Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166646/8/Ki/CG

Linz, 07.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn DI. Dr. FS, X, vertreten durch Rechtsanwalt GW, X, vom 23. Jänner 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. Jänner 2012, VerkR96-4129-2011-BS, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. März 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.                Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Bezüglich Faktum 2 hat der Berufungswerber zusätzlich zu          den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Beru-   fungsverfahren einen Beitrag von 10,00 Euro, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

I.                     § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG

II.                   §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat gegen den Berufungswerber nachstehendes in der Präambel zitierte Straferkenntnis erlassen:

 

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1) Sie haben die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten.

 

Tatort: Gemeinde O, Landesstraße Freiland, RStraße B 127 bei Strkm. X Bereich zwischen Güterweg D und A, Fahrtrichtung L.

Tatzeit: 27.06.2011, 09:14 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 20 Abs. 2 StVO. 1960

 

2) Sie haben den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Tatort: Gemeinde P, Landesstraße Freiland, RStraße B 127 bei Strkm. X im Ortsgebiet von X, 70 km/h-Bereich zwischen den beiden Ampelkreuzungen, Fahrtrichtung L.

Tatzeit: 27.06.2011, 09:17 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 11 Abs. 1 StVO. 1960

 

Fahrzeug:

Kennzeichen X, PKW, Ferrari 575 Maranello, schwarz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von              falls diese uneinbringlich ist,                 gemäß

                                   Ersatzfreiheitsstrafe von

1)      150,00 Euro  36 Stunden                                         § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960

2)     50,00 Euro  12 Stunden                                         § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen:

20,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 220,00 Euro."

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2012 Berufung, dies mit Berufungsanträgen

 

a)    auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in deren Zuge der Beschuldigte einzuvernehmen ist,

 

b)    auf Zulassung und Durchführung der beantragten Beweise (Einvernahme des Zeugen CS, Ortsaugenschein, Beiziehung eines Kraftfahrzeugsachverständigen, Ausforschung des Lenkers des auch vom Meldungsleger beobachteten Lenkers des Linienbusses und Ladung desselben als Zeugen samt Auftrag zu Mitnahme der Tachoscheibe vom 27. Juni 2011 und PV),

 

c)     Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens und

 

d)    in eventu auf Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

 

In der Begründung wird ausgeführt, dass die spruchgemäßen Feststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung getroffen worden wären. Beide Tatvorwürfe werden bestritten.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 30. Jänner 2012 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000,00 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das lt. Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaf Urfahr-Umgebung eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. März 2012. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Als Zeugen wurden der Meldungsleger, GI. JP, sowie Frau JK einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion x vom 29. Juli 2011 zu Grunde. Darin werden dem Berufungswerber nachstehende Übertretungen der StVO 1960 angelastet:

 

a)    Er habe am 27. Juni 2011 um 09:14 Uhr in der Gemeinde O, B127, StrKm. X, die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten. Der Meldungsleger führte aus, er habe zum angeführten Zeitpunkt den Zivilstreifenwagen auf der Rohrbacher Landesstraße B127 von O kommend in Richtung L gelenkt. Die Fahrgeschwindigkeit habe lt. Tacho ca. 110 km/h betragen. Plötzlich sei er von einem schwarzen Ferrari, Kz X, mit stark überhöhter Geschwindigkeit überholt worden.

 

b)    Er habe am 27. Juni 2011 um 09:17 Uhr in der Gemeinde P, B 127, StrKm. X, den Fahrsteifen gewechselt, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Der Berufungswerber habe seinen Ferrari, Kz X, auf der B127 zwischen den beiden Ampelanlagen in P auf dem rechten Fahrsteifen in Richtung L gelenkt. Vor ihm sei nur ein PKW gefahren. Plötzlich habe er einen Fahrstreifenwechsel auf den linken Fahrstreifen durchgeführt und dadurch die zu diesem Zeitpunkt auf dem linken Fahrstreifen in Richtung L fahrende Lenkerin des PKW, Audi A6, Kz X, KJ, welche ihren PKW daher stark abbremsen musste, behindert. Dies sei auch von GI. P wahrgenommen worden, der zu diesem Zeitpunkt ca. 50 Meter hinter dem von S gelenkten Ferrari auf dem rechten Fahrstreifen fuhr.

 

Bei einer polizeilichen Vernehmung am 28. Juni 2011 gab die Zeugin K bezüglich Vorfalls bei der Ampelkreuzung in P nachstehendes zu Protokoll:

 

"Ich verwendete bei der zweispurigen Richtungsfahrbahn den linken Fahrstreifen. Die Ampel zeigte beim Zufahren vorerst Rotlicht und schaltete dann um, als ich mich weiter näherte. Ich wollte gerade aus durch fahren. In diesen Moment näherte sich der schwarze Ferrari hinter mir auf dem rechten Fahrstreifen.

 

Als ich mich vor der Kreuzung befand, wechselte er plötzlich nach links auf meinem Fahrstreifen, bevor die Ampel auf Grünlicht umschaltete. Ich sah noch, dass auf seinem rechten Fahrstreifen ein PKW vor der Haltelinie stand.

 

Durch dieses Fahrmanöver wurde ich zum Abbremsen genötigt, da es sonst mit Sicherheit zu einem Unfall gekommen wäre. Gleichzeitig hupte ich. Ich sah dann, wie sich der Lenker des Ferrari nach vorne entfernte. In U trafen wir uns wieder im Bereich der Fstraße."

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung erließ daraufhin gegen den Berufungswerber zunächst eine Strafverfügung (VerkR96-4129-2011 vom 3. August 2011), diese wurde von ihm beeinsprucht. Bezüglich des Vorfalles in P führte er in diesem Einspruch aus, dass er einen ordnungsgemäßen, angezeigten Fahrstreifenwechsel im Ortsgebiet, vor einer roten Ampel im Schritttempo, durchgeführt habe. Unrichtig sei, dass bei diesem Manöver jemand gefährdet war, geschweige denn behindert wurde. Der auf der linken Spur nachkommende Audi PKW habe zu seinem PKW mehr als 15 m Sicherheitsabstand und dies bei Schrittgeschwindigkeit und roter Ampel gehabt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren Frau KJ sowie den Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen.

 

Frau K gab bei ihrer Einvernahme am 21. September 2011 zu Protokoll, sie habe sich auf dem Weg zur Arbeit befunden und sei auf dem linken Fahrstreifen gefahren, unmittelbar vor ihr hätten sich keine weiteren Fahrzeuge befunden. Der Verkehr sei flüssig dahingelaufen. Sie sei ca. mit 60 – 70 km/h gefahren, als sie sich der Ampel näherte. Sie fahre dort jeden Tag und sei mit der Örtlichkeit und der Ampelschaltung vertraut. Es sei noch Rotlicht gewesen, sie habe ihre Geschwindigkeit beibehalten und die Ampel habe auf Grün umgeschaltet, sie hätte somit ohne Geschwindigkeitsreduktion durchfahren können. Auf dem rechten Fahrstreifen sei ein Fahrzeug aufgrund des Rotlichtes gestanden. Der angezeigte Lenker sei auf dem rechten Fahrstreifen auf das stehende Fahrzeug zugefahren. Als er gesehen habe, dass die Ampel auf Grün umschaltete, habe er den Blinker gesetzt und sei einfach auf den von ihr benützten Fahrstreifen herausgefahren. Sie seien dabei fast schon auf einer Höhe gewesen. Sie habe ihr Fahrzug derart stark abbremsen müssen, dass im Auto alles herumflog. Sie fuhr ca. mit 60 – 70 km/h. Sie habe sich sehr erschrocken und geärgert und den Lenker angehupt, es sei jedoch keine Reaktion von ihm gekommen. Sie sei zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger gewesen, was die Situation für sie natürlich noch gefährlicher gemacht habe. In L sei sie dann wieder neben dem angezeigten Lenker zu stehen gekommen, sie habe ihm gedeutet, aber es sei auch hier zu keiner Reaktion gekommen. Am Abend habe sie der Polizist kontaktiert, der den Vorfall ebenfalls wahrgenommen hatte.

