Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281369/11/Kl/TK

Linz, 08.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x vertreten durch Rechtsanwalt x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.11.2011, Ge96-72-20011, wegen einer Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19. Jänner 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis voll inhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass die Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) mit "BGBl.Nr. 218/1983 idF. BGBl. II Nr. 392/2002" zu zitieren ist.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 150 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. November 2011, GE96-72-2011 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 750 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z.1 und § 114 Abs. 4 Z.4 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) in Verbindung mit § 62 Abs.2 der allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) verhängt, weil er als Inhaber des protokollierten Einzelunternehmens x,  und somit als verantwortlicher Arbeitgeber folgende Übertretung der allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) zu verantworten hat:

 

Am 12. April 2011 wurde seitens der Polizeiinspektion Wels das Arbeitsinspektorat Wels telefonisch vom Unfall des jugendlichen Lehrlings x in Kenntnis gesetzt. Der Arbeitsinspektor x vom Arbeitsinspektorat Wels führte unverzüglich eine Unfallerhebung durch. Dabei wurde Folgendes festgestellt:

 

Mitarbeiter x waren am 12. April 2011 um ca. 10.00 Uhr in einer Werkshalle der x in x, damit beschäftigt, einen ca. 100 kg schweren und ca. 230 cm hohen Elektroschrank zu montieren. Vorerst wurde der Schaltschrank zusammen mit zwei anderen Arbeitern von einer Palette gehoben und anschließend mittels Hebegurten durch einen Stapler hochgehoben. Dann wurde ein Untergestell mit Lenkrollen am Schaltschrank befestigt und der Schaltschrank auf die Lenkrollen gestellt. Daraufhin versuchte x bei dem Schaltschrank Hebegurten, welche an der Oberseite eingefädelt waren, zu entfernen. Er stieg dabei – um die Gurten zu erreichen – auf eine daneben stehende Palette. Plötzlich geriet der Schaltschrank in Schräglage und drohte umzufallen. x versuchte das Umfallen des Schrankes mittels Körperkraft zu verhindern. Dies gelang ihm jedoch nicht, sodass der Schaltschrank in Folge auf ihn fiel.

 

Um diesen Verteilerschrank transportieren zu können, wurde ein Metallgestell mit vier beweglichen Rädern angefertigt. Diese Transporthilfe stellt jedoch kein geeignetes Transportmittel dar, da auf Grund der Konstruktion ein Kippen eher herbeigeführt als verhindert wird und somit kein sicherer Transport gewährleistet ist.

 

Durch diesen Sachverhalt wurde § 62 Abs.2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) übertreten.

Demnach sind zum Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten nach Möglichkeit Betriebseinrichtungen oder Betriebsmittel wie Fördereinrichtungen oder Transportmittel zu verwenden. Zum Heben, Tragen oder Bewegen von schweren, gefährlichen oder ähnlichen Lasten sind den Arbeitnehmern geeignete Betriebseinrichtungen oder Betriebsmittel, wie Fördereinrichtungen, Transportmittel, Gurte, Seile oder Traghaken, zur Verfügung zu stellen; diese Einrichtungen und Mittel müssen einen möglichst sicheren Transport gewährleisten.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Berufungswerber geeignete Anweisungen für den Montagetrupp gegeben habe, wie vorzugehen sei, insbesondere auch an den verletzten Zeugen x und die anderen Arbeiter. Das Kontrollsystem sei nicht mangelhaft und sei ausreichend gewesen. Es sei unmöglich, für jede nur erdenkliche Situation Vorkehrungen zu treffen. Es sei unmöglich, dass der Betriebsinhaber quasi jede einzelne Maßnahme am Bau überprüft. Dies würde dazu führen, dass er nahezu bei jedem Montagetrupp anwesend sein müsste. Eine Fahrlässigkeit kann daher nicht ersehen werden. Weiters wurde die Strafbemessung bekämpft. Die belangte Behörde hätte nur einen einzigen Erschwerungsgrund feststellen können. Die Milderungsgründe seien unrichtig gewichtet worden. Die Firma beschäftige insgesamt ca. 40 Mitarbeiter und der Berufungswerber seit ca. 15 Jahren und habe diesbezüglich noch keine einzige Vorstrafe. Dies lasse den berechtigten Schluss zu, dass in der Firma ein hoher Sicherheitsstandard vorherrsche.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die vom Arbeitsinspektorat angefertigten und vorgelegten Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Jänner 2012, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Wels erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektor x und x geladen und einvernommen.

 

4.1 Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahren steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist Inhaber des protokollierten Einzelunternehmens x. Die Firma x führt Elektroinstallationen, hauptsächlich in der Fördertechnik durch. Das Unternehmen verfügt über 40 Mitarbeiter, 30 eigene Mitarbeiter und ca. 10 Leasingbeschäftigte. Zur x werden oft Schaltschränke geliefert und dort aufgestellt. Üblicherweise wird ein Schaltschrank auf eine breite Palette gestellt und darauf fest befestigt, so dass er nicht umfallen kann. Er wird dann bei der x heruntergehoben und auf Hubwagen in die Werkshalle in den jeweiligen Bereich transportiert.

Am 12. April 2011 sollte laut Auftrag des Berufungswerbers durch einen Montagetrupp, bestehend aus dem Lehrlingsausbildner und Monteur x, dem Monteur x und dem jugendlichen Lehrling x, ein Schaltschrank mit der Größe 800 mm x 400 mm, Höhe 230 cm, ca. 100 kg schwer, zur Werkshalle der x transportiert und dort aufgestellt werden. Im Gegensatz zu den üblichen Transporten, welche durch ein Transportunternehmen durchgeführt werden, wurde dieser Schaltschrank von der x selbst dorthin transportiert, weil es nicht weit ist. Weil im Auto ein von der Firma x selbst hergestelltes Metallgestell mit vier beweglichen Rädern war und die Verwendung dieses Metallgestells praktisch war, entschloss sich der Montagetrupp, anstelle der üblichen Vorgehensweise dieses Transportgestell zu verwenden. Dieses wurde an den Schaltschrank montiert und der Schaltschrank mittels an den Ösen befestigten Tragegurten hochgehoben bzw. aufgestellt. Beim Lösen der Hebegurte geriet der Schaltschrank in Schräglage und fiel der Schaltschrank um und auf den Lehrling. Der Lehrling wurde dabei verletzt. Der Lehrling war das erste Mal mit diesem Montagetrupp vor Ort. Die Vorschriften für die Montage eines Schaltschrankes kannte er aber bereits seit Abschluss seines Lehrvertrages, weil in Beiblättern die Vorgehensweise dafür angeordnet war. Auch waren weitere Sicherheitshinweise in diesen Blättern vermerkt. Hinsichtlich des Transportes ist dort angeführt, dass die Schaltschränke auf der Palette festgeschnallt werden müssen und mittels Hubwagen transportiert werden sollen. Weil das im Auto befindliche Metallgestell mit Rädern dem Lehrling praktisch erschien, schlug er die Verwendung dieses Gestells vor. Dieses passte auch genau auf den Schaltschrank. Die beiden Monteure haben dieser Vorgehensweise zugestimmt.

Der Auftrag, den Schaltschrank zur x zu liefern und dort zu montieren wurde vom Berufungswerber an den Monteur und Lehrlingsausbildner x gegeben, dieser bespricht dann die näheren Montageschritte mit seiner Montagepartie. Auch wurde er auf die Beachtung der Vorschriften hingewiesen.

Zu Beginn der Ausbildung bekam der Lehrling auch eine Unterweisung hinsichtlich elektrischer Sicherheit, z.B. Spannungspickerl usw.. Die Unterweisung erhielt er vom Lehrlingsausbildner x.

Im Unternehmen gibt es eigene Paletten zum Transport der Schaltschränke. Normalerweise kann man sich einen Hubwagen bei der Firma x ausborgen. Um so einen Hubwagen kann jeder bei der x anfragen. Das selbst gefertigte Metallgestell mit Rollen wird nur in besonderen Fällen verwendet, wenn es sehr eng ist und man mit einem Hubwagen oder Stapler nicht durchfahren kann. Der Lehrling hat so eine Vorgehensweise aber noch nicht miterlebt.

