Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730337/6/BP/MZ/Jo

Linz, 20.02.2012

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      5A02, Tel. Kl. 18060

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. am X, StA von Kamerun, X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 4. Mai 2011, AZ: 1068115/FRB, betreffend die Verhängung eines auf 7 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 54 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 100 in der Fassung BGBl I 2011/38, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen".

 

II. Es wird festgestellt, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung rechtswidrig war.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 1 Abs. 2, 9 Abs 1a, 53 Abs. 3 Z 1, 54 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011).


 

Entscheidungsgründe

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 4. Mai 2011, AZ: 1068115/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit den §§ 66 und 63 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Darüber hinaus wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst aus, der Bw sei am 2. Juni 2005 illegal nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag eingebracht. Nachdem mit Beschluss des Asylgerichtshofs die im Asylverfahren eingebrachte Beschwerde als verspätet zurückgewiesen wurde, sei der Asylantrag nunmehr mit Wirkung vom 15. September 2010 rechtskräftig negativ abgewiesen. Die damit verbundene Ausweisung sei ebenfalls am 15. September 2010 in Rechtskraft erwachsen.

 

Während seines Aufenthalts in Österreich sei der Bw wie folgt rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden:

 

- BG Linz vom 12.01.2007 (rk:16.01.2007), Zahl: 18 U 427/2006a, wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 1., 2. und 6. Fall SMG zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 2,- (€ 160,-), im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass der Bw in Linz und anderen Orten Österreichs:

1.) im Zeitraum Anfang 2006 bis 27.06.2006 wiederholt unbekannte Mengen Cannabiskraut erworben und bis zum Eigenkonsum besessen habe;

2.) am 27.06.2005 (gemeint wohl: 2006) 5 g Marihuana erworben und X überlassen habe;

3.) im Zeitraum Ende Mai 2006 bis 27.06.2006 geringe Mengen Cannabiskraut zum gemeinsamen Konsum mit X und X zur Verfügung gestellt habe;

4.) Ende Mai 2006 X Cannabiskraut um € 80 verschafft habe

und somit den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und einem anderen überlassen bzw. beschafft habe.

 

- LG Linz vom 01.03.2011 (rk:01.03.2011), Zahl: 34 Hv 10/11s, wegen des Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Abs. 1 StGB sowie des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass der Bw

1.) von 20.08.2010 bis 23.09.2010 in Linz mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, dadurch, dass er vor dem Stromzähler seiner Wohnung mehrere Kabel an das öffentliche Stromnetz angeschlossen und elektrischen Strom für seinen Gebrauch abgezweigt habe, aus einer Anlage die der Zufügung von Energie diene, elektrische Energie unbekannten Wertes entzogen habe;

2.) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich

a.) am 19.10.2010 Verfügungsberechtigten der X diverse Kleidungsstücke im Wert von gesamt € 147,98;

b.) am 12.11.2010 in Leonding Verfügungsberechtigten der X ein Mobiltelefon der Marke Sony Ericson X10 im Wert von € 299,-, wobei die Tat beim Versuch blieb;

c.) am 22.12.2010 in Linz eine Trainingshose, eine Trainingsjacke sowie ein Poloshirt im Wert von gesamt € 203,97 Verfügungsberechtigten der X;

d.) am 27.12.2010 in Wagram

aa.) Verfügungsberechtigten der Filiale X eine Herrenjacke der Marke Marco Polo im Wert von € 149,-;

bb.) Verfügungsberechtigten des X ein Paar Lederhandschuhe im Wert von € 9,99.

 

Im Einzelnen werde auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, welche um Wiederholungen zu vermeiden zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben würden.

 

Weiters würden gegen den Bw sechs verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen wegen Art. IX Abs. 1 Z 2 EGVG sowie eine Vormerkung wegen § 81 Abs. 1 SPG aufscheinen.

 

Mit Schreiben der BPD Linz vom 07.03.2011 (hinterlegt am 09.03.2011) sei dem Bw mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Rückkehrverbot (zu diesem Zeitpunkt habe sich das Asylverfahren des Bw im Stande der Berufung befunden) zu erlassen. Gleichzeitig sei ihm Gelegenheit gegeben worden, hiezu Stellung zu nehmen, wovon der Bw keinen Gebrauch gemacht habe.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht bzw. im Zuge der Beweiswürdigung führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen verkürzt aus, dass der Bw wie angeführt während seines Aufenthalts in Österreich bereits zwei Mal rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden sei, weshalb § 60 Abs. 2 Z 1 FPG zweifellos als erfüllt anzusehen sei.

 

Das vom Bw gesetzte Fehlverhalten sei schwer zu gewichten, da sich aus dessen Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums manifestiere, die dadurch noch erheblich verstärkt werde, dass der Bw die ihm im Rahmen der letzten Verurteilung zur Last gelegte Straftat in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

 

Hinsichtlich der ersten Verurteilung sei anzuführen, dass, der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung folgend, schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden dringend geboten sei, weil das maßgebliche öffentliche Interesse (an der Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz der Gesundheit) in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerer wiege als das private Interesse des Fremden.

 

Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, gleich in welcher Form, sei schon deshalb dringend geboten, da der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wiederum vor allem bei Jugendlichen führe. Es folgen weitere Ausführungen über die Gefährlichkeit die aus der Suchtgiftkriminalität resultiere. Im Hinblick auf den Bw sei vor allem auch der Umstand zu beachten, dass er seine "kriminelle Karriere" bereits wenige Monate nach der illegalen Einreise begonnen habe, indem er Anfang 2006 die erste strafbare Handlung beging.

 

Aufgrund des Gesamtfehlverhaltens des Bw während seines Aufenthalts in Österreich könne es keinem Zweifel unterliegen, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet als eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erscheine und dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, um derartigen Straftaten entgegenzuwirken.

 

Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot nach den Bestimmungen des § 60 FPG zulässig erscheine.

 

Darüber hinaus sei die verfahrensgegenständliche Maßnahme jedoch unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und des gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Grundrechts auf den Schutz des Privat- und Familienlebens zu beurteilen.

 

Da der Bw keine Stellungnahme abgegeben habe, seien seine Privat- und Familienangelegenheiten anhand der vorliegenden Akten zu beurteilen. Diesen zufolge sei der Bw am 02.06.2005, sohin im Alter von etwa 24 Jahren, nach Österreich eingereist. Den Akten könne nicht entnommen werden, dass er in Österreich familiäre Bindungen habe. Im Herkunftsland würden sich hingegen die Eltern und drei Schwestern aufhalten. Auch andere nennenswerte private Bindungen würden nicht bestehen und vom Bw auch nie behauptet worden sein.

 

Den Akten könne weiters entnommen werden, dass der Bw Leistungen aus der Grundversorgung beziehe. Einem aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem könne jedoch entnommen werden, dass der Bw am 17.06.2010 bei der GVS-Stelle Oberösterreich bekannt gegeben habe, als Zeitungskolporteur tätig zu sein, weshalb in weiterer Folge die Leistungen aus der Grundversorgung eingeschränkt worden seien.

 

Zwar sei dem Bw aufgrund der Dauer seines Aufenthalts von etwa 6 Jahren sowie der Tatsache, dass er zumindest zeitweise einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sein dürfte, ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen. Die Integration in sozialer Hinsicht sei jedoch, was sich eindrücklich aus dem strafbaren Gesamtfehlverhalten ergebe, in keinster Weise gelungen.

 

Da der Bw erst im Alter von etwa 24 Jahren nach Österreich eingereist sei und sohin den größten Teil seines Lebens im Heimatland verbracht habe, sei ihm eine Reintegration zumutbar, zumal er im Heimatland die Grund- und Hauptschule sowie die Universität besucht habe.

 

Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass auf Grund des bisherigen Verhaltens des Bw – im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose – die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen scheinen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots sei nach § 63 Abs. 2 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung aller angeführten Umstände erachte es die BPD Linz für angemessen, das gegenständliche Aufenthaltsverbot für die Dauer von 7 Jahren zu erlassen, da nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass sich der Bw wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Rechtsnormen halten werde.

 

Die aufschiebende Wirkung einer Berufung sei auszuschließen gewesen, weil das Verhalten des Bw massiv der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufe und daher die sofortige Ausreise nach Verbüßung der Strafhaft im öffentlichen Interesse erforderlich sei.

 

1.2. Gegen diesen, am 6. Mai 2011 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid, erhob der Bw mit am 19. Mai 2011 zur Post gegebenem Schreiben rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Im Wesentlichen wird im Rechtsmittel dem von der Behörde als maßgeblich herangezogenem Sachverhalt nicht entgegen getreten.

