben: "Er habe im April bei seinem Pkw wegen eines Windschutzscheibenbruches diese wechseln lassen, deshalb habe er keine Vignette angebracht".

 

Nach Strafverfügung vom 8. November 2010 brachte der Bw in Stellungnahmen vom 15. November und 9. Dezember 2010 vor, dass er sowohl am 1. als auch am 2. Februar 2010 eine Jahresvignette gekauft habe, weil die erste verlustig gegangen sein. Nach einem Unfall habe die Windschutzscheibe am 6. April 2010 in einer tschechischen Werkstatt ausgetauscht werden müssen. Nach der Rückholung des Fahrzeuges aus Tschechien am Tattag habe keine Möglichkeit eines "Vignettentausches" bestanden. Bei der Kontrolle habe der Bw den Vignettenabschnitt und Reparaturbescheinigungen vorgezeigt.

Als Beilagen wurden Kopien einer abgelösten Jahresvignette mit Ungültigkeitsmerkmalen, von diversen Kaufbelegen über Vignetten, über Reparaturrechnungen sowie über Einkommensbelege angeschlossen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Mittels Schreiben vom 1. April 2011 teilte der Oö. Verwaltungssenat dem Bw mit, dass ihm die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht notwendig erscheint, da der Bw den maßgeblichen Sachverhalt nicht bestreitet. Bei anderer Ansicht möge dies innerhalb Frist mitgeteilt werden.

 

Der Bw brachte daraufhin am 11. April 2011 Folgendes vor:

"Ich, Hr. X X, whft X, X BESTEHE auf eine Berufungsverhandlung (am Wohnsitz X).

Begründung: Sachverhalt zugegeben – Resultat bestritten.

SV-Wiederholung: Pickerl, Bestätigung, Kaufbel. mitgeführt;

Erklärung Ausland plausibel + nachvollziehbar;

Nur Freispruch/Verwarnung akzeptabel".

 

5. Der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist der Bw – trotz ordnungsgemäßer Ladung ­ – unentschuldigt ferngeblieben.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt, dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen).  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

6.2. Unbestritten ist, dass der Bw der Lenker war und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette aufgeklebt war.

 

§ 11 Abs. 1 BStMG normiert, dass vor der Benützung einer Mautstrecke die Maut durch Anbringen einer Mautvignette zu entrichten ist. Eine gültige Vignette war – unbestritten – auf dem verfahrensgegenständlichen Kfz zur Tatzeit nicht angebracht, weshalb der Bw das vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.

 

Mit der Meinung, dass das Mitführen von Reparaturrechnungen etc. als Nachweis der Mautentrichtung ausreichen würde, ist der Bw im Irrtum. Für die Verwirklichung des Delikts ist zudem nicht nur unerheblich, wie lang die befahrene Mautstrecke gewesen ist, sondern auch, welche Vignettenverkaufsstelle der Bw bevorzugt.     

 

Wenn der Bw seine Rechtfertigung auf Rechtsunkenntnis stützen sollte, ist er darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BStMG selbst ausländische Lenker verpflichtet sind, sich vor Benützung von Mautstrecken mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung auf geeignete Weise vertraut zu machen und ihr Verhalten danach einzurichten. Rechtsunkenntnis bewirkt daher Fahrlässigkeit, die bei "Ungehorsamsdelikten", wie der gegenständlichen, für eine Bestrafung ausreicht.

 

Das vorgeworfene Delikt ist dem Bw somit auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. 

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die belangte Behörde ohnehin das ao. Milderungsrecht (§ 20 VStG) angewandt und die Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt hat. Eine weitere Strafreduktion ist rechtlich nicht möglich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens), dafür nicht gegeben sind: Wegen der Tatsache, dass für eine Vignette einst der Kaufpreis bezahlt wurde, kann nicht auf unbedeutende Folgen der Übertretung geschlossen werden. Die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut vor Benützung einer Mautstrecke ist eo ipso erheblichen Tatfolgen gleichzusetzen. Hinsichtlich des Verschuldens ist – im Zweifel – zugunsten des Bw davon auszugehen, dass er mit den einzelnen Rechtsvorschriften nicht vertraut war, was dazu führt, dass das Verhalten des Bw als fahrlässig einzustufen ist. Dieser Verschuldensgrad ist jedoch durchaus deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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