Linz, 07.02.2012
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau M P, U, S M, vom 15. Juli 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 7. Juli 2011, VerkR96-4170-2011, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Februar 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch und hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 200 Euro herabgesetzt wird.
II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 20 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG
zu II.: §§ 64f VStG
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 250 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil die P GmbH als Zulassungsbesitzerin des Lkw, Ford, x, mit Schreiben der BH Wels-Land vom 16. Mai 2011 aufgefordert worden sei, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 22. April 2011 um 11.31 Uhr in Weißkirchen/T. auf der A25 Welser Autobahn bei km 6.9 gelenkt bzw abgestellt habe. Sie habe als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß §9 VStG nach außen berufendes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt worden sei. Sie habe auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Sie wäre als Verantwortliche der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.
Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 25 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Februar 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit von Herrn A P, Gatte und Vertreter der Bw – auf seine Zeugeneinvernahme wurde verzichtet – durchgeführt; die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe schon im Einspruch dargelegt, dass sie die verlangte Auskunft mit Schreiben vom 24. Mai 2011 auch fristgerecht erteilt habe, nur sei sie halt nicht zur Zufriedenheit der Behörde ausgefallen. Die Behauptung, sie hätte keine Auskunft erteilt, sei daher keine Grundlage für eine Bestrafung. Nicht berücksichtigt sei auch, dass sie nur 880 Euro verdiene und für 2 Kinder sorgepflichtig sei. Es sei unrichtig, dass sie keine Begründung für ihre Auskunft geliefert habe, sie müsse das auch nicht machen. Beantragt wird die Einstellung des Straferkenntnisses und die Einvernahme von A P (Fuhrparkleiter) beantragt.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Vertreter der Bw gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt wurden.
Grundlage für das Ersuchen um Lenkerauskunft war die Anzeige der LVA Oö, wonach am 22. April 2011, 11.31 Uhr, auf der A25 bei km 6.9 in Fahrtrichtung Wels der Nachfahrabstand des auf die P GmbH zugelassenen Lkw x zu seinem Vorderfahrzeug bei einer Geschwindigkeit von (nach Abzug) 105 km/h mit (nach Toleranzen) 8 m, dh 0,31 Sekunden, gemessen wurde.
Daraufhin erging seitens der Erstinstanz als Tatortbehörde die Aufforderung zur Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 an die P GmbH als Zulassungsbesitzerin des Lkw.
Im Schreiben der Gmbh, gezeichnet "A P", vom 24. Mai 2011 wurde ausgeführt, dass "es nach langen Nachforschungen leider nicht mehr möglich" sei, "dazu einen Namen oder die verursachende Person bekanntzugeben. Wir bedauern dies sehr und bitten dies zur Kenntnis zu nehmen."
Die Bw ist im Firmenbuch als handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH eingetragen. Sie war daher als nach außen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG der GmbH für diese als Zulassungsbesitzerin zur Lenkerauskunft verpflichtet. Die Bw hat im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 6. Juni 2011 erklärt, die Auskunft sei erteilt worden, wenn auch nicht so, wie von der Behörde gewünscht. Im übrigen hat sie unter Vorlage des Gehaltszettels die Strafhöhe kritisiert.
In der mündlichen Verhandlung hat ihr Ehegatte erklärt, er leite de facto den Fuhrpark, aber es gebe keine schriftliche Vereinbarung darüber. Genauso wenig gebe es Fahrtenbücher oder Aufzeichnungen, wer mit einem Firmenfahrzeug gefahren sei, sodass die Auskunft nicht erteilt werden habe können.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH 18.11.1992, 91/03/0294 ua).
Die im Namen der GmbH erteilte "Auskunft", der Lenker vom 22. April 2011, 11.31 Uhr, könne nicht mehr festgestellt werden, ist keine Lenkerauskunft, weil für die Erstinstanz ohnehin keine Frage dahingehend bestanden hat, ob der Lkw gelenkt wurde, sondern konkret, wer der Lenker am 22. April 2011 um 11.31 Uhr war. Diese Auskunft hätte die Bw fristgerecht, dh innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Ersuchens um Lenkerauskunft vom 16. Mai 2011, erteilen müssen. Die Bw hat keinerlei Auskunft erteilt und damit den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VSG nicht gelungen ist – sie hätte, wenn sie ohne Aufzeichnungen die verlangte Lenkerauskunft nicht erteilen kann, diese Aufzeichnungen führen bzw firmenintern die Führung veranlassen müssen – ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.
Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtene Straferkenntnisses – zutreffend – die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw bereits berücksichtigt und keine erschwerenden Umstände zu finden vermocht. Ebenso berücksichtigt wurde das von der Bw nachgewiesene Einkommen von 880 Euro netto. In der Berufung wurde außerdem auf Sorgepflichten für zwei Kinder hingewiesen.
Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Herabsetzung der Geldstrafe unter Hinweis auf die finanziellen Verhältnisse der Bw gerechtfertigt. Bei der Ersatzfreiheitsstrafe sind die finanziellen Verhältnisse nicht relevant. Die nunmehr verhängte Strafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, liegt im untersten Bereich des gesetzliche Strafrahmens und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
keine Lenkerauskunft