 

Der Montageleiter und Lehrlingsausbilder x ist schon seit sieben Jahren im Unternehmen und jahrelang auf Montage. Er hat auch schon größere und schwerere Schaltschränke transportiert und montiert. Der Montageleiter hat auch immer so gearbeitet wie es mit dem Berufungswerber vereinbart war; dieser konnte daher auch nicht davon ausgehen, dass der Montageleiter bei dieser Montage anders arbeitet. Auch werden in die Halle der x laufend Schränke geliefert. Es handelt sich um eine ebenerdige Halle und der Berufungswerber rechnete nicht mit Problemen in dieser Halle. Er selber ist fast wöchentlich bei der Firma x. Beim gegenständlichen Transport war er nicht dabei. Der Berufungswerber ist seit 15 Jahren und es gab noch keine Arbeitsunfälle.

 

4.2 Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie auch auf die Angaben des Berufungswerbers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Es konnte festgestellt werden, dass die Aussagen in wesentlichen Teilen übereinstimmten. Es bestand für den Oö. Verwaltungssenat kein Zweifel an der Wahrheitsgemäßheit der Aussagen. Es konnte den Zeugen Glauben geschenkt werden. Weiters wurden die Angaben zur Situation und zum Schaltschrank auch durch Fotos, die im Akt aufliegen bzw. bei der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden, untermauert.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1 Gemäß § 130 Abs.5 Z.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Der 9. Abschnitt des ASchG regelt in den §§ 102 bis 127 Übergangsrecht und die Aufhebung von Rechtsvorschriften.

Gemäß § 114 Abs.4 Z.4 ASchG gilt der § 62 Abs. 1 bis 3 AAV als Bundesgesetz.

Gemäß § 62 Abs.2 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) sind zum Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten nach Möglichkeit Betriebseinrichtungen oder Betriebsmittel, wie Fördereinrichtungen oder Transportmittel, zu verwenden. Zum Heben, Tragen oder Bewegen von schweren, gefährlichen oder ähnlichen Lasten sind den Arbeitnehmern geeignete Betriebseinrichtungen oder Betriebsmittel, wie Fördereinrichtungen, Transportmittel, Gurte, Seile oder Traghaken, zur Verfügung zu stellen; diese Einrichtungen und Mittel müssen einen möglichst sicheren Transport gewährleisten.

 

5.2 Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes steht fest, dass an der Baustelle Werkshalle der x am 12. April 2011 der Lehrling x des Einzelunternehmens x aus x beauftragt und damit beschäftigt war, einen ca. 100 kg schweren und ca. 230 cm hohen Elektroschrank (Breite 800 mm, Tiefe 400 mm) zu montieren. Dafür wurde der Schrank vom Unternehmen x zur x geliefert, zum weiteren Transport aber auf ein vom Unternehmen selbstgefertigtes Metallgestell mit vier beweglichen Rädern gestellt und sollte so zum Montageort in der Werkshalle gebracht werden. Dabei geriet  der Schaltschrank in Schräglage und fiel um. Entgegen den Anweisungen wurde für den Transport nicht ein Hubwagen oder Stapler verwendet. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 62 Abs.2 AAV erfüllt, wonach nicht eine geeignete Betriebseinrichtung bzw. ein Betriebsmittel, wie z.B. ein Kran, ein Stapler oder Hubwagen, zur Verfügung gestellt wurde und verwendet wurde, um so einen möglichst sicheren Transport zu gewährleisten. Vielmehr wurde ein vom Unternehmen selbst gebasteltes und hergestelltes Fahrgestell mit Rädern in der Größe der Aufstellfläche des Schrankes, welches sich gerade im Lieferauto befand, weisungswidrig verwendet.

Als Betriebsinhaber des Unternehmens x und daher Arbeitgeber des Arbeitnehmers x hat der Berufungswerber die Tat auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Dass eine geeignete Betriebseinrichtung oder ein geeignetes Betriebsmittel vom Berufungswerber zur Verfügung gestellt wurde, das einen möglichst sicheren Transport gewährleisten soll, ist schon deshalb nicht gegeben und nachgewiesen, zumal der Berufungswerber selbst angibt, dass eine anderslautende Anordnung durch ihn erfolgt ist und dass dieser Anordnung vor Ort im gegenständlichen Fall nicht entsprochen wurde, obwohl ein Stapler bzw. Hubwagen vor Ort bei der x zur Verfügung stand bzw. jederzeit ausgeliehen werden konnte. Dies wurde auch vom einvernommenen Arbeiternehmer bestätigt.    

