Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166612/9/Kof/Rei

Linz, 16.02.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau B W, geb. x, H, L vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. A M, J, L gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 20. Dezember 2011, VerkR96-2943-2011 wegen Übertretung des § 5 Abs.5 und § 5 Abs.9 StVO, nach der am 10. Februar 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.  Die Berufungswerberin hat zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat 20% der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 99 Abs.1 lit.b StVO, in der zur Tatzeit (= 07.09.2011) geltenden Fassung,

   BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2011

§ 64 Abs.2 VStG

 

 

Die Berufungswerberin hat somit insgesamt zu bezahlen:

-               Geldstrafe ...................................................................... 1.600 Euro

-               Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz: ................................. 160 Euro

-                  Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz: ............................... 320 Euro

                                                                                                                        2.080 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ......................................... 336 Stunden.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über die nunmehrige Berufungswerberin (Bw) das in
der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

"Sie lenkten am 07.09.2011, vor 15:35 Uhr, den PKW, Kennzeichen x, im Gemeindegebiet von L. auf der H zur Liegenschaft H Nr. ... Obgleich vermutet werden konnte, dass Sie sich beim Lenken des Fahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befanden, weigerten Sie sich am 07.09.2011 bis 15:35 Uhr in M. auf der Polizeiinspektion M., gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zur Feststellung des Grades der Suchtgiftbeeinträchtigung vorführen zu lassen, obwohl Sie von diesem Organ dazu aufgefordert wurden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs.5 und § 5 Abs.9 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird  über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                falls diese uneinbringlich ist,                                      gemäß §

    Euro                            Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1600                            336 Stunden                                 99 Abs.1 lit.b StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

160 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d. s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe/Kosten) beträgt daher  1.760 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 22. Dezember 2011 – hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 05. Jänner 2012 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

§ 5 Abs.1 StVO lautet auszugsweise:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen.

Bei einem Alkohol der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als vom Alkohol beeinträchtigt.

 

§ 5 Abs.3 StVO lautet auszugsweise:

Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

 

Gemäß § 5 Abs.1 StVO ist das Lenken/die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges sowohl in einem durch Alkohol, als auch in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand verboten.

 

Entscheidungswesentlicher Unterschied ist:

·     Betreffend "Alkohol" existiert ein Grenzwert und ein Messgerät,

    welches die Beeinträchtigung misst.

·     Betreffend "Suchtgift" existiert weder ein Grenzwert, noch ein Messgerät.

 

Schematischer Ablauf einer Untersuchung, ob bzw. dass der/die Lenker(in) iSd
§ 5 Abs.1 StVO sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet:

 

1.  Verdacht des amtshandelnden Polizeibeamten, der/die Lenker(in) befindet sich  

     in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand (§ 5 Abs.5 iVm Abs.9 StVO).

     Dies erfolgt mittels einer "Checkliste", welche der Polizeibeamte auszufüllen hat.

2.     Aufforderung, sich von einem in § 5 Abs.5 StVO genannten Arzt untersuchen zu lassen. –

     Falls bei dieser Untersuchung der Verdacht sich bestätigt:

3.     Aufforderung zur Blutabnahme (§ 5 Abs.10 StVO).

 

Entscheidungswesentlich ist im vorliegenden Fall einzig und allein, ob zur Tatzeit die Bw

·   auf der PI M. von einem Polizeibeamten zur Vorführung zu einem in § 5 Abs.5 StVO genannten Arzt zwecks Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung aufgefordert wurde und

·   diese Aufforderung verweigert hat.

 

Am 10. Februar 2012 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher die Bw, deren Rechtsvertreter, der amtshandelnde Polizeibeamte Abt. Insp. MK, PI M. sowie Herr HK (= Freund der Bw) teilgenommen haben.

 

Anmerkung:   Im Folgenden wird der Name der Bw durch die Wendung "Bw"

                     – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

 

 

" Stellungnahme der Bw:

Am Mittwoch, dem 07. September 2011 um ca. 15.00 Uhr fuhr ich mit dem

– auf meinen Freund, Herrn HK zugelassenen – PKW von Linz nach L.

Mein Freund saß auf dem Beifahrersitz.

Ca. 2 km vor L. stand rechts ein Streifenwagen der Polizei, an welchem ich vorbeifuhr.

Vor mir fuhr ein Fahrschulauto.

Die Polizeibeamten sind mir bis zum Parkplatz vor meiner Wohnung nachgefahren.

Mein Freund und ich sind ausgestiegen.

Auch die beiden Polizeibeamten (ein Mann und eine Frau) sind ausgestiegen.

Ich wurde aufgefordert, den Führerschein und den Zulassungsschein vorzuweisen.

Dieser Aufforderung bin ich nachgekommen, allerdings nach Ansicht der beiden Polizeibeamten war ich "zu langsam".

Ich wurde daher "angewiesen", etwas schneller zu sein.

Ich wurde aufgefordert zu einer Alkohol- und zu einer Drogenkontrolle.

Ich habe ersucht, dies schnell abzuwickeln, da ich einerseits die eingekauften

Sachen in die Wohnung tragen wollte und andererseits auch noch Termine hatte.

 

Betreffend die Alkohol- und Drogenkontrolle wurde ich aufgefordert,

zur PI M. mitzukommen.

Ich bin dieser Anweisung nachgekommen und mit dem Streifenwagen

mitgefahren zur PI M.

Mein Freund HK ist zur PI M. nicht mitgefahren.

 

Auf der PI M. habe ich zuerst einen Alkotest vorgenommen.

Das Ergebnis war 0,00 mg/l.

 

Nach dem Alkotest wurde ich ersucht, eine Urinprobe abzugeben.

Ich habe geantwortet, ich möchte zu einem Arzt betreffend Blutabnahme und nicht eine Urinprobe auf der Polizeiinspektion abgeben.

 

Daraufhin wurde ich ausgelacht und bekam zumindest sinngemäß zur Antwort: "Wir sind Ihr Amtsarzt". Daraufhin wurde mir von den Polizeibeamten gesagt: "Sie verweigern also – wissen Sie welche Konsequenzen dies hat?"

 

Daraufhin wurde mir vom Polizeibeamten gesagt:

"Den Führerschein behalte ich jetzt" und ich wurde wiederum ausgelacht.

 

Die gesamte Amtshandlung auf der PI M. hat geschätzt ca. 1 Stunde gedauert.

Ich habe auch mehrfach mit meinem Rechtsanwalt, Dr. AM sowie Herrn Mag. JA (Anmerkung: Mitarbeiter des Herrn RA Dr. AM) sowie mit meinem Freund H. K.

(dieser befand sich zu dieser Zeit in unserer Wohnung) telefoniert.

 

Auf der Polizeiinspektion habe ich ausdrücklich verlangt,

einem Amtsarzt vorgeführt zu werden.

Dies wurde mir von den amtshandelnden Polizeibeamten verweigert.

 

Stellungnahme des Rechtsvertreters der Bw:

Vor Ort wurde kein Suchtgifttest durchgeführt.  Dies gilt als Schikane!

Ich (gemeint: die Bw) habe selbst verlangt, einem Amtsarzt vorgeführt

zu werden.  Dies wurde mir verweigert.

 

Stellungnahme der Berufungswerberin:

Zwei Tage nach dem Vorfall, somit am Freitag, dem 09. September 2011 fuhr ich mit dem Bus zur BH Perg und verlangte eine amtsärztliche Untersuchung.

Der Amtsarzt war allerdings nicht anwesend.

Ich ersuchte daher die Bediensteten der Sanitätsabteilung, einen Suchtgifttest durchführen zu können.

Mir wurde gesagt, dies sei derzeit nicht möglich.

Ich müsse auf eine Ladung der BH Perg warten.

 

Daraufhin habe ich am 27. September 2011 im Labor R. eine Harnprobe abgegeben.

Das Ergebnis ist im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthalten.

Ich betone nochmals, dass ich zur amtsärztlichen Untersuchung nicht aufgefordert wurde!

Im Gegenteil, ich habe eine derartige amtsärztliche Untersuchung verlangt und mir wurde diese verweigert.

 

Auch wurde mir der Führerschein – trotz meinem Verlangen –

vom amtshandelnden Polizeibeamten nicht wieder ausgefolgt.

Mir wurde einzig und allein ein "Becher vorgehalten" mit der Aufforderung,

eine Urinprobe abzugeben.

 

Zeugenaussage des Herrn Abt.Insp. MK, PI M.:

Am Mittwoch, dem 07. September 2011 hatte ich gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Rev.Insp. KW Dienst.

Wir waren in L.

Wir haben die Bw auf dem Parkplatz vor ihrem Wohnhaus in L. einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen.

Dieses Fahrzeug – Zulassungsbesitzer ist ihr Lebensgefährte Herr HK – war uns zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt.

Ich hatte betreffend dieses Fahrzeug bereits ca. 1 – 2 Monate zuvor eine

Amtshandlung.

Bei der Lenkerkontrolle wurden bei der Bw Symptome einer

Beeinträchtigung festgestellt.

Dadurch erfolgte die Aufforderung zum Alkotest.

Wir fuhren mit der Bw zur Dienststelle,

da wir im Streifenwagen keinen Alkomat mitführten.

Dort wurde der Alkotest durchgeführt, Ergebnis: 0,00 mg/l.

 

Da Symptome festgestellt wurden, welche auf eine Beeinträchtigung haben schließen lassen, wurde die Bw von mir zu einer klinischen Untersuchung aufgefordert.

Sowohl meine Kollegin als auch ich haben der Bw mehrfach erklärt, dass sie zur Vornahme dieser klinischen Untersuchung verpflichtet ist.

Ansonsten wäre dies eine Verweigerung.

Die Bw hat dennoch die Durchführung dieser klinischen Untersuchung verweigert.

 

Wir haben der Bw auch die Möglichkeit eingeräumt, eine Urinprobe bei uns auf der Dienststelle abzugeben, um das Verfahren zu verkürzen.

Aber auch dies hat die Bw verweigert.

Die Bw hat auf der Dienststelle mehrfach telefoniert,

angeblich mit ihrem Rechtsanwalt.

Angeblich hat der Rechtsanwalt ihr geraten, sie müsse nichts machen und die klinische Untersuchung nicht vornehmen lassen.

 

Die Bw wurde von uns nicht mehr zu ihrem Wohnort zurückgebracht, insbesondere deshalb, da sie meine Kollegin angeblich beleidigt hat

(Diese angebliche Beleidigung habe ich allerdings nicht selbst gehört).

 

Aufgrund der Verweigerung der klinischen Untersuchung habe ich der Bw auf der PI M. den Führerschein abgenommen.

Den Führerschein hatte ich bereits seit Beginn der Amtshandlung vor dem Wohnort der Bw in Händen. Die formelle Abnahme habe ich erst nach der Verweigerung der klinischen Untersuchung auf der PI M. ausgesprochen.

 

Über Befragen des Rechtsvertreters der Bw gebe ich an:

Das von der Bw gelenkte Fahrzeug kam uns beim Streifendienst
entgegen. Wir sind ihr dadurch nachgefahren bis zu ihrem Wohnort und haben dort die Lenker- und Fahrzeugkontrolle vorgenommen.

 

Ich habe der Bw den Becher nicht hingehalten um eine Harnprobe
abzugeben; möglicherweise hat dies meine Kollegin vorgenommen.

 

Üblicherweise wird dies nur von Mann zu Mann oder Frau zu Frau durchgeführt.

 

Dass meine Kollegin, Frau RI KW, der Bw den Becher "hingehalten hat",

halte ich für sehr gut möglich.

 

An die von der Berufungswerberin behauptete Aussage:

"Ich bin Ihr Arzt/Amtsarzt" kann ich mich nicht erinnern.

Dies ist auch keineswegs meine Ausdrucksweise.

Betreffend den Becher ist es möglich, dass ich diesen zurückgestellt habe,

ich kann mich jedoch nicht konkret daran erinnern.

 

Die Bw hat niemals ersucht zu einem Amtsarzt gebracht zu werden.

Im Gegenteil, ich habe sie mehrfach aufgefordert zur amtsärztlichen Untersuchung, diese wurde von ihr mehrfach verweigert.

 

Welcher Amtsarzt konkret Dienst hatte zu diesem Zeitpunkt 

(Freitag-Nachmittag; richtig wohl: Mittwoch-Nachmittag) wusste ich nicht.

Diesen hätten wir erst eruieren müssen.

Es ist jedoch aufgrund der Verweigerung der Bw nicht mehr dazu gekommen.

 

Nach Beendigung der Amtshandlung habe ich die Bw ca. dreimal

aufgefordert, die Polizeiinspektion zu verlassen.

Erst nach der letzten dieser Aufforderungen hat die Bw die PI M. verlassen.

 

Ende der Zeugenaussage des Herrn Abt.Insp. MK.

 

Zeugenaussage des Herrn HK.:

Ich wurde über das Recht belehrt, mich der Aussage zu entschlagen,

da ich der Freund der Bw bin.

Ich werde dennoch aussagen.

 

Die Bw und ich fuhren mit dem auf mich zugelassenen PKW von Linz nach L.

Die Bw war Lenkerin, ich saß auf dem Beifahrersitz.

Nach dem Abbiegen von der B 3, ca. 2 km vor L., fuhren wir einem Fahrschulauto nach.

Ungefähr ab dieser Abbiegung ist uns auch die Polizei nachgefahren.

Wir fuhren zum Parkplatz vor der Wohnung der Bw.

Die Polizei fuhr ebenfalls zu diesem Parkplatz.

Sowohl wir als auch die amtshandelnden Polizeibeamten sind ausgestiegen.

Ein Polizeibeamter hat die Bw aufgefordert zur Alkohol- und Drogenkontrolle.

Da sie keinen Alkomaten mitgeführt haben, wurde die Bw aufgefordert zur

PI M. mitzufahren. Sie ist mitgefahren, ich blieb hier.

Ich habe unseren Rechtsanwalt angerufen und ihm mitgeteilt, was soeben passiert ist.

 

Ich war mit der Bw während jener Zeit, wo sie sich auf der PI M. aufgehalten hat, laufend in telefonischer Verbindung, ebenso unser Rechtsanwalt.

Ich habe durch diese Telefonate erfahren können, dass der Atemluftalkoholgehalt 0,00 mg/l ergeben hat und dass die Bw aufgefordert wurde zur

Drogenuntersuchung und zwar konkret sollte sie in einen Becher urinieren.

Die Bw hat mir am Telefon auch gesagt, sie habe bei der Polizei verlangt zu einem Amtsarzt gebracht zu werden, dies sei Ihr jedoch von den Polizisten
verweigert worden mit der Begründung:

"Sie (= die Polizisten) seien der Amtsarzt".

 

Ich habe über das Telefonat auch mitbekommen, die Polizisten hätten gesagt, meine Freundin, die Bw, habe den Amtsarzt "verweigert".

Soweit ich "mitbekommen" habe wurde von den Polizeibeamten gesagt,

die Bw habe die Vorführung zum Amtsarzt verweigert.

 

Weiters wurde sie mehrfach aufgefordert, die PI M. zu verlassen,

ansonsten werde sie gewaltsam aus der PI entfernt.

Der Polizeibeamte sagte sinngemäß, er habe noch nie eine Frau aus der

PI "hinausgeworfen", sie werde die erste sein.

 

Ich nahm mein Fahrrad sowie die Inline-Skates meiner Freundin und

fuhr zur PI M. um sie abzuholen.

Da ich selbst keinen Führerschein besitze war es mir nicht möglich,

mit dem auf mich zugelassenen PKW zu fahren.

 

Sämtliche Wahrnehmungen auf der PI M. habe ich nur über telefonische Mitteilungen erfahren bzw. registriert.

Ich selbst war auf der PI M. im Zeitpunkt der Amtshandlung nicht anwesend.

 

Eine Aufforderung der Polizeibeamten an die Bw - zur amtsärztlichen Untersuchung - habe ich nicht gehört. Ich habe nur erfahren, dass die Bw selbst die Vorführung zum Amtsarzt verlangt hat – dies wurde ihr jedoch verweigert.

Ich habe auch am Telefon mitgehört, dass die Bw zu den Polizeibeamten gesagt hat: "In diesen Becher uriniere ich nicht, ich verlange zu einem Amtsarzt gebracht zu werden".

 

Die Stimmen der Polizeibeamten habe ich nur im Hintergrund gehört, da ich eben dies nur über das Telefon mitgehört habe und nicht in der PI M. anwesend war.

Ob diese Aussagen von einem Mann oder einer Frau getätigt wurden, kann ich somit heute nicht mehr angeben.

 

Ende der Zeugenaussage des Herrn HK.

 

Mit Zustimmung der Berufungswerberin sowie deren Rechtsvertreter wird die Zeugenaussage der Frau Rev.Insp. KW, PI M. bei der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 17. Oktober 2011, GZ: VerkR96-2943-2011 und VerkR21-192-2011 verlesen:

 

"Wir sahen die Bw das Kraftfahrzeug zu ihrer Wohnadresse lenken.

Wir fuhren ihr dorthin nach und unterzogen sie einer Lenker- und Fahrzeug-kontrolle.

Dabei machte sie einen eigenartigen Eindruck, wie in durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigtem Zustand.

Wir forderten sie daher auf zum Posten M. zur Testung mitzukommen.

Der Alkotest ergab einen Wert von 0,00 mg/l Atemluft weshalb sie aufgefordert wurde, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorführen zu lassen.

Um den Aufwand zu verringern wurde ihr angeboten,

Harn zur Suchtgiftuntersuchung abzugeben.

Es wurden jedoch bei (richtig wohl: beide) Möglichkeiten verweigert.

Auf die Folgen ihrer Verweigerung wurde sie noch mehrmals aufmerksam gemacht."

 

 

Schlussäußerung der Bw sowie ihres Rechtsvertreters:

Ich verweise auf meine bisherigen Vorbringen insbesondere auf die Berufungen vom 09.01.2012 bzw. 05.01.2012 sowie auf meine heutigen Vorbringen.

 

Beantragt wird, den Berufungen stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sowie den Bescheid betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung aufzuheben.

 

Auf eine Verkündungstagsatzung wird ausdrücklich verzichtet.

Ich bin einverstanden, dass die Entscheidungen schriftlich ergehen.

 

Feststellung des Verhandlungsleiters:

Die Entscheidungen werden am heutigen Tag nicht verkündet.

Die Entscheidungen ergehen schriftlich."

 

Die Zeugenaussage der R.I. K.W. bei der Bezirkshauptmannschaft Perg vom
17. Oktober wurde – mit Zustimmung der Bw sowie ihres Rechtsvertreters  – bei der mVh verlesen;

VwGH vom 29.05.2006, 2004/09/0146; vom 15.09.2004, 2002/09/0115.

 

 

Die Durchführung einer Verkündungstagsatzung sowie die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde nicht durchgeführt, da die – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw darauf ausdrücklich verzichtet hat;

VwGH vom 26.01.2010, 2009/02/0220; vom 25.03.2009, 2008/03/0090;

          vom 20.04.2004, 2003/02/0270 mit Vorjudikatur.

 

Alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises. Die Behörde hat alle beweisbedürftigen Tatsachen
von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.

Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.

Dies bedeutet, dass sich die Behörde Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorganges) verschaffen - somit also davon überzeugen - muss.

  

Die Behörde hat

- nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)

- unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens    nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht  und

- den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren innerem Wahrheitsgehalt
zu beurteilen;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG  (Seite 460ff) sowie

Leeb - Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren in Holoubek-Lang: Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens, Seite 343 - 348;  jeweils mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.   

 

Wesentlich ist, ob

VwGH vom 26.06.2009, 2008/02/0044;  vom 15.05.2009, 2008/09/0088 uva.

 

Die Beweiswürdigung ist ein "Denkprozess nach den Gesetzen der Logik"
bzw. wird auf

die "allgemeinen Denkgesetze der Logik" sowie die "Lebenserfahrung" verwiesen;

VwGH vom 27.04.1972, GZ: 0171/72;  vom 21.12.1994, 94/03/0256.

 

Ein Vorgang tatsächlicher Art ist dann als bewiesen anzusehen, wenn die
Behörde aufgrund einer - aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln
(hier: Zeugenaussagen) nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens - gezogenen Schlussfolgerung zur Überzeugung gelangt, dass er sich so abgespielt hat;

VwGH vom 26.05.1993, 90/13/0155; vom 06.12.1990, 90/16/0031.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte hat bei der mVh einen glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen und in keinem Stadium der Einvernahme den Anschein erweckt, die Bw in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen;

VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247.

 

Entscheidungswesentlich ist – wie bereits dargelegt – einzig und allein ob die Bw vom Polizeibeamten aufgefordert wurde, sich einem Arzt vorführen zu lassen und diese Aufforderung verweigert hat.

 

Die Bw hat selbst in der mVh (Tonbandprotokoll, Seite 1) ausgeführt:

"Ich wurde aufgefordert zu einer Alkohol- und zu einer Drogenkontrolle.

Betreffend die Alkohol- und Drogenkontrolle wurde ich aufgefordert,

zur PI M. mitzukommen."

 

Der Zeuge, HK (= Freund der Bw) hat ebenfalls ausgesagt:

"Ein Polizeibeamter hat die Bw aufgefordert zur Alkohol- und Drogenkontrolle."

Dies hat der Zeuge HK persönlich – am Parkplatz vor der Wohnung der Bw – wahrgenommen.

 

Bei der Amtshandlung auf der PI Mauthausen war der Zeuge HK nicht anwesend, dieser ist somit allenfalls ein Zeuge vom „Hörensagen" und konnte somit keine zweckdienlichen Angaben machen.

 

Sowohl der Zeuge, Herr Abt.Insp. MK.,

als auch die zweite amtshandelnde Polizeibeamtin, Frau Rev.Insp. KW

– deren Zeugenaussage bei der Bezirkshauptmannschaft Perg wurde bei der mVh mit Zustimmung der Bw sowie deren Rechtsvertreter bei verlesen –

haben übereinstimmend ausgesagt, dass der Bw (sogar mehrfach) angeboten wurde, eine Harnprobe abzugeben, um das Verfahren zu verkürzen.

Da die Bw dies abgelehnt hat (eine derartige Ablehnung ist rechtlich zulässig; VwGH v. 26.01.2001, 2000/02/0146) wurde sie gemäß § 5 Abs.5 iVm Abs.9 StVO  aufgefordert, sich betreffend Suchtgiftuntersuchung einem in § 5 Abs.5 leg.cit. genannten Arzt vorführen zu lassen.

 

Dass bei der Bw entsprechende Symptome, welche den Verdacht einer Suchtgiftbeeinträchtigung ergaben vorlagen, wurde von der Bw in der mVh nicht bestritten.

 

Die amtshandelnden Polizeibeamten haben

-     bereits bei der Anhaltung die Bw (= vor deren Wohnung)

    zu einer Alkohol- und Drogenkontrolle aufgefordert

-     die Bw zwecks Alkohol- und Drogenkontrolle zur PI M. mitgenommen

-     auf der PI M. die – bereits erwähnte – „Checkliste“ ausfüllt

-     der Bw angeboten, eine Harnabgabe vorzunehmen,

     um das Verfahren zu verkürzen

-     der Bw den Führerschein abgenommen

 

Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und entbehrt jedweder Logik,
dass die amtshandelnden Polizeibeamten zwar alle diese „Verfahrensschritte“ durchführen, jedoch – wie von der Bw behauptet –

die Bw nicht zur Vorführung zu einem Amtsarzt auffordern und

sogar deren Verlangen nach einer amtsärztlichen Untersuchung ablehnen!

 

Der Bw wurde bei der Amtshandlung der Führerschein abgenommen.

Die Bw hat mehrfach vorgebracht, dass sie nicht zur amtsärztlichen Untersuchung aufgefordert wurde und diese somit nicht verweigert hat.

Im Gegenteil: Sie habe selbst die Vorführung zum Amtsarzt verlangt und sei ihr

                     dies von den amtshandelnden Polizeibeamten verweigert worden.

Würden diese Angaben der Bw tatsächlich zutreffen, dann wäre die Abnahme des Führerscheines rechtswidrig (gewesen).

Die Bw hat

·     während der Amtshandlung mehrfach mit ihrem Rechtsanwalt telefoniert, jedoch

·     trotz intensivem Kontakt mit ihrem Rechtsanwalt gegen diese Führerschein-abnahme keine Maßnahmenbeschwerde iSd § 67a Abs.1 Z2 AVG erhoben.

 

Unterlässt die von einem Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer (Maßnahmen-)Beschwerde gegen diesen Akt beim UVS, dann ist rechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zur Maßnahmenbeschwerde Befugten nicht in dessen subjektiv-öffentliche Rechte rechtswidrig eingegriffen hat;

VwGH vom 24.02.2004, 2002/05/0658.

 

Sowohl die Bw, als auch deren Rechtsvertreter haben somit die vom amtshandelnden Polizeibeamten MK vorgenommene vorläufige Abnahme des Führerscheines (§ 39 Abs.1 FSG) nicht als rechtswidrig erachtet!

 

 

Für den UVS steht dadurch fest, dass

·         die Bw von den amtshandelnden Polizeibeamten (Abt. Insp. MK sowie seine Kollegin Frau RI KW, beide PI M.) iSd § 5 Abs.5 und § 5 Abs.9 StVO aufgefordert wurde, sich einem Amtsarzt zwecks Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung vorführen zu lassen und

·         die Bw diese Aufforderung verweigert hat.

siehe dazu auch VwGH vom 25.07.2003, 2002/02/0257.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Wer sich bei Vorliegen der in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich vorführen zu lassen, begeht gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Verwaltungs-übertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.600 Euro bis 5.900 Euro – im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen - zu bestrafen.

 

Die belangte Behörde hat sowohl betreffend die Geldstrafe, als auch die Ersatzfreiheitsstrafe das gesetzliche Mindestmaß verhängt.

 

Die Berufung war somit auch betreffend das Strafausmaß abzuweisen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag I. Instanz 10 % und

für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Geldstrafe.

 

Es war daher

·         die Berufung als unbegründet abzuweisen,

·         das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen und

·         spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

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