Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222464/17/Bm/Sta

Linz, 08.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn F B, vertreten durch Dr. A U, Mag. M R Rechtsanwälte GmbH, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft  B  vom 22.11.2010, Zl.: Ge96-41-2010, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8.9.2011  zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird hinsichtlich Schuld insofern Folge gegeben, als im Spruchpunkt 1.) die Wortfolge: "in der Garage" zu entfallen hat; im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift zu Spruchpunkt 1.) § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 idgF sowie zu Spruchpunkt 2.) § 366 Abs.1 Z1 iVm § 1 Abs. 4 und § 5 Gewerbeordnung 1994 idgF zu lauten hat.

II.                Der Berufungswerber hat hinsichtlich Spruchpunkt 2.) einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, zu leisten; zu Spruchpunkt 1.) entfällt ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64, 65  VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B.  vom 22.11.2010, Ge96-41-2010,  wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zwei Geldstrafen in der Höhe von je 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 18 Stunden wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994 und § 366 Abs.1 Z1 iVm § 5 GewO 1994 verhängt. Den Schuldsprüchen liegen folgende Tatvorwürfe zu Grunde:

 

"Sie haben im Standort B, S,

1. zumindest am 24.03.2010 im Wohnhaus und in der Garage eine größere Anzahl von Würgeschlangen in verschiedenen Terrarien zum Zwecke des Verkaufs von Jungtieren gezüchtet und somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben, wobei sich die Genehmigungspflicht für den Betrieb der Schlangenzucht daraus ergibt, dass dadurch das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn und der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes nach aufsuchen, gefährdet werden kann, und

 

2. zumindest am 06.05.2010 unter der Internetadresse 11 Stück Selbstgezüchtete Boa Constrictor gegen Entgelt an einen größeren Kreis von Personen angeboten und somit das Gewerbe "Züchten von Schlangen" ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seine anwaltliche Vertretung  innerhalb offener Frist  Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw weder eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben habe, noch selbst gezüchtete Schlangen angeboten habe, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Grundsätzlich sei festzuhalten, dass der Bw Schlangen ausschließlich als Hobby halte. Eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 GewO liege nicht vor. Nach ständiger Lehre und Rechtsprechung sei bei der Prüfung der Voraussetzungen die Grenze zwischen Gewinn- und Kostendeckungsabsicht auszuloten. Wie bereits im Verfahren angegeben und hervorgekommen, liege seitens des Bw lediglich Kostendeckungsabsicht, aber keine Gewinnabsicht vor. Mit allfälligen entgeltlichen Verkäufen von Schlangen würden nicht einmal die Betriebskosten gedeckt werden. Nach Hanusch, Kommentar zur Gewerbeordnung, liege eindeutig keine Gewinnabsicht vor, wenn jemand

a)      Leistungen unentgeltlich erbringe,

b)      als Entgelt für eine erbrachte Leistung nur den Ersatz der erwachsenen Betriebskosten fordere,

c)      Waren zum Selbstkostenpreis oder noch billiger verkaufe,

d)     Gegenstände verschenke.

Die Entgeltlichkeit bestimmter Tätigkeiten sei daher in der Regel noch kein ausreichender Hinweis dafür, ob auch eine Gewinnabsicht vorliege. Entgeltlichkeit alleine sei nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gleichzusetzen. Eine derartige Absicht sei auch dann nicht anzunehmen, wenn das Entgelt nur die entstehenden Unkosten (ganz oder teilweise) abdecken solle. Der Bw habe im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht im Strafverfahren entsprechendes, mit Beweisen belegtes Vorbringen der Behörde bekanntgegeben. Unter anderem habe er auch die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Gattin und seiner Kinder angeboten. Die Behörde sei darauf nicht eingegangen und habe hier keine Zeugenbeweise aufgenommen. Wäre das Verfahren diesbezüglich vollständig abgewickelt worden, wäre hervorgekommen, dass eine gewerbliche Tätigkeit nicht vorliege. Wenn eine gewerbliche Tätigkeit nicht vorliege, sei aber auch nicht zu verlangen, dass eine Gewerbeberechtigung vorliege.

Zudem habe die Behörde im Straferkenntnis nur mehr vorgeworfen, dass am 6.5.2010 unter einer bestimmten Internetadresse 11 Stück selbstgezüchtete Boa Constrictor gegen Entgelt an einen größeren Kreis von Personen angeboten worden seien. Dies sei insofern unrichtig, als lediglich davon die Rede sei, dass 11 derartige Tiere abzugeben seien, und zwar mit einem Geburtsdatum 9.4.2010, also knapp 4 Wochen alte Tiere. Ein Preis sei nicht verlangt worden. Dass im Text der Internetseite sich die Passage finde "Preis: auf Anfrage" heiße nicht, dass eine entgeltliche Abgabe grundsätzlich verlangt worden sei. Es wäre bei Tieren dieses Alters auch mit besonderen Einnahmen nicht zu rechnen. Erst wenn Tiere deutlich älter und größer seien, könne damit gerechnet werden, dass der eine oder andere Interessent dafür zu zahlen bereit sei. Die Abdeckung der Haltungs-, Fütterungs- und Tierarztkosten usw. sei mit diesen Preisen aber nicht möglich. Ein Verstoß im Sinne des Punktes 2. des Straferkenntnisses liege daher nicht vor. Es liege aber auch kein Verstoß im Sinne des Punktes 1. des Straferkenntnisses vor, da es sich bei den verwendeten Terrarien um keine genehmigungspflichtige Betriebsanlage handle. Die Behörde behaupte ohne jeglichen diesbezüglichen Anhaltspunkt im Akt, dass es immer wieder vorkomme, dass Schlangen aus den Terrarien des Bw auskommen würden. Es seien noch niemals Schlangen aus den Terrarien entwichen. Die gegenständlichen Terrarien, die im Übrigen von der Behörde im Rahmen der Überprüfung der artgerechten Haltung positiv befundet worden seien, würden auch nicht unter die Z1 bis 5 des § 74 Abs.2 GewO fallen. Zum einen würden in der Garage des Objektes B keine Schlangen in Terrarien gehalten. Die Terrarien seien sämtliche im Wohnhaus aufgestellt, in der Garage wäre mangels Heizung die Terrarienhaltung unmöglich. Nachbarn oder Kunden würden die Terrarien bzw. die diesbezüglichen Räumlichkeiten nicht aufsuchen. Der Bw sei kein Gewerbetreibender. Selbst wenn man seine und seiner Familie Sicherheit seitens der Gewerbebehörde schützen wollte, wäre das durch eine Genehmigungspflicht der Terrarien nicht gewährleistet. Der Bw und seine Familie hätten regelmäßig selbst die Schlangen aus den Terrarien herauszuheben, um sie zu pflegen und zu betreuen. Die Terrarien würden im Wesentlichen nur dazu dienen, den Tieren ein den Bedürfnissen angepasstes Klima zu verschaffen bzw. eine Lebensumgebung, die ihren natürlichen Bedürfnissen nahe komme. Die Terrarien würden damit nicht dem Schutz der Menschen oder der Hintanhaltung einer Gefährdung der Menschen dienen, sondern dem Wohl der Tiere. Menschen würden auch nicht auf dem Beuteschema dieser Tiere stehen, selbst wenn es sich um große Exemplare handle, vielmehr handle es sich um Schlangen, die sich äußerstenfalls von Kleintieren ernähren.

 

Es liege sohin weder ein Verstoß nach § 366 Abs.1 iVm § 74 Abs.2 GewO, noch ein solcher nach § 366 Abs.1 iVm § 5 Gewerbeordnung vor, sodass beantragt werde, das Straferkenntnis zu beheben und keine Verwaltungsstrafe zu verhängen.

 

Hilfsweise werde beantragt, eine mündliche Strafverhandlung an Ort und Stelle in B abzuführen und dabei auch die angebotenen Beweise, wie Einvernahme der Zeugen C B, A B und J B, aufzunehmen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft B  hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8.9.2011. An der mündlichen Verhandlung haben der Bw und sein anwaltlicher Vertreter teilgenommen, ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft hat sich entschuldigt. Als Zeugen einvernommen wurden Frau C B, Herrn J B, Frau A B sowie Herr H Z.

 

 

 

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Bw hält und züchtet seit 2009 in seinem Wohnhaus in B, S, Würgeschlangen. Die Terrarien befinden sich ausschließlich im Wohngebäude.

Bis Ende 2010 wurden vom Bw ca. 45 Schlangen gehalten.

Der finanzielle Aufwand für die Haltung der Reptilien wurde vom Bw mit 150 Euro monatlich für Stromkosten und ca. 100 bis 150 Euro für Futterkosten bzw. Tierarztkosten beziffert.

Die aus der Züchtung stammenden Schlangen wurden sowohl in Reptiliengeschäften gegen weitere Schlangen und Zubehör ausgetauscht als auch gegen Entgelt an Privatpersonen verkauft; der Verkaufspreis der Schlangen betrug zwischen 100 und 150 Euro. Unter anderem wurde vom Bw an den Zeugen Z eine Königspython um 100 Euro und 2 Rotschwanzboas um je 150 Euro  verkauft. Der erste Kontakt mit dem Zeugen erfolgte über ein Inserat unter Vom Bw wurde ausgesagt, dass er im Tierfachgeschäft beispielsweise für ein Erwachsenenpärchen Boa ca. 200 Euro bezahlt hat.

Am 6.5.2010 wurden unter der Internetadresse 11 Stück selbstgezüchtete Boa Constricta angeboten. In der Anzeige wurde angeführt: "Preis: auf Anfrage".

 

Der hier entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus den Aussagen des Bw und der einvernommenen Zeugen.

Vom Bw wurde grundsätzlich nicht bestritten (und wird dies auch von der Zeugin C B bestätigt), dass er an Privatpersonen Schlangen aus seiner Zucht verkauft bzw. in Reptiliengeschäften seine gezüchteten Schlangen gegen andere Schlangen oder gegen Zubehör tauscht.

Vom Zeugen Z wurde unter Wahrheitspflicht angegeben, dass er vom Bw eine Königspython gekauft hat, für die er ca. 100 Euro bezahlt hat. Des Weiteren wurden von ihm noch Rotschwanzboas zum Preis von je 150 Euro gekauft.

 

Der Bw hat zwar den Verkauf von Schlangen an Herrn Z in Abrede gestellt, doch besteht für den Oö. Verwaltungssenat kein Grund an der Aussage des Zeugen zu zweifeln. Der Zeuge stand bei seiner Aussage unter Wahrheitspflicht und ist auch kein Grund für eine wahrheitswidrige Aussage zu erkennen, stand doch der Zeuge nach eigenen Aussagen zum Bw in einem Freundschaftsverhältnis.

Von sämtlichen Zeugen wurde in Übereinstimmung mit dem Bw ausgesagt, dass die Schlangen im Wohnhaus und nicht in der Garage gehalten werden.

 

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder in Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

 

Nach Abs.3 dieser Bestimmung liegt Selbstständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

 

Nach Abs.4 dieser Bestimmung gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibung wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

Gemäß § 74 Abs.1 leg.cit. ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtliche gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit

Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Nach § 366 Abs.1 Z2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

5.2. Dem Bw wird unter Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, am Standort B, S, eine größere Anzahl von Würgeschlangen in Terrarien zum Zweck des Verkaufs von Jungtieren gezüchtet und damit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben zu haben.

 

Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 ist, dass eine gewerbliche Betriebsanlage vorliegt.

§ 74 Abs.1 GewO 1994 definiert den Begriff der gewerblichen Betriebsanlage, wonach darunter jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen ist, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Die Annahme einer gewerblichen Betriebsanlage setzt weiters die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit in Bezug auf eine örtlich gebundene Einrichtung voraus.

Der Begriff der gewerblichen Tätigkeit ist iSd § 1 Abs.2 zu interpretieren. Demnach ist das Vorliegen der drei Begriffsmerkmale Selbstständigkeit, Regelmäßigkeit und Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, maßgeblich.

Ausgehend von der Bedeutung der Selbstständigkeit, nämlich dass ein Wirtschaftstreibender wirtschaftlich notwendige Entscheidungen (überwiegend) auf Grund eigenen freien Willensentschlusses zu treffen berechtigt ist und auch regelmäßig für die wirtschaftlichen Folgen seiner Entscheidung einsteht, ist vorliegend das Merkmal der Selbstständigkeit jedenfalls gegeben.

Ebenso gibt es keinen Zweifel, dass die Tätigkeit mit Nachhaltigkeit und somit regelmäßig betrieben wurde. Dies wird vom Bw auch nicht bestritten.

Der Bw bringt allerdings vor, dass es an der nach § 1 Abs.2 GewO 1994 erforderlichen Ertragsabsicht fehlt, da ja mit der Tätigkeit lediglich die mit der Zucht entstehenden Unkosten gedeckt werden sollten.

Hiezu ist auszuführen, dass dem Bw zwar insofern gefolgt werden kann, als Entgeltlichkeit alleine nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gleichzusetzen ist und Gewinnerzielungsabsicht auch dann nicht anzunehmen ist, wenn durch das Entgelt nur die entstehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen. Allerdings indiziert die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit den äußeren Anschein der Gewinnerzielungsabsicht, sodass es Sache des Beschuldigten ist, in einem Verwaltungsstrafverfahren im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht durch ein entsprechendes, mit Beweisen belegtes Vorbringen die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotz Entgeltlichkeit darzutun (vgl. VwGH vom 5.11.1991, 91/04/0150).

Ein derartiges durch entsprechendes Beweisanbot untermauertes und konkretisiertes Vorbringen wurde vom Bw nicht erstattet.

Vom Bw wurde in der mündlichen Verhandlung zwar angegeben, dass die Kosten der Schlangenhaltung- und –züchtung im Monat in etwa 150 Euro an Stromkosten sowie 100 bis 150 Euro an Futterkosten betragen, konkretes Beweismaterial als Nachweis für dieses Vorbringen wurde jedoch nicht vorgelegt.

Vielmehr ist in freier Beweiswürdigung die Nichtvorlage von konkreten Beweismitteln auch in Verbindung mit der Aussage des Bw über handelsübliche Preise zu sehen, die sich in ähnlicher Höhe bewegen, wie die vom Bw festgelegten Preise (was im Übrigen auch durch eine vom Oö. Verwaltungssenat eingeholte Auskunft eines Tierfachgeschäftes bestätigt wurde), weshalb durchaus von einer Überdeckung der Unkosten ausgegangen werden kann. Dies auch im Hinblick auf die doch große Anzahl der vom Bw im Tatzeitraum gehaltenen Schlangen.

Vorliegend ist somit von einer gewerblichen Betriebsanlage (die örtliche Gebundenheit ist zweifelsfrei gegeben) auszugehen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, begründet die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, die in den Z1 bis 5 des § 74 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen, die Genehmigungspflicht.

Hingegen ist die Frage, ob von der konkreten Betriebsanlage solche Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen im konkreten Einzelfall tatsächlich ausgehen, im Genehmigungsverfahren zu prüfen und je nach dem Ergebnis dieser Prüfung – allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen – die Genehmigung nach § 77 GewO 1994 zu erteilen oder zu versagen (ua. VwGH 20.12.1994, 94/04/0162, 8.11.2000, 2000/04/0157).

Die Genehmigungspflicht ist immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen nicht auszuschließen sind. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068).

Das Halten und Züchten von Würgeschlangen stellt zweifellos eine Maßnahme dar, welche die durch § 74 Abs.2 Z1 bis 5 leg.cit. geschützten Interessen gefährden könnte. Insbesondere ist durch so eine Tätigkeit eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Gewerbetreibenden sowie der im gegenständlichen Fall auch mittätigen Familienangehörigen etwa beim Füttern der Tiere oder beim Reinigen der Terrarien nicht auszuschließen. Auch ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch die Möglichkeit der Gefährdung von Kunden gegeben.

 

Da wie oben ausgeführt bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage Gefährdungen, Belästigungen usw. herbeizuführen, die Genehmigungspflicht begründet, ist vorliegend von einer solchen gewerblichen Betriebsanlage auszugehen.

Dass hiefür eine behördliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt, ist unbestritten. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen, Belästigungen usw. bestehen, wird im Genehmigungsverfahren zu prüfen sein.

 

Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach Spruchpunkt 1. ist daher als gegeben zu erachten. Im Grunde des Beweisverfahrens war allerdings der Vorwurf auf das Züchten von Würgeschlangen im Wohnhaus einzuschränken.

Die Vornahme eines Lokalaugenscheines konnte entfallen, da das Halten und Züchten von Schlangen im angegebenen Standort vom Bw nicht bestritten wird.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt es am Beschuldigten, darzutun, dass alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Ein solcher Entlastungsbeweis wurde vom Bw nicht geführt, weshalb der Bw die Verwaltungsübertretung auch subjektiv zu verantworten hat und zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen ist.

 

5.4. Zu Spruchpunkt 2.:

Vom Bw wird nicht bestritten, dass jedenfalls am 6.5.2010 unter der Internetadresse 11 Stück selbstgezüchtete Boa Constrictas angeboten wurden. Fest steht auch, dass eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Züchten von Schlangen" nicht vorliegt.

Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit ist erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter dem Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (VwGH 2.6.1999, 98/04/0051).

 

Das gegenständliche Inserat ist jedenfalls geeignet, um den darin aufscheinenden Wortlaut einem nicht eingeschränkten Kreis von Personen bekannt zu machen. Die Internetadresse ist für jedermann zugänglich. Dem Inserat kommt auch die Eignung zu, bei dem unbeschränkten Kreis von Personen den Eindruck zu erwecken, dass die unter dem Wortlaut der Ankündigung fallende Tätigkeit gewerblich entfaltet wird.

Enthält doch das Inserat die Angabe "Preis: auf Anfrage". Dadurch entsteht der Eindruck, dass die angeführten Schlangen gegen Entgelt abgegeben werden. Dahingestellt bleiben kann, ob die Anführung "Preis: auf Anfrage" – wie vom Bw vorgebracht – nur deshalb erfolgt ist, da ansonsten keine Anzeige in diesem Internetforum aufgegeben werden kann, da es auf den objektiven Wortlaut und nicht auf die Absicht des Anbietenden ankommt. Anzuführen ist aber, dass nach Aussage des Zeugen Z eine erste Kontaktaufnahme mit dem Bw über ein Inserat in diesem Internetforum erfolgte, dem auch ein Ankauf einer Schlange folgte.

Klar ist gegenständlich auch, wer der Ankündigende ist, enthält das Inserat auch Name und Telefonnummer des Bw.

 

Das Anbieten ist nach der oben genannten Bestimmung des § 1 Abs.4 letzter Satz GewO 1994 der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten, das heißt, es gilt als Gewerbeausübung.

Der Bw hat sohin den ihm unter Spruchpunkt 2. zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 VStG ist dem Bw nicht gelungen.

 

6. Hinsichtlich der Strafbemessung zu Spruchpunkt 1. und 2. hat die belangte Behörde auf die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen.

 

Bei der Bemessung der Geldstrafen wurden die von der Behörde geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt. Als erschwerend wurde gewertet, dass der Verkauf der Schlangen schon seit längerer Zeit betrieben wurde. Milderungsgründe wurden keine gesehen.

 

Für den Oö. Verwaltungssenat ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebraucht gemacht hat.

Zu berücksichtigen ist auch der Unrechtsgehalt der Taten. Nach dem Schutzzweck der oben angeführten Normen soll eine geordnete Gewerbeausübung garantiert werden. Eben diese geschützten Interessen hat der Beschuldigte über einen längeren Zeitraum durch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen verletzt.

Darüber hinaus befinden sich die verhängten Geldstrafen in der Höhe von je 200 Euro im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens von 3.600 Euro, sodass die Strafe als nicht überhöht anzusehen ist, auch nicht unter Berücksichtigung, dass das Halten der Tiere ausschließlich im Wohnhaus erfolgt.

 

Die verhängten Geldstrafen sind daher tat- und schuldangemessen, weshalb auch die verhängten Geldstrafen zu bestätigen waren.

 

7. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Zu Spruchpunkt 1.) war kein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren vorzuschreiben, da der Tatvorwurf eingeschränkt wurde und somit der Berufung im Sinne des § 65 VstG teilweise Folge gegeben wurde ( siehe VwGH 4.2.1993, 93/18/0028).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

 

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