Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730281/4/SR/Jo

Linz, 16.01.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X alias X, geboren X, Staatsangehöriger von Georgien, unbekannten Aufenthalts, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 15. Juli 2010, AZ 1065760/FRB, betreffend der Erlassung eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 52 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 100 in der Fassung BGBl I Nr. 112/2011, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung und unter einem ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen".

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 52, 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 15. Juli 2010, AZ 1065760, wurde gegen den Bw (im Folgenden: Bw) ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf Grundlage der §§ 60 Abs. 1 und 2, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG) erlassen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Bw am 11. November 2003 illegal in Österreich eingereist und gegen ihn wegen seiner Mittellosigkeit von der Bezirkshauptmann von Gänserndorf ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden sei. Im Anschluss an die Bescheiderlassung sei der Bw am 12. November 2003 in die Slowakei abgeschoben worden. Trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes sei der Bw unmittelbar nach der Abschiebung wiederum in das Bundesgebiet eingereist und nach dem erneuten Aufgriff am 17. November 2003 in die Slowakei abgeschoben worden.

 

Ungeachtet der fremdenpolizeilichen Maßnahme sei der Bw am 20. November 2003 wieder in das Bundesgebiet eingereist und habe am 20. November 2003 beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 7. April 2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden.

 

Am 26. November 2009 habe das Landesgericht Linz den Bw unter der Zahl 24 Hv 161/2009w wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15, 127 und 129 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt.

 

Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der Tathandlung und der Urteilsbegründung nahm die belangte Behörde Bezug auf zahlreiche Verwaltungsübertretungen.

 

Auf Grund der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen und der rechtskräftigen Verurteilung habe die belangte Behörde am 9. Dezember 2009 gegen den Bw ein auf zehn Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen. Da während des anhängigen Berufungsverfahrens das Asylverfahren gegen den Bw abgeschlossen worden war, habe die Sicherheitsdirektion Oberösterreich mit Bescheid vom 27. Mai 2010 der Berufung Folge gegeben und das Rückkehrverbot behoben. Im fortgesetzten Verfahren habe der Bw auf Freunde in Österreich und seine Sprachkenntnisse hingewiesen. Abschließend habe der Bw um kurze Befristung des Aufenthaltsverbotes ersucht.

 

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Tatbestände des § 60 Abs. 2 Z.1 und 2 FPG erfüllt seien. Im strafbaren Verhalten des Bw manifestiere sich eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums, die dadurch noch erheblich verstärkt werde, dass der Bw die ihm zur Last gelegte Straftat im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Mittätern sowie durch Einbruch begangen habe.

 

Obwohl der Bw bereits seit etwa 7 Jahren in Österreich lebe, er keine familiären Bindungen aufweisen könne, sei ihm ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen. Eine wesentliche Verstärkung sei auch aus der Lebensgemeinschaft (gemeinsamer Haushalt seit 2. Juli 2009) mit X nicht abzuleiten. Eine Integration in sozialer Hinsicht sei dem Bw – wie die rechtskräftige Verurteilung zeigt – trotzdem nicht gelungen. Ebenso wenig sei der Bw beruflich integriert.

Im Hinblick darauf, dass der Bw den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe, sei eine Reintegration nicht unmöglich.

 

Nach Abwägung aller relevanten Umstände erachtete die belangte Behörde die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für unumgänglich.

 

2. Gegen den am 7. August 2010 dem Bw persönlich ausgehändigten und damit zugestellten Bescheid erhob dieser mit Schreiben vom 19. August 2010, persönlich bei der Behörde eingebracht am 20. August 2010, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Einleitend gestand der Bw die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen und die gerichtliche Verurteilung ein, brachte diesbezüglich aber vor, dass aus diesen keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden könne. Die belangte Behörde habe die familiären Verhältnisse zu wenig berücksichtigt. Seine Lebensgefährtin sei schon in Georgien krebskrank gewesen und nun zu 70 % invalid. Da sie ständig Schmerzen habe, benötige sie viel Pflege und Betreuung. Ein Aufenthaltsverbot würde die Beziehung gefährden und deren Gesundheitszustand beeinträchtigen. Zur Tatzeit (Einbruchsversuch) sei er betrunken und die Tat sei nicht geplant gewesen. In den ersten Jahren in Österreich sei es ihm sehr schlecht gegangen und er habe sich zweimal umbringen wollen. Dank der Lebensgefährtin sei er nun wieder stabil. Beruflich habe er sich nicht integrieren können, da er keiner erlaubten Beschäftigung nachgehen habe dürfen. Er sei kein georgischer Staatsangehöriger und in X seien seine Frau und sein Kind 2003 getötet worden.

