Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240875/2/Gf/Bu

Linz, 15.02.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der X, X, X, vertreten durch die RAe Dr. X u.a., X, X, gegen das aus Anlass mehrerer Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes ergangene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Jänner 2012, Zl. 40355/2010, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als bei den Spruchpunkten 1) bis 11) jeweils die Tatanlastung zu lit. "a)" zu entfallen hat, das Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt wird und die verhängten Geldstrafen jeweils auf 100 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 5 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. 

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich bezüglich jedes Spruchpunktes auf jeweils 10 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

III. Die Berufungswerberin hat der Österreichschen Agentur für Gesundheitswesen und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) Kosten in Höhe von insgesamt 412,50 Euro zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG; § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. Jänner 2012, Zl. 40355/2010, wurden über die Beschwerdeführerin insgesamt 11 Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 10 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 220 Euro; Untersuchungskosten: insgesamt 1.320 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 3.740 Euro) verhängt, weil sie es als Gewerbeinhaberin zu vertreten habe, dass in ihrem Unternehmen am 22. Juli 2010 verpackte Waren (Nahrungsergänzungsmittel) in Verkehr gebracht worden seien, bei denen jeweils die handelsübliche Sachbezeichnung fehlte und zudem einerseits in acht Fällen jeweils nicht auf den Umstand der Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums hingewiesen bzw. andererseits in drei Fällen den Konsumenten eine tatsächlich nicht bestehende spezifische Wirkung dieser Produkte vorgetäuscht worden sei. Dadurch habe sie elf Übertretungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 165/2008 (im Folgenden: LMKV), sowie zudem einerseits acht Übertretungen des § 9 Abs. 2 LMKV bzw. andererseits drei Übertretungen des § 5 Abs. 2 Z. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 139/2010 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb sie nach § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG bzw. nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die der Rechtsmittelwerberin angelasteten Übertretungen auf Grund entsprechender Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (im Folgenden: AGES) als erwiesen anzusehen seien.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 800 Euro; Sorgepflicht für ein Kind) seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihr am 26. Jänner 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Februar 2012 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Berufung.

 

Darin wird vorgebracht, dass bei den verfahrensgegenständlichen Produkten zum Zeitpunkt der Kontrolle das Mindesthaltbarkeitsdatum zwar tatsächlich bereits abgelaufen gewesen und dieser Umstand auch nicht kenntlich gemacht worden sei; allerdings sei eine entsprechende Kennzeichnung sofort nach dieser Beanstandung erfolgt, ganz abgesehen davon, dass diese jeweils aus einem Alkohol-Wasser-Gemisch bestehenden Waren nicht verderblich gewesen seien und zudem gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 LMKV gar keine dementsprechende Kennzeichnungspflicht bestanden hätte. Darüber hinaus sei auf der Verpackung allseits unbestritten der Hinweis "Tropfen aus Wasser-Alkoholgemisch" angebracht gewesen, was auf Grund des Umstandes, dass es für derartige Waren eine handelsübliche Sachbezeichnung nicht gebe, jedenfalls als ausreichend angesehen werden müsse. Bezüglich der angelasteten irreführenden Angaben sei darauf hinzuweisen, dass in jenen den Produkten beigegebenen Informationsbroschüren bestimmte Wirkungen – was schon durch die Verwendung des Wortes "kann" jeweils zweifelsfrei zum Ausdruck komme – lediglich als möglicherweise, nicht jedoch als mit Sicherheit eintretend angepriesen worden seien. Schließlich würden sich die vorgeschriebenen Untersuchungskosten insoweit als unverhältnismäßig erweisen, als sämtliche Produkte hinsichtlich ihrer Zusammensetzung identisch gewesen seien, sodass die Erstellung bloß eines Gutachtens vollkommen ausreichend gewesen wäre.

 

Da auch die verhängte Strafe insgesamt als zu hoch erscheine, wird aus allen diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der  Strafhöhe bzw. bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Magistrates Linz zu Zl. 40355/2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende (Einzel-)Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien auch einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende (Einzel-)Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer, sondern durch ein Mitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1.1. Gemäß § 90 Abs. 3 LMSVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der verpackte Waren nicht mit einer Sachbezeichnung versieht; als Sachbezeichnung ist – beim Fehlen von entsprechenden Rechtsvorschriften – die handelsübliche Bezeichnung oder eine solche Beschreibung der Ware und erforderlichenfalls ihrer Verwendung anzusehen, die hinreichend genau ist, um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art der Ware zu erkennen und sie von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen sie verwechselt werden könnte.

 

3.1.2. Im gegenständlichen Fall wurden die beanstandeten Produkte zum einen durchgängig als "Energetisierte Informations-Tropfen" und zum anderen darüber hinaus mit einem jeweils spezifischen Zusatz – nämlich: "X", "zur Förderung der Konzentration", "Morgenmuffel", "Stimmungsaufheller", "zur Unterstützung bei Ängsten aller Art", "Allround für Kinder", "Harmonisierung für Kinder", "SOS für Kinder", "zur Stärkung des bioenergetischen Schutzfeldes", "Power" und "Angst und Panik" – deklariert.

 

In den Gutachten der AGES wird zum diesbezüglichen Tatvorwurf nur angeführt, dass "auf Grund der h.o. vorliegenden einschlägigen, wissenschaftlichen Literatur nicht ..... nachvollziehbar" ist, "warum die gegenständliche Ware 'energetisiert'" sein und die ihr jeweils zugeschriebene spezifische Wirkung entfalten soll, sodass "das Kennzeichnungselement gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 – die handelsübliche Sachbezeichnung – fehlt".

 

Damit wird aber in Wahrheit keine fehlende (i.S. einer Nicht-)Bezeichnung, sondern vielmehr moniert, dass diese Deklaration auf Wirkungen hinweist, die dem Produkt tatsächlich nicht zukommen (können). Eine solcherart angelastete Falschbezeich­nung stellt aber (allenfalls einen anderen Deliktstypus, jedoch) keine Verletzung des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV dar, ganz abgesehen davon, dass – was auch von der belangten Behörde gar nicht in Abrede gestellt wird – eine handelsübliche Sachbezeichnung für die hier vorliegende Produktart nicht existiert: Demnach ist aber lediglich eine solche Beschreibung der Ware und ihrer Verwendung nötig, die hinreichend genau ist, um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art der Ware zu erkennen und sie von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen sie verwechselt werden könnte. Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Bezeichnung aber deshalb, weil aus der vorangeführten Deklaration in Verbindung mit der spezifischen Produktbeschreibung jeweils hinreichend deutlich hervorgeht, welche körperlichen Befindlichkeiten die Ware konkret fördern bzw. welchen sie entgegenwirken soll. Ob sie auch tatsächlich dazu geeignet ist, solche Effekte hervorzurufen, spielt hingegen – wie bereits dargestellt – im Lichte des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV keine Rolle.

 

Mangels Tatbestandsmäßigkeit liegen sohin die der Rechtsmittelwerberin vorgeworfenen Übertretungen dieser Bestimmung nicht vor.

 

3.2.1. Nach § 90 Abs. 3 LMSVG i.V.m. § 9 Abs. 2 LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der den Umstand, dass die Mindesthaltbarkeitsfrist bereits abgelaufen ist, nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich macht.

 

3.2.2. Insoweit wird von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt, dass sie bezüglich der beanstandeten Waren auf den Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist nicht hingewiesen hat; allerdings wendet sie ein, dass nach § 7 Abs. 1 Z. 3 LMKV nicht einmal eine entsprechende Kennzeichnungspflicht bestanden hätte.

 

Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass § 7 Abs. 1 Z. 3 LKMV lediglich Getränke mit einem Alkoholgehalt von 10 oder mehr Volumsprozent von einer Kennzeichnung mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum ausnimmt. Im vorliegenden Fall handelte es sich aber nicht um Getränke, sondern jeweils um aus einem Alkohol-Wasser-Gemisch bestehende Flüssigkeiten, die laut Gebrauchsanweisung (nicht durch Trinken, sondern vielmehr) in einer Dosis von bloß wenigen Tropfen pro Tag zu konsumieren waren. Die Sonderbestimmung des § 7 Abs. 1 Z. 3 LMKV kommt daher hier schon von vornherein nicht zum Tragen, ganz abgesehen davon, dass § 9 Abs. 2 LMKV – unabhängig davon, ob eine solche Kennzeichnung rechtlich gefordert ist oder nicht – an den bloßen Umstand anknüpft, dass ein Hinweis auf den Ablauf der am Produkt angebrachten Mindesthaltbarkeitsfrist faktisch nicht erfolgt ist.

 

Auch auf der Ebene des Verschuldens ist der (zudem bloß pauschal behauptete, nicht jedoch auch entsprechend spezifizierte oder gar objektiv nachvollziehbar belegte) Einwand, dass sie unmittelbar im Anschluss an die in ihrem Unternehmen stattgefundene Kontrolle ohnehin entsprechende Hinweise angebracht hätte, nicht geeignet, eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Rechtmittelwerberin auszuschließen, weil dies nichts daran zu ändern vermag, dass sie vor diesem Zeitpunkt jedenfalls jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die bei einer Durchschnittsbetrachtung von einer Gewerbetreibenden in einem solchen Zusammenhang üblicherweise erwartet werden kann, sodass ihr jedenfalls ein fahrlässiges und damit auch schuldhaftes Verhalten anzulasten ist.

 

Insgesamt besehen ist daher insoweit ihre Strafbarkeit gegeben.

 

3.3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel, die mit irreführenden Angaben versehen sind, in Verkehr bringt. Nach § 5 Abs. 2 Z. 2 LMSVG gilt insbesondere die Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt, als zur Irreführung geeignet.

 

3.3.2. Diesbezüglich wird der Beschwerdeführerin in den entsprechenden Gutachten der AGES jeweils angelastet, dass die Produktbeschreibungen beim Konsumenten den Eindruck vermitteln, dass "Energetisierte Informations-Tropfen zur Stärkung des bioenergetischen Schutzfeldes", "Energetisierte Informations-Tropfen Power" und "Energetisierte Informations-Tropfen Angst und Panik" dazu geeignet wären, äußere Einflüsse wie Viren und Bakterien abzuwehren bzw. die eigenen Kräfte zu stärken bzw. bei Angst und Panik unterstützend zu wirken, obwohl auf Grund der jeweiligen Zusammensetzung dieser Produkte als bloße Alkohol-Wasser-Gemische derartige Effekte nach dem Stand der Wissenschaft in keiner Weise nachvollziehbar seien (siehe dazu schon oben, 3.1.2.).

 

In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführerin zwar zuzugestehen, dass die Verwendung des Wortes "kann" nicht einen mit Sicherheit eintretenden Effekt apostrophiert, sondern nur die Möglichkeit eines solchen andeutet; gerade in der bewussten und offensiven Darstellung des Aspektes, dass der Eintritt einer solchen Wirkung nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern offenbar durchaus zu erwarten ist, liegt jedoch dann eine Irreführung der Konsumenten, wenn aus wissenschaftlicher Sicht – und somit objektiv betrachtet – die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Kausalzusammenhanges gleich Null, also vollkommen ausgeschlossen ist. Dass die Gutachten der AGES insoweit, als sich diese auf den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft beziehen, unzutreffend sind, wurde aber von der Rechtsmittelwerberin gar nicht behauptet, geschweige denn, dass sie diesem Standpunkt auf gleicher fachlicher Ebene (d.h.: unter Vorlage entsprechender Gegengutachten) entgegen getreten wäre.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang anzulasten, dass sie als Gewerbetreibende dazu verpflichtet gewesen wäre, sich vor dem Inverkehrbringen der gegenständlichen Produkte (auch) über den Inhalt und die Bedeutung der Bestimmung des § 5 Abs. 2 Z. 2 LMSVG – allenfalls durch eine entsprechende Nachfrage bei der zuständigen Behörde – zu informieren; indem sie dies jedoch offensichtlich unterlassen hat, ist ihr zumindest Fahrlässigkeit und damit schuldhaftes Verhalten anzulasten.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher auch insoweit gegeben.

 

3.4. Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG kam im gegenständlichen Fall deshalb nicht in Betracht, weil die Rechtsmittelwerberin nicht bloß ein singuläres Delikt, sondern eine Vielzahl gleichartiger, sich jeweils auf unterschiedliche Produkte beziehender und damit insgesamt besehen auf auffallender Sorglosigkeit beruhender Übertretungen begangen hat, sodass deshalb letztlich nicht von einem bloß geringfügigen Verschulden gesprochen werden kann.

 

3.5. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde das ihr gemäß § 19 VStG zukommende Ermessen offenkundig dahin ausgeübt, dass sie – davon ausgehend, dass der Beschwerdeführerin jeweils pro beanstandetem Produkt zwei Übertretungen (nämlich des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV und des § 9 Abs. 2 LMKV in acht Fällen sowie des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV und des § 5 Abs. 2 Z. 2 LMSVG in drei Fällen) angelastet wurden – je Übertretung eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro, d.s. 0,5% des gesamten Strafausmaßes, verhängt hat; diese Methode kann nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates weder einzelfallspezifisch noch gesamthaft betrachtet als ein dem Sinn des Gesetzes widerstreitender Ermessensmissbrauch angesehen werden.

 

3.6. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Anlastung einer Übertretung des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV jedoch in allen elf Fällen als unzutreffend erwiesen hat (vgl. oben, 3.1.2.) – sodass bei den Spruchpunkten 1) bis 11) jeweils die lit. "a)" zu entfallen hatte und das Strafverfahren insoweit nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen war –, war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG darüber hinaus auch insoweit stattzugeben, als die verhängten Geldstrafen jeweils auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 5 Stunden herabzusetzen waren; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. 

 

3.7. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG bezüglich jedes Spruchpunktes auf jeweils 10 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war der Beschwerdeführerin hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

4.1. Nach § 71 Abs. 3 LMSVG ist der zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichteten Partei u.a. auch der Ersatz der Kosten an die AGES vorzuschreiben, wobei die Kosten der Untersuchung gemäß § 71 Abs. 4 i.V.m. § 66 LMSVG nach dem Gebührentarif zu berechnen sind.

 

Nach § 1 der Gebührentarifverordnung, BGBl.Nr. 189/1989 i.d.F. BGBl.Nr. 48/2010 (im Folgenden: GebTV), werden die Gebühren für die amtlichen Kontrolltätigkeiten der AGES in Punkten festgesetzt, wobei ein Punkt jeweils 1,50 Euro entspricht.

 

Gemäß § 2 Abs. 2 bis 4 GebTV sind für besonders aufwändige Untersuchungen pro Stunde 36 Punkte; für Begutachtungen, deren Ausarbeitung mehr als eine Stunde gedauert hat, für Gutachten ohne Untersuchungen, für gutachtliche Stellungnahmen und für Gutachten, die an Ort und Stelle erstattet werden, pro Stunde 110 Punkte; und für angefangene Stunden jeweils der anteilige Stundensatz zu verrechnen.

 

Nach Pkt. 101 der Anlage zur GebTV sind u.a. für die "Allgemeine Beschreibung von Proben" 25 Punkte anzusetzen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang den entsprechenden Kostenmitteilungen der AGES vom 18. August 2010 zu entnehmen, dass für die "Beschreibung von Lebensmitteln" jeweils 37,50 Euro und für die "Überprüfung der Kennzeichnungselemente" jeweils 82,50 Euro veranschlagt wurden.

 

Während der erstere Rechnungsposten offensichtlich als unter Pkt. 101 der Anlage zur GebTV fallend und damit als der Höhe nach zutreffend zu qualifizieren ist, käme man hinsichtlich des Letzteren nur dann auf den in der Kostenmitteilung angeführten Betrag, wenn man unter Heranziehung des § 2 Abs. 3 GebTV davon ausgeht, dass hier jeweils "Gutachten ohne Untersuchung" erstellt wurden und dieser Vorgang zudem stets genau eine halbe Stunde gedauert hat.

 

Dem gegenüber geht jedoch die Bestimmung des § 2 Abs. 4 GebTV dadurch, dass sie explizit festlegt, dass "für angefangene Stunden" (eben) nicht ein Pauschalbetrag, sondern nur "der anteilige Stundensatz zu verrechnen" ist, ersichtlich von einer zumindest minutengenauen Dokumentation der Untersuchungsdauer aus.

 

Eine solche fehlt jedoch in den vorliegenden Kostenmitteilungen, ganz abgesehen davon, dass mit diesen ihrer Textierung nach ohnehin nicht auf § 2 Abs. 3 GebTV Bezug genommen, sondern vielmehr ausdrücklich eine "Überprüfung der Kennzeichnungselemente" – und damit offenkundig bloß ein allgemeines Element der Probenbeschreibung im Sinne von Pkt. 101 der Anlage zur GebTV – in Rechnung gestellt wurde.

 

Mangels einer ansonsten im vorangeführten Sinn erforderlichen näheren Determinierung war daher insgesamt besehen davon auszugehen, dass auch für den zweiten Rechnungsposten lediglich 37,50 Euro hätten veranschlagt werden dürfen.

 

4.3. Da jedoch bereits zuvor festgestellt wurde, dass die Bestrafungen wegen der angelasteten Übertretung des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a LMKV jeweils zu Unrecht erfolgten (s.o., 3.1.2), kann der Rechtsmittelwerberin sohin gemäß § 73 Abs. 3 LMSVG auch der dementsprechende Rechnungsposten nicht mehr auferlegt werden, sodass aus diesen Gründen letztlich der im angefochtenen Straferkenntnis zugunsten der AGES vorgeschriebene Kostenersatz auf (11 x 37,50 Euro =) 412,50 Euro herabzusetzen war.

 

4.4. All dies berücksichtigend ermäßigt sich somit der von der Beschwerdeführerin zu leistende Gesamtbetrag von 3.740 Euro auf 1.622,50 Euro (Geldstrafen: [11 x 100 =] 1.100 Euro; Verfahrenskostenbeiträge: [11 x 10 =] 110 Euro; Kostenersätze zugunsten der AGES: [11 x 37,50 =] 412,50 Euro).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  G r o f


 

VwSen-240875/2/Gf/Bu vom 15. Februar 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz 1:

 

LMKV §4 Abs1 Z1

 

Eine bloß falsche Bezeichnung stellt keine fehlende Sachbezeichnung einer Ware iSd § 4 Abs 1 Z1 LMKV dar.

 

 

Rechtssatz 2:

 

LMKV §9 Abs2

 

§ 9 Abs 2 LMKV setzt bloß voraus, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen ist. Ob die Kennzeichnung der Ware mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum überhaupt erforderlich – oder nach § 7 Abs 1 Z 3 LMKV allenfalls entbehrlich – war, ist in diesem Zusammenhang dagegen unerheblich.

 

 

Rechtssatz 3:

 

LMSVG §5 Abs2 Z2

 

Eine irreführende Angabe iSd § 5 Abs 2 Z 2 LMSVG liegt auch dann vor, wenn die Wirkungen eines Produktes mit dem Wort "kann" beschrieben werden. Denn gerade in dem bewussten und offensiven Andeuten des Aspektes, dass der Eintritt solcher Effekte nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern offenbar durchaus zu erwarten sind, liegt dann eine Irreführung der Konsumenten, wenn nach dem Stand der Wissenschaft – und somit objektiv betrachtet – die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Kausalzusammenhanges gleich Null, also ausgeschlossen ist. Dass jedoch die Gutachten der AGES insoweit, als sich diese auf den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft beziehen, unzutreffend wären, wurde aber von der Rechtsmittelwerberin gar nicht behauptet, geschweige denn, dass sie den Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene (also unter Vorlage entsprechender Gegengutachten) entgegen getreten wäre.

 

 

Rechtssatz 4:

 

Gebührentarifverordnung §2

 

Wenn die AGES ohne nähere Erläuterung für die "Überprüfung der Kennzeichnungselemente" jeweils 82,50 Euro veranschlagt, käme man auf einen solchen Betrag nur dann, wenn man unter Heranziehung des § 2 Abs 3 Gebührentarifverordnung davon ausgeht, dass hier ein "Gutachten ohne Untersuchung" erstellt wurde und dieser Vorgang genau eine halbe Stunde gedauert hat. Demgegenüber geht jedoch die Bestimmung des § 2 Abs 4 Gebührentarifverordnung dadurch, dass sie explizit festlegt, dass "für angefangene Stunden" nicht ein Pauschalbetrag, sondern nur "der anteilige Stundensatz zu verrechnen" ist, ersichtlich von einer zumindest minutengenauen Dokumentation der Untersuchungsdauer aus. Da eine solche jedoch im gegenständlichen Fall fehlt, war insgesamt besehen davon auszugehen, dass auch für die "Überprüfung der Kennzeichnungselemente" gemäß Pkt 101 der Anlage zur Gebührentarifverordnung lediglich der Betrag von 37,50 Euro hätte veranschlagt werden dürfen.

 

 

Rechtssatz 5:

 

LMSVG §71 Abs3

 

Soweit sich ergibt, dass eine Bestrafung durch die belangte Behörde zu Unrecht erfolgte, ist auch der dementsprechende, gemäß § 71 Abs 3 LMSVG zugunsten der AGES erfolgte Kostenausspruch aufzuheben.

 

 

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