Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166520/9/Zo/Rei

Linz, 08.02.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn E F, geb. x, St. M vom 02.12.2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 16.11.2011, Zl. VerkR96-1958-2011, wegen zwei Übertretungen der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 31. Jänner 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis  bestätigt. In Punkt 2. des Straferkenntnisses entfallen die Worte "und gefährdet".

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 19,60 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 06.05.2011 um 08.50 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen x in W auf der

B 127

 

 1. bei km 14,600 ein Fahrzeug überholt habe, wodurch andere Straßenbenützer

      behindert wurden;

 2. seinen PKW jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges

     überraschend abgebremst hatte, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht

     erfordert hätte, wodurch andere Straßenbenützer behindert und gefährdet

     wurden.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1. eine Verwaltungsübertretung gemäß   § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 und zu 2. eine Übertretung des § 21 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 58 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 27 Stunden) zu 1. bzw. von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 19 Stunden) zu 2. verhängt wurden.

 

Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von   9,80  Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er den LKW sicher überholt habe. Er habe in alle Spiegel geschaut und sich vergewissert, dass kein PKW im toten Winkel sei. Er habe einen 1er BMW mit großem Abstand hinter sich gesehen, daraufhin habe er geblinkt und den Überholvorgang begonnen. Als er das nächste Mal in den Rückspiegel schaute, sei der 1er BMW schon sehr dicht hinter ihm gewesen und habe mit der Lichthupe geblinkt. Der Lenker dieses Fahrzeuges habe sich offenbar nicht selber vergewissert, ob Gegenverkehr kommt, sondern habe sich auf das vor ihm überholende Fahrzeug verlassen. Aufgrund der Lichthupe sei er sehr nervös geworden, habe aber nicht die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Hätte er seine Geschwindigkeit während des Überholvorganges reduziert, so wäre ihm der BMW wohl hinten aufgefahren. Er habe versucht, den Überholvorgang zu beschleunigen, was aber aufgrund der Motorleistung seines Fahrzeuges nicht möglich gewesen sei.

 

Nach dem Abschluss des Überholvorganges sei er wieder nach rechts zurückgefahren und ca. 100 km/h gefahren. Der BMW habe ihn mit einem riesigen Geschwindigkeitsüberschuss überholt. Er habe seinen PKW sicherlich nicht von 100 km/h auf 60 km/h abgebremst, derartiges mache kein "normaler" Autofahrer. Er sei durch das Verhalten des Anzeigers behindert worden. Er sei dem Fahrer des BMW zum "Hofer" nachgefahren und habe diesen darauf angesprochen, dass er seinem Alter entsprechend fahren sollte und nicht überholen solle, wenn er den Gegenverkehr nicht sieht.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 31.01.2012. An dieser haben der Berufungswerber sowie der Zeuge U V teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Angezeigte fuhr zur Vorfallszeit mit dem PKW seines Bruders auf der B 127 in Richtung Linz. Im Bereich des langen geraden Straßenstückes bei km 14,600 entschloss er sich dazu, den vor ihm fahrenden LKW zu überholen. Der Zeuge V fuhr ebenfalls auf der B 127 in Richtung Linz und wollte gleichfalls diesen LKW überholen.

 

Den weiteren Vorgang schildert der Berufungswerber wie folgt:

Er habe in beide Spiegel und auch über die Schulter geblickt und dabei das Fahrzeug des Anzeigers noch weit hinten gesehen. Deshalb habe er den Überholvorgang begonnen und erst während des Überholvorganges habe er im Rückspiegel gesehen, dass dieser BMW plötzlich ganz knapp hinter ihm gewesen sei. Der Lenker des PKW habe die Lichthupe betätigt und ihn dazu genötigt, schneller zu fahren. Er vermute, dass dieser BMW sehr rasch beschleunigt haben müsse. Nach dem Überholen des LKW habe er wieder auf den rechten Fahrstreifen gewechselt, der BMW habe sich hinter ihm ebenfalls eingeordnet und nochmals die Lichthupe betätigt. Daran anschließend habe er ihn überholt. Durch das knappe Auffahren des BMW und das Betätigen der Lichthupe habe er sich bei seinem Überholvorgang behindert gefühlt. Er habe sein Fahrzeug nach dem Wiedereinordnen nicht abgebremst, dennoch habe der BMW-Fahrer nochmals die Lichthupe betätigt. Über dieses Verhalten habe er sich geärgert und sei dem BMW deshalb auf den "Hofer-Parkplatz" gefolgt. Dort habe er ihn dahingehend angesprochen, dass er seinem Alter entsprechend fahren solle. Damit habe er gemeint, dass er nicht wie ein Fahranfänger fahren und keine riskanten Überholmanöver durchführen solle. Er habe den BMW-Lenker nicht als "alter Mann" oder in sonstiger Weise beschimpft.

 

Der Zeuge V führte zum Vorfall an, dass sie bereits vom sogenannten Saurüssel kommend in einer Fahrzeugkolonne hinter einem LKW nachgefahren seien. Die Geschwindigkeit habe ca. 60 km/h betragen und er selbst sei das zweite oder dritte Fahrzeug in der Kolonne gewesen. Er habe dann auf der geraden Straßenstrecke den LKW überholen wollen und hatte bereits den Überholvorgang begonnen und auf den linken Fahrstreifen gewechselt sowie sein Fahrzeug beschleunigt, als plötzlich der Berufungswerber vor ihm ebenfalls auf die linke Fahrspur gefahren sei. Er habe deshalb seine Geschwindigkeit verringern müssen.

 

Beide Fahrzeuge hätten dann den LKW überholt und sich hintereinander direkt vor dem LKW eingeordnet. Unmittelbar nach diesem Einordnen habe der Angezeigte sein Fahrzeug stark abgebremst, er vermutet von ca. 100 km/h auf ca. 60 km/h. Daraufhin hat er nochmals die Lichthupe betätigt. Er hat sich dann entschlossen, den Angezeigten zu überholen, um nicht durch mögliche weitere ähnliche Fahrmanöver nochmals behindert zu werden. In weiterer Folge sei er links zum Parkplatz der Fa. Hofer abgebogen. Der Angezeigte sei ihm gefolgt und habe ihn auf dem Parkplatz beschimpft.

 

4.2. Zu diesen völlig unterschiedlichen Angaben betreffend den gegenständlichen Vorfall ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

Grundsätzlich sind beide Varianten denkbar, wobei jedoch aufgrund des bekannt starken Verkehrsaufkommens auf der B 127 es eher wahrscheinlich ist, dass sich hinter dem LKW nach dem Befahren des sogenannten Saurüssels bereits eine Kolonne gebildet hatte. Dennoch ist es aber auch möglich, dass dies im Konkreten nicht der Fall war und der Zeuge tatsächlich noch weit hinter dem PKW des Berufungswerbers war, als sich dieser zum Überholvorgang entschlossen hatte.

 

Es ist daher das sonstige Verhalten sowohl des Zeugen als auch des Berufungswerbers während des Vorfalles und der persönliche Eindruck bei der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen. Dabei machte der Zeuge insgesamt einen besonnen und sachlicheren Eindruck als der Berufungswerber. Es ist auch objektiv nicht verständlich, warum sich der Berufungswerber durch das von hinten herankommende Fahrzeug beim Überholen behindert fühlte, auch wenn dieser die Lichthupe betätigt hatte. Es ist zwar verständlich, dass er sich über die Lichthupe geärgert hat und sich aufgrund des hinter ihm fahrenden Zeugen veranlasst gefühlt hatte, seinen PKW während des Überholvorganges weiter zu beschleunigen, das kann aber nicht erklären, inwiefern er dadurch behindert wurde.

 

Es ist auch objektiv nicht nachvollziehbar, weshalb er dem Zeugen auf den Parkplatz der Fa. Hofer nachgefahren ist, um diesem seine Meinung zu sagen. Das Fahrverhalten des Zeugen – wenn es so war, wie es der Berufungswerbers geschildert hat – mag zwar ärgerlich gewesen sein, es war aber keineswegs außergewöhnlich und auch nicht gefährlich. Auch die Verwendung des Wortes "Alter" im Streitgespräch auf dem "Hofer-Parkplatz" ist nur schwer erklärbar. Wenn dieses tatsächlich nicht als Schimpfwort gemeint war, sondern der Berufungswerber tatsächlich nur ausdrücken wollte, dass der noch nicht einmal fünfzigjährige Zeuge nicht wie ein Fahranfänger fahren solle, so erscheint es sehr ungewöhnlich, dass er in der damals offenbar bestehenden emotional aufgewühlten Situation die Worte "dem Alter entsprechend" und nicht Begriffe wie "Fahranfänger" oder Ähnliches verwendet hätte.

 

Das Verhalten des Zeugen und dessen Schilderung des Vorfalles ist hingegen schlüssig und gut nachvollziehbar. Die Angaben des Berufungswerbers sind daher insgesamt wesentlich weniger glaubwürdig als jene des Zeugen, wobei auch noch zu berücksichtigen ist, dass der Zeuge V im Falle einer falschen Aussage mit strafrechtlichen Konsequenzen hätte rechnen müssen.

 

Unter Abwägung aller dieser Umstände erscheint ausreichend bewiesen, dass sich der Vorfall tatsächlich so ereignet hat, wie ihn der Zeuge V geschildert hat.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Gemäß § 21 Abs.1 StVO darf der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass es die Verkehrssicherheit erfordert.

 

5.2. Aus den bereits oben dargestellten Überlegungen zur Beweiswürdigung ergibt sich, dass der Berufungswerber seinen Überholvorgang einleitete, als der hinter ihm fahrende PKW zum Überholen bereits auf den linken Fahrstreifen gewechselt und sein Fahrzeug beschleunigt hatte und nur noch ganz knapp hinter ihm war. Durch den Fahrstreifenwechsel des Berufungswerbers im Zuge des Überholvorganges musste der Zeuge seine Geschwindigkeit verringern und wurde dadurch behindert. Der Berufungswerber hat also bei seinem Überholvorgang einen anderen Verkehrsteilnehmer behindert und damit die ihm in Punkt 1. vorgeworfene Übertretung begangen.

 

Er hat in weiterer Folge sein Fahrzeug von ca. 100 km/h auf ca. 60 km/h abgebremst, ohne dass dies die Verkehrslage erfordert hätte und dadurch den hinter ihm fahrenden Zeugen ebenfalls zum Abbremsen genötigt und dadurch behindert. Er hat damit auch die ihm in Punkt 2. vorgeworfene Übertretung begangen.

 

Bzgl. der ersten Übertretung ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, offenbar hat er den hinter ihm bereits überholenden Zeugen übersehen oder den Abstand zu diesem Fahrzeug völlig falsch eingeschätzt. Bzgl. der zweiten Übertretung ist jedoch von vorsätzlichem Verhalten auszugehen, weil ein bloß irrtümliches (also fahrlässiges) Abbremsen seines Fahrzeuges nicht angenommen werden kann.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für beide Übertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 jeweils 726 Euro. Die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen bewegen sich daher ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens. Beide Übertretungen haben zwar keine konkreten negativen Folgen nach sich gezogen, können jedoch immer wieder zu gefährlichen Situationen führen, weshalb der Unrechtsgehalt dieser Übertretungen beträchtlich ist.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Die Erstinstanz hat diesen zwar nicht berücksichtigt, dennoch kommt eine Herabsetzung der ohnedies milden Geldstrafen sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht. Die verhängte Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, welcher über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 800 bis 900 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügt.

 

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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