Abschließend ersuchte der Bw um neuerliche Prüfung und um Aufhebung des Aufenthaltsverbotes bzw. um eine kürzere Befristung.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vorgelegt.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher nunmehr dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt aus.

 

Im Zuge des Berufungsverfahrens ist die wahre Identität des Bw hervorgekommen. Demnach ist er Staatsangehöriger von Georgien, heißt X und ist am X geboren. Nach der vorgenommenen Identitätsklärung wurde der Bw auf Grund der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung nach dem Asylgesetz am 29. November 2011 nach Georgien abgeschoben.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011, konnte gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde für die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes daher grundsätzlich zu Recht die zitierte Bestimmung herangezogen.

 

Da – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist – im Berufungsverfahren von der angerufenen Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt deren Entscheidung heranzuziehen ist, sind die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, vorgenommenen Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

 

4.2. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige werden nunmehr durch § 52 f FPG geregelt. Die Bestimmungen lauten auszugsweise:

 

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(2) […]

 

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(2) […]

 

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

 

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

(5) […]"

 

4.3. Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist (bzw war), bedarf aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde keiner weiteren Begründung. Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

 

4.3.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellt – wie schon von der belangten Behörde ausgeführt – unzweifelhaft einen Eingriff in das Privatleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst, die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.3.2. Nach § 61 Abs. 1 FPG 2005 ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Im Sinne der zitierten Norme gilt es im gegenständlichen Verfahren eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

4.3.3. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.3.4. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG 2005 nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privatleben des Bw führt.

 

4.3.4.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass dieser erstmalig am 11. November 2003, letztmalig am 20. November 2003 ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist ist und dieses am 29. November 2011 verlassen hat.

 

Legt man die gesicherten Fakten für die Beurteilung der Dauer des Aufenthalts des Bw im Inland zugrunde, ergibt sich eine Gesamtaufenthaltsdauer von knapp 8 Jahren. Bedingt durch die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG war der Bw überwiegend rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

4.3.4.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Der Bw ist gegen Ende seines unsicheren Aufenthaltes, zu einem Zeitpunkt, wo eine endgültige Entscheidung im Asylverfahren unmittelbar bevorstand, eine Lebensgemeinschaft eingegangen und hat mit der Lebensgefährtin ab dem 2. Juli 2009 im gemeinsamen Haushalt gelebt. Mangels eines entsprechenden Vorbringens kann eine berücksichtigungswürdige Beeinträchtigung des Familienlebens nicht erkannt werden.

 

4.3.4.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG 2005 (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG 2005 (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa 10 Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG 2005 – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Im konkreten Fall war der Bw wie gezeigt knapp 8 Jahre in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten des Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt daher noch klar unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa 10 Jahren.

 

Hinzu tritt, dass vom Beschwerdeführer im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zudem 9 Jahre lang ein Beruf in Österreich ausgeübt wurde und der Gerichtshof das Vorliegen weiterer Integrationsmerkmale fordert. Da vom Bw keine berufliche Tätigkeit in Österreich ausgeübt wurde, wird auch dieses wesentliche Merkmal für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt.

 

4.3.4.4. Aus dem Sachverhalt gehen zudem keine besonderen Merkmale sozialer Integration hervor.

 

4.3.4.5. Der knapp 40-jährige Bw hat den überwiegenden Teil seines Lebens – nämlich etwa 32 Jahre – in Georgien verbracht. Selbstverständlich spricht er die Sprache des Landes. Der Bw findet daher in Georgien Strukturen vor, auf die er zurückgreifen kann. Eine Reintegration im Heimatland ist dem Bw somit ohne weiteres zuzumuten.

