Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231286/2/AB/Mu/Sta

Linz, 31.01.2012

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Astrid Berger über die Berufung des A B, geb. , H,  T, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes des Bezirks Linz-Land vom 30. November 2011, Z Sich96-46-2010, wegen vier Übertretungen nach dem Meldegesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 4. mit der Maßgabe stattgegeben, dass die im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Geldstrafen auf jeweils 20 Euro und der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz auf insgesamt 8 Euro herabgesetzt sowie die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 9 Stunden neu festgesetzt werden.

 

II.   Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 (AVG).

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 30. November 2011, Z Sich96-46-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zum einen eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro und zum anderen drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 40 Euro verhängt, weil er einerseits am 9. Dezember 2009 in  T, H, mit Hauptwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis zum 17. Dezember 2009 unterlassen habe, sich beim Meldeamt der Stadtgemeinde X polizeilich anzumelden und anderseits als Erziehungsberechtigter bis zum 17. Dezember 2009 die ihn treffende Meldepflicht zur Anmeldung seiner drei minderjährigen Kinder, welche seit 9. Dezember 2009 an derselben Adresse Unterkunft genommen haben, nicht erfüllt habe, obwohl man sich bei einer Unterkunftnahme in einer Wohnung innerhalb von 3 Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden habe. Die Meldepflicht für einen Minderjährigen treffe, wem dessen Pflege und Erziehung zustehe.

 

Als verletzte Rechtsgrundlage wird hinsichtlich Spruchpunkt 1. § 3 Abs. 1 iVm  § 22 Abs. 1 Z 1 Meldegesetz und bezüglich Spruchpunkt 2., 3. und 4. § 3 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 2 iVm § 22 Abs. 1 Z 1 Meldegesetz genannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der im Spruch angelastete Tatvorwurf aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Traun vom 19. Dezember 2009 sowie dem durch die belangte Behörde durchgeführten Ermittlungs­verfahren erwiesen sei.

 

Nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen und Schilderung des bisherigen Verfahrensganges kommt die belangte Behörde zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand erfüllt sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend den Angaben des Bw berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses dem Bw am 12. Dezember 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Dezember 2011 – und damit rechtzeitig –persönlich bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung, mit der lediglich die Strafhöhe bekämpft wird.

 

Darin bringt der Bw vor, dass am 27. Dezember 2009 seine Mutter gestorben sei. Wegen ihrer schweren Krebserkrankung und des anschließenden Todesfalles sowie der Umzugsphase in die neue Wohnung habe seine Familie und er schwere Zeiten durchgemacht. Infolge des Todesfalles seiner Mutter sei er mit seiner Familie unverzüglich in die Türkei geflogen. Sowohl die schwere Krankheit seiner Mutter als auch ihr Ableben hätten ihn emotional schwer getroffen. Dadurch sei auch seine Psyche unbeschreiblich belastet gewesen. Zudem habe er nach seiner Rückkehr nach Österreich einen Krankenhausaufenthalt wegen einer Gesichtslähmung gehabt. Aufgrund dieser Umstände habe sich die Umzugsphase in die neue Wohnung sehr in die Länge gezogen. Allerdings habe er infolge der erhaltenen Strafverfügung vom 18. Jänner 2010 unverzüglich die Anmeldung des neuen Wohnsitzes vorgenommen. Abschließend gibt der Bw zu den Einkommens- und Familienverhältnisse bekannt, dass sich seine Familie zurzeit in einer finanziellen Notlage befände. Er sei arbeitslos und seine Gattin auch nicht berufstätig. Daher sei er nicht in der Lage, die gegenständliche Strafe zu bezahlen, weshalb die Herabsetzung der Strafe beantragt wird.

 

2.1. Mit Schreiben vom 3. Jänner 2012 hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.  

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragte, konnte von deren Durchführung gemäß § 51e Abs. 3 VStG abgesehen werden.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesent­lichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 Meldegesetz 1991, BGBl. 9/1992, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 45/2006 (im Folgenden: MeldeG), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, zu bestrafen, wer die ihn treffende Meldepflicht nach §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt.

 

Nach § 3 Abs. 1 MeldeG ist, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 MeldeG trifft die Meldepflicht für einen Minderjährigen, wem dessen Pflege und Erziehung zusteht.

 

3.2. Nachdem sich die Berufung des Bw lediglich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und somit die Tatbegehung an sich nicht in Abrede stellt, ist von der Rechtskraft des im erstinstanzlichen Straferkenntnis ausgeführten Schuldausspruchs auszugehen. Eine diesbezügliche Überprüfung war dem Oö. Verwaltungssenat sohin verwehrt. Dies gilt jedoch nicht für die Beurteilung der Strafbemessung.

 

3.3.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

3.3.2. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung (vgl. ua. VwGH vom 28. November 1966, 1846/65), die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwGH vom 13. Dezember 1971, Slg. 8134 A). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 - 46 VStG) erfolgt.

 

Darüber hinaus normiert § 19 Abs. 2 VStG für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, insbesondere Verschulden sowie Einkommens-, Vermögens- und Familienverhält­nisse, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

3.3.3. Bei der Strafbemessung wurden von der belangten Behörde das vom Bw im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 26. Jänner 2009 bekannt gegebene monatliche Nettoeinkommen von ca. 1.700 Euro und die Sorge­pflichten für drei Kinder berücksichtigt. Milderungs- und Erschwerungsgründe wurden von der belangten Behörde keine festgestellt.

 

In Anbetracht der im erstinstanzlichen Bescheid dargelegten spezialpräventiven Erwägungen ist der belangten Behörde nach Auffassung des Oö. Verwaltungs­senates grundsätzlich zwar zuzustimmen, allerdings ist die lange Verfahrens­dauer (Tatzeitpunkt: 09. Dezember 2009 bis zumindest 17. Dezember 2009), die grundsätzliche Einsichtigkeit des Bw und sein Schuldeingeständnis strafmildernd zu berücksichtigen. Weiters ist mildernd zu werten, dass gegen den Bw bislang keine einschlägige Verwaltungsvorstrafe vorliegt und dass er sich und seine Familie kurz nach dem Erhalt der Strafverfügung vom 18. Jänner 2010 bei der zuständigen Meldebehörde polizeilich angemeldet hat (vgl. dazu die Beilage  zur Niederschrift vom 26. Jänner 2010, Z Sich96-47-2010 und Sich96-46-2010). Insbesondere ist bei der Strafbemessung – neben den konkreten Familienverhältnissen (drei minderjährige Kinder) – weiters zu berücksichtigen, dass sich mittlerweile aufgrund der derzeitigen Arbeitslosigkeit des Bw die familiären Vermögensverhältnisse insofern geändert haben, als dieser seither über kein Einkommen verfügt und auch seine Frau nicht berufstätig ist. Hinsichtlich der Erschwerungsgründe geht die belangte Behörde selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen.

 

Vor diesem Hintergrund findet es der Oö. Verwaltungssenat in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die zu den Spruchpunkten 1. bis 4. verhängten Geldstrafen auf jeweils 20 Euro herabzusetzen und in angemessener Relation dazu auch die Ersatzfreiheitsstrafen mit je 9 Stunden neu festzusetzen.

 

In diesem Sinne war auch der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstraf­verfahrens vor der belangten Behörde adäquat zu reduzieren.

 

3.4. Eine Anwendung des § 21 VStG und damit verbunden das Absehen von der Strafe scheidet insofern aus, als das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Astrid Berger

 

 

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