Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-340069/19/Fi/JK

Linz, 30.01.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 8. November 2011, GZ Agrar96-55-2011, wegen einer Übertretung nach dem Oö. Jagdgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Jänner 2012 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24, § 45 Abs. 1 Z. 1, § 51, § 51c und § 51e Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems (im Folgenden: belangte Behörde) vom 8. November 2011, GZ Agrar96-55-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Stunden) verhängt, weil er im Zeitraum vom 22. Juli 2011 bis 15. August 2011 als Jagdgesellschafter in dem ihm zugeteilten Teil des genossenschaftlichen Jagdgebietes X dem jeweils von 16. Mai bis 15. September geltenden Verbot des Fütterns von Rehwild zuwider gehandelt habe, indem er auf der Parzelle X, KG und Gemeinde X, die in einem dafür vorgesehenen Behältnis vorgelegten Futtermittel, nämlich Mais und Kraftfutter, an dieser Futterstelle belassen habe. Dadurch habe er § 93 Abs. 1 lit. r Oö. Jagdgesetz, LGBl. Nr. 32/1964 in der gültigen Fassung, iVm. § 2 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste vom 29.10.2004, LGBl. Nr. 74/2004, verletzt.

Begründend führt die belangte Behörde – nach Schilderung des bis dahin durchgeführten Verfahrens – im Wesentlichen aus, dass jene Parzelle, auf der das Futtermittel vorgelegt war, in dem dem Bw zugeteilten Revierteil des genossenschaftlichen Jagdgebietes X liege und der Bw somit auch für die Einhaltung der Bestimmungen in diesem Revierteil verantwortlich sei. Ihn treffe auch ein Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verletzung der Verwaltungsvorschrift, da er die gegenständliche Fütterung erst Tage nach dem Hinweis des Jagdleiters, wonach Futter in seiner Fütterung vorgefunden worden sei, die Fütterung besichtigt und somit bewusst in Kauf genommen habe, dass eine von 16. Mai bis 15. September verbotene Fütterung in seinem Revierteil stattfindet.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 14. November 2011 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 22. November 2011 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung vom 16. November 2011, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 25. November 2011 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw im Wesentlichen aus, dass er von 22. Juli 2011 bis 15. August 2011 in seinem Revier kein Futter an die Rehe verfüttert habe. Von 16. Mai bis 15. September kontrolliere der Bw seine Futterautomaten nie, da er keinen Anlass hierfür wüsste. Kurz vor dem 1. August 2011 habe der Bw vom Jagdleiter, Herrn G, erfahren, dass sich in seiner Fütterung Futter befinden solle. Einige Tage später habe er diese Futterstelle kontrolliert und kein Futter vorfinden können.

Der Bw beantragt daher sinngemäß, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Jänner 2012.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 93 Abs. 1 lit. r Oö. Jagdgesetz, LGBl. Nr. 32/1964 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. Nr. 67/2009 (im Folgenden: Oö. JagdG), begeht eine Verwaltungsübertretung, u.a. wer "einem in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung (§ 50) verfügten Ge- oder Verbot zuwiderhandelt" und ist gemäß Abs. 2 leg.cit. mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu bestrafen.

Auf Grund der §§ 50 und 51 Oö. JagdG wurde die Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste, LGBl. Nr. 74/2004 (im Folgenden: Oö. AbschussplanVO), erlassen. § 2 dieser Verordnung lautet: "Das Füttern von Rotwild ist vom 16. Mai bis zum 15. Oktober, das Füttern von Rehwild vom 16. Mai bis zum 15. September verboten."

3.3. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 93 Abs. 1 lit. r Oö. JagdG iVm. § 2 Oö. AbschussplanVO verbietet das Füttern von Rehwild innerhalb eines festgelegten Zeitraums. Im Unterschied zu einem Gebot setzt das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot – wie es hier vorliegt – ein aktives Tun des Täters voraus. Da ein etwaiges Unterlassen vom Straftatbestand nicht explizit erfasst wird, ist die in Rede stehende Strafnorm dem Tatbild nach ein Handlungsdelikt, das durch ein bestimmtes aktives Tun verwirklicht wird.

Auch ein sog. "unechtes Unterlassungsdelikt", welches von Rsp. und Lehre vereinzelt angenommen wird, wenn ein Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, der Täter diesen jedoch nicht aktiv herbeiführt, sondern es unterlässt ihn abzuwenden (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz. 684), kann in der gegenständlichen Strafnorm nicht erblickt werden, da für die Erfüllung des Straftatbestandes der Eintritt eines Erfolges nicht erforderlich ist, sondern sich das tatbildmäßige Verhalten in einer bestimmten Handlung erschöpft (sog. "Ungehorsamsdelikt").

3.4. Vor diesem Hintergrund ist das von der Strafbehörde I. Instanz vorgeworfene Verhalten des Täters, nämlich das "Belassen" des Futters im Futterautomaten, nicht gem. § 93 Abs. 1 lit. r Oö. JagdG iVm § 2 Oö. AbschussplanVO strafbar. Eine Verpflichtung zur Beseitigung des Futters kann der gegenständlichen Strafnorm nicht entnommen werden.

3.5. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens – insbesondere aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Jänner 2012 – hat sich zwar der Verdacht erhärtet, dass der Bw im Zeitraum von 22. Juli 2011 bis 1. August 2011 Rehwild selbst gefüttert hat, indem er in einem dafür vorgesehenen Behältnis ("Futterautomat") in dem ihm als Jagdgesellschafter des genossenschaftlichen Jagdgebietes X zugeteilten Revierteil auf der Parzelle X, KG und Gemeinde X, Futtermittel (Mais und Kraftfutter) eingelegt hat, und dadurch dem jeweils von 16. Mai bis 15. September geltenden Fütterungsverbot gem. § 93 Abs. 1 lit. r Oö. JagdG iVm. § 2 Oö. AbschussplanVO zuwidergehandelt hat. Da dem Bw im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses jedoch nur das Belassen des Futters an der Futterstelle vorgeworfen wird und der Unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsverfahren nach dem VStG auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren I. Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt ist (vgl. VwGH 27.2.1995, 90/10/0092 mwN.), obliegt es der Strafbehörde I. Instanz, den Verdacht, dass der Bw selbst die Fütterung vorgenommen hat, in einem weiteren Verfahren zu prüfen.

3.6. Das im hier zu beurteilenden Verwaltungsstrafverfahren zur Last gelegte Verhalten wird vom Straftatbestand des § 93 Abs. 1 lit. r Oö. JagdG iVm § 2 Oö. AbschussplanVO nicht erfasst, weshalb der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren betreffend das vorgeworfene Belassen gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen war.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

VwSen-340069/19/Fi/JK vom 30. Jänner 2012

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

Oö. Jagdgesetz §93 Abs1 litr

 

Der Verwaltungsstraftatbestand des § 93 Abs 1 lit r Oö. JagdG iVm § 2 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste verbietet das Füttern von Rehwild innerhalb eines festgelegten Zeitraums. Im Unterschied zu einem Gebot setzt das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot – wie es hier vorliegt – ein aktives Tun des Täters voraus. Da ein etwaiges Unterlassen vom Straftatbestand nicht explizit erfasst wird, ist die in Rede stehende Strafnorm dem Tatbild nach ein Handlungsdelikt, das durch ein bestimmtes aktives Tun verwirklicht wird.

Auch ein sog "unechtes Unterlassungsdelikt", welches von Rsp und Lehre vereinzelt angenommen wird, wenn ein Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, der Täter diesen jedoch nicht aktiv herbeiführt, sondern es unterlässt ihn abzuwenden (vgl Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 684), kann in der gegenständlichen Strafnorm nicht erblickt werden, da für die Erfüllung des Straftatbestandes der Eintritt eines Erfolges nicht erforderlich ist, sondern sich das tatbildmäßige Verhalten in einer bestimmten Handlung erschöpft (sog "Ungehorsamsdelikt").

Vor diesem Hintergrund ist das von der Strafbehörde I. Instanz vorgeworfene Verhalten des Täters, nämlich das "Belassen" des Futters im Futterautomaten, nicht gem. § 93 Abs 1 lit r Oö. JagdG iVm § 2 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste strafbar. Eine Verpflichtung zur Beseitigung des Futters kann der gegenständlichen Strafnorm nicht entnommen werden.

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum