Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166508/8/Fra/Th

Linz, 21.02.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3. November 2011, VerkR96-3624-2011-BS, betreffend Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt. Die Geldstrafe wird auf 100 Euro herabgesetzt, falls diese uneinbringlich ist, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden festgesetzt.

    II.      Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kostenbeiträge zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe (10 Euro ).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG;

zu II.:      §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 130 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 54 Stunden) verhängt, weil er sich als Lenker des Fahrzeuges Kennzeichen X, PKW, VW Golf, schwarz, in der Gemeinde St. Martin im Mühlkreis, Landesstraße Freiland, Landshaager Straße L1507 bei Strkm. 9,500, am 14.06.2011 um 13.35 Uhr – Anhaltung – obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass der von ihm verwendete Pkw den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass – für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung maßgebende – Teile nicht diesen Vorschriften entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeug entstehen: Es wurde festgestellt, dass beide Seitenholme durchgerostet waren.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung sowie die Beantragung für die Beigebung eines Verteidigers. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Mit Erkenntnis vom 24. Jänner 2012, VwSen-166508/6/Fra/Th, hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den Antrag des Bw auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren abgewiesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat wies in diesem Erkenntnis darauf hin, dass der gegenständliche Tatvorwurf keinen rechtlichen Schwierigkeitsgrad aufweist, weil dem Bw lediglich vorgeworfen wird, sich vor Antritt der Fahrt seines Pkws nicht in zumutbarer Weise davon überzeugt zu haben, dass dieses den Vorschriften des KFG entsprach, weil festgestellt wurde, dass beide Seitenholme durchgerostet waren. Wenn der Bw vorbringt, dass er diesen Mangel als Nichtfachmann nicht hätte erkennen können, kann diese Frage zB. nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme eines verkehrstechnischen Sachverständigen beantwortet werden. Da sohin die Tatbestandsvoraussetzung des letzten Absatzes des § 51a Abs.1 VStG im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, jedoch beide Tatbestandsvoraussetzungen des § 51a Abs.1 leg.cit kumulativ vorliegen müssen, um die beantragte Bewilligung erteilen zu können, war der Antrag abzuweisen. Der Bw wurde im Hinblick auf seine Ausführungen auch darauf hingewiesen, dass die Stellungnahme eines Sachverständigen eingeholt wurde. Diese wurde dem Bw auch zur Kenntnis gebracht. Der Bw wurde gebeten, binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen. Das Erkenntnis betreffend Abweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe wurde laut Nachweis am 30. Jänner 2012 zugestellt. Bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung ist keine Stellungnahme des Bw beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt.

 

Dieser hat erwogen:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion St. Martin im Mühlkreis vom 14.06.2011 wurde der Bw im Zuge einer bezirksweiten Schwerpunktkontrolle zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Da das Fahrzeug einen schlechten Gesamteindruck machte, wurde es zum Kontrollplatz der Kleinzellerkreuzung gelotst. Bei der folgenden Teiluntersuchung durch die Landesregierung mittels Prüfzug wurde festgestellt, dass die Seitenholme durchgerostet waren. Der Mangel war laut Auskunft des Sachverständigen für den Lenker erkennbar, der technische Zustand stellte keine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. In seinem Einspruch gegen die vorangegangen Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 18. Juni 2011 brachte der Bw vor, dass sein Fahrzeug rechtmäßig zum Verkehr zugelassen ist. Für einen Nichtfachmann sei es weder erkennbar noch zumutbar innerhalb der Überprüfungszeit einen möglichen Schaden am Unterboden des Kfz zu erkennen. Eine zusätzliche Überprüfung des Kfz innerhalb der Jahresfrist der Überprüfungszeit sei gesetzlich nicht vorgeschrieben und auch völlig sinnwidrig. Er habe nichts beschädigt oder sonstigen öffentlichen Schaden angerichtet, die Allgemeinheit nicht gefährdet und es ginge auch keine sonstige Gefahr von diesem Umstand aus, da weder die Umwelt, Menschen, Tiere etc. gefährdet oder beschädigt wurde. Wäre eine derartige Gefahr bestanden, wären die Beamten gezwungen gewesen, eine Weiterfahrt zu verbieten. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Er beziehe lediglich ein Nettoeinkommen von 965 Euro monatlich. Die Strafverfügung über 130 Euro sei daher im Verhältnis zu seinem Einkommen zu hoch bemessen. Aufgrund eines Ersuchens der nunmehr belangten Behörde stellte der technische Sachverständige Ing. X in seiner Stellungnahme vom 5. September 2011 fest, dass beim gegenständlichen Pkw bei der am 14. Juni 2011 durchgeführten Verkehrskontrolle folgender Mangel festgestellt wurde: 6.2.1 Fahrerhaus/Karosserie – Allgemeiner Zustand: schwerer Mangel – erkennbar, beide Seitenholme durchgerostet. Laut Mängelkatalog zur Prüf- und Begutachtensstellenverordnung stellen Durchrostungen an tragenden Karosserieteilen wie Seitenholme an Personenkraftwagen einen schweren Mangel dar, weshalb der am Fahrzeug von X festgestellte Mangel auch als schwerer Mangel eingestuft werden musste. Da die Durchrostungen augenscheinlich leicht erkennbar waren, wurde der Mangel auch als "für den Lenker vor Fahrtantritt erkennbar eingestuft". Weiters verwies der Sachverständige auf die vorliegenden Lichtbildbeilagen.

 

In seinem Rechtsmittel gegen das nunmehr angefochtene Straferkenntnis stellt sich der Bw die Frage, warum ihm die Weiterfahrt erlaubt wurde, wenn tatsächlich ein schwerer Mangel vorgelegen wäre. Er müsse sich auf die jährliche Überprüfung verlassen, zumal er seit der letzten Überprüfung keinen Unfall hatte oder sonstige Beschädigungen seit der letzten Überprüfung ersichtlich waren. Er verstehe daher nicht, warum ihm die Behörde unterstelle, dass er den Mangel laut § 102 Abs.1 KFG 1967 als Nichtfachmann erkennen müsse.

 

Aufgrund des eingebrachten Rechtsmittels beauftragte der Oö. Verwaltungssenat einen verkehrstechnischen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Ausführungen des Bw. Der Oö. Verwaltungssenat wies den Sachverständigen darauf hin, dass davon ausgegangen wird, dass am verfahrensgegenständlichen Pkw eine gültige Begutachtungsplakette angebracht war. Da Rostungen von Seitenholmen nicht plötzlich stattfinden, ersuchte der Oö. Verwaltungssenat den Sachverständigen auch dazu Stellung zu nehmen, weshalb der gegenständliche Pkw bis zum Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle als verkehrs- und betriebssicher eingestuft war.

 

In seiner Stellungnahme vom 11. Jänner 2012 wies der technische Sachverständige Ing. X zunächst auf die bereits ergangene Stellungnahme vom 5. September 2011 im gegenständlichen Verfahren hin. Laut Zulassungsschein wurde das gegenständliche Fahrzeug im Juli 1992 erstmals zum Verkehr zugelassen. Das bedeutet, dass der Zeitpunkt für die wiederkehrende Begutachtung nach § 57a KFG 1967 für Juli des jeweiligen Jahres festgelegt ist. Abweichend davon darf die Begutachtung aber auch 1 Monat vor und 4 Monate nach dem Monat der erstmaligen Zulassung erfolgen. Die Teiluntersuchung nach § 58 KFG erfolgte am 14. Juni 2011, was bedeutet, dass die letzte wiederkehrende Begutachtung nach § 57a KFG 1967 bereits vor ca. einem Jahr erfolgte. Aus technischer Sicht ist es nun durchaus denkbar, dass die am 14. Juni 2011 festgestellten Durchrostungen zum Zeitpunkt der Begutachtung nach § 57a KFG 1967 im Jahre 2010 noch nicht vorhanden waren und deshalb die Begutachtung im Vorjahr zu Recht positiv erfolgte. Bei der Begutachtung nach § 57a KFG 1967 handelt es sich um die Feststellung des Istzustandes hinsichtlich Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges. Es wird damit nicht die Verkehrs- und Betriebssicherheit für das gesamte folgende Jahr bescheinigt. Mängel, die zwischenzeitlich auftreten, sind sehr wohl zu beheben. Beispielsweise ist ein Reifen zu erneuern, wenn die Mindestprofiltiefe unterschritten ist. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um einen schweren Mangel am Aufbau des Fahrzeuges. Der linke und rechte Seitenholm war durchgerostet, was auch für den Lenker vor Fahrtantritt leicht ersichtlich war (Lichtbildbeilage). Dass er als Nichtfachmann diese Mängel nicht erkennen hätte können, ist aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar. Bei den vorhandenen Rostlöchern hätten auch bei einem Laien Bedenken aufkommen müssen, welche ihm im Zweifelsfall auch durch einen Fachmann einer Fachwerkstätte – 57a Begutachtungsstelle – bestätigt worden wären. Zur Frage, warum die Weiterfahrt am 14. Juni 2011 nicht untersagt wurde, stellt der Sachverständige abschließend fest, dass die Mängel nicht so gravierend waren, dass "Gefahr im Verzug" vorlag.

 

Der Oö. Verwaltungssenat übermittelte diese gutachtliche Stellungnahme dem Bw in Wahrung des Parteiengehörs. Der Oö. Verwaltungssenat gewährte dem Bw eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme. Diese Frist ist fruchtlos verstrichen und es ist beim Oö. Verwaltungssenat bis zur Erlassung dieses Erkenntnisses keine Stellungnahme seitens des Bw eingelangt.

 

Die gutachtlichen Stellungnahmen des Amtssachverständigen Ing. X waren der Entscheidung, da sie schlüssig begründet sind, zugrunde zu legen. Der Bw hat diesen Stellungnahmen keine Argumente auf gleicher fachlichen Ebene entgegen gebracht. Der Berufung konnte sohin in der Schuldfrage keine Folge gegeben werden, es war diesbezüglich die Berufung abzuweisen.

 

Strafbemessung:

Der Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Bw nicht zugute, weil dieser zwei (nicht einschlägige) Vormerkungen nach der StVO 1960 aufweist. Erschwerende Umstände sind im Verfahren jedoch nicht hervorgekommen. Ebenso sind als Folge der Übertretung keine nachteiligen Folgen evident. Im Hinblick auf das niedrige Einkommen des Bw (965 Euro monatlich) konnte jedoch eine teilweise Strafreduzierung vorgenommen werden. Eine weitere Herabsetzung der Strafe verbietet sich jedoch aus spezialpräventiven Gründen. Der Bw ist darauf hinzuweisen, dass mit der neu bemessenen Strafe der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 2 % ausgeschöpft wurde.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

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