Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166583/8/Br/Th

Linz, 31.01.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe Dr. X – Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, vom 19. Dezember 2011, Zl.: VerkR96-1475-2011, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 31. Jänner 2012 durchgeführten öffentlichen münd­lichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der Hinweis auf den Abzug des Verkehrsfehlers hat im Spruch zu entfallen.

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 32 Euro auferlegt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm    § 19, § 24,   § 51  Abs.1 und  § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 u.2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2e StVO 1960, eine Geldstrafe von 160 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 53 Stunden verhängt, weil er am 02.02.2011 um 09:51 Uhr als Lenker des PKW mit dem KZ. X im Ortsgebiet der Gemeinde Wartberg ob der Aist, auf der B 123 bei km 19,570 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 41 km/h überschritten habe.

 

 

1.1. In der auszugsweise wiedergegebenen Begründung tätigte die Behörde erster Instanz folgende Erwägungen:

"Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren stützt sich auf eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung vom 15. 02. 2011, wonach Ihnen zur Last gelegt wurde, am 02.02.2011 um 09:51 Uhr mit dem PKW X, im Ortsgebiet von Wartberg ob der Aistauf der B 123 bei km 19,570, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 41 km/h überschritten zu haben. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen. (Gemessener Wert: 96 km/h)

 

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24.02.2011, VerkR96-474-2011 wurden Sie wegen dieser Übertretung zu einer Verwaltungsstrafe von 160,- Euro, im Nichteinbringungsfalle zu einer Ersatzarreststrafe von 53 Stunden verurteilt.

 

Gegen diese Strafverfügung haben Sie innerhalb der Rechtsmittelfrist, vertreten durch Ihre Rechtsanwälte Dr. X und Dr. X, mit Schreiben vom 09.03.2011 Einspruch erhoben.

 

Durch Ihren Einspruch wurde das Strafverfahren an uns zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgetreten.

 

In Ihrer Rechtfertigung vom 27.04.2011 führen Sie an, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Stand Radar gemessen worden sei. Erhebungen Ihres Mandanten hätten jedoch ergeben, dass sich am Tatort kein stationäres Radargerät befunden hätte. Es sei daher zu prüfen, um welches Radargerät es sich bei der Messung gehandelt habe und ob die Geschwindigkeitsüberschreitung tatsächlich innerhalb eines Ortsgebietes war. Darüber hinaus wäre zu Gunsten des Beschuldigten ein Toleranzabzug von zumindest 10 % von der gemessenen Geschwindigkeit vorzunehmen. Ihr Mandant hätte die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsübertretung nicht in der ihm vorgeworfenen Höhe begangen. Es wird daher um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens ersucht.

 

Gruppeninspektor X wurde von der BPD Linz am 23.05.2011 als Zeuge zu den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigtenvertreters einvernommen und führte an, dass die angezeigte Geschwindigkeitsübertretung mit einem mobilen Radarfahrzeug festgestellt wurde. Die Bezeichnung in der Anzeige als Stand Radar sei insofern unerheblich, weil auch die Type des Messgerätes "MUVR 6FM 696" darin enthalten sei, welche eindeutig einer in einem Diestkraftfahrzeug installierten Kamera zuzuordnen sei. Die Geschwindigkeit wäre ganz sicher im Ortsgebiet gemessen worden, das Radarfahrzeug war in einer Zufahrt abgestellt. Hinsichtlich des Toleranzabzuges werden erst ab einer gemessenen Geschwindigkeit von 100 km/h 5 %, bis zu einer gemessenen Geschwindigkeit von 100 km/h jedoch 5 km/h abgezogen.

 

Mit hs. Schreiben vom 08.06.2011 wurde Ihnen das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit geboten, binnen 2 Wochen hiezu Stellung zu nehmen bzw. zur mündlichen Erörterung am 07.07.2011 bei uns vorzusprechen.

 

Mit Schreiben vom 24.06.2011 führten Sie in Ihrer Stellungnahme an, dass der Zeuge Gl X derart unpräzise Angaben machen würde, aus denen keinerlei Geschwindigkeitsüberschreitung bzw. Verwaltungsübertretung begründet werden könne. Es würde nicht einmal der genaue Standort des angeblichen mobilen Radarfahrzeuges angeführt. Aus der Zeugenaussage "in einem Ortsgebiet" und "das Radarfahrzeug wurde in einer Zufahrt abgestellt" könne kein konkreter Tatort abgeleitet werden. Offensichtlich wäre es dem Zeugen und Meldungsleger nicht mehr möglich, einen genauen Tatort bekannt zu geben, sodass keine hinreichende Präzisierung und Individualisierung und Konkretisierung der behaupteten Geschwindigkeitsüberschreitung erfolgen könne.

Es gäbe auch keinerlei Nachweise, dass das angeführte mobile Messgerät entsprechend geeicht und ein genaues Messergebnis erzielt worden sei.

Zusammenfassend wird daher ausgeführt, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung nicht feststellbar und nachweisbar wäre.

Der Beschuldigtenvertreter beantrage daher nochmals, das gegen ihn eingeleitete

Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Mit hs. Verständigung vom 11.07.2011 wurden Ihnen der Eichschein Nr. 696, des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen von dem verwendeten Radargerät als auch das Radarfoto vom Tatfahrzeug, jeweils in Kopie, übermittelt. Gleichzeitig wurde Ihnen angeboten, binnen 2 Wochen schriftlich Stellung zu nehmen oder zur mündlichen Erörterung am 09. 08. 2011 zu erscheinen.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 25.07.2011 führten Sie an, dass sich aus dem vorliegenden Eichschein ergäbe, dass die Messunsicherheit kleiner als 30 % der Eichfehlergrenzen sei. Es wäre daher zumindest eine Messtoleranz von 10 % von der gemessenen Geschwindigkeit vorzunehmen, zumal hier ein Messfehler bis zu 30 % vorliegen könne. Darüber hinaus wäre auf dem Radarfoto weder der Standort des Messfahrzeuges noch der Tatort ausreichend präzisiert. Der Beschuldigtenvertreter beantrage daher nochmals, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Bezüglich der weiteren Beweisanträge des Beschuldigtenvertreters konnte auf eine erneute Einvernahme des Zeugen verzichtet waren.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens sieht die Behörde es als erwiesen an, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Es bleibt unbestritten, dass Sie der Lenker des PKWs mit dem KZ X am 02. 02. 2011 um 09,51 Uhr in der Gemeinde Wartberg ob der Aist auf der B 123 waren. Als Tatort wird in der gegenständlichen Anzeige der LVA vom 15.02.2011 "Wartberg ob der Aist, Landesstraße-Ortsgebiet, B 123 bei Straßenkilometer 19.570" angeführt und Ihnen auch in der gegenständlichen Strafverfügung zur Last gelegt.. Diese Tatortumschreibung entspricht dem Gebot des § 44 a Z. 1 VStG. Dass es sich dabei um ein Ortsgebiet handelt, wird auch noch von dem Zeugen in seiner Niederschrift vom 23.05.2011 bestätigt. Im Zuge dieser Fahrt hat der Berufungswerber auf Höhe des Strkm. 19.570 die im dortigen Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 41 km/h (nach Abzug einer Toleranz von 5 km/h) überschritten. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mittels Messgerät der Type "MUVR 6FM 696", welche eindeutig einer in einem Dienstkraftfahrzeug installierten Kamera zuzuordnen ist, festgestellt. Auf Grund der vorliegenden Kopie des Eichscheines zum verwendeten Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät MUVR 6 F 696 (Eichschein-Nr. 696) des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 27.02.2009 konnte festgestellt werden, dass das verwendete Radarmessgerät zur Tatzeit ordnungsgemäß geeicht war (Eichung durchgeführt am 12. 02. 2009-gültig bis 27.02.2012).

Eine Radarmessung stellt grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar und ist einem mit der Radarmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes zuzumuten.

Wie aus der Anzeige der LVA vom 15.02.2011 ersichtlich und vom Zeugen in seiner Vernehmung bei der BPD Linz am 23.05.2011 nochmals bestätigt, wurde ein Toleranzabzug von 5 km/h von der gemessenen Fahrgeschwindigkeit von 96 km/h in Abzug gebracht und Ihnen eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 41 km/h zur Last gelegt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gem. § 99 Abs.2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe 150,- bis 2.180,- Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h überschreitet.

Gem. § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich

gezogen hat.

Bei erheblichen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit (hier 41 km/h) wird die Verkehrssicherheit erheblich reduziert, weil solche erhöhte Geschwindigkeiten immer wieder eine Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellen.

 

Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.

 

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Da diese nicht bekannt waren, wurde eine Schätzung vorgenommen und von normalen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ausgegangen.

 

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens und der Barauslagen stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle."

 

 

1.1. Mit diesem Vorbringen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber jedoch mit seiner  durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung entgegen:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte X durch seine ausgewiesen Verteidiger Dr. X / Dr. X, X, welche sich gemäß § 8 Abs.1 RAO und § 10 AVG auf die Ihnen erteilte Vollmacht berufen gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyrr - Land vom 19.12.2011, Aktenzeichen: VerkR96-1475-2011, zugestellt am 21.12.2011, innerhalb offener Frist

 

B E R U F U N G

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde und führt diese aus wie folgt:

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr - Land vom 19.12.2011, VerkR96-1475-2011, mit welchem der Berufungswerber wegen Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 zu einer Geldstrafe von € 160,00 zuzüglich Verfahrenskostenersatz verurteilt wurde, wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten und bekämpft.

 

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung (materielle Rechtswidrigkeit) geltend gemacht.

 

Weiters wird auch die Höhe der; verhängten Geldstrafe mittels Strafberufung be-

kämpft.          

 

Die Berufungsgründe werden im Einzeihen ausgeführt wie folgt:

 

1. Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

 

Die Erstbehörde hat es unterlassen, einen Ortsaugenschein über den genauen Standort des Dienstkraftwagens bzw. des Radarmessgerätes und den genauen Ort der angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung durchzuführen. Aus der Zeugenaussage des Meldungslegers ist weder ein genauer Standort des Messgerätes, noch ein genauer Standort der Messung bzw. der Position des Beschuldigtenfahrzeuges ableitbar.

 

Durch die Nichtaufnahme der vorstehend angeführten Beweismittel ist das Verfahren vor der Erstbehörde zum Nachteil des Berufungswerbers mangelhaft geblieben und ist die Erstbehörde auf Grund der Unterlassung dieser Beweisaufnahme zur unrichtigen Annahme einer Verwaltungsübertretung des Berufungswerbers gelangt.

 

2. Unrichtige rechtliche Beurteilung (materielle Rechtswidrigkeit):

 

Die Angaben des Meldungslegers und Zeugen Gl X sind derart unpräzise, dass darauf keinerlei Geschwindigkeitsüberschreitung bzw. Verwaltungsübertretung begründet werden kann. Auch im angefochtenen Straferkenntnis wurde weder der genaue Standort des mobilen Radarfahrzeuges angeführt, noch wurde genau angeführt, wo die Messung der Geschwindigkeitsüberschreitung durchgeführt worden ist. Aus der Zeugenaussage „in einem Ortsgebiet" und „das Radarfahrzeug in einer Zufahrt abgestellt wurde" kann kein konkreter Tatort abgeleitet werden. Mangels hinreichender Präzisierung und Individualisierung und Konkretisierung der behaupteten Geschwindigkeitsüberschreitung ist eine Verwaltungsübertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit anzunehmen.

 

Darüber hinaus hätte die Erstbehörde aufgrund des Umstandes, dass sich aus dem Eichschein ergibt, dass die Messunsicherheit kleiner als 30 % der Eichfehlergrenzen ist, zumindest eine Messtoleranz von 10 % von der gemessen Geschwindigkeit vornehmen müssen.

 

Das angefochtene Straferkenntnis ist jedoch auch aus nachstehenden Gründen materiell rechtswidrig:

Der Beschuldigte wurde im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nur deshalb bestraft, weil er aufgrund einer Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 sich selbst als Lenker des Fahrzeuges verwaltungsstrafrechtlich belasten musste. Da die Lenkerauskunft das einzige Beweismittel für die Verwaltungsübertretung darstellt, widerspricht dies jedoch dem Selbstbelastungsverbot der MRK, und darf dieses Beweismittel, also die Lenkerauskunft, nach der Rechtssprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht als Beweismittel herangezogen werden (VwSen-130751/7/Gf/Mu). Ein unzulässiges und nichtiges Beweismittel bzw. Beweisergebnis darf im Verwaltungsstrafverfahren nicht gegen den Beschuldigten verwendet werden. Es ist daher aus rechtlichen Gründen unzulässig, den Beschuldigten wegen der gegenständlichen, ihm angelasteten Verwaltungsübertretung (Geschwindigkeitsüberschreitung) Verwaltungsstrafrechtlich zu bestrafen. Objektive Beweismittel, wonach der Beschuldigte das Kraftfahrzeug gelenkt hat, liegen nicht vor. Auch aus diesem Grunde ist daher das angefochtene Straferkenntnis materiell rechtwidrig.

 

Aus den von der Erstbehörde getroffenen Feststellungen bzw. aus der Begründung des Straferkenntnisses kann in keiner Weise die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung abgeleitet werden.

 

Darüber hinaus ist der Tatvorwurf gegen den Beschuldigten auch nicht hinreichend konkretisiert und individualisiert. Auch aus diesem Grunde ist daher das angefochtene Straferkenntnis materiell rechtswidrig.

 

Der Berufungswerber hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen; das angefochtene Straferkenntnis ist daher materiell rechtswidrig.

 

3. Berufung gegen die Strafhöhe:

 

Die Erstbehörde hat die beim Beschuldigten und Berufungswerber vorliegenden Milderungsgründe der bisherigen Unbescholtenheit und den Umstand, dass -wenn überhaupt - den Beschuldigten nur ein leichtes Verschulden treffen würde -bei der Strafbemessung nicht als Milderungsgründe berücksichtigt.

 

Da erhebliche Milderungsgründe gegeben sind, denen keine Erschwerungsgründe gegenüber standen, wäre lediglich eine geringere Geldstrafe auszusprechen gewesen, zumal die Erstbehörde auch eine außerordentliche Strafmilderung hätte annehmen müssen.

 

Die verhängte Geldstrafe ist daher unangemessen. Es wird daher beantragt, die verhängte Geldstrafe angemessen herabzusetzen.

 

Der Berufungswerber stellt daher nachstehende

 

ANTRÄGE:

 

1.  Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle als Berufungsbehörde seiner Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr - Land vom 19.12.2011, VerkR96-1475-2011, ersatzlos beheben.

 

2.  In eventu wird beantragt, die verhängte Geldstrafe angemessen herabzusetzen.

 

Kirchdorf a.n der Krems, am 03.01.2012                                         X"

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien insbesondere mit Blick auf das Berufungsvorbringen in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Verwaltungs­strafaktes der  Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, Zl.: VerkR96-1475-2011, sowie durch die zeugenschaftlichen Vernehmungen des die Messung durchführenden GrInsp. X, anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Verlesen wurde ferner der vom Zeugen bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Eichschein des hier eingesetzten Radarmessgerätes. Der Meldungsleger legte anlässlich der Berufungsverhandlung ein Luftbild über die Messörtlichkeit sowie das Messprotokoll mit der hier verfahrensgegenständlichen Messung vor. Beigeschafft wurde ferner die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt v. 19.6.1997, VerkR10-25-1956, betreffend das gegenständliche Ortsgebiet und Luftbilder mit der Darstellung der Straßenkilometrierung.

Der auch persönlich zur Berufungsverhandlung geladene Berufungswerber erschien unentschuldigt nicht. Die Behörde erster Instanz entschuldigte das Fernbleiben mit dienstlichen Gründen. 

 

 

5. Erwiesen ist, dass der Berufungswerber zur fraglichen Zeit die im Ortsgebiet Wartberg ob der Aist gelegene Messstelle mit zumindest der ihm angelasteten Fahrgeschwindigkeit passierte.

Die ca. sechs Meter breite B123 verläuft in Fahrtrichtung des Berufungswerbers im Messbereich in einer Rechtskurve. Sowohl rechts- als auch linksseitig der  beidseitig noch mit einem Gehsteig versehenen Straße finden sich Hauszufahrten und im Nahbereich noch zwei Kreuzungen.

Seine Lenkereigenschaft hat er konkret nie bestritten, wenngleich hier keine Anhaltung erfolgte und die Anzeige nach dem Kennzeichen erstattet wurde. Hätte tatsächlich eine dritte Person das Fahrzeug zur fraglichen Zeit gelenkt, hätte er dies wohl im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eingewendet, oder dies zumindest im Rahmen des Berufungsverfahrens entsprechend dargelegt.

Eine dem Rechtsvertreter evidente Lenkererhebung konnte aus dem Verfahrensakt nicht nachvollzogen werden und wurde demnach auch nicht gegen den Berufungswerber verwendet.

Das Verfahren wurde am 31.3.2011 von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt als Tatorbehörde an die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als Wohnsitzbehörde abgetreten.

Ein vom Berufungswerber bemängelter unberücksichtigt gebliebener Verkehrsfehler erwies sich im Lichte der schlüssigen und glaubwürdigen Angaben des Meldungslegers GrInsp. X als nicht stichhaltig. Vielmehr wurden fünf Stundenkilometer als Verkehrsfehler zu Gunsten des Lenkers in Abzug gebracht. Das er mit einer Überschreitung von 41 km/h letztlich mit der Rechtskraft dieser Entscheidung einen zweiwöchigen Führerscheinentzug zu erwarten hat, macht wohl sein Vorbringen begreiflich, vermag ihm aber dennoch nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der Meldungsleger legte hier wie schon gesagt schlüssig und nachvollziehbar den Messvorgang dar und belegte diesen mit den entsprechenden Aufzeichnungen. Für einen unterlaufenen Fehler ergeben sich keine wie immer gearteten Anhaltspunkte.

Der Meldungsleger ist als diensterfahrener Autobahnpolizist ständig mit dieser Art von Geschwindigkeitsmessungen bestens vertraut. Wenn der Berufungswerber offenbar nicht bereit war, zu seiner Berufungsverhandlung persönlich zu erscheinen, lag ihm offenbar nichts daran, die Berufungsbehörde selbst von seiner behaupteten Un- oder Minderschuld zu überzeugen.

 

 

6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der § 20 Abs.2 StVO 1960 lautet: "Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Hier befand sich der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Messung bereits ~ 300 Meter im Ortsgebiet.

Nach § 99 Abs.2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

 

6.1. Da nach h. Auffassung der sogenannte Verkehrsfehler des Messgerätes bei logischer und sachbezogener Betrachtung kein Tatbestandselement sondern lediglich den Gegenstand der Beweisbeurteilung bildet, war der Hinweis über "den Abzug zu Ihren Gunsten" aus dem Spruch iSd § 44a VStG zu entfernen.

 

 

6.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.3. Keine Zweifel bestehen wohl darin, dass mit dem Schnellfahren in aller Regel eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. Insbesondere in Ortsgebieten kommt der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit eine ganz besondere Bedeutung zu. Die nachteiligen Folgen einer derart eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung empirisch darin, sind abstrakt betrachtet darin zu erblicken, dass etwa bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h der Anhalteweg mit 28,13 m anzunehmen ist, während er bei der hier gemessenen Geschwindigkeit nahezu bei 77 m liegt. Dieser Schlussfolgerung wird eine als realistisch anzunehmende Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und einer Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Die Stelle an der das Fahrzeug aus 50 km/h zum Stillstand gelangt, wird bei der vom Berufungswerber als erwiesen anzunehmenden Geschwindigkeit noch mit der Ausgangsgeschwindigkeit durchfahren (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5).

Da einerseits jedermann darauf vertrauen darf, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauens­grundsatz) und darüber hinaus angesichts der Örtlichkeit ein erhöhte Wahrscheinlichkeit der Betroffenheit anderer Verkehrsteilnehmer vorlag, ist dieser Fahrgeschwindigkeit ein hohes abstraktes Risikopotenzial zuzuschreiben.

Der erstbehördlichen Straffestlegung kann daher mit Blick auf die oben genannten Grundsätze nicht entgegengetreten werden. So wurde eine Geldstrafe in der Höhe von (damals) 4.000 S, [entspricht 290,70 Euro] wegen einer Fahrgeschwindigkeit auf der Autobahn von 180 bis 190 km/h, bereits im Jahre 1990 als angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Vor diesem Hintergrund ist die hier ausgesprochene als sehr milde bemessen zu erachten bzw. könnte in diesem Strafausspruch selbst bei einem unterdurchschnittlichen Einkommen des Berufungswerbers in Verbindung mit dem Milderungsgrund dessen bisherigen Unbescholtenheit ein Ermessensfehler der Behörde erster Instanz jedenfalls nicht erblickt werden.

Dieses Strafausmaß ist insbesondere auch aus generalpräventiven Überlegungen als Signal an die Schnellfahrer bzw. das Rasen auf den Straßen an sich geboten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof   erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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