Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166601/2/Bi/Rei

Linz, 28.02.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W R, L, I, vertreten durch Frau Mag. S W, W,L, vom 12. Jänner 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Kirchdorf/Krems vom 2. Jänner 2012, VerkR96-9784-2011-Wf, wegen einer Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, als dieser zu lauten hat: "Sie haben am 2.9.2011 um 11.50 Uhr den Pkw X im Ortsgebiet Kirchdorf/Krems auf der Garnisonstraße im Bereich der Einmündung in die Pyhrnpaß Straße B138 gelenkt und während des Fahrens ohne Benützung einer Freisprech­einrichtung telefoniert, was bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden sei; er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung, obwohl angeboten, verweigert..." Die Geldstrafe wird auf 55 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 5,50 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 102 Abs.3 5.Satz iVm 134 Abs.3c KFG 1967 eine Geldstrafe von 60 Euro (20 Stunden EFS) verhängt, weil er am 2. September 2011 um ca 11.50 Uhr den Pkw X in Kirchdorf/K. auf der Garnisonstraße bis zur Einmündung in die Pyhrnpaß Straße B138 gelenkt habe, wobei er als Lenker während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprech­einrichtung im Sinne der Verordnung vom 11. Mai 1999, BGBL.II Nr.152/1999, telefoniert habe. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden; er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung, obwohl angeboten, verweigert.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw bestreitet nicht, im stehenden Fahrzeug telefoniert zu haben; das habe er auch vor Ort zugegeben, wie der Beamte richtig ausführe. Die Behörde habe aber das Gesetz nicht richtig zitiert, es gehe nicht um Telefonieren "während der Fahrt" sondern "während des Fahrens". Das stelle einen deutlichen Unterschied insofern dar, weil zur "Fahrt" könne man bei weiter Auslegung auch die Unterbrechung eines Stehenbleibens bei einer Kreuzung zählen, zum "Fahren" aber keinesfalls. Auch der VwGH habe im Erkenntnis 2000/02/0154 ausgeführt: "...können nämlich Fahrmanöver nicht auf bloße Lenkbewegungen (Bedienung des Lenkrades) reduziert werden, sondern ist daneben auch noch die Betätigung von anderen Fahrzeugein­richtungen (zB des Fahrtrichtungsanzeigers) erforderlich, könnte dem erwähnten Grundsatz betreffend das Festhalten der Lenkvorrichtung nicht entsprochen werden, wenn gleichzeitig ein Mobiltelefon (auch ohne Zustandekommen eines Gespräches) bedient wird." Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu eine Ermahnung oder die Senkung der Strafe auf ein Mindestmaß.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker des genannten Pkw auf der Garnisonstraße vor der Einmündung in die B138 stehenblieb und links blinkte. Nach der Feststellung des auf der B138 von Schlierbach in Richtung Micheldorf mit einem Dienst-Motorrad zur Kreuzung kommenden Anzeigers GI S telefonierte er im stehenden Fahrzeug ohne Freisprecheinrichtung. Der Anzeiger führte bei seiner Zeugenein­vernahme am 11. November 2011 vor der Erstinstanz aus, er habe den Lenker bei der Kreuzung den Querverkehr beobachtend stehen gesehen, während er das Mobiltelefon mit der linken Hand ans Ohr gehalten habe. Er habe daraufhin sein Motorrad in die Garnisonstraße gelenkt und sei neben dem Bw stehen geblieben, der weiter telefoniert habe. Nach Ende des Gesprächs habe er ihn beanstandet, worauf der Bw der Meinung gewesen sei, er dürfe telefonieren, weil er ja stehe. Er habe die Bezahlung des angebotenen Organmandats verweigert.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 102 Abs.3 5.Satz KFG 1967 ist dem Lenker während des Fahrens das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten.

Gemäß § 134 Abs.3c KFG 1967 begeht, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die in § 102 Abs.3 5.Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungs­übertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 50 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.

 

Der Bw hat nicht bestritten, ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung telefoniert zu haben. Er befand sich dabei auf einer nicht gerade wenig frequentierten Straße mit öffentlichem Verkehr im Ortsgebiet von Kirchdorf, war bei laufendem Motor zum Linkseinbiegen, also zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet stehengeblieben und blinkte links. Sein Anhalten vor der Kreuzung war in Beachtung des Vorranges des Querverkehrs auf der B138, demnach durch die Verkehrslage erzwungen.

Im ggst Fall wird eine Behinderung des nachkommenden Verkehrs nicht behauptet. Der Bw hat sein Anhalten vor der Kreuzung zwar zunächst der Vorrangsituation auf der B138 angepasst, dann aber offenbar ausschließlich der Länge seines Telefonats und er hat auch nicht zu telefonieren aufgehört, als der Anzeiger neben ihm stand.

 

Der im Gesetzestext enthaltene Begriff "während des Fahrens" unterscheidet sich insofern nicht vom Begriff "während der Fahrt", als der Bw seine "Fahrt" in seiner Position vor der Kreuzung Garnisonstraße – B138 ebenso wenig beendet hatte wie das "Fahren", zumal der Pkw nicht (zum Halten oder Parken) abgestellt war und der Motor lief. Der Pkw des Bw befand sich im fließenden Verkehr, gleichgültig ob er bei Beginn bzw Annehmen eines Telefongesprächs in Bewegung war oder nicht. Ein im Fließverkehr befindlicher Lenker muss jederzeit damit rechnen, Fahrzeugeinrichtungen betätigen zu müssen, sei es zum Ausweichen, zum Weiterfahren oder um einen für ein Telefongespräch geeigneten Abstellplatz für das Fahrzeug aufzusuchen; dass dabei mit einem Mobiltelefon in der Hand ein erhöhtes Unfallrisiko besteht, bedarf wohl keiner Erläuterung. Die Vorgangsweise des Bw, einfach mitten im Kreuzungsbereich stehenzubleiben um in Ruhe zu telefonieren, ist nicht geeignet, Zweifel an der Erfüllung der Tatbestands­mäßigkeit seines Verhaltens im Hinblick auf die ihm zur Last gelegten Verwaltungs­übertretung zu erwecken.

Abgesehen davon ist die Verfolgungsverjährungsfrist nicht abgelaufen, sodass gemäß § 44a Z1 VStG der Tatvorwurf im Sinne des im § 102 Abs.3 5.Satz KFG 1967 enthaltenen Terminus "während des Fahrens" zu korrigieren war.

 

Die vom Meldungsleger am Ort des Telefonierens begonnene Amtshandlung  war als Anhaltung im Sinne des § 97 Abs.5 StVO 1960 zu qualifizieren, was der Bw auch nicht bezweifelt hat. Er hat auch nicht bestritten, ein ihm angebotenes Organmandat abgelehnt zu haben. Er hat damit zweifellos den ihm nunmehr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

Vonseiten des UVS ist ein geringfügiges Verschulden insofern nicht zu erblicken, als der Bw auch nicht zu telefonieren aufgehört hat, als der Meldungsleger mit dem Motorrad neben ihm stand. Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG ist damit ausgeschlossen.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.3c KFG 1967 bei Ablehnung der Bezahlung der Organstrafverfügung von 50 Euro bis 72 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 24 Stunden Ersatz­frei­heits­strafe reicht.

Der Einkommensschätzung der Erstinstanz hat der Bw nicht widersprochen (1.600 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten). Der Bw war  aber zum Vorfallszeitpunkt unbescholten – alle Vormerkungen stammen aus der Zeit nachher – was als Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen wäre; erschwerend war nichts. Damit war eine Strafherabsetzung gerechtfertigt. Die nunmehr verhängte Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft von der Begehung derartiger Übertretungen abhalten.     

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt – während des Fahrens

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 28.03.2014, Zl.: 2012/02/0070-6

 

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