 

Der Bw stellt die Berufungsanträge, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Auf das für dieses Verfahren wesentliche verkürzt führt der Bw begründend aus, es sei richtig, dass er wegen der im Bescheid angeführten Straftaten verurteilt wurde. Die Erstbehörde habe jedoch den Umstand, dass er "lediglich" bedingt zu einer Geldstrafe und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde und dass die Handlungen, die zu seiner ersten Verurteilung geführt haben, bereits vor beinahe 5 Jahren stattgefunden haben, nicht ausreichend berücksichtigt. Seit 27.06.2006 habe er sich keine weiteren Übertretungen des Suchtmittelgesetzes zu Schulden kommen lassen und dadurch bewiesen, dass er in der Lage sei, von Übertretungen dieses Gesetzes für immer Abstand zu nehmen. Es sei daher nicht notwendig die österreichische Gesellschaft vor seiner Person zu schützen und die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sei keinesfalls dringend erforderlich.

 

Im Hinblick auf seine zweite Verurteilung gehe die Erstbehörde davon aus, dass er durch sein Fehlverhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums manifestiert habe. Diese Gefahr sei dadurch erheblich verstärkt, als er sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme verschaffen wolle. Dem sei entgegen zu halten, dass er außer den im Urteil vom LG Linz vom 01.03.2011 angeführten fremden Sachen nie etwas gestohlen habe. In seiner Heimat sei er nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Der Bw führt weiter aus, ein anständiger Mensch zu sein der es zutiefst bereue, strafbare Handlungen in Österreich gesetzt zu haben und der willens und in der Lage sei, sich an die österreichischen Gesetze zu halten. Aufgrund dessen könne man in seinem Fall von einer positiven Zukunftsprognose ausgehen und feststellen, dass er keine Gefahr für den Schutz fremden Eigentums darstelle.

 

Die Tatsache, dass er die ersten Straftaten bereits ein paar Monate nach seiner Ankunft in Österreich begangen habe, könne er nicht verneinen. Es dürfe bei der Beurteilung seiner Gefährlichkeit jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass er länger als vier Jahre keine strafbaren Handlungen begangen habe.

 

Die belangte Behörde vertrete die Meinung, das sein weiterer Aufenthalt in Österreich aufgrund seines Gesamtfehlverhaltens als eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erscheine, und dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, um derartigen Straftaten entgegenzuwirken. Dazu führt der Bw an, dass die verhängten strafrechtlichen Sanktionen völlig ausreichend waren, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzubringen. Ein Aufenthaltsverbot als zusätzliche "Schutzmaßnahme" müsse keinesfalls erlassen werden. Er habe aus seinen Fehlern gelernt und werde in Zukunft einen ordentlichen Lebenswandel ohne strafbare Handlungen führen. Es könne ihm daher nicht unterstellt werden, eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darzustellen.

 

Ein Aufenthaltsverbot greife unerlaubterweise in sein Recht auf Privat- und Familienleben ein. Der Bw führt aus, sich seit beinahe sechs Jahren in Österreich aufzuhalten und sehr gut integriert zu sein. Er habe private Deutschstunden besucht und verfüge aus diesem Grund über sehr gute Deutschkenntnisse (Anmerkung der erkennenden Behörde: Dem Rechtsmittel liegen Teilnahmebestätigungen des Bw an Kursen mit dem Titel "Deutsch als Fremdsprache – Intensiv II – V" in Kopie bei.). Er habe zahlreiche Freundschaften mit österreichischen Staatsbürgern aufgebaut, mit denen er sich regelmäßig treffe und seine Freizeit verbringe. Darüber hinaus habe er seit über einem Jahr eine Liebesbeziehung zu seiner österreichischen Freundin X, mit der er seine Zukunft gemeinsam verbringen möchte. Außerdem lebe sein Bruder in Österreich. Er unterstütze den Bw und helfe ihm in jeder Hinsicht. Der Bw könne sich eine Zukunft ohne ihn und X nicht vorstellen.

 

Zu seinen Verwandten in Kamerun habe er fast keinen Kontakt mehr. Im Falle seiner Rückkehr würde er sehr große Schwierigkeiten haben, eine Arbeit zu finden. Da sich sein Vater in Rente befinde und seine Mutter lediglich als Hausfrau im Haushalt tätig sei, könnten ihm die Eltern keinen finanziellen Rückhalt gewähren. Eine Reintegration im Heimatland sei daher unzumutbar.

 

Abschließend folgen Ausführungen hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung.

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vor. Bezüglich der sachlichen Zuständigkeit der erkennenden Behörde gilt es festzuhalten:

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Der gegenständliche Verwaltungsakt wurde daher von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weitergeleitet.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie Kontaktaufnahme mit dieser, durch Einsichtnahme in das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem und das Zentrale Melderegister. Weiters wurde bezüglich Frau X Einschau in das Zentrale Melderegister genommen.

 

Aus der Einschau in das Zentrale Melderegister hinsichtlich des Bw selbst kam hervor, dass der Bw zur Zeit im Polizeianhaltezentrum Linz mit Zweitwohnsitz gemeldet ist. Eine Nachfrage bei der belangten Behörde ergab, dass der Inhaftierung des Bw für eine Woche und einen Tag die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafen für die oben genannten Verwaltungsstrafen (Schwarzfahren, Störung der öffentlichen Ordnung) darstellt.

 

Aus der Einschau in das Zentrale Melderegister hinsichtlich Frau X geht hervor, dass diese und der Bw in keinem gemeinsamen Haushalt leben und auch bislang nicht gelebt haben.

 

Als zentral für das weitere Verfahren anzusehen ist, dass dem Bw – wie aus der Asylinformation ersichtlich – derzeit der Status des Asylwerbers zukommt.

 

2.2.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Eine solche wurde im Übrigen vom (nunmehr) rechtsfreundlich vertretenen Bw auch nicht beantragt.

 

Ausdrücklich festgehalten wird in diesem Zusammenhang, dass sämtliche Vorbringen des Bw hinsichtlich seiner Integration und familiären Situation vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht in Zweifel gezogen werden. Durch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zum Nachweis seiner Vorbringen könnte der Bw daher nicht besser gestellt sein als ohne die Durchführung einer solchen. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass "im fremdenrechtlichen Administrativverfahren ein Recht des Fremden, von der Berufungsbehörde mündlich gehört zu werden, nicht besteht" (VwGH 5.7.2011, 2008/21/05871 mwN).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1., 1.1.2. und 2.2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 2 zweiter und dritter Satz des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ist "[e]in vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren […] nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen."

 

3.1.2. Da der Bw im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung "bloßer Fremder" war, wurden von der belangten Behörde zu Recht die Bestimmungen über das Aufenthaltsverbot herangezogen und ein entsprechendes Verfahren geführt. Nunmehr kommt dem Bw jedoch (wieder) der Status des Asylwerbers zu, weshalb die oben zitierte Norm zur Anwendung gelangt und nunmehr die Bestimmungen über das Rückkehrverbot (§ 54 FPG) im Verfahren heranzuziehen sind.

 

3.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Asylwerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 54 Abs. 2 leg cit zufolge gelten als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3.

 

§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG beinhaltet Fälle, in welchen ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Dass der drittstaatsangehörige Bw, welcher mit Urteil des LG Linz vom 1. März 2011 wegen des Vergehens der Entziehung von Energie sowie des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt wurde, eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verwirklicht hat, steht unzweifelhaft fest.

 

3.3.1. Weiters ist bei der Klärung der Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbots dem Grunde nach auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. § 54 Abs. 2 letzter Satz FPG erweitet den Anwendungsbereich explizit auch für – von § 61 leg cit an sich nicht erfasste – Rückkehrverbote.

 

§ 61 Abs. 2 FPG zufolge sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.3.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.3.3. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw führt.

 

3.3.3.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw am 2. Juni 2005 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist. Die Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich beträgt daher insgesamt etwa 6 ½ Jahre. Legitimiert wurde der Aufenthalt des Bw lediglich zeitweilig und selbst dann nur durch die Stellung eines Asylantrags, weshalb sich der Bw seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.

 

3.3.3.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Nach Angaben des Bw ist sein Bruder im Inland befindlich und unterstütze ihn dieser in jeder Lebenslage. Andere familiäre Bande in Österreich bestehen nicht. Die vom Bw ins Treffen geführte Liebesbeziehung mit Frau X wird nicht in Zweifel gezogen. Ein gemeinsamer Haushalt besteht jedoch nicht.

 

Ein tatsächlich bestehendes Familienleben in Österreich kann daher in geringem Ausmaß angenommen werden. Ein "Kern-Familienleben" im Sinne einer gemeinsamen Wohnadresse bzw. gegenseitiger Abhängigkeiten liegt nicht vor.

 

3.3.3.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw. familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa 10 Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Im konkreten Fall ist der Bw seit etwa 6 ½ Jahren in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten des Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt damit noch deutlich unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa 10 Jahren.

 

Hinzu tritt, dass vom Beschwerdeführer im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zudem 9 Jahre lang ein Beruf in Österreich ausgeübt wurde und der Gerichtshof das Vorliegen weiterer Integrationsmerkmale fordert.

 

Zwar werden vom Bw nach eigenen und hier nicht in Zweifel gezogenen Angaben diverse Integrationsmerkmale (wie Sprachkenntnisse, Freundschaften zu österreichischen Staatsbürgen) erbracht. Es wird jedoch neben der unzureichenden Aufenthaltsdauer in Österreich auch das vom Verwaltungsgerichtshof als wesentlich angesehene Merkmal der Teilnahme am Erwerbsleben für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt, da der Bw laut Versicherungsdatenauszug keiner beruflichen Tätigkeit bzw. als Zeitungskolporteur seit 17. Juni 2010 einer solchen nur in untergeordnetem Maße nachgegangen ist und er sich in der Grundversorgung befindet.

 

Schließlich ist – mangels gegenteiliger Hinweise im zitierten höchstgerichtlichen Erkenntnis – davon auszugehen, dass im verwaltungsgerichtlich entschiedenen – und damit entgegen dem hier zu beurteilenden – Fall eine strafrechtliche Bescholtenheit des Beschwerdeführers nicht vorlag.

 

3.3.3.4. Gewisse Merkmale sozialer Integration sind dem Bw wie im vorigen Punkt dargestellt zuzubilligen. Eine der sozialen Integration besonders dienliche Erwerbstätigkeit wurde vom Bw – wie ebenfalls dargestellt – nicht bzw. nur in vernachlässigbarem Ausmaß ausgeübt. Vielmehr ist aufgrund der begangenen strafbaren Handlungen, bei welcher der Bw die Bevölkerung des erhofften künftigen Heimatstaates bestahl und gegen die Vorschriften des Suchtmittelgesetzes verstieß, davon auszugehen, dass eine tiefgehende Integration ins Gesellschaftsgefüge der Republik Österreich nicht vorliegt.

 

Dies indizieren auch die zahlreichen verwaltungsrechtlichen Vormerkungen des Bw.

 

3.3.3.5. Festzustellen ist weiters, dass der heute 30-jährige Bw den überwiegenden Teil seines Lebens, nämlich 24 Jahre, in seinem Herkunftsstaat verbracht hat, selbstverständlich die dortige Sprache beherrscht und sogar die Universität besucht hat. Es leben die Eltern sowie die drei Schwestern des Bw im Heimatland und der Bw ist mit diesen in Kontakt stehend, wenn dieser auch nicht intensiv ist.

 

3.3.3.6. Unstrittig ist eine strafgerichtliche Unbescholtenheit aufgrund der eingangs detailliert dargestellten rechtskräftigen Verurteilungen nicht gegeben.

 

3.3.3.7. Auch ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung liegt vor, weshalb der Bw ua gerade eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt.

 

3.3.3.8. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich der Beteiligte seines unsicheren Aufenthaltstatus bewusst war, erübrigen sich vor dem Hintergrund der Punkte 3.3.3.1. und 3.3.3.3. weitere Ausführungen.

 

3.3.3.9. Letztlich ist nicht ersichtlich, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet wäre.

 

3.3.3.10. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 3.3.3.1. bis 3.3.3.9. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Zwar ist dem Bw durch seine Aufenthaltsdauer im Inland von etwa 6 ½ Jahren, seinen Deutschkenntnissen und auch dadurch, dass sein Bruder in Österreich aufhältig ist und er eine Liebesbeziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin unterhält, ein bestimmtes Maß an Integration bzw. ein gewisses Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet zuzubilligen. Die vorhandene Integration ist jedoch dadurch etwas zu relativieren, als diese entweder während eines anhängigen Asylverfahrens und damit während unsicheren Aufenthalts erworben wurde oder der Bw überhaupt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war.

 

Eine Reintegration im Heimatland des Bw, in welchem er den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht und eine gute schulische bzw. sogar universitäre Ausbildung genossen hat, scheint nicht unzumutbar. Insbesondere auch deshalb, weil aufgrund der im Herkunftsland lebenden Eltern und Geschwister ein soziales Netz vorhanden ist, auf welches der Bw zurückgreifen kann. Wenn der Bw ins Treffen führt, im Herkunftsland kaum Arbeit zu finden, so ist ihm zu entgegnen, dass er sich in Österreich auch in der Grundversorgung befindet und er am hiesigen Erwerbsleben nicht oder kaum teilnimmt.

 

Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist jedoch, dass er durch die von ihm getätigten strafrechtlichen Vergehen eine hohe kriminelle Energie bewiesen hat. Wenn dem Bw auch hinsichtlich seiner ersten Verurteilung die mittlerweile verstrichene Zeit und damit ein recht langes Wohlverhalten zugute kommt, kann es doch nicht ganz außer Acht gelassen werden und handelt es sich bei den vor kurzem verwirklichten Delikten der Entziehung von Energie sowie des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls um einen massiven Eingriff in das besonders wertvolle Rechtsgut des Eigentums.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung eines Rückkehrverbots ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.4.1. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbotes zu prüfen.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahren, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

3.4.2. Der Bw wurde mit Urteil des LG Linz zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt. Es erweist sich für die weitere rechtliche Beurteilung daher – wie oben bereits dargelegt – § 53 Abs. 3 Z 1 FPG als einschlägig. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbots 10 Jahre. Zumindest hat das Rückkehrverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Rückkehrverbotes im genannten Zeitrahmen ist wiederum das bisherige Verhalten des Bw miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

3.4.3. Die Verhinderung von Straftaten gegen die höchsten Güter unserer Gesellschaft – in concreto erfolgte durch den Bw zuletzt mehrfach ein Eingriff in das Eigentum fremder Personen – zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert. Auch die Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz und die damit einhergehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung kann, trotzdem sie schon länger zurückliegt, nicht außer Betracht bleiben.

 

3.4.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie, (insbesondere) in einem fremden Staat, von welchem man sich Aufnahme und Integration erhofft, mehrfach und daher gewerbsmäßig sowie in verschiedenartiger Weise ("klassischer Diebstahl", Entziehung von Energie) die Gesellschaft bzw. Angehörige der Gesellschaft am Rechtsgut des Eigentums zu schädigen, um sich selbst zu bereichern. Die Verwirklichung dieser Delikte in Zusammenschau mit der Suchtmitteldelinquenz sowie den zahlreichen Verwaltungsübertretungen zeugen davon, dass der Bw sehr weit von den Werten der hiesigen Gesellschaft und der Einhaltung der in dieser in Geltung stehenden Normen entfernt ist, und es eines längeren Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann.

 

3.4.5. Der Oö. Verwaltungssenat folgt daher der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

3.4.6. Der belangten Behörde kann jedoch nicht beigetreten werden, wenn diese zur Auffassung gelangt, dass das Gefährdungspotential des Bw ein Rückkehrverbot für die Dauer von 7 Jahren rechtfertigt.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich ist bei der Bemessung der Rückkehrverbotsdauer zu berücksichtigen, dass die hier in Betracht kommende Obergrenze von 10 Jahren Verurteilungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Jahren miteinschließt (vgl § 53 Abs. 3 Z 5 FPG). Die strafrechtlichen Verurteilungen des Bw indizieren, dass das Strafgericht der in die Strafzumessung einfließenden Spezialprävention keine allzu hohe Wertigkeit zumaß. Da der Bw "nur" zu einer Geldstrafe bzw. zu einer bedingten 12-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, kann die Rückkehrverbotsdauer auch nur im unteren Bereich angesiedelt werden. Aufgrund der mehrfachen strafrechtlichen Delikte sowie den zahlreichen Verwaltungsübertretungen kann jedoch auch nicht mit den zumindest zu verhängenden 18 Monaten das Auslangen gefunden werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher der Auffassung, dass im konkreten Fall das Rückkehrverbot auf die Dauer von 3 Jahren befristet werden kann.

 

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die belangte Behörde begründet den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung damit, dass das Verhalten des Bw massiv der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufe und daher die sofortige Ausreise nach Verbüßung der Strafhaft im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Sie übersieht dabei, dass der Bw "lediglich" zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sich also nie in Strafhaft befunden hat. Insofern geht die Argumentation der belangten Behörde daher ins Leere. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich, inwiefern im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG wegen Gefahr im Verzug dringend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vonnöten war. Als Indiz dafür kann auch herangezogen werden, dass trotz des vorgenommenen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung eine Umsetzung der Bescheidanordnung in die Wirklichkeit durch die belangte Behörde bis dato nicht erfolgt ist bzw. eine solche nicht weiter forciert wurde.

 

Es ist daher festzustellen, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtswidrig war.

 

5. Nachdem der Bw nach eigenem Bekunden der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung verzichtet werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 26,00 Euro (Eingabegebühr + Beilagen) angefallen.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

Beschlagwortung:

Aufenthaltsverbot, Rückkehrverbot, § 54 FPG

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum