Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730374/2/BP/Jo

Linz, 17.01.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Serbien, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 30. Jänner 2007, Zl.: Fr-93.378, betreffend die Verhängung eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, nach Aufhebung eines Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. Juni 2007, AZ.: St 045/07, durch den Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 12. April 2011, Zl.: 2007/18/0457-7, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 30. Jänner 2007, Zl.: Fr-93.378, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 86 Abs. 1, 87 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

Dabei führte die belangte Behörde in ihrer Begründung wie folgt aus:

 

"Wie dem Fremdenakt zu entnehmen ist, reisten Sie bereits am 05.10.1996 illegal ins Bundesgebiet ein und wurden am 18.10.1996 in Ihr Heimatland abgeschoben.

Am 25.01.1997 reisten Sie, dem damals gültigen – auf fünf Jahre befristeten - Aufenthaltsverbot zuwider, erneut illegal ins Bundesgebiet ein. Sie wurden daraufhin aufgefordert das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

 

Aufgrund Ihres Antrages vom 16.06.1997 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, wurde dieses in zweiter Instanz von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland   Oberösterreich am 16.12.1997 behoben.

 

Am 02.06.1998 stellten Sie beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag. Das Asylverfahren wurde mit Wirkung vom 03.04.2000 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Am 04.07.2000 wurde Ihnen erstmals eine Niederlassungsbewilligung - Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft (Ihre Ehegattin ist österreichische Staatsbürgerin) – erteilt.

 

Sie wurden wie folgt strafgerichtlich verurteilt:

1.) BG Linz vom 29.01.2004, Zahl: 18 U 211/2000b (rk: 03.02.2004), wegen § 223 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Wochen, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

2.) LG St. Pölten vom 27.11.2003, Zahl: 14 Hv 144/2003a (rk: 19.05.2004), wegen §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Zi. 4, 129 Z. 1 und 12 3. Fall zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

3.) LG Linz vom 08.03.2006, Zahl: 26 Hv 6/2006m (rk: 20.11.2006), wegen §§ 127, 129 Zi. 1 und 164 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten davon 6 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren.

Die Gerichte haben es als erwiesen angesehen, dass Sie:

 

Ad. 1.) Am 19.10.1999 in Linz eine falsche Urkunde, nämlich eine Totalfälschung eines jugoslawischen Führerscheines zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Bescheinigung, dass Sie über eine gültige Lenkerberechtigung verfügen, einem Bediensteten der BPD Linz zur Neuausstellung eines österreichischen Führerscheines vorgelegt haben;

Ad. 2.) Am 14. und 15. September 2003 in X bei einem versuchten schweren Diebstahl durch Einbruch als Beteiligter im Sinne des § 12 Fall 3 StGB mitgewirkt haben, indem Sie die Mittäter mit Ihrem Pkw zum Tatort brachten, den Tatplan mit ihnen besprachen und ihnen zusicherten, sie nach der Tat vom Tatort wegzubringen und beim Abtransport der Beute behilflich zu sein.

Ad. 3.) a.) Am 16.07.2003 in X in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter, Verfügungsberechtigten der Gärtnerei X fremde bewegliche Sachen (Kellnerbrieftasche mit Bargeld in der Höhe von € 1.200,-) durch Einbruch, mit dem Vorsatz weggenommen haben sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

b.) etwa Ende August/Anfang September 2005 in X, Sachen, die ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, an sich gebracht haben, indem Sie einer unbekannten Person, die zahlreiche Zigaretten durch Diebstahl erbeutet hat, 14 Stangen Zigaretten mit je einem Verkaufswert von € 34,- zu einem Preis von je € 11,- abgekauft haben;

 

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, die an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben wird.

 

Mit Schreiben vom 20.12.2006 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zustellung des Schreibens zur beabsichtigten Erlassung des Aufenthaltsverbots Stellung zu nehmen.

