Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522978/7/Kof/Rei

Linz, 30.01.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn DI F N,
geb. x, K, L vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. S E, L, L gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. September 2011, AZ: FE-331/2011 betreffend Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E und F – Befristung, Nachuntersuchung, Auflagen: Brille und Kontrolluntersuchung, zu Recht erkannt:

 

I.    Betreffend die

-         Befristung bis zum 22. September 2014

-         amtsärztliche Nachuntersuchung

-         Auflage: Tragen einer geeigneten Brille

ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

II. Betreffend die Auflage:

„Sie haben sich in Abständen von  1 Jahr einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und bis spätestens am 22.09.2012, 22.09.2013, 22.09.2014 der Behörde persönlich oder per Post folgende Befunde im Original vorzulegen:

Kontrolluntersuchung auf Multimorbidität; Übergewicht, Bluthochdruck mit Herzschwäche und st.p. Schrittmacherimplantation 08/2010, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zuckerkrankheit mit bereits eingetretenen Folgeschäden (v. a. der Nieren und der peripheren Nerven), st.p. Insult 2002 mit Halbseitensymptomatik li.“

wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:  § 8 Abs.3 Z2 FSG, BGBl I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 117/2010  iVm  § 1 Abs.1 Z5 FSG-GV

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) erteilte Lenkberechtigung für die Klassen
A, B, B+E und F gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG nachträglich wie folgt eingeschränkt:

 

-   Befristung bis 22.09.2014

 

-   Auflagen:

·        Beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, B+E und F ist das Tragen einer geeigneten Brille erforderlich.

·        Sie haben sich bis zum 22.09.2014 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage folgender Befunde zu unterziehen:

Kontrolluntersuchung auf Multimorbidität; Übergewicht, Bluthochdruck mit Herzschwäche und st.p. Schrittmacherimplantation 08/2010, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zuckerkrankheit mit bereits eingetretenen Folgeschäden

(v. a. der Nieren und der peripheren Nerven), st.p. Insult 2002 mit Halbseitensymptomatik li. Durch FA für Augenheilkunde + Augenhintergrund + Dämmerungssehen lt. Amtsärztlichem Gutachten v. 31.08.2011, Dr. H.

·        Sie haben sich in Abständen von 1 Jahr einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und bis spätestens am 22.09.2012, 22.09.2013, 22.09.2014 der Behörde persönlich oder per Post folgende Befunde im Original vorzulegen: Kontrolluntersuchung auf Multimorbidität; Übergewicht, Bluthochdruck mit Herzschwäche und st.p. Schrittmacherimplantation 08/2010, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zuckerkrankheit mit bereits eingetretenen Folgeschäden (v. a. der Nieren und der peripheren Nerven), st.p. Insult 2002 mit Halbseitensymptomatik li.  Durch FA f. Innere Medizin + Herzecho + HbA1c lt. Amtsärztlichem Gutachten v. 31.08.2011, Dr. H.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung erhoben, welche sich nur gegen die zuletzt genannte Auflage:  „Kontrolluntersuchung“ richtet.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

 

Betreffend die

  - Befristung

  - Auflage: Brille und

  - Auflage: Nachuntersuchung

ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Betreffend die Auflage: Kontrolluntersuchung hat die amtsärztliche Sachverständige,

Frau Dr. EW das Gutachten vom 13. Dezember 2011, Ges-310783/2-2011 erstellt:

 

"Es wurde durch den UVS an uns das Ersuchen erstellt, dahingehend ein amtsärztliches Gutachten zu erstellen, ob die erstinstanzlich vorgeschlagene Beibringung eines fachärztlichen Kontrolluntersuchungsbefundes (Vorlage des internistisch fachärztlichen Befundes inkl. Herzecho und HbA1c-Wert) in Abständen von einem Jahr an die Behörde aus ho. fachlicher Sicht erforderlich ist.

 

Folgende aktenkundige Befunde wurden eingesehen:

 

1.      Fachärztlich-Neurologische Untersuchung und Stellungnahme zur Verkehrstauglichkeit von Herrn Prim. Univ.-Prof. Dr. GR, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 26.07.2011 mit folgenden Diagnosen:

 

·         Geringe Residualsymptomatik nach lakunärem Schlaganfall im Mai 2002 mit Feinmotorikminderung links

·         Zustand nach TIA Hirnstamm, sekundär Bradyarhythmie Juni 2010,

     nun permanenter Schrittmacher

·         Diabetische und durch arterielle Insuffizienz bedingte Polyneuropathie mäßigen Grades

·         Diabetes Mellitus

·         Hypercholesterinämie

·         Adipositas (129 kg, 180 cm groß)

·         Chronische Bronchitis.

 

Weiters geht aus der Stellungnahme hervor, dass der Bw aus fachärztlicher Sicht in einer gesundheitlichen Verfassung sei, die das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Führerscheingruppe 1 derzeit zulasse.

Es fänden sich keine signifikanten Einschränkungen des Sensoriums, sowie anamnestisch keine Störungen des Bewusstseins.

Nach klinischer Sicht seien eine normale Reaktionsfähigkeit und minimale kognitive Einschränkungen (Wortliste) bei intaktem Gedächtnis festgestellt worden.

 

 

2.      Fachärztlicher Befund von Dr. KM, Facharzt für Innere Medizin vom 28.06.2011 mit folgenden Diagnosen:

·         Chronisches bradycardes Vorhofflimmern

·         Präsynkopale Zustände

·         PSM Implantation VIII 2010

·         Cor Hypertonikum

·         Adipositas Permagna

·         IDDM - Insulinpflichtiger Diabetes Mellitus

·         Diabetische Nephropathie

·         Periphere Neuropathie

·         Zustand nach Hyperkaliämie,

·         CAVK

·         Zustand nach Insult mit Halbseitenzeichen links 2002

·         Chronisch rezidivierende Sinusitiden

·         rezidivierende asthmoide Bronchitiden

·         Sinubronchiales Syndrom

·         Zustand nach Carpaltunnelsyndrom - operiert 2003

·         PAVK

·         Zustand nach Ulcus linke Großzehe

·         Osteomyelitis Grad V rechts - operiert VI 2010.

 

Weiters geht aus der Stellungnahme hervor, dass beim Bw aufgrund der massiven Adipositas eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit vorliege.

Kardiale Symptome, die auf eine relevante Herzinsuffizienz oder Angina Pectoris hinweisen, seien anamnestisch nicht eruierbar.

Ein ergometrischer Belastungstest sei jedoch nicht möglich. Die durchgeführten Untersuchungen ergaben derzeit keine Hinweise auf eine instabile Situation. Auch die Zuckerstoffwechselstörung sei mit einem HbA1c-Wert von über 8°%
in Hinblick auf Hypos unverdächtig.

Da seit der Schrittmacherimplantation keine Synkopen oder präsynkopalen Zustände mehr aufgetreten seien, bestehe diesbezüglich derzeit keine Einschränkung bezüglich des Lenkens eines Kraftfahrzeuges der Klassen
A, B, E und F.

Inwieweit die PAVK in Kombination mit der diabetischen Polyneuropathie zu Koordinationsstörungen führe, welche eine Behinderung bei einer adäquaten Betätigung der Pedale darstelle, solle in einem Fahrtest überprüft werden.

 

3.      Amtsärztliches Gutachten nach § 8 FSG vom 31.08.2011,

     Dr. GH mit der Begründung:

·         Multimorbidität-Kontrolluntersuchung beim Facharzt für Innere Medizin inkl. Herzecho, HbA1c einmal pro Jahr

·         Facharzt für Augenheilkunde + Augenhintergrund + Dämmerungssehen
in drei Jahren

·         Nachuntersuchung beim Amtsarzt in drei Jahren.

 

 

Beurteilung:

Aus ho. Sicht ist festzustellen, dass aufgrund der Einsicht aller aktenkundigen Befunde wie oben beschrieben beim Bw eine massive Adipositas (Fettleibigkeit mit 129 kg bei einer Körpergröße von 180 cm) vorliegt und sich dadurch eine deutliche eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit ergeben und ein ergometrischer Belastungstest im Rahmen der internistisch fachärztlichen Begutachtung erst gar nicht möglich war.

Der HbA1c-Wert von über 8°% sei für Hypos zwar unverdächtig, aus ho. Sicht ist dieser Wert jedoch für weitere Sekundärkomplikationen im Rahmen eines Diabetes Mellitus auf jeden Fall begünstigend.

In der fachärztlichen Stellungnahme wurden bereits Sekundärkomplikationen des bekannten Diabetes Mellitus in Form einer diabetischen Polyneuropathie beschrieben, auch in Form einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit,
wo in der Folge bereits die V. Zehe rechts operativ saniert werden musste bzw. bestehe auch eine Einschränkung beim Gehen mit Wadenschmerzen bereits
nach 200 Metern, sowie eine Gangunsicherheit.

Des Weiteren ist der Zustand nach einem Schlaganfall mit Halbseitenzeichen links im Jahr 2002 bekannt, sowie der Zustand nach einer Schrittmacherimplantation im August 2010 aufgrund von massiven Herzrhythmusstörungen mit präsynkopalen Zuständen.

