Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560143/2/Py/BRe

Linz, 27.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. November 2011, GZ: 301-12-2/1ASJF, wegen Abänderung des Bewilligungsbescheides bedarfsorientierte Mindestsicherung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

 

"Die Höhe der in Spruchpunkt 1. zuerkannten Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird aufgrund mangelnder Bemühungen beim Einsatz der Arbeitskraft um 20% auf 617,76 Euro Monatsanspruch gekürzt."

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 5, 7, 11 Abs.4 und 49 Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber (in der Folge: Bw) aufgrund seines Antrages vom 28. März 2011 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs ab 1. Oktober 2011 befristet bis 31. März 2012 Hilfe in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen in der Höhe des Mindeststandards für Alleinstehende gemäß § 1 Ziffer 1 Oö. BMSV vermindert um die Leistungen für Wohnbedarf (Spruchpunkt 1.) und eigenen Mitteln aus dem Einkommen aus Notstandshilfe in Höhe von 531,38 Euro (Spruchpunkt 2.), somit einem Monatsbetrag in Höhe von 240,81 Euro, zuerkannt.

 

2. Gegen diesen dem Bw am 21. Dezember 2011 persönlich ausgehändigten Bescheid erhob der Bw mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 rechtzeitig Berufung und brachte zusammengefasst vor, dass er seit dem 20. Jänner 2011 über kein Einkommen verfügt und der zuerkannte Betrag in der Höhe von 240 Euro aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtungen für seine Kinder zu gering ist. Er leide unter schweren gesundheitlichen Problemen und sei momentan nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Zudem werde er aufgrund seiner Rasse schikaniert und sei für ihn nicht verständlich, warum ihm ein Einkommen in der Höhe von 531 Euro angerechnet wird, obwohl er dieses nicht beziehe.

 

3. Mit Schreiben vom 24. Jänner 2012 legte die Erstbehörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Gemäß § 67 AVG, der gemäß § 27 Oö. BMSG im gegenständlichen Verfahren Anwendung findet, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweise erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Schon daraus ergibt sich der für die nachstehende Entscheidung maßgebliche Sachverhalt:

 

Der Bw ist österreichischer Staatsbürger, lebt alleine im Haushalt und bezog bis Jänner 2011 eine Notstandshilfe in Höhe von 531,38 Euro. Aus dem vom BerufsDiagnostischen Zentrum (BDZ) des BBRZ Österreich am 26. November 2010 erstellten Ergebnisbericht – unter Einbeziehung einer neurologischen und orthopädischen Begutachtung - geht hervor, dass beim Bw eine Belastbarkeit für einen 8-stündigen Arbeitstag gegeben ist und keine sonstigen berufsrelevanten Auffälligkeiten vorliegen. Die medizinische Begutachtung im BDZ hat ergeben, dass der Bw für schwere Arbeiten wie Bauhelfer nicht mehr geeignet ist und ständige Vorbeugehaltungen (wie als Gärtnerhelfer) gemieden werden sollten. Jegliche mittelschweren Arbeiten sind ihm zuzumuten und ist er am ersten Arbeitsmarkt noch multipel einsetzbar. Als mögliche berufliche Einsatzgebiete wird seine Einsatzfähigkeit zB als Lagerarbeiter, Staplerfahrer, Küchenhilfe, Zusteller oder Produktionsarbeiter angesehen.

 

Mit Bescheid vom 13. Jänner 2011 stellte das Arbeitsmarktservice Oberösterreich die dem Berufungswerber bis dahin zuerkannte Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 9 Arbeitslosenversicherungsgesetz ein. Begründet wurde dies zusammenfassend mit dem Umstand, dass Herr x aufgrund seines unkooperativen und auch strafrechtlich relevanten Verhaltens erkennen lasse, dass er nicht an einer Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice interessiert ist. Die mit dem Betreuungsvorgang befassten MitarbeiterInnen des AMS sind durch sein Verhalten laufend schwersten Belastungen und Gefahren ausgesetzt. Um die für den Leistungsbezug vorauszusetzende Arbeitswilligkeit nachweisen zu können, müsse die Bereitschaft zu erkennen sein, den verbindlich angebotenen Stellenvorschlägen nachzugehen. Er habe jedoch mehrmals die Stellenangebote abgelehnt. Unter diese Voraussetzungen ist es dem Arbeitsmarktservice unmöglich, der gesetzlichen Verpflichtung zur Existenzsicherung nachzukommen, weil der Bw die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitswilligkeit eindeutig nicht erfüllt.

 

Mit Schreiben vom 17. Jänner 2011 verhängte das Arbeitsmarktservice Oberösterreich ein Hausverbot über den Bw für alle Geschäftsstellen des AMS und der Landesgeschäftsstelle des AMS OÖ.