In Ihrer Stellungnahme vom 10.01.2007, eingebracht durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung, geben Sie im Wesentlichen an, dass Sie mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sind und mit Ihr drei Kinder im Alter von 3, 6 und 8 Jahren haben. Sie haben eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für Österreich. Seit 10.01.2007 sind Sie, nach kurzer Arbeitslosigkeit, wieder berufstätig. Sie geben weiters an, dass Sie Ihre strafbaren Handlungen bereuen und Sie in Zukunft Ihre Familie davon abhalten wird, erneut straffällig zu werden.

Abschließend geben Sie noch an, dass Sie in Österreich voll integriert sind und keine Beziehung zu Ihrem Heimatland mehr haben.

 

Das von Ihnen gesetzte Fehlverhalten ist schwer zu gewichten, da sich aus Ihrem Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums manifestiert, die dadurch noch erheblich verstärkt wird, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Straftat in bewusstem und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern und teilweise durch Einbruch begangen haben.

 

Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass Ihr oben näher geschildertes persönliches kriminelles Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Eigentumsdelikten und der Kriminalität überhaupt.

Aufgrund des von Ihnen an den Tag gelegten Verhaltens – hier ist auch auf Ihre zahlreichen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen hinzuweisen – haben Sie Ihre mangelnde Verbundenheit mit den in Österreich rechtlich geschützten Werten offenkundig manifestiert, so dass davon ausgegangen werden muss, dass Ihr weiterer Verbleib im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit nachhaltig und maßgeblich gefährden würde.

 

Wie den Akten zu entnehmen ist, hält sich Ihre Familie in Österreich auf. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stellt daher sicherlich einen relevanten Eingriff in Ihr Privatleben dar.

Dem Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben bzw. Ihre Integration muss insbesondere gegenübergestellt werden, dass Sie, wie Sie durch Ihr Gesamtverhalten gezeigt haben, offensichtlich nicht gewillt sind, die Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung zu respektieren.

Wenn Sie in Ihrer Stellungnahme angeben, dass Ihre Familie Sie in Zukunft von weiteren strafbaren Handlungen abhalten wird, so ist dem entgegen zu halten, dass Ihrer Familie dies in der Vergangenheit auch nicht gelungen ist.

Auch Ihre erste Verurteilung konnte Sie nicht davon abhalten erneut straffällig zu werden.

Aus oben angeführten Tatsachen ist nicht nur die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern auch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im lichte des § 66 Abs. 1 FPG.

 

Die Behörde gelangte demnach zu der Auffassung, dass aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens – im Hinblick auf die für Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose – die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wiegen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Ihre Lebenssituation. Das Aufenthaltsverbot ist daher auch im Sinn von § 66 Abs. 2 FPG zulässig.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 15. Februar 2007.

 

Darin wird ua. ausgeführt, dass es dem Bw nicht überzeugend erscheine, wenn die belangte Behörde feststelle, dass  

 

die von ihm beantragte Einvernahme seiner Gattin unterbleiben hätte können, da seine Angaben in der Stellungnahme vom 10.01.2007 im Wesentlichen nicht in Zweifel gezogen würden.

 

Ergänzend zur Stellungnahme vom 10.01.2007 führe der Bw aus, dass nicht nur seine Kernfamilie in Österreich aufhältig sei, sondern auch seine Eltern und Geschwister mit deren Familien bereits seit einem langen Zeitraum in Österreich das Aufenthaltsrecht genießen würden. Einer seiner Brüder sei sogar österreichischer Staatsangehöriger.

Das Unterbleiben der zeugenschaftlichen Einvernahme seiner Gattin habe dazu geführt, dass der Bw die Erstbehörde nicht davon habe überzeugen können, nicht mehr straffällig zu werden.

Der Entscheidungsträger hätte sich ein eigenes Bild über seine Person, sowie die Person seiner Ehegattin verschaffen müssen.

 

Der Bw führt weiter aus:

„Dadurch, dass von der Einvernahme meiner Gattin Abstand genommen wurde, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, der dem Grundsatz des fair trial widerspricht.

