Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523079/2/Kof/Rei

Linz, 14.02.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn F W,
geb. x,  J, W, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J P, S, M gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Jänner 2012, VerkR21-688-2011 wegen Entziehung der Lenkberechtigung; Lenkverbot; Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen; Anordnung einer Nachschulung; Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 26 Abs.2 Z1 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und
7 Abs.2 FSG, in der zur Tatzeit (= 06.11.2011) geltenden Fassung,

BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

(= FSG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 61/2011)

§§ 30 Abs.1, 32 Abs.1 Z1 und 24 Abs.3 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

 

 

 

-         die Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F für die Dauer von

     sechs Monaten – vom 06.11.2011 bis einschließlich 06.05.2012 – entzogen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invaliden-KFZ verboten

-         verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

·            sich einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen

·            sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen

·          ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner  

      gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 31. Jänner 2012 erhoben und insbesondere vorgebracht,
betreffend die von einem deutschen Polizeibeamten vorgenommene Blutabnahme bestehe in Österreich ein verfassungsgesetzliches Beweismittel- und Beweisverwertungsverbot.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw lenkte am Sonntag, dem 06. November 2011 um 01.55 Uhr einen –
auf ihn zugelassenen – dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf
einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in Kirchdorf am Inn, Bundesrepublik Deutschland.

 

Anlässlich einer Verkehrskontrolle – bedingt durch ein verkehrsauffälliges Fahrverhalten des Bw – hat der Bw einen Alkovortest vorgenommen, welcher einen Atemluftalkoholgehalt von 0,94 mg/l ergeben hat.

Daraufhin wurde beim Bw um 02.16 Uhr im Krankenhaus S am Inn eine Blutabnahme durchgeführt.

Die Blutalkoholuntersuchung ergab einen Blutalkoholgehalt von 2,19 ‰.

Bei dieser Amtshandlung wurde dem Bw der Führerschein vorläufig abgenommen.

 

Dieser Sachverhalt wurde vom Bw im gesamten Verfahren nicht bestritten.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 FSG angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung (§ 25 Abs.3 FSG).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 iVm)
§ 99 Abs.1 StVO  begangen hat.

 

Handelt es sich bei den in § 7 Abs.3 FSG angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße, die im Ausland begangen wurden, so sind diese gemäß
§ 7 Abs.2 leg.cit. nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108 uva.

 

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;

VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Nach der österreichischen Rechtslage hat der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO begangen.

 

Entscheidungswesentlich ist einzig und allein, ob diese Blutabnahme einschließlich Auswertung des Blutalkoholgehaltes nach österreichischer Rechtslage verwertbar ist oder nicht.

 

Der Bw bringt in der Berufung vor,

·         er habe dieser Blutabnahme – im Sinne der österreichischen Verfassungsbestimmung nach § 5 Abs.6 StVO – nicht zugestimmt und

·         nach der österreichischen Rechtslage sei die Verwertung des abgenommenen Blutes als Beweismittel nur und ausschließlich dann zulässig, wenn zur Abnahme ausdrücklich die Zustimmung erteilt wurde.

          vgl. auch VwGH vom 15.05.1981, 2524/79 –

          zitiert in Pürstl, StVO, 13. Auflage, E 451 zu § 5 StVO (Seite 212).

 

§ 5 Abs.6 StVO – Verfassungsbestimmung lautet:

An Personen, die gemäß § 5 Abs.4a StVO zu einem Arzt gebracht werden,
ist eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen;   die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte, Herr M.A. der PI Simbach am Inn hat mit Schreiben (E-Mail) an den Sachbearbeiter der belangten Behörde ausgeführt, dass der Bw mit der Blutabnahme einverstanden gewesen sei. Eine richterliche bzw. staatsanwaltschaftliche Anordnung sei in diesem Fall nicht erforderlich gewesen.

 

Auf Grund dieses E-Mail sowie den Vorbringen des Bw steht fest, dass

·         der Bw im Zeitpunkt der Blutabnahme nicht bewusstlos war und

·         die Blutabnahme nicht „gewaltsam“ bzw.

      nicht unter Anwendung von Körperkraft durchgeführt wurde

 

Nach der österreichischen Rechtslage ist dies iSd § 7 Abs.2 FSG wie folgt
zu beurteilen:

 

Falls – wie vom amtshandelnden Polizeibeamten im E-Mail behauptet und vom Bw ausdrücklich bestritten – der Bw tatsächlich mit der Blutabnahme einverstanden war, handelt es sich bei der Auswertung um ein zulässiges Beweismittel;

VwGH vom 09.10.2007, 2007/02/0176.

In diesem Fall liegt – wie bereits erläutert – eine Verwaltungsübertretung nach
§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO vor.

 

Falls der Bw jedoch – wie in der Berufung ausführlich argumentiert – die Zustimmung zur Blutabnahme nicht iSd § 5 Abs.6 StVO erteilt hat, würde eine Verweigerung der Blutabnahme und damit eine Verwaltungsübertretung nach
§ 5 Abs.6 iVm § 99 Abs.1 lit.c StVO vorliegen.

 

Der Bw hat somit in jedem Fall

·     eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 StVO begangen und dadurch

·     eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht.

 

Diesbezüglich wird auf den – in Instanzenzug ergangenen Bescheid des UVS vom 27.11.2006, VwSen-521455/5 verwiesen. – Der nunmehrige Rechtsvertreter des Bw war auch Rechtsvertreter des damaligen Bw.

 

Der in diesem UVS-Bescheid angeführte Bw hat ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland ein "Alkoholdelikt im Straßenverkehr" begangen und es wurde eine zwangsweise Blutabnahme durchgeführt.

 

Mit diesem zitierten UVS-Bescheid wurde dem/der Bw

·     die Lenkberechtigung entzogen und

·     ua verpflichtet, eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren, ein amtsärztliches Gutachten und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.

 

Betreffend die vom dortigen Bw erhobenen Beschwerden

-    hat der VfGH mit Beschluss vom 23.01.2007, B 2157/06-4 dem Antrag,
der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Folge gegeben

-     sowie mit Beschluss vom 25.09.2007, B 2157/06-6 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt  und

-     der VwGH mit Beschluss vom 02.03.2010, Zl. 2007/11/0229 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

 

Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt nach § 99 Abs.1 StVO begangen, so ist dem/der Betreffende(n) gemäß §§ 26 Abs.2 Z1, 30 Abs.1, 32 Abs.1 Z1 und 24 Abs.3 FSG (hier: jeweils iVm § 7 Abs.2 FSG)

-     die Lenkberechtigung auf die Dauer von sechs Monaten zu entziehen

-     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht abzuerkennen, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

-   für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motor-fahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invaliden-KFZ zu verbieten

-     zu verpflichten, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

·            eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren

·            eine verkehrspsychologische Untersuchung zu absolvieren

·            ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

VwGH  vom 6.7.2004, 2004/11/0046;  vom 23.3.2004, 2004/11/0008; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 13.8.2003, 2003/11/0145; vom 24.6.2003, 2003/11/0142; vom 13.8.2003, 2003/11/0134; vom 13.8.2003, 2003/11/0133.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 18,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VfGH vom 22. November 2012, Zl.: B 268/12-3

 

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