Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166623/7/Ki/CG

Linz, 23.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des xxx, xxx, xxx, vertreten durch xxx, xxx, xxx, vom 5. Jänner 2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13. Dezember 2011, VerkR96-1873-2010, wegen Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie eines Einspruches als verspätet eingebracht (Übertretung der StVO 1960) nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23. Februar 2012 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird sowohl hinsichtlich Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als auch hinsichtlich des Einspruches als verspätet eingebracht als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt I) nicht "zurückgewiesen" sondern "abgewiesen" wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm §§ 49 Abs.1 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG

Entscheidungsgründe:

1.1 Mit Strafverfügung vom 22. Juni 2010, VerkR96-1873-2010, hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt dem Berufungswerber Übertretungen der StVO 1960 zur Last gelegt und über ihn Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Diese Strafverfügung wurde ihm durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist 24. Juni 2010) zugestellt.

 

Am 8. Juli 2010 hat der Berufungswerber (rechtsfreundlich vertreten) nachstehenden Schriftsatz eingebracht:

 

"1.   Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Der Rechtsvertreter des Einschreiters vertritt diesen bereits seit Mai 2010 in einem vor dem BG Pregarten anhängigen Verfahren, das eben auch den hier verfahrensgegenständlichen Vorfall zum Gegenstand hat. In diesem Verfahren tritt der PKW Lenker, dessen PKW am 15.4.2010 durch den vom Einschreiter gelenkten LKW beschädigt werden soll, als Kläger und der Halter des LKW's xxxx und dessen Haftpflichtversicherung als Beklagte auf.

 

Am 30.6.2010 wurde dem Rechtsvertreter des Einschreiters von diesem per Telefax die Strafverfügung der BH Freistadt vom 22.6.2010 übermittelt. Es folgte sogleich auch ein Telefonat zwischen dem Rechtsvertreter des Ein­schreiters mit diesem und wurde vereinbarte, dass auch die Rechtsvertretung des Einschreiters im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren übernom­men werden soll und demnach die Vollmacht gegenüber der Behörde auszu­weisen ist, Einspruch zu erheben ist und ein Antrag auf Aktensicht zu stellen ist.

 

Der Rechtsvertreter des Einschreiters hat die zuständige Mitarbeiterin seiner Kanzlei, xxx, ebenso sofort ersucht, das Ende der Ein­spruchsfrist zu erheben, die Frist dementsprechend im Fristenbuch der Kanz­lei sowie in der EDV festzuhalten (die Fristen werden in der Kanzlei doppelt festgehalten) den Einspruch sogleich vorzubereiten und dem Rechtsvertreter des Einschreiters sodann zur Unterfertigung wieder vorzulegen.

 

xxx xxx ist schon seit über 15 Jahren in der Kanzlei des Rechts­vertreters des Einschreiters beschäftigt und seit mehr als 10 Jahren unter an­derem für die Fristen verantwortlich. Sie ist ausreichend geschult und weiß, dass nicht nur die Frist für einen derartigen Einspruch 14 Tage beträgt, son­dern auch die Fristen immer sofort einzutragen sind.

 

Bislang ist es auch nie passiert, dass insbesondere auf die Eintragung einer Frist von xxx vergessen wurde.

 

Im konkreten Fall kam es jedoch nun offensichtlich dazu, dass von xxx xx die Strafverfügung in den eben bereits bestehenden Akt gelegt wurde, je­doch die Eintragung der Frist übersehen wurde. Erst am 9.7.2010 wurde xxx xxx, die auch für den Posteingang generell zuständig ist, darauf aufmerk­sam, als ein Schriftstück des BG Pregarten im eben auch parallel dazu laufen­den Zivilverfahren eingelangt ist und in den Akt des Rechtsvertreters des Einschreiters eingeordnet wurde.

 

gewissenhafte und zuverlässige Mitarbeiterin, sodass sich der Rechtsvertreter selbst auf ihre Fristeintragungen verlassen konnte.

 

Dieser einmalige Irrtum stellt somit höchstens einen minderen Grad des Ver­sehens dar, der dem Wiedereinsetzungsbegehren nicht entgegen steht.

 

Beweis: eidesstättige Erklärung der xxx xxx, Einvernahme der xxx xxx p.A. Rechtsvertreter des Einschreiters.

 

Der Einschreiter stellt deshalb den

 

Antrag

 

ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Ein­spruchsfrist zu gewähren.

 

2.    Einspruch

 

In einem holt der Einschreiter das versäumte Rechtsmittel nach und erhebt gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22.06,2010, GZ VerkR96-1873-2010, Einspruch.

 

3.    Akteneinsicht

 

Der Einschreiter beantragt seinem Rechtsvertreter durch Übersendung einer Aktkopie gegen Kostenersatz Akteneinsicht zu gewähren.

 

xxx"

 

Beigefügt wurde dem Schriftsatz eine eidesstättige Erklärung der xxx xxx vom 12. Juli 2010. Sie sei seit über 15 Jahren in der Kanzlei der xxx tätig und seit über 10 Jahren unter anderem für die Eintragung der Fristen verantwortlich. Sie sei ausreichend geschult und weiß, dass sie entsprechend ihres Arbeitsauftrages Fristen immer sofort über Auftrag einzutragen habe und dass die gegenständliche Einspruchsfrist gegen eine Strafverfügung 14 Tage ab Zustellung der Strafverfügung an den Beschuldigten beträgt. Sie wende das auch laufend richtig an. Die Nichteintragung der Frist im gegenständlichen Fall könne sie nur durch einmaliges Übersehen erklären. Ein derartiger Fehler sei ihr noch nie passiert.

 

Mit dem in der Präambel zitierten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen (Punkt I.) sowie den Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen (Punkt II.).

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende als "Rekurs" bezeichnete Berufung vom 5. Jänner 2012. Ausdrücklich wird der Bescheid zur Gänze bekämpft und beantragt, diesen dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allenfalls nach Durchführung einer Berufungsverhandlung stattgegeben werde.

 

Im Wesentlichen wird hervorgehoben, dass die Eintragung von Fristen sowie die Kontrolle dieser der seit mittlerweile über 16 Jahren  in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Einschreiters beschäftigten xxx xxx obliegt, die gerade diese Tätigkeiten seit mittlerweilen 11 Jahren ausübt. Die Fristen würden in der Kanzlei des Einschreiters doppelt festgehalten werden, einerseits in einem Fristenbuch und andererseits auch in der EDV. Die richtige Eintragung der Fristen werde selbstverständlich auch vom Einschreitervertreter selbst laufend kontrolliert.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabendem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 13. Jänner 2012 vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hatte (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde rechtzeitig bei der Bezirkshauptmannschaf Freistadt eingebracht.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23. Februar 2012. Zur Verhandlung ist lediglich die geladene Zeugin, xxx xxx xxx, erschienen. Der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter waren ohne Angabe von Gründen, die belangte Behörde entschuldigt nicht anwesend.

 

Auf den konkreten Fall bezogen bestätigte die Zeugin, dass sie vom Rechtsanwalt ersucht wurde, den Termin einzutragen, tatsächlich habe sie die Eingabe jedoch ohne weitere Bearbeitung im Akt abgelegt. Generell sei sie für die Post zuständig, darunter falle auch die Eintragung von Fristen. Täglich gegen Mittag werde die "normale Post" dem Rechtsanwalt vorlegt. Ausdrücklich bezüglich eines allfälligen Kontrollsystems befragt, konnte sie keine Angaben machen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z.1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 24 VStG ist § 71 Abs.1 Z.1 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

 

Im vorliegenden Falle wurde die Frist von einer Mitarbeiterin des Rechtsvertreters des Berufungswerbers nicht richtig wahrgenommen, sodass der Einsruch gegen die dem Verfahren zu Grunde liegende Strafverfügung verspätet erfolgte. Es ist somit zu prüfen, ob dieser Umstand auf ein Verschulden des Berufungswerbers bzw. lediglich auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen ist. Verschulden bzw. Versehen des Rechtsvertreters bzw. seiner Mitarbeiter gehen grundsätzlich zu Lasten des Einschreiters.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der rechtskundige Vertreter der Partei gegenüber der ihm als Hilfsapparat zur Verfügung stehenden Kanzlei alle Vorsorgen zu treffen, die notwendig sind, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben zu gewährleisten, die ihm aus dem Bevollmächtigungsverhältnis obliegen. Die berufsgebotenen Vorkehrungen betreffen vor allem die Organisation des Kanzleibetriebes und die wirksame Überwachung der Angestellten in Bezug auf die Einhaltung der Fristen. Ein geeigneter Wiedereinsetzungsgrund liegt nur dann vor, wenn eine ordentliche Überwachung der Mitarbeiter erfolgt.

 

Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt (VwGH vom 15. März 2011, 2008/05/0239), dass für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist immer der Anwalt selbst verantwortlich ist. Er selbst hat die Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen seiner Aufsichtspflicht zu überwachen.

 

Gegenständlich wird argumentiert, der Rechtsvertreter habe die zuständige Mitarbeiterin seiner Kanzlei sofort ersucht, das Ende der Einspruchsfrist zu erheben, die Frist dementsprechend im Fristenbuch und in der EDV festzuhalten, den Einspruch sogleich vorzubereiten und dem Rechtsverteter sodann wieder vorzulegen. Alleine dieser Umstand zeigt, dass der Rechtsvertreter in diesem konkreten Fall nicht die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, zumal er anstelle die Mitarbeiterin zu ersuchen selbst die Frist hätte festsetzen sollen. Darüber hinaus konnte er auch kein "wirksames Kontrollsystem" darlegen, welches die Annahme eines bloß minderen Grades des Versehens begründen würde.

 

Die Voraussetzung für die  Antragstellung um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand waren zwar gegeben, eine Prüfung des Sachverhaltes hat jedoch ergeben, dass ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden vorliegt, weshalb die Berufung in diesem Punkt bei gleichzeitiger Korrektur des Spruches als unbegründet abzuweisen war.

 

3.2.  Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen 2 Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

 

Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs.3 VStG zu vollstrecken.

 

Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung wurde laut Postrückschein dem Berufungswerber durch Hinterlegung zugestellt bzw. ab 24. Juni 2010 zur Abholung bereitgestellt. Diesem Umstand ist der Berufungswerber nicht entgegen getreten. Die Einspruchsfrist gegen diese Strafverfügung endete somit mit Ablauf des 8. Juli 2010. Tatsächlich wurde der Einspruch jedoch erst am 12. Juli 2010 per Telefax und daher verspätet eingebracht.

 

Im Hinblick darauf, dass der Einspruch nicht rechtzeitig erhoben wurde, wurde die Strafverfügung rechtskräftig und es war sowohl der Erstbehörde als auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt, sich noch inhaltlich mit der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung auseinander zu setzen.

 

Zu Erläuterung des Berufungswerbers wird bemerkt, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Einspruchsfrist um eine gesetzliche Frist handelt, deren Verlängerung oder Verkürzung einer Behörde nicht zu steht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

 

 

 

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