 

4.3.4.6. Bezüglich der strafrechtlichen Verurteilung und der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Bw wird auf die – unter Punkt 1 angeführte – detaillierte Auflistung der belangten Behörde verwiesen.

 

4.3.4.7. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.3.4.1. bis 4.3.4.6. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Wenn dem Bw auch durch seine Aufenthaltsdauer von knapp 8 Jahren ein gewisses Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet nicht abzusprechen ist, ist die vorhandene Integration schon dadurch zu relativieren, als der Bw über keine nennenswerte Integration verfügt. Eine Reintegration im Heimatland des Bw, in welchem er den größten Teil seines Lebens verbracht hat, ist keinesfalls unzumutbar. Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist jedoch, dass er durch die Verurteilung und die zahlreichen Verwaltungsübertretungen zu erkennen gegeben hat, sich an die Rechtsordnung jenes Staates, in dem er aufhältig ist, nicht gebunden zu fühlen, weshalb er unzweifelhaft eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auch in der Republik Österreich darstellt.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer, für welche der Bw nicht in das Gebiet der Mitgliedstaaten einreisen darf, zu prüfen.

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

4.4.2. Wie unter Punkt 1 ausgeführt, ist der Bw vom Landesgericht Linz am 26. November 2009 wegen des Verbrechens des versuchten Einbruchsdiebstahles zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden und scheinen gegen ihn betreffend die Jahre 2008 und 2009 sechs verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf.

 

4.4.3. Durch die Verwirklichung der unter 4.4.2. angeführten gerichtlichen Verurteilung hat der Bw eine unter § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 zu subsumierende Handlung – Verurteilung zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten – gesetzt. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Einreiseverbots 10 Jahre. Zumindest hat das Einreiseverbot gemäß dem Einleitungssatz des § 53 Abs. 2 FPG 2005 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Einreiseverbotes ist dessen bisheriges gesamtes Verhalten miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.5. Die Verhinderung von Straftaten zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

Das vorliegende Tatverhalten zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie. Auch die hohe Anzahl an verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen innerhalb relativ kurzer Zeit zeigt, dass der Bw nicht bereit ist, sich in das im Bundesgebiet der Republik Österreich geltende Rechts- und Wertesystem einzuordnen bzw dieses zu akzeptieren.

 

Es liegt bei einem so massiven Missachten der gesamten Rechtsordnung auf der Hand, dass der Bw, der noch dazu über keine beruflichen Bindungen in Österreich, die ihm Stabilität geben könnten, verfügt, auch in Hinkunft eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet darstellt und es des nunmehr festgesetzten Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann.

 

Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber ein Einreiseverbot von bis zu 10 Jahren für Fälle wie den hier zu beurteilenden vorsieht, ist ein Einreise/Aufenthaltsverbot von 5 Jahren als angemessen zu betrachten.

 

4.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.7. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der vom Bw geltend gemachten sehr guten Deutschkenntnisse abgesehen werden.

 

5. Gemäß § 8 Abs 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß § 8 Abs 2 leg cit, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung (siehe diesbezüglich § 23 ZustG) ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

 

Dass der Bw im Zeitpunkt der Einbringung der ggst Berufung in Kenntnis des fremdenpolizeilichen Verfahrens war, bedarf keiner Erläuterung. Entgegen § 8 Abs 1 ZustG hat der Bw, welcher am 29. November 2011 aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgereist ist, es jedoch unterlassen, dem Oö. Verwaltungssenat oder der belangten Behörde eine neue Abgabestelle zu nennen. Eine solche konnte auch nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden, da eine Abfrage des Zentralen Melderegisters negativ verlief. Das Erkenntnis ist daher infolge der Anordnung des § 8 Abs 2 ZustG ohne vorherigen Zustellversuch zu hinterlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

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