Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730193/4/Sr/ER

Linz, 14.02.2012

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X, StA der Türkei, vertreten durch X; Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 12. März 2009, AZ: 1062300/FRB, betreffend eine Ausweisung der Berufungswerberin nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

(İtiraz asılsız olduğundan reddedilmesine ve itiraz edilen kararın onaylanmasına.)

 

 

Rechtsgrundlage:

(Hukuki dayanak)

 

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 12. März 2009, AZ: 1062300/FRB, wurde gegen die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 54 Abs. 1 Z. 2 iVm. 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung angeordnet.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, einer Staatsangehörigen der Türkei, erstmalig im Februar 2007 ein Aufenthaltstitel zum Zweck "Ausbildung" erteilt worden sei. In der Folge habe sie fristgerecht Verlängerungsanträge gestellt. Zuletzt habe sie am 19. Jänner 2009 einen Verlängerungsantrag für den Zweck "Studierender" gestellt und als Nachweis für den erforderlichen Studienerfolg eine Bestätigung vorgelegt. Dieser sei zu entnehmen, dass die Bw am 29. Juni 2007, am 30. Jänner 2008, am 27. Juni 2008 und am 31. Jänner 2009 je eine Deutschprüfung abgelegt habe, die ihr mit jeweils 6 Semesterstunden/ECTS-Punkten angerechnet worden seien. Weiters habe sie am 16. Februar 2009 eine Prüfung über den Vorkurs Mathematik abgelegt, für die ihr 2 Semesterwochenstunden/ECTS-Punkten angerechnet worden seien. Für diverse Ergänzungsprüfungen seien ihr keine Semesterwochenstunden angerechnet worden.

 

Daher sei der Bw im Rahmen des Parteiengehörs zur Erteilung ihres beantragten Aufenthaltstitels seitens des Magistrats Linz im Wesentlichen mitgeteilt worden, dass sie keinen ausreichenden Studienerfolg nachweisen und daher die Erteilung des Aufenthaltstitels nicht erfolgen könne. Weiters sei zu bedenken, dass sie lediglich Sprachkurse besucht habe, eine Verlängerung des Aufenthaltstitels "Studierender" sei jedoch nicht möglich, wenn lediglich Universitätslehrgänge besucht werden, die ausschließlich der Sprachvermittlung dienen. Sie könne auch über aktuell besuchte Lehrveranstaltungen keine Teilnahmebestätigungen vorlegen.

Erschwerend komme hinzu, dass es der Bw in einer persönlichen Vorsprache nicht gelungen sei, Deutschkenntnisse nachzuweisen.

 

Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 sei die Bw über die beabsichtigte Ausweisung in Kenntnis gesetzt, und es sei ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 19. Februar 2009 habe die Bw ausgeführt, dass es ihr aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse bislang nicht möglich gewesen sei, die erforderlichen Studienerfolge nachzuweisen, sie aber darauf konzentriert sei, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern um künftig an keine Sprachbarrieren zu stoßen und Lehrveranstaltungen positiv zu absolvieren. Außerdem habe sie im Wintersemester 2008/2009 weitere 6 Semesterwochenstunden/ECTS-Punkte positiv absolviert.

 

Nach Wiedergabe der anzuwendenden Rechtsvorschriften gehe die belangte Behörde in ihren rechtlichen Erwägungen davon aus, dass auf den bis zur Erlassung des bekämpften Bescheids zwei Jahre dauernden Aufenthalt der Bw in Österreich Bedacht zu nehmen sei, die daraus ableitbaren persönlichen Interessen seien aber dadurch entscheidend in ihrem Gewicht gemindert, als ihr die Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Studiums erteilt worden sei, sie aber keinen entsprechenden Studienerfolg nachgewiesen habe. Daraus resultiere eine Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, die den persönlichen Interessen der Bw gegenüber stehe.

Familiäre oder sonstige Bindungen in Österreich habe die Bw nicht behauptet und seien daher nicht zu berücksichtigen gewesen.