 

Der Meldungsleger gab bei seiner zeugenschaftlichen Befragung von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung am 27. September 2011 zu Protokoll:

 

Er habe den Zivilstreifenwagen auf der B127 in Fahrtrichtung L gelenkt. Seine Fahrgeschwindigkeit habe ca. 110 km/h lt. Tacho betragen. Es habe normales flüssiges Verkehrsaufkommen geherrscht. Er könne nicht sagen, ob und wie lange der angezeigte Lenker hinter ihm fuhr, er habe ihn erst wahrgenommen, als er ihn überholte und er das Motorgeräusch hörte. Der Überholvorgang sei nach dem Tunnel O, nach der Geschwindigkeitsbeschränkung - dort seien die Fahrzeuge wieder schneller gefahren – gewesen. Er habe sein Fahrzeug mit ca. 110 km/h gelenkt. Wenn der Beschuldigte angebe, dass die Fahrzeuge nur mit 70 – 75 km/h fuhren, könne dies nicht nachvollzogen werden. Da ihn der Lenker äußerst rasch überholte, habe er die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei dem Überholvorgang erheblich überschritten. Bei der telefonischen Konfrontation mit diesem Tatbestand habe der Lenker vorerst angegeben, dass er einverstanden sei, die Geschwindigkeitsüberschreitung mittels Organmandat zu bezahlen. Nach Vorhaltung der zweiten Übertretung, habe er jedoch angegeben, dass Anzeige erstattet werden solle. Die zweite Übertretung habe er aus seiner Perspektive ebenfalls deutlich wahrnehmen können. Er habe sich auf dem rechten Fahrstreifen, ebenso wie der angezeigte Lenker befunden. Vor diesem sei ein Fahrzeug – ob dieses gestanden sei oder auf die Haltelinie zugerollt sei, könne er nicht sagen – gewesen. Die Zeugin sei auf dem linken Fahrstreifen gefahren als plötzlich der angezeigte Lenker auf ihren Fahrstreifen wechselte. Er habe augenscheinlich und auf Grund des Bremslichtes deutlich wahrnehmen können, dass diese ihr Fahrzeug aufgrund des abrupten Fahrstreifenwechsels stark abbremsen musste. Er habe sich das Kennzeichen des angezeigten Lenkers und der Zeugin notiert und mit diesen Kontakt aufgenommen.

 

Der Berufungswerber bestritt bei einer Einvernahme am 20. Oktober 2011 weiterhin die Tatvorwürfe und letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt der Rechtsmittelwerber weiterhin die Tatvorwürfe. Die Zeugen bestätigten im Wesentlichen ihre bereits im erstinstanzlichen Verfahren getätigten Aussagen. Auf ausdrückliches Befragen gab der Meldungsleger jedoch zu Protokoll, dass der Tacho des Dienstfahrzeuges nicht geeicht war, er allerdings die Geschwindigkeit vom Tacho abgelesen hat. Der Überholvorgang sei sehr rasch erfolgt. Bezüglich des Vorfalles in P verblieb er bei seinen Angaben.

 

Die Zeugin K bestätigte ebenfalls ihre bereits getätigten Aussagen. Sie habe eine starke Bremsung durchführen müssen, im Zuge dieser Bremsung sei die Handtasche nach vorne geschleudert worden.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zunächst, dass den Aussagen der beiden Zeugen Glauben zu schenken ist. Es ist zu berücksichtigen, dass beide unter Wahrheitspflicht standen, überdies sind ihre Angaben nicht unschlüssig bzw. widersprechen diese nicht den Erfahrungen des Lebens.

 

Dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist aus bereits abgeschlossenen Verfahren bekannt, dass aus technischer Sicht selbst bei einem geeichten Tachometer die abgelesene Geschwindigkeit um 10 % zu reduzieren ist. Bei nicht geeichten Tachometern ist überdies ein noch größerer Abzug vorzunehmen. Wenn somit der Meldungsleger angibt, er habe vom Tacho seines Fahrzeuges 110 km/h abgelesen, so ist damit nicht mit Sicherheit nachgewiesen, dass er tatsächlich mit dieser Geschwindigkeit unterwegs war, diese könnte auch durchwegs in einen Bereich unter 100 km/h gelegen sein. Darüber hinaus hat der Meldungsleger jedenfalls aus subjektiver Sicht angegeben, dass der Geschwindigkeitsunterschied zwischen seinem Dienstfahrzeug und dem überholenden vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug ca. 20 – 30 km/h betragen hat. Es kann daher aus objektiver Sicht nicht ausgeschlossen werden, dass tatsächlich der Berufungswerber sein Fahrzeug im Rahmen der gesetzlich zulässigen Geschwindigkeit gelenkt hat, jedenfalls ist im konkreten Falle die vorgeworfene Überschreitung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit (in dubio pro reo) nachzuweisen.

 

Anders verhält es sich hinsichtlich Faktum 2. Es mag durchaus zutreffen, dass der Berufungswerber und dessen Mitfahrer die Situation nicht belastend wahrgenommen haben. Andererseits konnte die Zeugin K glaubwürdig darlegen, dass sie durch das Fahrmanöver des Berufungswerbers eine starke Bremsung durchführen musste. Dass dies eine Behinderung darstellt, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung. Der Berufungswerber selbst hat ausgeführt, dass sein Beifahrer in der konkreten Situation nichts erwähnt hat bzw. lässt sich daraus ableiten, dass er tatsächlich die Situation nicht so wahrgenommen hat, dass seine Aussage für die Entscheidungsfindung relevant wäre, weshalb aus objektiver Sicht dessen Einvernahme nicht erforderlich ist.

 

Zur Frage des Ortsaugenscheines bzw. eine Gutachtens eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen wird ausgeführt, dass wohl meter- und sekundengenaue Angaben über den konkreten Vorfall nicht mehr möglich sind. Es wird daher den Angaben der Zeugen grundsätzlich Glauben geschenkt. Dazu wird festgestellt, dass naturgemäß die Angaben über Vorgänge, welche im Zuge eines Verkehrsgeschehens wahrgenommen werden, nicht exakte Positions- bzw. Zeitangaben zu jeder Phase des Geschehens enthalten können. Konkret ist jedenfalls das von den Zeugen tatsächlich wahrgenommene Geschehen einer rein theoretischen wissenschaftlichen Betrachtungsweise vorzuziehen. Es ist daher auch die Aufnahme dieser Beweise aus objektiver Sicht entbehrlich.

 

Im Ergebnis stellt daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass der Berufungswerber im Zuge seines Fahrstreifenwechsels zur vorgeworfenen Tatzeit im Bereich des vorgeworfenen Tatortes tatsächlich die Zeugin K jedenfalls behindert hat.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zu Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Dazu wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt. Dieser Grundsatz ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheiden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte.

 

Hinsichtlich Faktum 1 des Straferkenntnisses kommt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, wie oben bereits dargelegt wurde, zum Ergebnis, dass – bezogen auf den konkreten Fall - das Ablesen der Geschwindigkeit vom nichtgeeichten Tachometer des Dienstfahrzeuges alleine nicht ausreicht, dem Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Übertretung (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) nachzuweisen.

 

Es war daher in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis zu beheben bzw. das Verfahren einzustellen.

 

3.2. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach dem Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 11 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber tatsächlich im Bereich des vorgeworfenen Tatortes zur vorgeworfenen Tatzeit vom rechten Geradeausfahrstreifen auf den linken Geradeausfahrstreifen wechselte und sich dabei offensichtlich nicht überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung  oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Durch sein Fahrmanöver war die Zeugin K genötigt, eine starke Bremsung durchzuführen, anderenfalls wäre es nach allgemeiner Lebenserfahrung zu einem Verkehrsunfall gekommen.

 

Der Berufungswerber hat die ihm diesbezüglich zur Last gelegte Verwaltungsübertretung somit in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden. Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

Was die Straffestsetzung (§19 VStG) anbelangt, so hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung mildernd das Nichtvorliegen von verkehrsrechtlichen Verwaltungsstrafvormerkungen gewertet bzw. festgestellt, dass erschwerende Umstände im Verfahren nicht zu Tage traten. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten wurden geschätzt, diesen Angaben wurde nicht entgegengetreten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet, dass unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens im vorliegenden Falle sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe durchaus milde bemessen wurden. Die verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Berufungswerber im eigenen Interesse von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Der Berufungswerber wurde sohin auch durch die Strafbemessung nicht in seinen Rechten verletzt.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Alfred Kisch

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.


VwGH vom 29.06.2012, Zl.: 2012/02/0087-6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum