Linz, 16.02.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau C R und des Herrn C R sowie der Frau H P und des Herrn J P, sämtliche vertreten durch Univ.-Doz. Dr. W L, W, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 10.2.2011, Ge20-133-2010, mit dem über Ansuchen der Baumeister E W B mbH, S, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Erweiterung der bestehenden Betriebsanlage auf Gst. Nr., KG. U, erteilt worden ist, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4.10.2011, zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird insofern Folge gegeben, als den im Spruchpunkt I. enthaltenen Auflagen folgende Auflagenpunkte angefügt werden:
"18. Verladetätigkeiten mittels Stapler für die Manipulation mit Bauschutt- und Sand‑/Kiescontainern sind um 19.00 Uhr einzustellen.
19. Die ostseitige Schallschutzwand mit einer Länge von rd. 16 m und einer Höhe von 3,6 m über Lagerhallenniveau sowie die ostseitige Fassade der Lagerhalle bis zu einer Höhe von 3,6 m sind straßenseitig (Gemeindestraße A K) hochabsorbierend auszuführen bzw. zu verkleiden.
20. Das Tor in der östlichen Lärmschutzwand im Anschluss an die Lagerhalle ist fugendicht auszuführen und mit Ausnahme des Zeitraumes während des Durchganges für Pflege- und Wartungsarbeiten geschlossen zu halten.
21. Eine Manipulation oder Lagerung von Bauschutt, der als gefährlicher Abfall einzustufen ist, ist auf dem Baulagerplatz nicht gestattet." sowie
die unter Spruchpunkt I. enthaltene Betriebsbeschreibung wie folgt ergänzt wird:
"Während eines Arbeitstages (innerhalb der genehmigten Betriebszeiten) wird über sechs Stunden ein Stapler betrieben. Pro Tag finden mittels Lkw/Lieferwagen, Lkw und Traktor insgesamt 68 Fahrbewegungen (An- und Abfahrbewegungen) statt (im konkreten: 40 Lkw/Lieferwagen- , 25 Lkw- und 3 Traktor- Fahrbewegungen. 4 x pro Tag steht ein Lkw – Kran über einen Zeitraum von jeweils 15 Minuten im Einsatz, 1 x pro Tag erfolgt der Probebetrieb eines Kompressors über einen Zeitraum von bis zu 90 Sekunden. Täglich erfolgt eine Beladung von 3 Metallcontainern mit einem Fassungsvermögen von 1m3 über einen Zeitraum von je 15 Minuten. 1 x täglich erfolgt über einen Zeitraum von 20 Minuten die Be- und Entladung von Bauschutt."
Soweit den Berufungseinwendungen durch diese Bescheidabänderungen nicht Rechnung getragen wird, wird den Berufungen keine Folge gegeben.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) idgF iVm §§ 67 a Abs.1 und 58 AVG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Eingabe vom 15.7.2010 hat die B E W B mbH um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage auf den Gst. Nr., KG. U, durch Errichtung und Betrieb einer neuen Lagerhalle, einer Stützmauer mit Pultdach, einer Überdachung der Dieseltankstelle, eines Büros mit anschließendem Lagerraum im Verkaufsbereich des Betriebsgebäudes, eines Kragarmregallagers mit Überdachung, von Sandboxen und einer Schallschutzwand angesucht.
Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde diesem Ansuchen Folge gegeben und die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens unter Vorschreibung von Auflagen gemäß § 81 GewO 1994 erteilt.
2. Gegen diesen Bescheid haben die oben angeführten Berufungswerber (in der Folge: Bw) innerhalb offener Frist durch ihren anwaltlichen Vertreter Berufung erhoben und darin im Wesentlichen vorgebracht, die Bw würden diverse Einwendungen vor der mündlichen Verhandlung, in der mündlichen Verhandlung am 9.12.2010 sowie nach der mündlichen Verhandlung erhoben haben. Insbesondere sei vorgebracht worden, dass es auf Grund der Errichtung und des Betriebes der Anlage zu unzumutbaren Lärmbelästigungen kommen werde.
Die E W B mbH (Kw) habe dem Antrag ein lärmtechnisches Gutachten der T GmbH angeschlossen, das vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen seiner Beurteilung zu Grunde gelegt worden sei. Die Behörde leite aus dem Gutachten ab, dass das zur Genehmigung vorliegende Vorhaben zu einer Reduktion des betriebsbedingten Störpegels von 5 bis 14 dB führen würde.