 

5.3. Der Berufungswerber hat aber auch schuldhaft gehandelt.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Es reicht daher unter Hinweis auf die vorzitierte Judikatur das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere ist es nicht ausreichend, dass vor Beginn der Montagearbeiten Anweisungen an einen Montageleiter gegeben werden und dieser seinerseits Anweisungen an die Arbeitnehmer in seiner Montagepartie gibt. Es reicht auch nicht aus, dass die Anweisungen und Sicherheitsvorschriften in schriftlicher Form bei Unterzeichnung des Lehrvertrages überreicht werden. Es reicht insbesondere aufgrund der Judikatur nicht aus, wenn alleine Unterweisungen und Anweisungen getroffen werden, sondern ist vielmehr nach der zitiven Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass auch die Ausführung dieser Anweisungen tatsächlich kontrolliert wird. Das durchgeführte Beweisverfahren hat aber gezeigt, dass der Berufungswerber selbst am Montageort nicht anwesend war und keine Kontrollen durchgeführt hat. Auch hat das Beweisverfahren eindeutig und unwidersprochen ergeben, dass der Lehrling die Vorgehensweise vorgeschlagen hat, obwohl er erst zum ersten Mal bei so einer Montage vor Ort dabei war, und der Montageleiter und Lehrlingsausbildner diesem Vorschlag nachgekommen ist und zugestimmt hat, obwohl anderslautende Anweisungen durch den Berufungswerber vorlagen und auch eine andere Vorgehensweise schriftlich angeordnet war. Es wurde daher vom Berufungswerber nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, dass die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bzw. die Einhaltung der Anweisungen mit gutem Grund erwartet werden kann. Die Erteilung von Weisungen und die Durchführung von Schulungen allein reichen aber für das Bestehen eines wirksamen lückenlosen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht aus. Es hat der Verwaltungsgerichtshof daher in seiner Judikatur mehrmals darauf hingewiesen, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen ein Bauleiter bzw. Vorarbeiter, im gegenständlichen Fall Montageleiter, mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich ist (VwGH vom 26.9.2008, Zl. 2007/02/03117). Er hat vielmehr darauf hingewiesen, dass ein lückenloses Kontrollsystem insbesondere auch für den Fall Platz zu greifen hat, dass Arbeitnehmer – wie hier der Vorarbeiter – auf eigenen Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Das Kontrollsystem soll nämlich genau dazu dienen, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen treffen und Arbeitnehmerschutzvorschriften außer Acht lassen. Die Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften ist als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsstrafrechtlich strafbar und kann schon deshalb es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9). Vielmehr ist es dem Berufungswerber nicht gelungen aufzuzeigen welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in diesem Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden.

 

Da ein wirksames und lückenlos funktionierendes Kontrollsystem nicht vorgebracht wurde und auch nicht unter Beweis gestellt wurde, war vom Verschulden, nämlich zumindest von sorgfaltswidrigem fahrlässigen Verhalten des Berufungswerbers auszugehen.

 

 

5.4 Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von nachteiligen Folgen durch den Arbeitsunfall ausgegangen und hat auch daher die erhebliche Verletzung des schutzwürdigen Rechtsgutes der Unversehrtheit der Gesundheit der Arbeitnehmer zugrunde gelegt. Sie ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und Sorgepflichten von zwei minderjährigen schulpflichtigen Kindern ausgegangen. Auch hat sie berücksichtigt, dass keine rechtskräftigen Vorstrafen nach Arbeitnehmerschutzvorschriften aufscheinen, wenngleich auch keine Unbescholtenheit des Berufungswerbers vorliegt.

Diesen Ausführungen wurde auch in der Berufung nichts Relevantes entgegen gesetzt. Auch wurden in der Berufung keine unberücksichtigten und nunmehr zur berücksichtigenden Milderungsgründe vorgebracht und nachgewiesen. Auch wurden die persönlichen Verhältnisse nicht bekämpft. Es kann daher nicht befunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Vielmehr ist zu bemerken, dass lediglich eine Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, welche 10 % des Strafrahmens ausmacht, verhängt wurde. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse war daher die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen angepasst. Es war daher sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

Weil ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festzustellen war, war nicht mit einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG vorzugehen. Auch lag nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das bildmäßige Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt und übrigens auch nachteilige Folgen eingetreten sind, sodass kein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG anzuwenden war.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 150 Euro gemäß § 64 VStG festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klemt

 

Beschlagwortung:

 

Kontrollsystem

 

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