Aufgrund meiner beiden ersten Verurteilungen (BG Linz vom 29.01.2004 und LG St. Pölten vom 27.11.2003) war mein Aufenthalt in Österreich nicht nachhaltig gefährdet. Erst durch die Verurteilung durch das LG Linz vom 08.03.2006, zu meinen Gunsten abgeändert durch das Urteil des OLG Linz als Berufungsgericht vom 20.11.2006, änderte sich meine aufenthaltsrechtliche Situation natürlich dramatisch.

Hier liegt aber auch der Schlüssel dazu, warum es mir bzw. meiner Familie nicht schon in der Vergangenheit gelungen ist, mich von strafbaren Handlungen fernzuhalten: die beiden ersten Verurteilungen konnte ich nämlich noch vor meiner Gattin verheimlichen, hingegen musste ich sie bei meiner dritten Verurteilung natürlich auf die dadurch ausgelöste, prekäre aufenthaltsrechtliche Situation hinweisen.

Wir haben daraufhin ausführliche Gespräche miteinander geführt. Die Quintessenz der Ergebnisse dieser Gespräche und die Schlussfolgerungen daraus habe ich in meiner genannten Stellungnahme wiedergegeben, die ich ausdrücklich vollinhaltlich aufrecht erhalte und zum Gegenstand meiner Berufungsschrift erkläre.

Aufgrund ihrer voreiligen Entscheidung gelangte die belangte Behörde zu einer negativen Zukunftsprognose und zu einer Fehleinschätzung der Beurteilung des Schutzes des Privat- und Familienlebens gem. § 66 FPG 2005 und der Beurteilung meiner Aufenthaltsverfestigung.

Bei genauerer und gewissenhafter Beweiswürdigung und konzentriert auf den hier vorliegenden Einzelfall hätte die Erstbehörde auch erkennen können, dass die Auswirkungen auf meine Lebenssituation und jene meiner Familie bei Verhängung des Aufenthaltsverbotes viel schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Das verhängte Aufenthaltsverbot ist daher unzulässig.

Abschließend komme ich noch auf meine strafgerichtlichen Verurteilungen zurück:

Die Tatzeiten liegen bereits relativ lange zurück. Bei den Einbruchsdiebstählen war ich – selbst nach den Urteilsfeststellungen – nur in untergeordneter Weise beteiligt. Ich erhielt keinen Anteil an der Beute. Ich erhebe auch hier ausdrücklich meine Stellungnahme vom 10.01.2007 zu meinem Berufungsvorbringen.“

Abschließend beantragt der Bw, der Berufung stattzugeben den erstinstanzlichen Bescheid zu beheben und von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, in eventu den erstinstanzlichen Bescheid zu beheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung einer Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen, sowie eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, sowie seine Gattin X zeugenschaftlich einzuvernehmen.

 

1.3. Mit Bescheid vom 25. Juni 2007, AZ.: St 045/07, gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

 

Begründend führte die Sicherheitsdirektion aus:

 

"Wie die Bundespolizeidirektion Linz zutreffend ausführte und in Ihrer Berufungsschrift vom 15.02.2007 dem Grund nach unbestritten blieb, wurden Sie vom BG Linz vom 29.01.2004, Zahl 18 U 211/2000b (rk: 03.02.2004), wegen § 323 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Wochen, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Dieser Verurteilung lag der Sachverhalt zugrunde, dass Sie am 19.10.1999 eine falsche Urkunde, nämlich eine Totalfälschung eines jugoslawischen Führerscheines zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Bescheinigung, dass Sie über eine gültige Lenkerberechtigung verfügen, einen Bediensteten der BPD Linz zur Neuausstellung eines österreichischen Führerscheines vorgelegt haben.

Mit Urteil des LG St. Pölten vom 27.11.2003, Zahl 14Hv 144/03a, wurden Sie wegen des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Zi. 4, 129 Zi. 1 StGB als Beteiligter nach § 12 3. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten, wobei die wider Sie verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Dieser Verurteilung lag der Sachverhalt zugrunde, dass Sie am 14. und 15. September 2003 in X bei einem versuchten schweren Diebstahl durch Einbruch als Beteiligter im Sinne des § 12 3. Fall StGB mitgewirkt haben, indem Sie die Mittäter mit Ihren Pkw zum Tatort brachten, den Tatplan mit ihnen besprachen und ihnen zusicherten sie nach der Tat vom Tatort wegzubringen und beim Abtransport der Beute behilflich zu sein.

Mit Urteil des LG Linz vom 08.03.2006, Zahl 26 Hv 6/06m, wurden Sie wegen §§ 127, 129 Zi. 1 und 164 Abs. 2 sowie § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, wobei ein Teil der wider Sie verhängten Strafe im Ausmaß von 6 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Betreffend der zuletzt bezeichneten gefährlichen Drohung wurden Sie vom OLG Linz mit Urteil vom 20.11.2006, 10 Bs 186/06h, freigesprochen.

Für den verbleibenden Schuldspruch wegen des Verbrechens des Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Zi. 1 StGB sowie des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 StGB wurden Sie zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs. 3 StGB ein Teil der wider Sie verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 6 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Im Rahmen der Strafzumessung wurde mildernd das teilweise Geständnis (zur Hehlerei) erschwerend hingegen das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen sowie eine einschlägige Vorstrafe berücksichtigt.

Der Tatbestand des § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 2 Zi. 1 ist schon insofern erfüllt, wurden Sie doch zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten, sowie je mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen verurteilt.

Auch ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG dringend erforderlich, da nicht einmal eine einschlägige Vorstrafe Sie von der Begehung eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts abhalten konnte, Sie den Unrechtsgehalt Ihres Verhaltens noch steigerten und Sie letztendlich auch von einem zurückliegenden Aufenthaltsverbot unbeeindruckt blieben.

Angesichts Ihres seit ca. Mitte 1998 währenden Aufenthaltes im Bundesgebiet sowie der Tatsache, dass Sie mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sind, Ihre Eltern und Ihre Geschwister mit deren Familien bereits seit langer Zeit in Österreich das Aufenthaltsrecht genießen und einer Ihrer Brüder österreichischer Staatsbürger ist, wird durch die gegenständliche fremdenrechtliche Maßnahme sicherlich in nicht unbeträchtlichem Ausmaß in Ihr Privat- und Familienleben eingegriffen.

In Anbetracht der oben dargelegten Sachverhalte, insbesondere der Tatsache, dass Sie trotz einschlägiger Vorstrafe abermals in erheblichem Ausmaß straffällig wurden, Sie den Unrechtsgehalt Ihres Verhaltens noch steigerten und Sie auch kein zurückliegendes Aufenthaltsverbot letztendlich unbeeindruckt ließ, zumal Sie einerseits am 25.01.1997 einem 5 jährigen Aufenthaltsverbot zuwider illegal ins Bundesgebiet einreisten und Sie darüber hinaus nicht danach trachteten die Rechte Ihres Gastlandes entsprechend zu schätzen, wird diese Integration in Ihrer sozialen Komponente in erheblichem Ausmaß gemindert.

Im Hinblick dieser Ausführungen bietet auch Ihre Ausführung, dass Sie sich erst durch die Verurteilung durch das LG Linz vom 08.03.2006 zu Ihren Gunsten geändert haben, da es Ihnen nunmehr nicht mehr gelungen wäre Ihre strafbaren Handlungen vor Ihrer Gattin zu verheimlichen, keine Gewähr, dass Sie in Zukunft keinerlei strafbare Handlungen begehen werden.

Entsprechend dem Erkenntnis des VwGH vom 20.2.2001, Zl. 98/18/0291 dürfen Beweisanträge dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt wurden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel – ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung – untauglich ist.

In Anbetracht dieser Judikatur wurde von der zeugenschaftlichen Einvernahme Ihrer Gattin Abstand genommen, zumal auch eine Beteuerung zu einem rechtstreuen Verhalten keine hinreichende Garantie aus Sicht der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich für ein rechtstreues Verhalten bietet.

Da - unter Abwägung aller oben angeführten Tatsachen - im Hinblick auf die für Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen scheinen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Ihre Lebenssituation, ist das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG.

Aus oben angeführten Gründen war auch von der Ermessensbestimmung des § 60 Abs. 1 FPG Gebrauch zu machen, da eine Abstandnahme diesbezüglich die öffentliche Ordnung zu schwer beeinträchtigt hätte, insbesondere da das Ihnen vorwerfbare (Fehl-)Verhalten (insbesondere Sie eine einschlägige Vorverurteilung nicht davon abzuhalten vermochte abermals in erheblichem Ausmaß straffällig zu werden und Sie den Unrechtsgehalt Ihres rechtswidrigen Verhaltens noch steigerten) im Verhältnis zu der von Ihnen geltend gemachten Integration (insbesondere diese in Ihrer sozialen Komponente durch die von Ihnen verwirklichten strafrechtlich relevanten Sachverhalte insofern erheblich gemindert wurde, als Vorstrafen, insbesondere eine einschlägige Vorverurteilung, Sie nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten konnte und auch ein zurückliegendes Aufenthaltsverbot Sie dahingehend unbeeindruckt ließ) überwiegt und weder aus der Akte noch aus Ihrer Berufungsschrift besondere Umstände ersehen werden können, die eine Ermessensübung zu Ihren Gunsten begründen würde.

Die Sicherheitsbehörden haben den gesetzlichen Auftrag und die moralische Verpflichtung gegenüber den Staatsbürgern, für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Diesbezüglich sind Sie verpflichtet, die Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip anzuwenden. Können nun, wie in Ihrem Fall, rechtskräftige Bestrafungen und Verurteilungen (die ja letztlich nur als Mahnungen zu einem rechtstreuen Verhalten verstanden werden können – Spezialprävention) einen Fremden nicht von der Begehung einer weiteren strafbaren Handlung abhalten und geht auch ein zurückliegendes Aufenthaltsverbot als Mahnung ins Leere, so ist die Behörde verpflichtet (gleichermaßen als „Ultima ratio“), auch von der Möglichkeit eines Aufenthaltsverbotes Gebrauch zu machen, zumal es scheint, dass andere Mittel nicht mehr ausreichen, um Sie zur Erhaltung der Rechtsordnung Ihres Gastlandes zu bewegen.

Die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Aufenthaltsverbotes ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden kann, dass Sie sich wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten."

 

1.4. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 2011, Zl. 2007/18/0457-7, wurde einer Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

 

Dabei rügt der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen, dass die Sicherheitsdirektion im angefochtenen Bescheid die Frage der Beeinträchtigung der 3 minderjährigen Kinder des Bw im Rahmen der Interessensabwägung des Privat- und Familienlebens nicht geprüft habe.

 

 

2.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung in Verbindung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ergibt sich, dass der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Nach Erlassung des Bescheides der Sicherheitsdirektion in II. Instanz erfolgte eine weitere strafgerichtliche Verurteilung des Bw:

 

Mit Urteil des LG Linz vom 7. November 2007, zu AZ.: 34 Hv 149/06w, wurde der Bw schuldig gesprochen in Linz und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in einer mehrfachen großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) durch gewinnbringenden Verkauf in Verkehr gesetzt zu haben und zwar insgesamt im Zeitraum von Dezember 2004 bis Mitte Oktober 2005.

 

Er habe darüber hinaus Suchtgift erworben, besessen und anderen Überlassen, und zwar insgesamt im Zeitraum von Ende 2004 bis Dezember 2005.

 

Er habe dadurch die Verbrechen nach § 28 Abs. 2 4. Fall, Abs. 3 1. Fall SMG und die Vergehen nach § 27 Abs. 1, 1., 2. und 6. Fall SMG begangen.

 

Hiefür wurde er gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des LG Linz vom 8. März 2006, rk. seit 20. November 2006, zu AZ.: 26 Hv 6/06m, nach dem 1. Strafsatz des § 28 Abs. 3 SMG unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

 

2.2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.4. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 65b des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 112/2011 unterliegen Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z. 12) der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG ist Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, die Drittstaatsangehörige sind.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist § 65b FPG einschlägig, da der Bw Ehegatte einer österreichischen Staatsangehörigen ist. Ausschlaggebend ist dabei, dass die offensichtlich gültig geschlossene Ehe bislang nicht geschieden wurde, wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt zweifelsfrei ergibt.

 

Die Verhängung von Aufenthaltsverboten für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ist in § 67 FPG geregelt, der durch § 65b FPG als anwendbar erklärt wird.

 

3.2.1. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

3.2.2. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nachhaltig und erheblich zu gefährden.

 

Bei Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffs "nachhaltig" ist festzuhalten, dass darunter sowohl eine nach Intensität als auch Konstanz vorliegende Wirksamkeit angesprochen wird. Als Synonym bzw. Deskription von nachhaltig könnte demnach auch "wirksam andauern" verstanden werden.

 

Zum Vorliegen des Tatbestandselements der Gegenwärtigkeit bedarf es eines Sachverhalts dessen Wirkungen nicht schon als in der Vergangenheit erschöpft, sondern auch zumindest in die Gegenwart reichend anzusehen sind. Dies impliziert jedoch auch die Beurteilung einer aus Sicht des gegenwärtigen Augenblicks erstellten Zukunftsprognose.

 

"Erheblich" wiederum bedeutet in etymologischer Herleitung: "Schwer genug, um die Waagschale zu heben". Ursprünglich aus dem Rechtsbegriff Relevanz abgeleitet, übersteigt "erheblich" in der Gemeinsprache den Ursprungsbegriff der Intensität nach.

 

Die eben dargestellten Tatbestandselemente müssen zur Rechtfertigung eines Aufenthaltsverbotes kumulativ gegeben sein.

 

Weiters verweist § 67 Abs. 1 FPG für den Fall, dass sich ein Fremder – wie im vorliegenden Fall – schon seit 10 jahren im Bundesgebiet aufhält, darauf, dass die Sicherheit der Republik Österreich nachhaltig und maßgeblich gefährdet sein muss, um die Rechtsfolge eines Aufenthaltsverbotes nach sich zu ziehen.

 

3.2.3. Im vorliegenden Fall sind dem Bw verschiedene Deliktsarten vorzuwerfen, von denen vor allem die Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz durchaus geeignet scheinen, die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich maßgeblich zu gefährden. Aber auch Eigentumsdelikten kann dieser Gefährdungscharakter zugemessen werden.

 

Nun ergibt sich aber aus dem Sachverhalt, dass der Zeitraum der Begehung der vorgeworfenen Delikte schon über sechs Jahre zurückliegt. Nach dem Jahr 2005 wurde der Bw nicht mehr straffällig, wenn auch die letzte Verurteilung aus dem Jahr 2007 datiert.

 

Auch, wenn nicht übersehen werden darf, dass gerade im Bereich von Suchtgiftdelikten ein entsprechend ausgedehnter Zeitraum des nachträglichen Wohlverhaltens angezeigt ist, da hier ein besonders hoher Grad an Rückfälligkeit zu verzeichnen ist, muss doch festgestellt werden, dass aus derzeitiger Sicht nicht von per se davon ausgegangen werden kann, dass das ursprünglich massiv gegebene Gefährdungspotential weiterhin aufrecht besteht.

 

Diesbezüglich mangelt es also in Hinblick auf § 67 Abs. 1 FPG – unter Heranziehung der oben getroffenen Begriffsbestimmungen – sowohl an der Gegenwärtigkeit als auch am wirksamen Andauern der dadurch entstandenen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. der nachhaltigen Gefährdung der Sicherheit der Republik Österreich.

 

3.2.4. Somit ist festzuhalten, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 67 Abs. 1 FPG zur Erlassung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes dem Grunde nach nicht mehr vorliegen, weshalb sich nicht nur eine weitere Erörterung im Sinne des § 61 FPG bzw. des Art. 8 EMRK, sondern auch ein Eingehen auf die jeweiligen Berufungsvorbringen erübrigt.

 

3.3.1. Es war daher – ohne auf das weitere Berufungsvorbringen näher einzugehen - der in Rede stehende Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

3.3.2. Nachdem der Bw offenkundig der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung verzichtet werden. 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

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