Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730048/10/Wg/Gru

Linz, 09.02.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, geb. X, X, X, gegen die mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Februar 2010, AZ: 1065639/FRB, verhängte Ausweisung, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Februar 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.                Eine Rückkehrentscheidung ist auf Dauer unzulässig.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) und § 61 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG)

 

 

 

Begründung:

 

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 4.2.2010, AZ: 1065639/FRB, gem. § 53 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 und 1a sowie § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ausgewiesen. Die Behörde argumentierte, der Bw sei zuletzt am 11.10.2007 vom Magistrat Linz eine bis 11.10.2008 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt worden. Anlässlich der Ummeldung am 4.9.2009 von der X in die X in Linz sei festgestellt worden, dass die Bw sich seit 11.10.2008 ohne Aufenthaltstitel in Österreich aufhalten würde.

 

Der Bescheid wurde am 5.5.2010 zugestellt. Dagegen richtet sich die Berufung vom 19.5.2010. Die Bw stellte die Anträge, der Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich möge in Stattgabe ihrer Berufung den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und die Ausweisung für dauerhaft unzulässig zu erklären.

 

Die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich übermittelte dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber, nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011 in Kraft getreten waren.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Die Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehörige von Serbien. Sie reiste im November 2003 in das Bundesgebiet ein und hält sich seither in Österreich auf. Ihre Niederlassung war bis 11.10.2008 rechtmäßig und stützte sich auf entsprechende Niederlassungsbewilligungen. Zuletzt verfügte sie über eine am 11.10.2007 ausgestellte Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt", gültig bis 11.10.2008.

 

Sie war der Ansicht, die Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt" sei unbefristet erteilt worden und verabsäumte es daher, einen Verlängerungsantrag zu stellen. Selbst als dieser Irrtum aufgeklärt wurde, stellte sie keinen Verlängerungsantrag, da ihr beim Magistrat und bei der Volkshilfe mitgeteilt worden sei, dass es für die Verlängerung des Aufenthaltstitels auf die Entscheidung im Ausweisungs­verfahren ankomme.

 

Aus den Versicherungsdatenauszügen geht hervor, dass die Bw in der Zeit, als sie über Niederlassungsbewilligungen verfügte, über mehrere Jahre hinweg sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nachging.

 

In der mündlichen Verhandlung war eine Kommunikation ohne weiteres möglich. Die Bw verfügt über gute Deutschkenntnisse. Es liegt aber kein Prüfungszeugnis über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 vor.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde ein mit Herrn X abgeschlossener Dienstvertrag vorgelegt, der unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung steht.

 

Der infolge der verspäteten Antragstellung unrechtmäßige Aufenthalt wurde von der BPD Linz mit rechtskräftig mit einer Geldstrafe geahndet.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem von der BPD Linz vorgelegten Verfahrensakt und dem in der mündlichen Verhandlung am 9. 2.2012 erstatteten Vorbringen der Bw.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht dazu erwogen:

 

Die gegenständliche Ausweisungsentscheidung gilt gem. § 125 Abs 14 FPG als Rückkehrentscheidung. Der Grundtatbestand einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG ist erfüllt, da sich die Bw seit Ablauf der letzten Niederlassungsbewilligung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Durch den unrechtmäßigen Aufenthalt wird das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens beeinträchtigt. Der unrechtmäßige Aufenthalt ist aber nicht auf eine illegale Einreise, sondern auf das Versäumen eines rechtzeitigen Verlängerungsantrages zurückzuführen. Dabei ist eine differenzierte Sichtweise geboten.

 

Bei der Gewichtung des öffentlichen Interesses sind die Gründe für die unterbliebene Antragstellung zu berücksichtigen. Die Bw war irrtümlich der Ansicht, sie verfüge bereits über einen unbefristeten Aufenthaltstitel, und gab in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig an, dass ihr beim Magistrat bzw. bei der Volkshilfe versichert worden sei, es komme nach Ablauf des Aufenthaltstitels vor allem auf die Entscheidung im Ausweisungsverfahren an.

 

Dies ist in rechtlicher Hinsicht richtig. Eine nur kurz nach Ablauf des letzten Aufenthaltstitels erfolgte Antragstellung veranschaulicht aber ein Bemühen des Fremden, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Hätte sich im gegenständlichen Fall ergeben, dass die Bw beispielsweise aus Gleichgültigkeit gegenüber dem österreichischen Fremdenrecht heraus keinen Verlängerungsantrag gestellt hat, würde dies das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung verstärken.

 

Der – infolge der unterbliebenen Antragstellung -  unrechtmäßige  Aufenthalt stellt eine Verwaltungsübertretung dar, die bis zum Zeitpunkt der nachträglichen Antragstellung bzw entsprechenden Bemühungen des Fremden, einen rechtskonformen Zustand herzustellen, nicht entschuldigt werden kann.  Die von der BPD Linz verhängte Geldstrafe stellt im ggst Fall eine ausreichende Sanktion des Fehlverhaltens der Bw dar.

 

In Folge des langjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes, den mehrjährigen Beschäftigungsverhältnissen, ihren Bemühungen einen rechtskonformen Zustand herbeizuführen und dem Umstand, dass ein – wenn auch aufschiebend bedingter - Arbeitsvertrag vorgelegt wurde, überwiegen die persönlichen Interessen der Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung.

 

Eine Rückkehrentscheidung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG iVm Artikel 8 EMRK dauerhaft unzulässig.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 57,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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