All diese vorliegenden Befunde lassen darauf schließen, dass beim Bw aus der Sicht zweier fachärztlicher Stellungnahmen (Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Neurologie), sowie der amtsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. zwar derzeit die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch vorliegt, aus ärztlicher Sicht jedoch ist, aufgrund der hochgradigen Multimorbidität, wobei es jederzeit zu einer eignungsausschließenden Exazerbation der Grunderkrankungen kommen kann, in jedem Fall eine zumindest einmal jährliche fachärztliche Kontrolle der Grunderkrankung samt Sekundärkomplikationen erforderlich. Alleine im Rahmen eines Diabetes Mellitus in Zusammenhang mit
Cor Hypertonikum, Adipositas Permagna und Zustand nach Schlaganfall,
ist derzeit von massiven Sekundärkomplikationen der Grunderkrankung auszugehen, die in kurzer Zeit zu einer Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führen können.

Alleine das Cor Hypertonikum in Zusammenhang mit der koronaren Herzkrankheit bedeutet eine chronisch erhöhte Nachlast für den linken Ventrikel, sodass von einem erhöhten cardiovaskulären Risikofaktor auszugehen ist,
mit einem stark erhöhten Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Schädigung
der Nieren, besonders bei bereits bekanntem Diabetes Mellitus.

 

 

Insbesondere ist auch darauf zu verweisen, dass aus der fachärztlich-internistischen Stellungnahme eine deutlich eingeschränkte Belastbarkeit definiert wurde und ein ergometrischer Belastungstest gar nicht möglich war.

Dieser wäre jedoch aufgrund der beschriebenen Mehrfacherkrankung und bezüglich der Fragestellung der Belastbarkeit erforderlich, da zu erwarten wäre, dass insbesondere der bereits vorliegende hohe Blutdruck bei Belastung meist ansteigt und dies wiederum in der Folge zu Schwindel, Wahrnehmungsstörungen und Einschränkungen der Sensomotorik führen kann.

Weiters sei dargestellt, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges eine Tätigkeit ist, welche ständige Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert, und wobei die beim Bw bereits festgestellten gesundheitlichen Mängel in der Belastungssituation kumulieren können und damit zu einer eignungsausschließenden Situation führen.

Aus ho. Sicht wäre deshalb bei derartig festgestellten gesundheitlichen Mängeln bereits im Rahmen der ersten internistischen fachärztlichen Stellungnahme zumindest ein Belastungs-EKG erforderlich gewesen und auch eine Langzeit-Blutdruckmessung und ein Langzeit-EKG.

 

Da sich die Fragestellung in vorliegendem Fall nicht auf Eignung oder Nicht-Eignung des Bw bezieht, sondern lediglich auf die Notwendigkeit von vorzulegenden Kontrolluntersuchungen im Abstand von einem Jahr, so ist dies aus ho. Sicht aufgrund der bereits vorliegenden Grunderkrankungen mit Sekundärkomplikationen und der jederzeit möglichen Exazerbation dieser Komplikationen mit eignungs-ausschließendem Charakter zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf jeden Fall erforderlich."

 

Anmerkung:   Der Name des Bw wurde durch die Wendung „Bw“

                      – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

Dieses Gutachten wurde dem Rechtsvertreter des Bw im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben, binnen einer näher bezeichneten Frist eine Stellungnahme abzugeben.

 

Da der Bw diese Frist ungenützt verstreichen hat lassen, war aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

 

Dieses Gutachten der amtsärztlichen Sachverständigen ist vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei und wurde daher der Entscheidung zu Grunde gelegt;

stRsp des VwGH, z.B. Erkenntnisse vom 06.07.2011, 2008/08/0101 und

vom 20.06.2006, 2003/11/0179.

                   

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG können ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage im Zusammenhang mit einer Befristung als Voraussetzung für die amtsärztliche Nachuntersuchung vorgeschrieben werden.

 

Eine ärztliche Kontrolluntersuchung ist Basis für eine "amtsärztliche Nachuntersuchung", die wiederum dem "amtsärztlichen Gutachten" vorauszugehen hat;  

VwGH vom 20.5.2008, 2005/11/0091

 

Der erstinstanzliche Bescheid ist – wie dargelegt – u. a. betreffend die

-     Befristung der Lenkberechtigung  und

-     Auflage: Amtsärztliche Nachuntersuchung bis spätestens 22.09.2014

mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

 

Aufgrund des vollständigen, schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachtens
der amtsärztlichen Sachverständigen steht fest, dass

als Basis für die rechtskräftig angeordnete amtsärztliche Nachuntersuchung

– welche dem amtsärztlichen Gutachten vorauszugehen hat –

die im erstinstanzlichen Bescheid angeführte Auflage: „Kontrolluntersuchung“ erforderlich ist.  

 

Es war daher

·         die Berufung als unbegründet abzuweisen,

·         der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen und

·         spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

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