Bei der Beurteilung des Projektes sei allerdings der Gewerbebehörde ein entscheidender Fehler unterlaufen. Der Gewerbebehörde wäre es ein Leichtes gewesen, die bisher von der Projektswerberin durchgeführten gewerblichen Tätigkeiten, die nunmehr nachträglich genehmigt werden sollen, näher zu betrachten. Durch die Verladung von Bauschutt und die Manipulation von Containern seien im schalltechnischen Gutachten der T -GmbH Spitzenpegel von bis zu 94 dB bei den Bw ermittelt worden. Diese Tätigkeiten seien zwar derzeit nicht genehmigt, würden aber bereits bisher im beträchtlichen Umfang ausgeführt werden, wie durch beigelegte Videoaufnahmen bewiesen sei. Diese Videoaufnahmen würden außerdem zeigen, dass diese Spitzenpegel keinesfalls als seltenes Ereignis zu bewerten seien. Ebenso würden Spitzenpegel in vergleichbarer Größenordnung durch das Kratzen der am Stapler montierten Schaufel auf Asphalt bei der Verladung von Sand und Kies auftreten.
Gemäß ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1, seien daher diese Spitzenpegel zur Beurteilung heranzuziehen. Der Beurteilungspegel der spezifischen Schallimmissionen liege daher mit max. 39 dB über dem Grenzwert für den Gesundheitsschutz von 65 dB.
Die Errichtung der Lärmschutzwand und der Halle würde aus lärmschutztechnischer Sich zweifellos eine Verbesserung bei einem Teil der Anrainer mit sich bringen.
Im Schallgutachten der T -GmbH sei der Beurteilungspegel im Bestand bei den Bw C und C R mit 45 dB ausgewiesen worden, die zukünftig auftretenden, keinesfalls seltenen Spitzenpegel bei Verladung von Bauschutt oder Manipulation von Containern mit 76 dB. Der Beurteilungspegel (Spitzenpegel minus 25 dB) liege daher bei 51 dB. Das bedeute gegenüber dem genehmigten Bestand eine Verschlechterung um 6 dB. Die Manipulation mit Sand, Kies und mineralischem Bauschutt am Betriebsgelände der Firma W sei daher auch unter Berücksichtigung der Lärmschutzmaßnahmen für die Bw R nicht zumutbar.
Die Bw würden nicht übersehen, dass die Gewerbebehörde verpflichtet sei, von dem eingereichten Projekt auszugehen. Die Projektsunterlagen seien aber dermaßen allgemein gestaltet, dass die tatsächliche Belästigung der Bw nicht festgestellt werden könne. Lediglich die bereits von der Projektwerberin ohne Genehmigung vorweggenommene Betriebstätigkeit lasse schlüssig erkennen, mit welchen tatsächlichen Belästigungen zu rechnen sei. Beispielsweise werde auf eine Videoaufnahme hingewiesen, der zu entnehmen sei, wie ein Mitarbeiter Manipulationen mit einem Container durchführe. Die dabei entstehenden Lärmbelästigungen wären nicht nur vermeidbar, sondern würden überdies unzumutbar die Bw belästigen. Der angefochtene Gewerbebescheid verbiete ein derartiges Vorgehen nicht und belege aber, dass derartige lärmerzeugende Betriebstätigkeiten nicht in die Bewertung einbezogen worden seien. Es werde Sache der Berufungsbehörde sein, die tatsächlich von der Projektwerberin beabsichtigten Betriebstätigkeiten zu erfassen und zu bewerten. Es werde sich zeigen, dass trotz Errichtung einer Lärmschutzwand und der Halle die bereits bisher illegal durchgeführten Betriebstätigkeiten im Freien in Hinkunft weiter im Rahmen eines Genehmigungskonsenses durchgeführt werden sollen, wobei damit die Bw unzumutbar belästigt werden würden. Die bisherigen illegalen Lärmbelästigungen durch die Projektwerberin würden in Widerspruch zu § 74 GewO 1994 iVm § 77 GewO stehen und seien nicht genehmigungsfähig.
Der Berufungsbehörde werden Bildaufnahmen der tatsächlichen Betriebstätigkeit der Projektwerberin sowie eine lärmschutztechnische Stellungnahme des T U L e.U. übermittelt.
Die Bw stellen daher den Antrag,
die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufheben und den Antrag der E W B mbH auf gewerberechtliche Genehmigung abweisen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat diese Berufungen gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG zu erheben, vorgelegt. Eine Stellungnahme der belangten Behörde zu den Berufungsvorbringen wurde nicht abgegeben.
3.1. Die Kw hat mit Eingabe vom 11.4.2011 eine Stellungnahme zu den Berufungsvorbringen samt Ergänzung des schalltechnischen Projektes, bezogen auch auf die von den Bw vorgelegte Stellungnahme "T U L e.U." abgegeben.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verfahrensakt der Erstinstanz, die für die in Rede stehende Betriebsanlage bestehenden Vorakte sowie in die von den Parteien beigebrachten Eingaben und Unterlagen. Weiters hat der Oö. Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 4.10.2011 anberaumt und an diesem Tage unter Beiziehung eines lärmtechnischen und eines medizinischen Amtssachverständigen durchgeführt. An der Verhandlung haben die Nachbarn C und C R, J und H P sowie der anwaltliche Vertreter der Nachbarn und Herr DI Dr. M B, B f S u T U, sowie Herr E W als Vertreter der B E W B mbH und sein anwaltlicher Vertreter sowie Herr Ing. M von der T S-GmbH, welche das schalltechnische Projekt erstellt hat, teilgenommen. Weiters wurde ein luftreinhaltetechnisches Gutachten eingeholt.
4.1. Der Rechtsvertreter der Kw hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die im Punkt 4. des schalltechnischen Projekts der T-GmbH vom 10.11.2010 beschriebenen Schallemissionen in der dort dargelegten Dauer sowie in dem dort dargelegten Ausmaß Bestandteil des Genehmigungsprojektes darstellen. Ebenso als Projektsbestandteil wurden die in Punkt 4.2. des lärmtechnischen Projektes der T angeführten Schallschutzmaßnahmen erklärt.
4.2. Vor Abhaltung der mündlichen Verhandlung wurde ein lärmtechnisches Gutachten eingeholt und den Parteien übermittelt. In diesem lärmtechnischen Gutachten vom 19.7.2011 führt der lärmtechnische Amtssachverständige aus:
4.3. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 4.10.2011 wurde dieses lärmtechnische Gutachten erörtert und ergänzend vom Amtssachverständigen ausgeführt:
"Die schalltechnische Beurteilung erfolgte auf Basis des schalltechnischen Projektes der Firma T vom 10.11.2010. Es wurden darin die künftigen betrieblichen Emissionen unter Punkt 4. dargestellt. Diese werden wie folgt konkretisiert:
· Es soll insgesamt sechs Stunden während eines Arbeitstages (innerhalb der genehmigten Betriebszeiten) ein Stapler betrieben werden. Dabei ist es unabhängig für welche Manipulation der Stapler eingesetzt wird. Die konkreten Manipulationen werden in weiterer Folge getrennt berücksichtigt.
· Die angegebenen An- und Abfahrbewegungen von Lkw/Lieferwagen (40 pro Tag), Lkw (25 pro Tag) und Traktoren (3 pro Tag) sind als Fahrbewegung je Richtung zu verstehen, sodass insgesamt von 68 Fahrbewegungen (34 An- bzw. Ablieferungen) auszugehen ist. Bemerkt wird, dass die einzelnen Fahrbewegungen schalltechnisch untersucht wurden und die dabei entstehenden Immissionen unter Berücksichtigung der jeweiligen Anzahl bei der Beurteilung berücksichtigt wurden. Auch die Anlieferung von Kies für die Kiesboxen ist bei diesen Fahrbewegungen enthalten.
· Für die Manipulation von Baueisen, Baumaterialien, etc. wird zum Teil ein Lkw-Kran verwendet. Dieser Betrieb wurde im Projekt mit 4 x pro Tag über den Zeitraum von jeweils 15 Minuten angesetzt.
· Einmal pro Tag erfolgt der Probebetrieb eines Kompressors über einen Zeitraum von bis zu 90 Sekunden.
· Am Lagerplatz wird Kies in verschiedenen Körnungen in Metallcontainern gelagert. Der Abtransport zur Baustelle erfolgt mittels Metallcontainern mit einem Fassungsvermögen von rd. 1 m³. Diese Metallcontainer werden mit dem Stapler befüllt und auf dem Lkw abgestellt. Die Befüllung erfolgt indem der Metallcontainer auf der Gabel des Staplers geneigt wird und damit gegen den Sand- bzw. Kieshaufen in der Box gefahren wird. Dabei kommt es immer wieder vor, dass der Metallcontainer über die Asphaltoberfläche gleitet und dabei ein "kreischendes" Geräusch verursacht wird. Die damit verbundenen Pegelspitzen wurden schalltechnisch erhoben und als Spitzenpegel in der Beurteilung berücksichtigt. Bemerkt wird, dass es sich bei diesem Geräusch sowohl hinsichtlich der Pegelspitzen als auch hinsichtlich der Charakteristik um ein eindeutig der Betriebsanlage zuordenbares handelt. Diese Tätigkeiten wurden bereits bisher durchgeführt und sollen künftig öfter durchgeführt werden. Pro Tag wurde die Beladung von drei derartigen Metallcontainern über einen Zeitraum von je 15 Minuten in der Berechnung berücksichtigt. Die Anlieferung von Kies erfolgt mit Lkw, der den Kies in die jeweiligen Boxen abkippt. Wie oben bereits angeführt, ist die Fahrbewegung für die Anlieferung bei den generell Lkw-Fahrten enthalten. Der eigentliche Abkippvorgang ist hinsichtlich der Schallpegel mit jenem der Beladung von Bauschutt zu vergleichen. Dieser Vorgang dauert erfahrungsgemäß etwa 1 Minute und ist bei der nachfolgend angegebenen Zeitdauer für die Bauschuttmanipulation zu berücksichtigen.
· Derzeit nicht genehmigt ist die Be- und Entladung von Bauschutt. Dieser wird von den Baustellen mittels oben beschriebenen Metallcontainern per Lkw angeliefert. Geplant ist, den Bauschutt in diesen Containern zwischenzulagern und bei Erreichen einer ausreichenden Menge (rd. 6 m³) auf Lkw abzukippen und abzutransportieren. Diese Tätigkeiten wurden mit insgesamt 20 Minuten pro Tag in der Berechnung berücksichtigt.
Im schalltechnischen Projekt wurde nicht berücksichtigt, dass die Motoren der Lkw bzw. Stapler betrieben werden, auch wenn diese nicht benötigt werden. Dazu wird festgehalten, dass im Sinne des Umweltschutzes generell dieselbetriebene Motoren abgestellt werden sollten, wenn diese nicht verwendet werden. Es wird deshalb festgelegt, dass der Motor dieselbetriebener Fahrzeuge bei Stillstand und sofern der Motor nicht für Manipulationen benötigt wird, abzustellen ist.
Bemerkt wird, dass in der schalltechnischen Beurteilung vom 19.7.2011 von insgesamt 80 Fahrbewegungen pro Tag ausgegangen wurde. Dies deshalb, weil in der allgemeinen Baubeschreibung diese Anzahl angegeben wurde. Im schalltechnischen Projekt wurden dagegen nur insgesamt 68 Fahrbewegungen berücksichtigt. Dieser Unterschied führt zu einer Pegeländerung im 1/10 dB-Bereich. Am heutigen Tag wurde klargestellt, dass insgesamt 68 Fahrbewegungen stattfinden. Das bedeutet, dass die in der schalltechnischen Beurteilung angeführten Schallpegel (Beurteilungspegel) geringfügig zu hohe Werte darstellen und damit jedenfalls auf der sicheren Seite aus Sicht der Anrainer liegen.
Im schalltechnischen Projekt wurde festgehalten, dass die Immissionen ausgehend von den Manipulationen innerhalb der geplanten Lagerhalle von vornherein vernachlässigt werden können. Dies wird damit begründet, dass die Halle in Massivbauweise errichtet wird und in Richtung der Nachbarn eine öffnungslose Fassade vorgesehen ist. Die Emissionen aus dem Halleninneren werden ausgehend vom westseitigen Tor durch die Lagerhalle selbst derart abgemindert, dass die damit verbundenen Immissionen aus der Halle von untergeordneter Bedeutung sind.
