Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523061/2/Fra/Wu

Linz, 01.02.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.01.2012, Zahl FE-237/2011, betreffend Abweisung des Antrages vom 4.01.2012 auf Ausfolgung des Führerscheines und weitere Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die "weitere" Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung wegen entschiedener Sache aufgehoben wird. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs. 4 und 67a AVG 1991 iVm. § 3 Abs. 1 Z 3, § 8 und § 24 Abs. 1 Z 1 Führerscheingesetz 1997 – FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid gemäß § 28 Abs.1 Z2 FSG den Antrag des Herrn X (des Berufungswerbers, im Folgenden: Bw) auf Ausfolgung des Führerscheines abgewiesen und die weitere Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung angeordnet. Begründend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass der Bw am 4.1.2012 den Antrag gestellt hat, ihm seinen Führerschein wieder auszufolgen. Mit Beschied vom 7.3.2011 wurde ihm die Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung bis zur behördlichen Feststellungen, dass er wieder geeignet ist, entzogen. Mit 21.12.2011 wurde ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG erstellt. Nach diesem Gutachten ist der Bw gesundheitlich nicht geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken. Auch im Rahmen der diesmaligen verkehrspsychologischen Untersuchung (trotz der Tatsache, dass es sich um die dritte in einem Jahr handelt) und somit Übungseffekte vorliegen, zeigen sich Auffälligkeiten im Bereich des Reaktionsverhaltens, der Reaktionszeit, der Konzentrationsfähigkeit sowie der Sensomotorik. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei ebenfalls eingeschränkt, vor allem im Hinblick auf die in der Vorgeschichte faktenerheblichen Auffälligkeiten, wie Disziplinlosigkeit und einem abweichendem Konsumverhalten. Summierend sei somit aus amtsärztlicher Sicht abermalig die gesundheitliche Nichteignung auszusprechen gewesen. Es sei eine langfristige Abstinenz zu fordern.

 

2. Gegen diesen mündlich verkündeten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 16. Jänner 2012 persönlich bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebrachte Berufung. Begründend führt der Bw aus, dass er sich vom untersuchenden Arzt wegen diverser Gespräche diskriminiert und vorverurteilt fühle. Bei der Terminvereinbarung per Telefon sagte er, nachdem er sein Alter und sein Vergehen kannte, ob sich das überhaupt noch auszahle und ob er (der Bw) das Geld dazu habe. Wenn er es nicht schaffe, sei es ja weg. Nach ca. 1 Woche habe er einen ihm rätselhaften Brief erhalten. Nach der Untersuchung fragte er ihn, ob er (der Bw) glaube, bestanden zu haben, worauf er mit "Ja" antwortete. Nachdem er das 2. Mal gefallen war, habe er sich einen PC gekauft und habe sich auf den Test sehr gut vorbereitet. Der PC sei derselbe wie im Institut gewesen. Da hatte er immer 100 % (Sehr Gut). Er sei sich auch ganz sicher, bestanden zu haben. Er habe dies auch dem Arzt gesagt. Dieser sagte ihm darauf, es liege nicht an der Leistung, sonder er vermute, er werde wieder trinken. Eine langfristige Abstinenz sei zu fordern. Er trinke schon lange keinen Tropfen mehr. Er fahre seit ca. 20 Jahren unfallfrei, sei  kein Raser usw. Er wäre gerne bereit, seine Verkehrstüchtigkeit unter Beweis zu stellen. In diesem Sinne bitte er  um eine positive Entscheidung seines Einspruches.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Verwaltungsakt und die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs. 1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz und in die Berufung. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner der Verfahrensparteien beantragt.

 

 

 

4.1. Zur Vorgeschichte:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat mit Erkenntnis vom 16. März 2011, VwSen-522802/2/Fra/Gr, die Berufung des Herrn X gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. März 2011, Zahl FE-237/2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

" Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. Juli 2010, AZ: FE-798/2010Nsch- 213/2010, wurde dem nunmehrigen Bw die von der Bundespolizeidirektion Linz am 3. Juni 2008 unter Zahl X für Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 8 Monaten und 2 Wochen, gerechnet ab 30. Juni 2010, entzogen. Weiters wurde mit diesem Bescheid ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, 4-rädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 8 Monaten und 2 Wochen, gerechnet ab 30. Juni 2010, verboten. Zudem wurde mit diesem Bescheid die Absolvierung einer Nachschulung des folgenden Kurstypes angeordert: Nachschulung für alkoholauffällige Lenker. Weiters verlangte die Bundespolizeidirektion Linz spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme. Zudem wurde das Recht aberkannt, von einer allfälligen bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und einer allfällig eingebrachten Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Bundespolizeidirektion Linz ging in diesem Bescheid von folgendem Sachverhalt aus:

 

Nach der Verkehrsunfallanzeige vom 30. Juni 2010 lenkte der Bw am 30. Juni 2010 um 18:55 Uhr das KFZ Kz: X in Linz auf der Planckstraße, in Fahrtrichtung stadteinwärts in einem durch alkoholbeeinträchtigten Zustand. Vor dem Haus Planckstraße Nr.X beschädigte er einen dort vorschriftsmäßig abgestellten PKW. Danach hat er die Unfallsstelle sofort verlassen, ohne unverzüglich die nächste Polizeiinspektion zu verständigen. In weiterer Folge wurde er von Polizeibeamten des Stadtpolizeikommandos Linz ausgeforscht. Bei der Sachverhaltsaufnahme wurden folgende Alkoholisierungssymptome bei ihm festgestellt: Deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, unsicher schwankender Gang, lallende Sprache und eine deutliche Rötung der Bindehäute. Die daraufhin durchgeführte Untersuchung der Atemluft mittels eines Atemluftalkoholmessgerätes hat einen Wert von 0,93 mg/l Atemluft Alkoholgehalt ergeben.

 

Weiters wurde der Bw von der BPD Linz wegen Verstoßes gegen § 14 Abs.8 FSG mit Datum 15. Oktober 2008 rechtskräftig bestraft, weshalb die Entzugsdauer um 2 Wochen zu verlängern war (Vormerkdelikt).

 

Dieser Bescheid wurde laut Zustellnachweis durch Hinterlegung am 29. Juli 2010 zugestellt. Der Bescheid wurde nicht angefochten und ist sohin in Rechtskraft erwachsen.

 

Das Zentrum für Angewandte Psychologie GesmbH stellte eine mit 27. November 2010 datierte Teilnahmebestätigung aus, wonach der nunmehrige Bw an einer Nachschulung gemäß § 2 FSG-NV teilgenommen und diese in einem Zeitraum vom 30. Oktober bis 27. November 2010 im Ausmaß von 15 Einheiten ordnungsgemäß absolviert hat.

 

Laut fachärztlicher Stellungnahme hinsichtlich Führerscheintauglichkeit des Herrn Dr. X, Facharzt für Innere Medizin, X, vom 21. Jänner 2011 ist aus internistischer Sicht eine auf 5 Jahre befristete Erteilung der Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Gruppe B vertretbar.

 

Der Bw unterzog sich am 7. Februar 2011 bei der Kooperationsgemeinschaft für Verkehrspsychologische Untersuchungen 1A SICHERHEIT, Landstraße 2, 5020 Salzburg, einer verkehrspsychologischen Untersuchung. Laut verkehrspsychologischer Stellungnahme gemäß § 17 FSG – GV vom 15. Februar 2011 ist der Bw aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 derzeit nicht geeignet. Es wird eine längerfristige Alkoholkarenz sowie Inanspruchnahme psychologischer Beratungsmaßnahmen (Psychotherapie, neuropsychologisches Leistungstraining) empfohlen.

 

Aus der zusammenfassenden Beurteilung dieser Stellungnahme ergibt sich, dass die verkehrspsychologische Untersuchung in den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen folgende Ergebnisse brachte:

 

Die Beobachtungsfähigkeit wäre ausreichend gegeben. Im Bereich des Reaktionsverhaltens zeigt sich eine durchschnittliche Reaktionszeit (RT); die reaktive Belastbarkeit DT, Konzentrationsvermögen (COG) und die Sensomotorik (2-Hand) sind nicht mehr ausreichend gegeben. Im Sinne der Fragestellung werden die Anforderungen nicht mehr ausreichend erfüllt.

 

Das formal logische Denkvermögen (SPM) ist unterdurchschnittlich; die erfahrungsbedingte verbale Intelligenz (MWT´-B) ist überdurchschnittlich gegeben. Das Erinnerungsvermögen ist gegeben.

 

Im Explorationsgespräch wirkte der Proband ruhig und zurückhaltend; es zeigt sich eine ausreichende Bereitschaft zur Mitarbeit.

 

Aus der Verkehrsvorgeschichte zeigen sich bereits länger zurückliegende Auffälligkeiten. Die aktuelle Fahrt im alkoholisierten Zustand weist eine hohe Alkoholisierung auf. Die Alkoholtoleranz lässt sich aus den Angaben des Probanden zum üblichen Trinkverhalten nicht ausreichend nachvollziehen.

 

Es zeigen sich deutliche Einschränkungen bei der Selbstwahrnehmung im Umgang mit Alkohol und auch Hinweise auf Kontrollminderungen.

 

Auch aus einem alkoholaffinen Verfahren (ATV) ergeben sich überdurchschnittliche Ausprägungen; wie auch Einstellungen iVm verkehrsauffälligem Verhalten (K-F-P30) deutlich überdurchschnittlich ausgeprägt sind.

In einen mehrdimensionalen Persönlichkeitsverfahren (EPP-D) zeigt sich eine ausgeglichene Persönlichkeitsstruktur im Sinne von Introversion und Extraversion und auch eine ausreichende emotionale Stabilität, wobei jedoch eine überdurchschnittliche Zwanghaftigkeit als auffällig zu bewerten ist. Die Abenteuerlust weist einerseits eine überdurchschnittliche Besonnenheit auf, aber andererseits eine unterdurchschnittliche emotionale Lernfähigkeit und Selbstreflexion wie auch die Unzuverlässigkeit überdurchschnittlich ist.

Insbesondere unter Alkoholeinfluss sind Kontrollminderungen zu erwarten und eine ausreichend strikte Trennung zwischen Alkohol und Verkehrsteilnahme ist nicht mit der nötigten Sicherheit gegeben. Auch die deutlichen Schwächen im kraftfahrspezifischen Leistungsbereich verstärken den Verdacht auf einen längerfristigen problematischen Umgang mit Alkohol.

 

Insgesamt ist die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht in ausreichendem Maß gegeben.

 

Der Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion, Dr. X, beurteilte den Bw unter Zugrundlegung der Feststellungen in der o.a. verkehrspsychologischen Stellungnahme im amtsärztlichen Gutachten gemäß § 8 Abs.2 FSG vom 18. Februar 2011 als nicht geeignet, KFZ zu lenken. Begründend wird u.a. auf diese verkehrspsychologische Stellungnahme verwiesen."

 

4.2. Der Bw unterzog sich am 27.5.2011 bei der AAAV-Landesstelle Oberösterreich und Salzburg einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung. Die Verkehrspsychologen Dr. X und Mag. X führten in ihrer Stellungnahme vom 31.5.2011 unter der Rubrik "Zusammenfassung der Befunde/Gutachten" unter anderem aus, dass die psychisch-funktionalen Leistungen der reaktiven Belastbarkeit und Reaktionssicherheit unter Belastung massiv unter dem Normbereich liegen, bei deutlich überdurchschnittlicher Anzahl an Reaktionsauslassungen. Die Zweihandkoordination (Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination) ist im Hinblick auf die Bearbeitungszeit deutlich herabgesetzt. Konzentration und Aufmerksamkeit liegen in Teilbereichen markant unter dem Normbereich. Mentales und motorisches Reaktionszeitverhalten sowie Überblicksgewinnung sind durchschnittlich gegeben. Die intellektuellen Möglichkeiten des Untersuchten liegen massiv unter dem Normbereich. Die beim Untersuchten festgestellten grenzwertunterschreitenden Minderleistungen stellen unüblich ausgeprägte Leistungsdefizite dar und sind diese eignungsausschließend. Es ist davon auszugehen, dass der Untersuchte infolge der hochgradig herabgesetzten Reaktionssicherheit unter Belastung und der reaktiven Belastbarkeit, auf rasch anflutende bedeutsame Informationen im Fahrbetrieb nicht entsprechend den Erfordernissen reagiert. Vor allem das Meistern von zeitkritischen Verkehrssituationen kann nicht angenommen werden. Ein hinreichendes Maß an kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen ist nicht gegeben.

 

Unter der Rubrik "Interpretation der Befunde zu Persönlichkeitsmerkmalen und Einstellungen aus Anamnese, Exploration, psychometrischen Daten und Verhaltensbeobachtung" führen die Verkehrspsychologen Folgendes aus:

"Psychometrisch belegt sind aktuell, nach wie vor innere Fehlhaltungen die zu gesteigertem Alkoholkonsum fuhren können. Die vom Untersuchten gemachten Angaben hinsichtlich seiner früheren Alkoholkonsumgewohnheiten sind vage, diffus und widersprechen der Realerfahrung. Eine problembewusste Auseinandersetzung mit seinem vorangegangenen Umgang mit Alkohol ist nicht festgestellt. Dahingegen bekräftigen die unüblich massiven psychophysischen Leistungsdefizite den Hinweis auf Abbauerscheinungen durch langfristigen vermehrten Alkoholkonsum. Die erhöhten Aggressionswerte im Bereich der Selbstaggression unterstreichen eine Neigung zu überrtriebener Selbstbeschuldigung als Ausdruck innerer Fehlhaltungen und einer reduzierten Frustrationstoleranz. Wesentliche Veränderungen in seiner Lebensrealität seit dem Untersuchungsanlass, die auf eine emotionelle Stabilisierung schließen lassen, sind in erkennbarer Form nicht festzustellen. Aufgrund der Ergebnisse der erhobenen Befunde und der aus verkehrspsychologischer Sicht zu beurteilenden Hinweise aus den explorativ gewonnenen Daten sowie der Verhaltensbeobachtung in der Untersuchungssituation, kann eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und eine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, für das Lenken von Kfz. der FS.- Gruppe I derzeit nicht festgestellt werden. Herr X ist daher aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe I derzeit nicht geeignet."

 

Am 12.12.2011 unterzog sich der Bw bei der KFV Sicherheit-Service GesmbH einer neuerlichen verkehrspsychologischen Kontrolluntersuchung. Der Verkehrspsychologe Dr. X führt in seiner verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 19.12.2011 unter der Rubrik "Bewertung der Testbefunde zu den fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitstests sowie der Exploration" Folgendes aus:

"Der Untersuchte wirkt an sich locker, entspannt und zuversichtlich, obwohl er im Jahre 2011 schon zweimal bei verkehrspsychologischen Untersuchungen negativ begutachtet wurde. Eine ordnungsgemäße Erhebung der Vorgeschichte war nicht möglich, da der Untersuchte aufgrund von Erinnerungsmängel nur sehr vage Angaben machen konnte. Es ist aber anzunehmen, dass der Untersuchte gewisse Verdeckungstendenzen einer offensichtlich sehr negativen Vorgeschichte entwickelt. Es ist immer wieder im Zusammenhang mit Alkohol zu Problemen im Straßenverkehr gekommen. Er hat auch häufig aufgrund von Problemen verstärkt zu Alkohol gegriffen. Ein Hauptgrund für die Schwierigkeiten liegt aber darin, dass der Untersuchte zu einer recht oberflächlichen bis undisziplinierten Haltung neigt. Er beteuert zwar immer Besserungsabsicht, zumal man mit zunehmendem Alter zweifellos ruhiger werde. Sein Gesamtverhalten wirkt zwar keineswegs unsympathisch, darüber dürfen aber die bestehenden Gefahrenmomente nicht übersehen werden. Die Persönlichkeitsfragebogen weisen zwar keine negativen Abweichungen von der Norm ab, es ist aber anzunehmen, dass der Untersuchte bei mehreren verkehrspsychologischen Untersuchungen gelernt hat, sich taktisch richtig zu verhalten. Bei Analyse der Verkehrsvorgeschichte und aufgrund der Verhaltensbeobachtungen müssen aber zwingend persönlichkeitsbedingte  Minderungen angenommen werden, die  primär im Sektor geringerer Verhaltenssteuerung bzw. Disziplinlosigkeit angesiedelt sind. Vor allem besteht eine überdurchschnittliche Alkoholgefährdung."

 

Unter der Rubrik "Zusammenfassung der Befunde/Gutachten" führt der Verkehrspsychologe Dr. X Folgendes aus:

"Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit kann nur mit Vorsicht interpretiert werden, da nach drei verkehrspsychologischen Untersuchungen innerhalb eines Jahres Übungseffekte anzunehmen sind. Nach wie vor ist eine unter der Norm liegende Leistungsfähigkeit in den Bereichen Reaktionsverhalten, Reaktionszeit und Konzentrationsfähigkeit sowie Sensomotorik gegeben. Allerdings wurden in anderen Bereichen auch normgerechte Leistungen erzielt. Unter dem Aspekt einer sehr umfangreichen Fahrerfahrung kann beim Untersuchten eine gewisse Kompensierfähigkeit von kraftfahrspezifischen Leistungsmängeln erwartet werden. Die funktionalen Einschränkungen stellen so gesehen, vergleichsweise zu den persönlichkeitsbedingten Minderungen ein geringeres Problem dar. Seine Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Verkehrsanpassung muss als eindeutig eingeschränkt beurteilt werden. Obwohl der Untersuchte zur Vorgeschichte nur sehr ungefähre Angaben machen kann bzw. will, finden sich in der Vorgeschichte zweifellos erhebliche Auffälligkeiten im Sinne überdurchschnittlicher Disziplinlosigkeit auch im Zusammenhang mit einem normabweichenden Alkoholkonsumverhalten. Sein derzeitiges Konsumverhaltens beschreibt der Untersuchte zwar weitgehend unauffällig, Alkoholabstinenz ist aber mit Sicherheit nicht gegeben (siehe Vorgeschichte). Die sich daraus ergebenden Gefahrenmomente im Zusammenhang mit den funktionalen Leistungsmängeln, ergeben derzeit eine Nichteignung. Vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung ist Herr X zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B derzeit nicht geeignet.

 

Bemerkungen: Die Prognose muss als unsicher beurteilt werden. Dem Untersuchten wurde angeraten konsequent Alkoholabstinenz zu realisieren. Sollte er eine solche in der Dauer von etwa 9 bis 12 Monaten glaubhaft machen können und die Laborbefunde nicht dagegen sprechen, wäre nach dieser Zeit eine verkehrspsychologische Kontrolluntersuchung grundsätzlich möglich."

 

Der Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion Linz, Dr. X, beurteilte den Bw unter Zugrundelegung der Feststellungen in den oa. verkehrspsychologischen Stellungnahmen im amtsärztlichen Gutachten vom 21. Dezember 2011, als nicht geeignet, KFZ der Gruppe 1, Klasse B, sowie Motorfahrräder, zu lenken. In der Befundwürdigung führt der Polizeiarzt aus, dass sich auch im Rahmen der diesmaligen (vom 12.12.2011) verkehrspsychologischen Untersuchung trotz der Tatsachen, dass es sich um die dritte in einem Jahr handelt und somit Übungseffekte vorliegen,  Auffälligkeiten im Bereich des Reaktionsverhaltens, der Reaktionszeit und der Konzentrationsfähigkeit sowie der Sensomotorik zeigen. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung beim Bw ist ebenfalls eingeschränkt. Vor allem im Hinblick auf in der Vorgeschichte faktenerhebliche Auffälligkeiten, ist Disziplinlosigkeit und abweichendes Alkoholkonsumverhalten anzunehmen. Summierend muss somit aus amtsärztlicher Sicht abermalig die gesundheitliche Nichteignung ausgesprochen werden. Es ist eine langfristige Abstinenz zu fordern. Aufgrund der 3 absolvierten verkehrspsychologischen Untersuchungen in eng aufeinanderfolgenden Intervallen ist eine abermalige Untersuchung frühestens in 9 Monaten zu rechtfertigen.

 

4.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet das amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG als auch die zugrundeliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahmen schlüssig und nachvollziehbar begründet. Beide Gutachten kommen übereinstimmend zum Ergebnis, dass der Bw derzeit nicht geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1, Klasse B, zu lenken. Laut höchstgerichtlicher Rechtssprechung kann derartigen Gutachten nur durch solche, die auf gleicher fachlichen Ebene erstellt wurden, entgegengetreten werden. Der Bw hat weder das amtsärztliche Gutachten noch die verkehrspsychologischen Stellungnahme inhaltlich entkräftet. Das Gutachten und die Stellungnahmen waren daher dieser Entscheidung zugrunde zu legen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z.2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Für den Zeitraum eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A,B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

 

1.     um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 achter Satz

2.     um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Eine der Wesentlichen – im § 24 Abs.1 FSG genannten– Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z.3 FSG die gesundheitliche Eignung.

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG –GV gilt zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1.     die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.     die nötige Körpergröße besitzt,

3.     ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.     aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezfische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

5.2. Der Bw verfügt nach dem amtsärztlichen Gutachten und den verkehrspsychologischen Stellungnahmen derzeit nicht über die gesetzlich gebotene gesundheitliche Eignung, um Kraftfahrzeuge der Gruppe 1, Führerscheinklasse B, eigenverantwortlich in Betrieb zu nehmen und zu lenken.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung, das der Bw nach den gutachtlichen ärztlichen und verkehrspsychologischen Beurteilungen derzeit jedoch nicht besitzt. Im Interesse der Verkehrsicherheit dürfen nur solche Personen Inhaber einer Lenkberechtigung sein, die gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der jeweiligen Klasse ausreichend geeignet sind.

 

Mangels derzeitiger gesundheitlicher Eignung des Bw, welche gemäß § 3 Abs.1 Z.3 FSG einer der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung darstellt, musste daher sein Antrag auf Ausfolgung des Führerscheines § 28 Abs.1 Z.2 FSG abgewiesen und im Hinblick darauf seiner Berufung ein Erfolg versagt werden. Gemäß § 28 Abs.1 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen. Da die Entziehungsdauer nicht abgelaufen ist, war der diesbezügliche Spruchteil aufzuheben.

 

Berufliche, wirtschaftliche, persönliche oder auch familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtssprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Allgemeinheit ist auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen.

 

Dem Bw wird dringend empfohlen, konsequent alkoholabstinent zu sein. Laut Prognose des Verkehrspsychologen Dr. X ist eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung in 9 bis 12 Monaten (ab Untersuchungszeitpunkt), d. h. frühestens ab September 2012, grundsätzlich möglich.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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