Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523069/2/Sch/Eg

Linz, 08.02.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn L. H., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 12. Jänner 2012, Zl. VerkR21-741-2011/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 12. Jänner 2012, Zl. VerkR21-741-2011/BR, die Herrn L. H., geb. x, von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 25.2.2011 und GZ. 11/067205, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, gemäß §§ 3 Abs. 1 Z. 2, 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 Z. 1, 7 Abs. 2, 24 Abs. 1 Z. 1, 25 Abs. 1 und Abs. 3, 26 Abs. 2 Z. 4 FSG 1997 entzogen.

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich gemäß §§ 32 Abs. 1 Z. 1, 3 Z. 2, 7 Z. 1 und Abs. 3 Z. 1, 7 Abs. 2, 24 Abs. 1 Z. 1, 25 Abs. 1 und Abs. 3, 26 Abs. 2 Z. 4 FSG 1997 verboten.

Gleichzeitig wurde gemäß §§ 26 Abs. 2 Z. 4, 29 Abs. 4, 25 Abs. 1 und 3 FSG 1997 ausgesprochen, dass ihm für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Darüber hinaus wurde der Bw nach §§ 24 Abs. 3 und 26 Abs. 2 FSG 1997 aufgefordert, sich auf seine Kosten innerhalb offener Entziehungsdauer bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen. Die Dauer der Entziehung ihrer Lenkberechtigung und des Lenkverbotes endet nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein ist, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde bzw. der für ihn zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern. Als Rechtsgrundlage wurde § 29 Abs. 3 FSG genannt.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 FSG wurde ausgesprochen, dass der Mopedausweis für die Dauer des ausgesprochenen Mopedfahrverbotes, sofern er nicht bereits vorläufig abgenommen wurde, unverzüglich bei der Behörde bzw. bei der für ihn zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der angefochtene Bescheid fußt auf der Tatsache, dass der Berufungswerber vom Amtsgericht Passau mit Strafbefehl vom 12. Oktober 2011 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe von 1350 Euro belegt wurde. Auch wurde ihm für die Dauer von neun Monaten das Recht aberkannt, von der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Der Berufungswerber war als Lenker eines Kraftfahrzeuges in der Gemeinde Untergriesbach am 14. August 2011 alkoholbeeinträchtigt betreten worden. Die Auswertung der Blutabnahme hatte einen Wert von 1,24 %° ergeben. Mit Mitteilung der Staatsanwaltschaft Passau vom 14. November 2011, eingelangt bei der Erstbehörde am 17. November 2011, ist die Erstbehörde über diesen Vorgang informiert worden.

 

Nach der einschlägigen österreichischen Rechtslage hat der Berufungswerber somit ein Delikt nach § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, das gemäß § 26 Abs. 2 Z. 4 FSG die Entziehung der Lenkberechtigung für die Mindestdauer von 4 Monaten zur Folge hat.

 

Mit Schreiben vom 2. Jänner 2012 wurde der Berufungswerber in Kenntnis gesetzt, dass ein Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung eingeleitet wurde. Begründend wurde auf die einschlägige Rechtslage gemäß §§ 7 Abs. 2 und 26 Abs. 2 Z. 4 FSG verwiesen, die inhaltlich kursorisch angeführt wurden.

 

Der in der Folge rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber hat im Verfahren eine Stellungnahme abgegeben, schlussendlich wurde von der Erstbehörde der nunmehr verfahrensgegenständliche Bescheid, datiert mit 12. Jänner 2012, erlassen.

 

Wie schon im erstbehördlichen Verfahren bringt der Rechtsmittelwerber auch in der Berufung vor, dass er zwischen dem Vorfall und der Erlassung des Bescheides, also über einen Zeitraum von etwa fünf Monaten, seine Verkehrszuverlässigkeit lange bewiesen habe. Auch vermeint der Berufungswerber, dass die Vorgangsweise der Erstbehörde, nämlich die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten zu entziehen, obwohl er sich seit der Tat schon etwa fünf Monate wohlverhalten hatte, einer neuerlichen Bestrafung – nachdem er ohnedies schon vom Amtsgericht Passau belangt worden war – gleichkomme.

 

Die Berufung enthält zudem den ausdrücklichen Antrag, dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit gegenständlichen Problematik schon in mehreren Erkenntnissen auseinandergesetzt. Besonders ausführlich ausgefallen ist jenes vom 23. März 2004, GZ. 2004/11/0008. Dort führt der Gerichtshof aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden die in § 26 FSG umschriebenen Sonderfälle der Entziehung der Lenkberechtigung insofern eine Ausnahme von § 24 Abs. 1 und § 25 FSG, als die Wertung (im Sinn des § 7 Abs. 4 FSG) jener bestimmten Tatsachen, in Ansehung derer im Gesetz selbst die Entziehungsdauer mit einem fixen Zeitraum normiert ist, zu entfallen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0227). Diese Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf diejenigen in § 26 FSG geregelten Fälle übertragen, in denen beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmals eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde und sich die Behörde mit der in § 26 Abs. 2 FSG genannten Mindestdauer begnügt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/11/0075).

Unter Zugrundelegung dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergäbe sich im Beschwerdefall, dass die Voraussetzungen für eine Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Mindestdauer von vier Monaten nach § 26 Abs. 2 FSG vorlagen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat freilich, ausgehend von der Überlegung, dass eine Entziehung ohne Wertung der zu Grunde liegenden bestimmten Tatsache für eine dem Gesetz selbst fixierte verhältnismäßig kurze Zeit in möglichst großer zeitlicher Nähe zu der bestimmten Tatsache erfolgen soll, der seit der Tat verstrichenen Zeit und dem Verhalten während dieser Zeit dennoch Bedeutung beigemessen, als es nicht anginge, die Entziehung für eine verhältnismäßig geringfügige pauschale Dauer auch noch lange Zeit nach der Begehung des entsprechenden Delikts bei anschließendem Wohlverhalten zu verfügen, zumal zu diesem Zeitpunkt von einer aktuellen Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person nicht mehr gesprochen werden kann. Zum Fall des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass ein solches Delikt die Entziehung der Lenkberechtigung der betreffenden Person jedenfalls dann nicht mehr rechtfertige, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl. z.B. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998). Diese Judikatur zur zweiwöchigen Entziehungszeit nach § 26 Abs. 3 FSG auf Grund einer Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG ist insofern auf den Fall einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO im Sinn des § 26 Abs. 2 FSG zu übertragen, als in Fällen, in denen zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens ein Zeitraum von weniger als einem Jahr verstrichen ist, von einer Entziehung der Lenkberechtigung (jedenfalls auf die in § 26 Abs. 2 FSG vorgesehene Mindestentziehungsdauer) nicht abgesehen werden darf."

5. Der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt ist chronologisch noch extensiver als der hier gegebene. Der damalige Beschwerdeführer hatte am 15. August 2002 eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen, das Entziehungsverfahren ist am 2. Oktober 2002 eingeleitet worden. Da es bis zur Fällung der verwaltungsstrafrechtlichen Entscheidung ausgesetzt worden war, erging der Entziehungsbescheid erst am 21. November 2003 für die Dauer von 4 Monaten gerechnet ab Bescheidzustellung. Der Zeitraum zwischen Tat und Entscheidung der Führerscheinbehörde betrug also etwa 15 Monate. Gegenständlich sind es etwa 5 Monate.

In Anbetracht dieser klaren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Erstbehörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie im gegenständlichen Entziehungsverfahren diese ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Mutmaßungen darüber, ob dann, wenn gegenständlich aufgrund einer anderen bestimmten Tatsache als eben einem Alkoholdelikt eine Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG  zu erfolgen gehabt hätte, überhaupt eine Entziehung der Lenkberechtigung hätte stattfinden müssen oder dürfen, erübrigen sich somit.

Nicht entscheidungsrelevant, aber doch erwähnenswert, ist der Umstand, dass das Amtsgericht Passau in dem oben erwähnten Strafbefehl die Aberkennung des Rechtes des Berufungswerbers, von der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, für einen Zeitraum von neuen Monaten festgesetzt hat. Die Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose deckt sich also im Ergebnis mit jener, wie sie sich durch die zeitliche Abfolge auch im gegenständlichen Entziehungsverfahren de facto darstellt.

Die Berufungsbehörde vermag auch keine Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Entziehungsbescheides vor dem Hintergrund des § 99 Abs. 6 lit. c StVO 1960, wie sie der Berufungswerber im Rechtsmittel andeutet, zu erblicken. Das im Strafbefehl ausgesprochene befristete Fahrverbot für die Bundesrepublik Deutschland tangiert den hier verfahrensgegenständlichen Entziehungsbescheid aufgrund dessen territorialer Einschränkung nicht. Wie ein Entziehungsbescheid, also eine rein administrative Maßnahme, überhaupt in einen Konnex zum Subsidiaritätsprinzip des § 99 Abs. 6 lit c StVO 1960, einer Strafbestimmung, gebracht werden kann, ist für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar.

 

6. Abschließend wird im Hinblick auf die beantragte Gewährung der aufschiebenden Wirkung der Berufung festgestellt, dass mit der nunmehrigen Berufungsentscheidung diese Frage obsolet geworden ist. Lediglich der Vollständigkeit halber wird auf die umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in dieser Frage hingewiesen, die beim Mangel an Verkehrszuverlässigkeit des Inhabers einer Lenkberechtigung den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung in Entziehungsbescheiden stets für geboten erachtet.

 

Die übrigen von der Erstbehörde verfügten Anordnungen (Verbot des Lenkens von führerscheinfreien Kfz, Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker, Ablieferungspflicht des Führerscheines und eines allfälligen Mopedausweises) sind gesetzliche Folgen der verfügten Entziehung der Lenkberechtigung und stehen sohin nicht in der Disposition der Führerscheinbehörde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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