In der schalltechnischen Beurteilung vom 19.7.2011 wurde als Auflage vorgeschlagen, dass die Schallschutzwände beidseitig hochabsorbierend auszuführen sind. An heutigen Tag wurde dargestellt, dass eine hochabsorbierende Ausführung auf der Innenseite (Lagerplatz zugewandt) nicht zielführend ist, weil die Wand dazu verwendet wird, dass Baustoffe oder ähnliches daran angrenzend gelagert werden. Es würde dadurch einerseits die hochabsorbierende Wirkung der Wand zunichte gemacht, und andererseits eine Beschädigung der Oberfläche durch die lagernden Materialien wiederum zu einem Verlust der hochabsorbierenden Wirkung führen. Außerdem wurde im schalltechnischen Projekt von einer reflektierenden Oberfläche ausgegangen, welche bei der Berechnung der Immissionspegel berücksichtigt wurde. Östlich des Lagerplatzes bzw. der Liegenschaft P verläuft die Gemeindestraße A K. Ausgehend von dieser Gemeindestraße ist mit Immissionen durch den Straßenverkehr zu rechnen. Um Reflexionen von verkehrsbedingten Immissionen an der geplanten Schallschutzwand im Osten bzw. an der östlichen Fassade der Lagerhalle zu vermeiden, sind diese hochabsorbierend auszuführen. Das bedeutet, dass die ostseitige Wand straßenseitig sowie die östliche Fassade der Lagerhalle bis zu einer Höhe von 3,6 m hochabsorbierend, mit einer Schallabsorption von zumindest 8 dB auszuführen ist. Die anderen Fassaden der Lagerhalle bzw. die Oberfläche der restlichen Schallschutzwände bleiben gemäß schalltechnischem Projekt reflektierend.
Beim Anschluss der östlichen Schallschutzwand an die Lagerhalle ist ein Durchfahrtstor mit den Abmessungen von 2,5 x 2,5 m vorgesehen. Dieses Tor dient ausschließlich für die Begehung des verbleibenden Grundstückes hinter der Lagerhalle zu Pflege- und Wartungsarbeiten an der Fassade bzw. am Grundstück. Dieses Tor ist mit einem Schalldämmmaß von zumindest 25 dB auszuführen sowie fugendicht anzuschließen und geschlossen zu halten.
Zusammenfassend ergeben sich durch die oben angeführten Ausführungen keine Änderungen in der Beurteilung vom 19.7.2011.
Es wird vorgeschlagen, die Auflagen in der schalltechnischen Beurteilung vom 19.7.2011 wie folgt abzuändern bzw. zu ergänzen:
· Verladetätigkeiten mittels Stapler für die Manipulation mit Bauschutt- und Sand‑/Kiescontainern sind um 19.00 Uhr einzustellen.
· Die ostseitige Schallschutzwand mit einer Länge von rd. 16 m und einer Höhe von 3,6 m über Lagerhallenniveau sowie die ostseitige Fassade der Lagerhalle bis zu einer Höhe von 3,6 m sind straßenseitig (Gemeindestraße A K) hochabsorbierend auszuführen bzw. zu verkleiden.
· Das Tor in der östlichen Lärmschutzwand im Anschluss an die Lagerhalle ist fugendicht auszuführen und mit Ausnahme des Zeitraumes während des Durchganges für Pflege- und Wartungsarbeiten geschlossen zu halten.
Die ÖAL-Richlinie Nr. 3 ist in einem mehrstufigen Verfahren aufgebaut. Die erste Stufe dient der Überprüfung, ob durch die geplanten Maßnahmen eine Änderung der örtlichen Verhältnisse gegeben ist. Diese Stufe wird als Überprüfung des "planungstechnischen Grundsatzes" bezeichnet. Wenn dieser Grundsatz eingehalten ist, ist keine weitere schalltechnische bzw. medizinische Beurteilung erforderlich. Wie in der schalltechnischen Beurteilung vom 19.7.2011 angeführt, wurde in diesem Fall eine individuelle Beurteilung vorgenommen. Das bedeutet, dass die konkreten Immissionen samt Zuschlägen für besondere Geräuschcharakteristika beurteilt werden und der Bestandslärmsituation gegenübergestellt werden. Es sind deshalb die einzelnen Spitzenpegel konkret zu beurteilen und nicht wie bei der Überprüfung des planungstechnischen Grundsatzes mit Hilfe des Beurteilungspegels. Es ist deshalb der um 25 dB verminderte Spitzenpegel für eine individuelle Beurteilung nicht relevant.
Es wird von einem in der Kategorie 5 definierten Immissionsgrenzwert von 55 dB ausgegangen. Es ist nicht bekannt, welcher Immissionsgrenzwert damit gemeint ist, weil es generell in gewerberechtlichen Verfahren um die Änderung der örtlichen Verhältnisse geht.
Es wird angeführt, dass gemäß ÖAL 3 (Seite 26) bei geschlossenen Fenstern 25 dB nicht überschritten werden dürfen. Dieser Grenzwert bezieht sich auf Immissionen ausgehend von Geräuschen innerhalb des Wohngebäudes und sind deshalb in diesem Fall nicht relevant.
Entsprechend der ÖAL 3 hat die schalltechnische Beurteilung nicht über den Zeitraum der genehmigten Betriebszeiten sondern beispielsweise über den Zeitraum Tag zu erfolgen. Dieser beträgt zwischen 06.00 Uhr und 19.00 Uhr damit 13 Stunden und wurde dieser Beurteilungszeitraum auch im schalltechnischen Projekt berücksichtigt. Die besondere Geräuschcharakteristik einzelner Betriebsgeräusche wurden durch Zuschläge bei der Berechnung der Beurteilungspegel berücksichtigt. Die zugrunde gelegten Emissionen wurden messtechnisch erhoben und der Schallausbreitungsberechnung zugrunde gelegt. Die Berechnung erfolgte gemäß ÖNORM ISO 9613-2 und beinhaltet deshalb auch die unterschiedlichen Frequenzanteile."
4.4. Basierend auf diesem lärmtechnischen Gutachten wurde vom medizinischen Amtssachverständigen folgendes Gutachten abgegeben:
"Im Zuge der heutigen Verhandlung wurde ein Ortsaugenschein bei Betriebsanlage B W B und beim Nachbarhaus P (Terrasse) durchgeführt.
Die Betriebsanlage liegt unmittelbar an der S Landesstraße. Von dieser gelangt über eine eher kundengenutzten Bereich (PKW-Stellplätze) man durch eine offene Halle zum dahinter (abgewandt von der Landesstraße) Lagerplatz. Auf diesem sind unterschiedlichste Baumaterialien (Betonfertigteile, - rohre, Ziegel, Kunststoffbaumaterialien wie Isoliermatten, Rohre, Drainageschläuche) gelagert. Diese werden mit Stapler manipuliert. Eher an der Grundstücksgrenze befinden sich Sand / Schotterlagerplätze, wieder Richtung Landesstraße sind Baueisenteile gelagert.
Die Manipulation des „Losegutes“ (gemeint: Schotter, Sand) wird mit einem Stapler mit Schaufel durchgeführt.
Der persönliche Höreindruck am Betriebsareal und in der Folge auf der Terrasse des Hauses P ist wie folgt zu beschreiben:
Die Umgebungsgeräuschsituation zur Vormittagszeit war durch die KFZ-Vorbeifahrten auf der S Landesstraße geprägt. Im Verkehrsaufkommen waren unregelmäßige Rückgänge der Fahrbewegungen zu beobachten. In diesen Phasen und bei leiseren Vorbeifahrten waren kreissägentypische Geräusche aus größerer Entfernung und andere Baugeräusche von einem Haus gegenüber deutlich zu hören, diese waren sicherlich nicht betriebskausal vom Betriebsgelände stammend.
Die Demonstration eines Schaufelvorganges mit dem Stapler war auf der Terrasse als Vorbeifahrt des Stapler etwa in der gleichen Lautstärke wie die Landesstraßen-KFZ-Vorbeifahrten zu hören, das Schaufeln war – entgegen der ursprünglichen Vermutung, dass es dabei durch das „Scheren“ am Asphalt zu lauten hervorstechenden Einzelereignissen kommt nicht gegeben, da ausdrücklich wie vereinbart, direkt (ohne „Scheren“) entnommen vom Haufen entnommen wurde (zivilrechtliche Regelung).
Aus den schalltechnischen Ausführungen ergibt sich folgende Situation, - auf die schalltechnischen Ausführungen insbesondere auch in Hinblick auf Betriebsumfänge und Betriebszeiten wird verwiesen.