 

Der Bw wurde von der belangten Behörde bei seinen regelmäßigen Vorsprachen auf seine Pflicht, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen, hingewiesen und wurde ihm angeraten, sich nicht nur bei Personalleasingfirmen zu bewerben.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs.1 Z1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können.

 

Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der Hilfe bedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Ziffer 2. Oö. BMSG gilt als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11.

 

Gemäß § 11 Abs.1 Oö. BMSG haben Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.

 

Gemäß § 11 Abs.4 Oö. BMSG können Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, stufenweise und maximal um die Hälfte gekürzt werden, wenn trotz nachweislicher vorheriger Ermahnung durch die zuständige Behörde keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht. Bei der Entscheidung über das Ausmaß der Reduktion der Leistungen sind die Gründe und die Dauer der Verweigerung zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 11 Abs. 5 Oö. BMSG können Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, im Einzelfall über Abs. 4 hinaus gekürzt werden oder von vornherein nicht gewährt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betreffende Person ausdrücklich die Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung verweigert.

 

5.2. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Bw aufgrund des vorliegenden Gutachtens am Arbeitsmarkt für mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung vollzeitig einsetzbar ist. Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung setzt grundsätzlich die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Die belangte Behörde sieht als Beitrag des Bw den Einsatz eigener Mittel in Form der Notstandshilfe als erforderlich an. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Auszahlung von Notstandshilfe an den Bw mit Bescheid vom 13. Jänner 2012 rechtskräftig eingestellt wurde und ihm gleichzeitig eine weitere Kontaktaufnahme mit dem Arbeitsmarktservice untersagt wurde. Seitens des Arbeitsmarktservice wurde der Erstbehörde über Anfrage sogar mitgeteilt, dass sich der Bw beim AMS erst wieder nach einem drei bis vier Monate dauernden Arbeitsverhältnis melden kann. Dem Bw stehen daher tatsächlich keine eigenen Mittel in Höhe der Notstandshilfe als Einkommen zur Verfügung und ist er aufgrund der Vorgaben des AMS derzeit auch nicht in der Lage, die Hilfe des Arbeitsmarktservice zur Überwindung seiner Notlage in Anspruch zu nehmen. Eine Reduzierung der dem Bw zuerkannten Betrages um die fiktive Höhe der Notstandshilfe ist daher aufgrund der Besonderheit der Sachlage im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.

 

Allerdings ist der Bw nach Maßgabe des § 11 Oö. BMSG dazu angehalten, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen. Hinsichtlich der zu wählenden Vorgangsweise bei Verstößen gegen die Obliegenheit zum Einsatz der Arbeitskraft  legt § 11 Abs.4 bis Abs.6 Oö. BMSG eine konkrete Vorgangsweise fest, wonach zunächst eine nachweisliche Ermahnung zu erfolgen hat und anschließend eine stufenweise Reduzierung des Anspruchs auf Mindestsicherung ausgesprochen werden kann. Eine entsprechende Ermahnung wurde von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall bereits mehrfach ausgesprochen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bei einer intensiven, täglichen Arbeitssuche, einer Annahme jeder im Rahmen der gesundheitlichen Möglichkeiten des Bw liegenden Arbeit und der Herausstreichung der Arbeitswilligkeit durch den Bw bei Bewerbungsgesprächen – auch im Hinblick auf den Umstand, dass der Bw bei seiner Arbeitsplatzsuche nicht auf die Unterstützung des AMS zurückgreifen kann - spätestens nach einem halben Jahr ein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt. Es erscheint daher gerechtfertigt, die dem Bw zustehende Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes im nunmehrigen Berufungsbescheid mangels ausreichender Bemühungen (zunächst nur um einen geringfügigen Prozentsatz) zu kürzen und ihn dadurch zu einer intensiveren Arbeitssuche und einem kooperativen Verhalten anzuleiten. Der dem Bw gemäß Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides zustehende Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs war daher lediglich im Ausmaß des nunmehr unter Spruchpunkt 2. festgesetzten Betrages zu reduzieren.

 

5.3. Die von der belangten Behörde in Spruchpunkt 1. festgesetzte Dauer der Bezugsfrist bis 31.3.2012 war jedoch entgegen dem Berufungsvorbringen des Bw zu bestätigen. Es bleibt ihm grundsätzlich unbenommen, nach Ablauf der Bezugsfrist einen neuen Antrag auf Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu stellen. Die ausgesprochene Befristung erscheint vielmehr gerechtfertigt und zweckmäßig, die Bemühungspflichten des Bw zur Erlangung einer Arbeitsmöglichkeit ab diesem Zeitpunkt einer neuerlichen Bewertung zu unterziehen. Insbesondere sollte durch Beratung und Begleitung – unterstützt durch ein entsprechend korrektes und kooperatives Verhalten des  Bw – versucht werden, die Voraussetzungen für eine Arbeitsvermittlung durch das AMS wieder zu erlangen. Zusätzlich sollte im gegenständlichen Fall die Gewährung von Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit überprüft werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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