Zusammengefasst komme die belangte Behörde zum Schluss, dass die Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und fremdenrechtlich zulässig sei.

 

2. Gegen diesen, am 19. März 2009 zugestellten Bescheid richtet sich die durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Bw eingebrachte rechtzeitige Berufung vom 2. April 2009.

Darin stellt die Bw die Anträge den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben; in eventu den Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

 

Begründend führt die Bw im Wesentlichen aus, dass sie der belangten Behörde bereits Prüfungen nachgewiesen habe, die 19 ECTS-Punkten entsprächen. Weiters habe sie die erfolgreiche Ablegung der erforderlichen Ergänzungsprüfungen und damit ihre Zielstrebigkeit nachgewiesen. Sie nehme an Lehrveranstaltungen teil und könne dies belegen.

Eine Ausweisung sei aufgrund ihrer Zielstrebigkeit im Studium unzulässig und würde unzulässig in ihr Privatleben eingreifen, da die Ausweisung eine Unterbrechung ihres Studiums zu Folge hätte.

Ihrer Berufung legt die Bw einen Stundenplan, ihre Lehrveranstaltungszuteilung sowie Teilnahmebestätigungen für einen weiteren Deutschkurs und einen "Vorkurs Anfänger Spanisch" bei.

 

3. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie das ergänzende Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters der Bw vom 8. Februar 2012.

 

Im Schreiben vom 8. Februar 2012 nahm der Rechtsvertreter Bezug auf das Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates zur Vorlage der erforderlichen Nachweise (z.B.: Studiennachweise) und führte aus, dass eine Kontaktaufnahme mit der Mandantin nicht möglich sei. Obwohl im Melderegister nach wie vor eine aufrechte Meldung aufscheine, sei der an die Bw adressierte Brief mit dem Vermerk "verzogen" zurückgekommen. Unter Hinweis auf die Datenschutzbestimmungen habe die Studienabteilung der X Auskünfte verweigert.

 

3.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

Unstrittig hat die Bw die erforderlichen ECTS-Punkte nicht nachgewiesen. Sie hat lediglich das Vorliegen der ausreichenden Zahl behauptet, diese aber trotz Aufforderung nicht belegt.

 

Ergänzend stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass die Bw – trotz aufrechter polizeilicher Meldung an ihrer Adresse in X – durch ihren Rechtsanwalt nicht erreicht werden konnte. Ein schriftlicher Versuch der Kontaktaufnahme scheiterte durch Rücksendung des Schreibens an den Rechtsanwalt mit dem Vermerk "verzogen". Eine Anfrage an die Studienabteilung der X über den derzeitigen Studienerfolg der Bw blieb unter Hinweis auf Datenschutzbestimmungen ergebnislos.

Eine Erhebung im Studentenheim in X, ergab, dass die Bw bereits am 15.Juli 2009 die Wohnung X verlassen hat und nach unbekannt verzogen ist. Ein polizeiliche Abmeldung der Bw wurde von der Heimleitung zugesagt.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 125 Abs. 15 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I. Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 54 als Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

4.1.2. Im vorliegenden Fall wurde die Ausweisung auf Basis des § 54 FPG (in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011) erlassen, weshalb diese Ausweisung im Sinne des § 62 FPG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 anzusehen und zu beurteilen ist.

 

4.2.1. Gemäß § 62 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, sind Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

 

1.         der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11             Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

2.         das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen,        die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht        rechtzeitig erfüllt wurde. 

 

Gemäß § 62 Abs. 3 FPG hat die Behörde in Verfahren gemäß Abs. 1 nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG bei der Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

4.2.2. Im vorliegenden Fall wird zunächst klargestellt, dass die Bw am 19. Jänner 2002 einen Verlängerungsantrag im Rahmen des NAG für den Aufenthaltszweck "Studierender" gestellt hat.

Die belangte Behörde stützte ihre Ausweisungsentscheidung auf § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG i.V.m. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG jeweils in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung.

 

Als Versagungsgründe sah sie demnach eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dadurch, dass die Bw nicht die entsprechenden Studienerfolge nachweisen könne.

 

In diesem Sinn ist nun die Nachfolgebestimmung des § 54 Abs. 1 FPG in der nunmehrigen Fassung des § 62 Abs. 1 Z. 1 FPG einschlägig. Daher muss auch auf § 11 NAG in der aktuellen Fassung Bedacht genommen werden.

 

4.3.1. Gemäß § 11 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes I Nr. 38/2011, dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.         gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG      erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder         ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

2.         gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates    oder der Schweiz besteht;

3.         gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht        einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner             Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.         eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption             (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.         eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder       visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt      oder

6.         er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder        nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft    wurde.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.         der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.         der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für             eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.         der Fremde über einen alle Risken abdeckenden      Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich    auch leistungspflichtig ist;

4.         der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer           Gebietskörperschaft führen könnte;

5.         durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik            Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen      Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.         der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der   Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der         bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.         der Grad der Integration;

5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des     Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in            einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren     Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 11 Abs. 4 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.         sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde           oder

2.         der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder         terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende          Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld              extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht         ausgeschlossen werden können.

 

4.3.2. Gemäß § 64 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende Ausgestellt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

 

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

 

Abs. 2 [...]

 

Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck gemäß Abs. 3 nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

 

[...]

 

4.3.3. Gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.

 

4.3.4. Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 besteht das Studienjahr aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Es beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. [...]

 

 

4.4.1. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass die Bw im für den gegenständlichen Verlängerungsantrag gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz relevanten, dem Antrag vorausgegangenen Studienjahr 2007/2008 durch die Ablegung der Prüfung "Deutsch als Fremdsprache – Grundstufe II" am 31. Jänner 2008 sechs ECTS-Punkte erreicht hat. Für die ebenfalls in diesem Studienjahr abgelegten und bestandenen Ergänzungsprüfungen in den Fächern Mathematik, Geografie und Geschichte wurden ihr keine ECTS-Punkte angerechnet, weshalb diese Prüfungen nicht für die Berechnung des Studienerfolgs im Sinne des § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz berücksichtigt werden können.

 

Es ist – wie unter 3.3. festgestellt – den Ausführungen der Bw zu folgen, dass sie im Laufe ihres Studienaufenthalts in Österreich insgesamt mehr als die von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid festgestellten 12 ECTS-Punkte erreicht hat, die von der Bw vorgelegten Studienerfolgsnachweise ergeben aber für das entscheidungsrelevante Studienjahr 2007/2008 zweifelsfrei eine erreichte Anzahl von lediglich 6 ECTS-Punkten. 

 

Auch im darauffolgenden Studienjahr 2008/2009 konnte die Bw durch Ablegung einer weiteren mit 6 ECTS-Punkten bewerteten Deutschprüfung und einer mit 2 ECTS-Punkten bewerteten Mathematikprüfung nicht die erforderlichen 16 ECTS-Punkte für dieses Studienjahr nachweisen.

 

Über weitere allfällige Studienerfolge hat die Bw trotz Aufforderung dieser vorzulegen, keine Nachweise erbracht. Dass die Bw den Großteil der ECTS-Punkte durch die Ablegung von Deutschprüfungen erreicht hat, ist für die Anrechnung dieser Punkte im Sinne des § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz nicht relevant, da sie keinen Universitätslehrgang absolviert, der im Sinne des § 64 Abs. 1 NAG ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

 

Die Bw hat ferner keine Gründe vorgebracht, die ihrer Einflusssphäre entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar gewesen wären und trotz Fehlens des Studienerfolges eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG gerechtfertigt hätten.

 

4.4.2. Gemäß § 11 Abs. 3 NAG ist nun zu überprüfen, ob in Hinblick auf das Privat- und Familienleben der Bw von der Tatsache des Vorliegens eines Erteilungshindernisses nach Abs. 2 leg. cit. abgesehen werden kann.

 

Der Aufenthalt der Bw im Bundesgebiet, der weitgehend rechtmäßig zu bewerten ist, beläuft sich – unter der Annahme, dass sich die Bw seit Juli 2009 nicht mehr im Bundesgebiet befindet – auf etwas mehr als 2 Jahre.

 

Die Bw hat weder in ihrer Berufung noch später auf das Bestehen eines Familienlebens in Österreich hingewiesen.

 

Die Bw ist nicht beruflich, aber wohl entsprechend ihrer Aufenthaltsdauer sozial im Bundesgebiet integriert. Sie zeigte den Willen zur Integration, indem sie Deutschgrundkurse absolviert hat und ist unbescholten, kann aber sonst auf keine besonderen Merkmale der Integration verweisen.

 

Die Bw hat seit Februar 2009 keinen Nachweis über einen weiteren Studienerfolg erbracht, obwohl ihr bewusst sein musste, dass ihr Aufenthalt in Österreich nur dann berechtigt ist, wenn sie rechtzeitig die für die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels erforderlichen Studienerfolgsnachweise erbringt. Abgesehen vom Fehlen dieser Nachweise ist eine Kontaktaufnahme mit der Bw zur Überprüfung ihrer Integration nachweislich nicht möglich, auch von sich aus hat sie seit Einbringung ihrer Berufung keine Initiative mehr ergriffen, die für die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels erforderlichen Nachweise zu erbringen oder die Behörde von ihrer gelungenen Integration zu überzeugen.

 

Obwohl die Bw nach wie vor im Studentenheim gemeldet ist, steht fest, dass sie seit dem 15. Juli 2009 an der Meldeadresse nicht mehr aufhältig ist, die Wohnung ohne sich abzumelden nach unbekannt verlassen und weder die belangte Behörde noch den Rechtsvertreter davon verständigt hat. Da die Bw auch sonst nicht mehr in Erscheinung getreten ist, kann nur von einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ausgegangen werden.

 

Dem Aufenthalt in Österreich steht ein 19 Jahre langer Aufenthalt im Herkunftsstaat gegenüber. Da sie in Österreich die Voraussetzungen zum Antritt eines Studiums weitgehend erfüllt hat, steht fest, dass die Bw in der Türkei ihre Schulausbildung absolviert hat. Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass sie während ihres Studienaufenthalts von ihrem in der Türkei lebenden Vater finanziell unterstützt wurde, weshalb fraglos familiäre Bande zu ihrem Heimatstaat bestehen.

 

Säumnis von Seiten der Behörden ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.

 

Bei einer Gesamtbetrachtung ist festzuhalten, dass das Wohl des Staates, das durch die oa. Normen geschützt werden soll, im Rahmen einer Abwägung mit den privaten Interessen der Bw an einem Verbleib in Österreich nicht als niederrangig angesehen werden kann. 

 

Ein Absehen vom Vorliegen eines Erteilungshindernisses ist also rechtlich nicht möglich.

 

4.4.3. Die nach § 61 Abs. 2 FPG gebotene Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen folgt dem Wortlaut nach den Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 NAG, weshalb sich eine Wiederholung der unter Punkt 4.4.2. dieses Erkenntnisses angeführten Integrationskriterien und der dazu angestellten Argumente erübrigt.

 

Festzuhalten ist dazu, dass die ausgesprochene Ausweisung als Ausfluss des öffentlichen Interesses im Verhältnis zu den privaten Interessen schwerer wiegt, weshalb die verhängte aufenthaltsbeendende Maßnahme zu bestätigen war.

 

 

4.5. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 22,10 Euro (Eingabegebühr + Beilagen) angefallen.

 

 

Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi

İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.

 

Talimat

(Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir.)  

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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