Rechenpunkt |
Bestand Dauerschallpegel |
Bestand Spitzenpegel |
Prognose Dauerschallpegel |
Prognose Spitzenpegel |
RP-1 Grundgr. |
49 dB |
bis 91 dB |
38 dB |
bis 72 dB |
RP-1, 1.OG |
52 dB |
bis 93 dB |
39 dB |
bis 73 dB |
RP-1A, 1.OG |
45 dB |
bis 87 dB |
41 dB |
bis 76 dB |
Gutachten:
Zur Unterscheidung der Begriffe Gesundheitsgefährdung, Belästigung werden im folgenden folgende Definitionen, die in Umweltverfahren verwendet werden wiedergegeben:
Gesundheitsgefährdung,-Belästigung:
In den „Empfehlungen für die Verwendung medizinischer Begriffe im Rahmen umwelthygienischer Beurteilungsverfahren“ veröffentlicht (von M. Haider et. al) in den Mitteilungen der Österr. Sanitätsverwaltung 85. Jhg. (1984) H. 12, werden die Begriffe „Gesundheitsgefährdung und -belästigung“ wie folgt definiert:
Gesundheitsgefährdung:
Als Gesundheitsgefährdung gilt eine Einwirkung (Immission), durch die nach den Erfahrungen der med. Wissenschaft, die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite vom Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.
Die Gesundheitsgefährdung ist also die Erwartbarkeit eines Gesundheitsschadens oder eines hohen Gesundheitsrisikos, die mit den Mitteln der wissenschaftlichen Prognose zu belegen ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann.
Belästigung, Störung des Wohlbefindens, Beeinträchtigung des Wohlbefindens:
Hier handelt es sich weitgehend um subjektive Wahrnehmungsqualitäten jede Immission - vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahrgenommen wird, d.h., dass sie die Wahrnehmungsschwelle überschreitet - kann vom gesunden normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung ist inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stellt noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben kommt es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet wird. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen - wie etwa der geistigen Arbeit, der Lern- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation, ... Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass solche Funktions- und Leistungsstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg sehr wohl zu einer Gesundheitsgefährdung werden können. Da es offenbar weder möglich noch wünschenswert ist, Maßnahmen gegen jedwede geringste subjektiv empfundene Störung zu ergreifen, muss eine Unterscheidung zwischen zumutbarer und unzumutbarer Belästigung getroffen werden. Unzumutbar ist eine Belästigung, wenn sie zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens , zu funktionellen oder organischen Veränderungen führen kann, oder über ein das ortsübliche Ausmaß hinausgeht, wobei in diesem Fall auch die Widmung von Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen sind. (Zitat Ende).
Schallimmissionen - Lärm
Wirkung und Beurteilung Lärm – Angaben zu wirkungsbezogenen Lärmpegeln:
Bei der Beurteilung von Lärm ist allgemein zwischen direkten und indirekten Auswirkungen von Lärmimmissionen auf den Menschen zu unterscheiden. Die Beurteilung ist dabei um den gesetzlichen Vorgaben zu folgen auf den gesunden normal empfindenden Menschen und das Kind abzustellen.
Direkte Wirkungen spielen aufgrund der dafür erforderlichen Höhe der Schallpegel im Umweltbereich nur in Einzelfällen (z.B. bei bestimmten Fertigungsbetrieben) eine Rolle. Sie behandeln Hörstörungen im Sinne von Gehörschäden direkt am Hörorgan. Diese treten ab ca. 85 dB als Dauerschallpegel (z.B. bei Schallexpositionen an Arbeitsplätzen über lange Zeiträume (Jahre) oder deutliche höher gelegene Schallexpositionen (z.B. bei Knalltraumen) auf.
Indirekte Wirkungen sind solche, bei denen nicht das Hörorgan selbst geschädigt wird, sondern über die Geräuschwahrnehmung und deren bewusste und unbewusste Verarbeitung im Organismus unterschiedliche Reaktionen ausgelöst werden. Diese Reaktionen sind im Zusammenhang mit der Funktion des Hörsinnes als Informations- u. Warnorgan zu sehen. Über Verarbeitung der Geräuschwahrnehmung im Gehirn und damit verbundenen vegetativen Reaktionen kann es u.a. zu Veränderungen des Wachheitsgrades, zu Stressreaktionen, Belästigungsreaktionen, Durchblutungsänderungen bestimmter Organsysteme u.ä. kommen. In diesem Zusammenhang werden hohe Dauerlärmeinwirkungen auch als Kofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, - entsprechende Disposition vorausgesetzt - diskutiert.
Bei Außenlärmsituationen von 55 dB LA,eq und darüber nehmen soziale Lärmwirkungen (z.B. Sprachverständnis bei Konversationen) zu, physiologische Reaktionen oder statistische Zunahmen der Infarktmortalität sind ab Dauerlärmbelastungen (d.h. über lange Tageszeiträume) von etwa 60 dB zu beobachten. Diese Untersuchungsergebnisse sind der Community Noise Guidelines der WHO zugrunde gelegt.
Schallimmissionen werden störender empfunden, wenn sich eine bestehende Umgebungsgeräuschsituation maßgeblich verändert.
Projektsbezogene Immissionen – Beurteilung:
Die Pegelspitzen werden aufgrund der Prognose in ihrer Höhe deutlich reduziert und liegen in Bereichen, wie sie vergleichsweise im Straßenverkehr wiederkehrend auftreten können. In Hinblick auf die Betriebsbeschreibung ist absehbar, dass diese häufiger auftreten. Aufgrund der Charakteristik, hier sei beispielsweise „Schergeräusch“ metallischer Arbeitsgeräte oder metallisches Quietschen werden diese Aktivitäten wahrnehmbar sein. Dieser Effekt ist zahlenmäßig wirkungsbezogen nicht quantifizierbar, reduziert aber das Minderungspotenzial. Gegenüber dem Ist-Bestand hinzukommende Be- und Entladungen für Bauschutt sollen einmal täglich über einen Zeitraum von ca. 20 Minuten stattfinden. Dieses Ereignis ist gegenüber der Gesamtimmissionssituation nur eine geringfügige Veränderung und die Spitzenpegel werden durch die Lärmschutzwand reduziert.
Der schalltechnische Sachverständige hat in einer Auflage die Betriebszeit auf die Tageszeit von 6:00 Uhr bis 19:00 Uhr eingeschränkt. Diese Auflage wird aus medizinischer Sicht befürwortet und für notwendig gehalten, da damit auch ausreichende Ruhezeiten sichergestellt werden können.
Die Beurteilung der vorliegenden Situation ergibt, dass durch das projektierte Vorhaben ausgehend von den erhobenen Messergebnissen, der prognostizierten Situation und unter Berücksichtigung der Eindrücke des Ortaugenscheines hinsichtlich der Störwirkungen durch Lärm Verbesserungen eintreten.
Durch die prognostizierten betriebsspezifischen Schallimmissionen ergeben sich keine Gesundheitsbeeinträchtigungen im Sinne erheblicher Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen bezogen auf den Beurteilungsmaßstab eines gesunden Erwachsenen oder Kindes.
Licht – Beschattung durch die Lärmschutzwand bzw. Lagerhalle
Durch die Baumaßnahmen (Lärmschutzwand, Lagerhalle), die im Bereich des Anwesens P in geringer Entfernung zum Wohnhaus dieses teilweise überragend errichtet werden ist sicherlich von einer Änderung der Licht-Schattenverhältnisse und der Aussicht auszugehen. Veränderungen der Belichtung / Besonnung von Räumen und der Aussicht sind unbestreitbar geeignet, subjektiv Belästigungsreaktionen durch das geänderte optische Umfeld hervorzurufen. Regelwerke, die diesbezüglich wirkungsbezogene Auswirkungen beschreiben, fehlen. Belästigungsreaktionen unterliegen einem hohen Maß an Subjektivität, sodass epidemiologisch verlässlich nachweisbare gesundheitlich nachteilige Wirkungen oder körperliche Auswirkungen nicht nachweisbar sind."
4.5. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde von den Bw mit Eingabe vom 16.10.2011 eine weitere Stellungnahme zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung vorgelegt und diesem folgende gutachtliche Stellungnahme des Herrn DI Dr. B vom 12.10.2011 beigelegt.
4.6. Zu dieser Stellungnahme wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen Folgendes ausgeführt:
4.7. In Wahrung des Parteiengehörs wurde dieses ergänzende Gutachten wiederum den Parteien zur Kenntnis gebracht und wurde hiezu sowohl von der Kw als auch von den Bw (unter Beilage einer Stellungnahme des Herrn DI Dr. B) Stellung genommen.
4.7.1 In der schalltechnischen Stellungnahme der T S- GmbH (Erstellerin des schalltechnischen Projektes) vom 21.11.2011 wird ausgeführt: