Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420719/9/Br/Th

Linz, 29.02.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde des Herrn S S, geb. x, H, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A K, Rechtsanwalt, S, S, nach dem 26.11.2011 bis 21.12.2011, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Verweigerung der Ausfolgung des Führerscheins an den Beschwerdeführer, durch ein dem Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz zurechenbares Organ, zu Recht:

 

 

I.         Die Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat der Republik Österreich (Bund – Verfahrenspartei Bundespolizeidirektion Linz) 426,20 Euro an Kosten  für Vorlage- u. Schriftsatzaufwand binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

Zu II.: § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Schriftsatz vom 9.12.2011 erhebt der Beschwerdeführer die auf Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm. § 67a Abs.1 Z2 AVG gestützte und hier am 10.1.2012 einlangende Beschwerde mit  nachfolgendem Inhalt:

"I.        In umseits bezeichneter Beschwerdesache hat der Beschwerdeführer mit seiner Vertretung Herrn Dr. A K, Rechtsanwalt, S, S, betraut und beruft sich dieser gem. § 8 Abs. 1 RAO auf die ihm erteilte Bevollmächtigung.

 

Der Beschwerdeführer erhebt gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungspolizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt von Sicherheitsorganen der Bundespolizeidirektion Linz (Stadtpolizeikommandos Linz, Polizeiinspektion Nietzschestraße 33, bzw. Strafamt -Führerscheinentzugsreferat und der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, (Verkehrsamt -Führerscheinentzugsreferat) innerhalb offener Frist

 

B e s c h w e r d e

 

gem. § 129a Abs. 1 Zif. 2 B-VG an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und beantragt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte.

 

 

II.        Der Beschwerdeführer hat in den frühen Morgenstunden des 26.11.2011 seine Mutter C B angerufen und gebeten, sie möge ihn und seinen Freund B G abholen, da sie im Zuge des Ausmalens der neuen Wohnung schon zu viel Alkohol konsumiert hätten und selbst nicht mehr fahren könnten. Die Mutter hat daraufhin ihren Bekannten L K gebeten, sie von ihrer Wohnung mit ihrem PKW zum PKW des Beschwerdeführers, der auf einem Parkplatz in der Nähe der neuen Wohnung (auch in der Nähe des AI) abgestellt gewesen ist, zu bringen. Dort hat der Beschwerdeführer und sein Freund bereits beim PKW gewartet und seiner Mutter den Fahrzeugschlüssel ausgehändigt und selbst am Beifahrersitz Platz genommen, während der Freund hinten eingestiegen ist. Herr K ist dann wieder mit dem PKW der Mutter zurückgefahren. In der Folge entwickelte sich eine Diskussion zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter, da die Fahrt plötzlich nicht mehr zur Freundin des B G nach K und dann zum damaligen Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers N gehen sollte, sondern zuvor noch zu einem Kurzbesuch in ein Lokal nach Gallneukirchen. Nach längerem Hin und Her gab die Mutter nach und fuhr Richtung A.

Nachdem sie zuvor von einem entgegenkommenden Fahrzeug geblendet wurde, kam sie in einer starken Rechtskurve kurz vor dem Ortsende von Linz nach links von der Fahrbahn ab und stieß mit dem PKW des Beschwerdeführers gegen einen Gartenzaun bzw. Hecke, wodurch das Fahrzeug zum Stillstand kam.

 

Durch den Anstoß sind die Mitfahrer aufgewacht und haben geschrien. Nach dem Aussteigen haben sie eine Verletzung verneint. Während die ebenfalls ausgestiegene Mutter feststellen musste, dass das Fahrzeug im Gartenzaun bzw. der Hecke unverrückbar feststeckte und die weiteren Maßnahmen überlegte, war plötzlich der Freund des Beschwerdeführers, B G, nicht mehr an der Unfallstelle. Die Mutter bedeutete dem Beschwerdeführer, beim Auto zu bleiben und machte sich auf die Suche nach B G, da sie sich Sorgen um ihn wegen seiner starken Alkoholisierung und einer möglicherweise doch erlittenen Verletzung gemacht hat. Obwohl sie bei Nässe und Regen die Umgebung ca. eine halbe Stunde vergeblich nach B abgesucht hat, konnte sie ihn nicht entdecken und kehrte auch über eine Wiese zur Unfallstelle zurück. Dort war bereits eine Polizeiaktion im Gange und hat die Mutter den Beamten sofort mitgeteilt, dass sie als Lenkerin den Unfall verursacht habe und nach dem Mitfahrer vergeblich gesucht habe.

 

Da der stark alkoholisierte Beschwerdeführer dann ausfällig und aggressiv wurde, wurde die Festnahme gegen ihn ausgesprochen und er letztlich ins Polizeianhaltezentrum Nietzschestraße gebracht, wo er bis 10.30 Uhr angehalten wurde.

 

Überall die geschilderten Vorgänge hat der Beschwerdeführer aufgrund seiner sehr starken Alkoholisierung bis zu seinem Aufwachen knapp vor der Enthaftung aus dem Polizeianhaltezentrum keine eigene Erinnerung.

 

Am Abend des 26.11.2011 hat sich der Beschwerdeführer telefonisch bei der Bundespolizeidirektion Nietzschestraße über den Verbleib seines Führerscheins erkundigt. Es wurde ihm gesagt, dass er persönlich vorbeikommen solle, was er am nächsten oder übernächsten Tag auch mit seiner Mutter gemacht hat und sich bei den in die Amtshandlungen involvierten Beamten auch entschuldigt hat.

 

Auf die Frage nach dem Verbleib seines Führerscheins wurde ihm mitgeteilt, dass dieser an die BH Linz-Land geschickt wurde. Eine persönliche Vorsprache dort ergab, dass der Führerschein noch nicht eingelangt sei, er solle wieder anrufen. Dies hat der Beschwerdeführer auch getan und bei einem Herrn K die Auskunft erhalten, dass er die Sache bearbeite, es aber noch einige Tage dauern werde und er nach Erhalt des Bescheides dann dagegen ein Rechtsmittel einlegen könne. Bei einem dieser Telefongespräche erwähnte der Beschwerdeführer auch, dass er demnächst von N nach L in die H übersiedeln und sich dorthin ummelden werde. Er erhielt dann die Auskunft, dass er den Bescheid dorthin geschickt bekomme. Nach der Ummeldung vom 13.12.2011 hat der Beschwerdeführer wieder telefonisch nachgefragt, wann er den Führerschein oder den Bescheid nun erhalten werde und wurde er dann ans Verkehrsamt in die Nietzschestraße verwiesen. Dort wurde ihm dann mitgeteilt, dass er den Entzugsbescheid in einigen Tagen bekommen müsse, worauf der Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.12.2011, FE-1613/2011, NSch 418/2011, am 27.12.2011 postalisch hinterlegt wurde.

 

Eine Bestätigung über die Vorläufige Abnahme der Lenkerberechtigung wurde dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt ausgefolgt.

 

B e w e i s:   Zeugin C B, geb. x, D, I, L K, Bauleiter, F, M, B G, Maler, M, L, PV, Haftbestätigung vom 26.11.2011 der BPD Linz, Verkehrsunfallanzeige des Stadtpolizeikommandos Linz vom 26.11.2011 und Mandatsbescheid vom 21.12.2011, Meldebestätigung vom 13.12.2011

 

 

III)     Beschwerdelegitimation

 

Der Beschwerdeführer beanstandet ausdrücklich nicht seine Festnahme, sondern lediglich die Abnahme der von der BH Linz-Land am 10.06.2011 unter ZI. x, für die Klasse B erteilten Lenkerberechtigung am 26.11.2011 ohne Aushändigung einer Abnahmebestätigung

von Organen des Stadtpolizeikommandos Linz, dies obwohl er sein Fahrzeug mit dem pol. Kennzeichen x zum Unfallszeitpunkt weder gelenkt hat noch in Betrieb zu nehmen versucht hat.

 

Trotz zahlreicher persönlicher und telefonischer Anbringen zur Aushändigung der abgenommenen Lenkerberechtigung wurde diese entgegen den Bestimmungen des Führerscheingesetzes nicht zeitgerecht wieder ausgefolgt und erst mit dem am 27.12.2011 zugestellten Mandatsbescheid vom 21.12.2011 der BPD Linz formell ab 21.12.2011 entzogen.

 

Die Abnahme vom 26.11.2011 und die nachfolgende Verweigerung der Wiederausfolgung der Lenkerberechtigung durch die belangten Behörden waren zumindest bis 21.12.2011 rechtswidrig.

 

Der Beschwerdeführer war daher durch rechtswidrige Vorgänge gehindert, zwischen 26.11. und 21.12.2011 von seiner Lenkerberechtigung Gebrauch zu machen.

 

Welchen Behörden die rechtswidrige Nichtausfolgung für welche Zeiträume genau vorzuwerfen ist, vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen, zumal er mit zumutbaren Mitteln den genauen zeitlichen Ablauf der gegenständlichen Aktenübersendungen zwischen Bundespolizeidirektion Linz und Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nicht darstellen kann.

 

IV.      Die Beschwerde erscheint rechtzeitig, zumal sie innerhalb der 6-wöchigen Frist gerechnet ab 26.11.2011, dem frühest möglichen Zeitpunkt eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes geltend gemacht wird.

 

V.        Der Beschwerdeführer stellt daher an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes nachstehende

A n t r ä g e:

 

1. auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung samt Beiziehung der angebotenen Zeugen und Verwaltungsakten

 

2. auf Fällung nachstehenden

 

Erkenntnisses:

 

Der Beschwerdeführer war dadurch, dass ihm am 26.11.2011 die ihm von der BH Linz-Land am 10.6.2011 unter ZI x für die Klasse B erteilte Lenkerberechtigung

a)         ohne Ausfolgung einer Bestätigung über die vorläufige Abnahme der Lenkerberechtigung von abgenommen wurde und

b)         die Lenkerberechtigung trotz mehrfacher Aufforderung zur Wiederausfolgung weder von der Bundespolizeidirektion Linz noch von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bis zum 21.12.2011 ausgefolgt worden ist, rechtswidrig im Gebrauch seiner Lenkerberechtigung durch rechtswidrige Verwaltungsakte gehindert.

 

Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörden ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Händen seines Vertreters die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen und wird Kostenzuspruch gem. der UVS-Aufwandsverordnung beantragt.

 

S, am 9.12.2011                                                                                            S S."

 

 

2. Gemäß Art 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat forderte die belangte Behörde am 10. Jänner 2012 zur Aktenvorlage binnen vier Wochen und  zur Erstattung einer Gegenschrift auf.

Am 10.2.2012 erstattet die belangte Behörde eine Gegenschrift mit umfassender Darlegung des Sachverhaltes.

Zusammenfassend vermeint die belangte Behörde der  Beschwerdeführer sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Unfalllenker zu vermuten gewesen. Die bei ihm durchgeführte Atemluftuntersuchung habe einen Wert von 0,92 mg/l ergeben. Nach der Atemluftuntersuchung sei der Beschwerdeführer so aggressiv geworden, dass dessen Festnahme auszusprechen gewesen sei.

Der Führerschein habe dem Beschwerdeführer auf Grund des Messergebnisses nach § 39 Abs.2 FSG angenommen werden müssen (Hinweis auf VwGH 18.6.2008, 2005/11/0048).

Die anschließende Nichtausfolgung des  Führerscheins erachtete die belangte Behörde im § 39 Abs.4 FSG gedeckt. Die Weiterleitung des Führerscheins an die (zu diesem Zeitpunkt noch) zuständige Behörde – der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - zum Führerscheinverfahren sei zeitgerecht erfolgt. Durch die Wohnsitzverlegung des Beschwerdeführer am 13.12.2011 änderte sich jedoch die Zuständigkeit, sodass diese Behörde mit Schreiben vom 14.12.2011 den Verfahrensakt wieder rückleitete, wo er beim  dortigen Verkehrsamt am 19.12.2011 einlangte.

Das aus nicht nachvollziehbaren Gründen der Beschwerdeführer nicht in den Besitz der Abnahmebestätigung gelangt sei, könnte weder eine Gesetzwidrigkeit der Abnahme, noch eine solche der unterbliebenen Ausfolgung begründen.

Eine rechtswidrige Untätigkeit erblickt die belangte Behörde in der Verweigerung der Wiederausfolgung des Führerscheins ebenfalls nicht.

Die Beamten hätten sich während der gesamten Amtshandlung korrekt verhalten.

Die belangte Behörde beantragt abschließend die Abweisung oder Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig, sowie  den Zuspruch der  Kosten gemäß der UVS-AufwandsentschädigungsVO in Höhe von insgesamt 426,200 Euro (Schriftsatz- u. Vorlageaufwand) in eventu – im Falle der Durchführung einer Verhandlung – zusätzlich den Verhandlungsaufwand mit 461,00 Euro.

Mit diesen Ausführungen ist die belangte Behörde im Recht!

 

 

3.1. Dem Rechtsvertreter wurde diese Gegenschrift mit h. Schreiben vom 15.2.2012 per E-Mail zugeleitet und über deren Eingang eine fernmündliche Bestätigung eingeholt. Es wurde eine Frist zu einer Replik in der Dauer von zwei Wochen eröffnet. Über Ersuchen des Beschwerdeführervertreters wurden diesem am 16.2.2012 auch noch die von der belangten Behörde übermittelten zeugenschaftlichen Niederschriften der einschreitenden Beamten RevInsp. H und GrInsp. S nachgereicht.

 

 

3.2. Darauf repliziert der Beschwerdeführer unter nochmaliger chronologischer Zusammenfassung der Ereignisse der Unfallnacht mit einem umfassenden Schriftsatz. Die Nichtausfolgung einer Abnahmebescheinigung sowie die Nichtausfolgung des Führerscheins binnen drei Tagen wird als gesichert dargestellt und daher auf die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die angeblich ausgestellte Abnahmebescheinigung sei ihm nicht persönlich ausgefolgt worden. Auf die weiteren Ausführungen zum Thema Abnahmebescheinigung und zur Annahme der Lenkereigenschaft (Seite 3 bis 7 oben) ist mit Blick auf das hierzu gesonderte Verfahren wegen des Verdachtes der Alkofahrt und den daraus resultierenden Führerscheinentzug ist hier nicht weiter einzugehen.

Nicht von Relevanz erscheinen ferner die Ausführungen zur Frage der "zeitgerechten Aktenbearbeitung". Nicht zuletzt hat der Berufungswerber die Verzögerung durch seinen Wohnsitzwechsel und der damit verbundenen Notwendigkeit der Aktenrückabtretung selbst verursacht.

Entgegen zu halten ist dem Beschwerdeführer der Umstand der erst zwei Wochen nach Zustellung des Mandatsbescheides, nämlich am 9.1.2012 eingebrachten, jedoch bereits  mit 9.12.2011 datierten Beschwerde.

Insbesondere erweist sich die Auffassung des Vorliegens einer Zwangsmaßnahme als verfehlt. Ebenfalls die Rüge über den Vorenthalt des Führerscheins und vermeintlich darin eine (beschwerdefähige) qualifizierte Unterlassung erblicken zu können. Dabei wird übersehen, dass ein vorläufig abgenommener Führerschein nur dann ausgefolgt werden darf, wenn kein Entzugsverfahren eingeleitet wird. Dies war hier zwingend einzuleiten und ist offenbar noch anhängig.

Der Hinweis auf § 2 StGB und die Gleichwertigkeit von Tun und Unterlassen bei Erfolgsdelikten, wenn aus Rechtspflichten eine Garantenstellung abgeleitet werden kann, erweist sich als unerfindlich.  Im Zusammenhang mit Alkofahrten, deren der Beschwerdeführer wohl dringend verdächtig war, kommt der verpflichtenden Führerscheinabnahme ein Sicherungscharakter zu und die privaten Interessen am Besitz des Führerscheins treten gegenüber den Schutzinteressen der Öffentlichkeit zurück (vgl. VwGH 19.7.2002, 2000/11/0171).

Mit dem Hinweis auf die Ausfolgungspflicht binnen drei Tagen übersieht der Beschwerdeführer offenbar grundlegend die Einschränkung, dass dies gerade nicht für den Fall gilt, wenn ein Entzugsverfahren eingeleitet wird. Das dies zu geschehen hatte folgt der nachgenannten Faktenlage. Als völlig verfehlt erweist sich der abschließende Hinweis auf § 229 StGB.

Mit dem offenkundigen Versuch des Beschwerdeführers über dieses Beschwerdeverfahren den Führerschein etwa zurück zu bekommen, verkennt er nicht nur die Rechtslage nach dem Führerscheingesetz, sondern auch, wie nachfolgend noch auszuführen, den Rechtszweck der sogenannten Maßnahmenbeschwerde.

 

 

3.3. Dem 39 FSG folgend sind bei Verdacht einer Alkofahrt die Organe der Straßenaufsicht zur Abnahme des Führerscheins grundsätzlich verpflichtet. Der vorläufig abgenommene Führerschein ist nach § 39 Abs.3 FSG nur für den Fall, auf Antrag binnen drei Tagen auszufolgen, wenn kein Entziehungsverfahren eingeleitet wird. Das ein solcher Antrag auch bloß telefonisch gestellt werden könnte müsste wohl an sich schon verneint werden. Warum der Beschwerdeführervertreter etwa keinen solchen schriftlichen Antrag stellte, sondern er am 9.12.2011 diese erst einen Monat später der Post zur Beförderung übergebene Beschwerde einbrachte, darf zumindest als bemerkenswert festgestellt werden.

Das ein Entzugsverfahren hier zwingend einzuleiten war und auch wurde, ist wohl zu keinem Zeitpunkt und dürfte selbst vom Beschwerdeführer  kaum in Abrede zu stellen gewesen sein.  Es würde die Rechtslage grundlegend verkannt, sollte die Auffassung vertreten werden, einem auf Grund einer Alkofahrt -  wenn auch vorläufig diesbezüglich nur verdächtigen (vorübergehend verkehrsunzuverlässigen)  Lenker  - gleichsam bis zur Rechtskraft eines Entzugsbescheides den Führerschein belassen zu müssen.

 

 

4. Das Unfallereignis:

Dem Beschwerdeführer wurde der Führerschein aus Anlass eines von ihm vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand am 26.11.2011  gegen 03:30 Uhr, in der A, verursachten Verkehrsunfalls abgenommen. Nach dem durchgeführten Alkotest wurde der Berufungswerber derart aggressiv, sodass auch dessen Festnahme ausgesprochen werden musste. Seine Angaben über die Lenkereigenschaft waren widersprüchlich, wobei er sich teils selbst aber wiederum auch seine Mutter als LenkerIn benannte.  Da er jedoch alleine am Unfallort angetroffen wurde und seine Mutter erst später und – im Gegensatz zu ihm - mit nicht verschmutztem Schuhwerk am Unfallort erschien, gingen die einschreitenden Beamten, wie folglich auch die Behörde im Zuge des laufenden Führerscheinentzugsverfahren offenbar von seiner Lenkereigenschaft aus.

Diesbezüglich ist auf die im Rahmen des Führerscheinverfahrens vor der belangten Behörde abgelegten Zeugenaussage des GrInsp. S  v. 8.2.2012 zu verweisen. Diesem Zeugen gegenüber gab der Beschwerdeführer im Zuge der Unfallaufnahme auf "nochmaliges Befragen" seine Lenkeigenschaft anlässlich der Unfallfahrt zu.

Lebendig und gut nachvollziehbar wird von diesem Zeugen die damalige Situation beschrieben. So etwa der Zustand der Kleidung und des Schuhwerks des Berufungswerbers, welches offenbar, im Gegensatz zu den nachfolgenden Behauptungen der Mutter, keine Zweifel an dessen Lenkereigenschaft  aufkommen ließen.

Vor diesem Hintergrund hegt der Unabhängige Verwaltungssenat selbst an der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung des Führerscheins keine rechtlichen Bedenken, zumal dies in Folge eines alkoholisierten Lenkens zwingend ist.  

Laut Melderegisteranfrage, ZMR-Zahl x, ist der Beschwerdeführer seit 13.12.2011 mit Hauptwohnsitz in  L,  H gemeldet. Betreffend diese Wohnsitzänderung wurde eine Auskunftssperre verfügt.  Bis zu dieser Wohnsitzänderung war der Beschwerdeführer idZ von 08.02.2011 - 13.12.2011 mit Hauptwohnsitz in  der Straße M, N gemeldet.

Warum in der Anzeige vermutlich vom Berufungswerber selbst  als Adresse "K" angegeben wurde kann auf sich bewenden bleiben.

Der Beschwerdeführer verständigte telefonisch offenbar selbst  die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land von seinem beabsichtigten Wohnsitzwechsel nach Linz, wobei ihn diese Behörde über die Rückleitung des Führerscheinaktes offenkundig in Kenntnis setzte. Die Verzögerung bis zur Erlassung des Mandatsbescheides hat er daher nicht zuletzt selbst zu vertreten.

Bei der belangten Behörde (der Bundespolizeidirektion Linz)  lange der Akt schließlich wieder am 19.12.2011 ein und bereits am 21.12.2011 wurde dem Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid die Lenkberechtigung auf acht Monate entzogen und ihm die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen aufgetragen. 

Laut zeugenschaftlicher Aussage des GrInsp. S am 8.2.2012, die dem Beschwerdeführervertreter am 16.2.2012 zur Kenntnis gebracht wurde, geht selbst die Ausfolgung einer Abnahmebestätigung des Führerscheins klar hervor.

Diese wurde während der Anhaltung in Haft zu seinen Effekten genommen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Beschwerde über eine angeblich "zu keinem Zeitpunkt ausgefolgte Abnahmebestätigung" bereits in deren substanziellem Ansatz als verfehlt.

Der Beschwerdeführer scheint offenbar nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, dass als Folge einer Alkofahrt, welche im Rahmen eines entsprechenden Beweisverfahrens nachzuweisen ist, zwingend ein Entzug der Lenkberechtigung einherzugehen hat und einem Bescheid die Aufschiebende Wirkung im Sinne des öffentlichen Wohls abzuerkennen ist (vgl. VwGH v.18.06.2008, 2005/11/0048). Allein vor diesem Hintergrund wäre es nur unschwer nachvollziehbar, dass ihm eine allenfalls tatsächlich verspätet ausgefolgte Abnahmebestätigung ihn nicht zum Recht auf Ausfolgung des Führerscheins verhelfen könnte.

 

 

5. Die obigen über die hier zu klärende Rechtsfrage der Zulässigkeit der Beschwerde hinausgehenden Feststellungen waren der besseren Nachvollziehbarkeit der Sach- u. Rechtslage zu treffen.

 

 

6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

a) Subsidiarität der Maßnahmenbeschwerde:

Eine Maßnahmenbeschwerde stellt nach einschlägiger Lehre und Judikatur nur einen subsidiären Rechtsbehelf dar, sofern die Maßnahme im ordentlichen Verwaltungsverfahren nicht bekämpft werden könnte. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, stellt grundsätzlich keinen Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde dar.

Die hier offenbar vom Berufungswerber als beschwerdefähig erachtete unterlassene Handlungen, hier durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz,  nämlich die über sein behauptetes mehrfaches (telefonisches) Ersuchen vor dem 21.12.2011 unterbliebene Ausfolgung seines Führerscheines – was hier im übrigen rechtskonform scheint -   indiziert jedenfalls keinen Akt der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

 

 

b) In der Sache:

Gemäß § 67a Abs.1 Z2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen. Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim Unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

Als solche Befehls- und Zwangsgewalt versteht die  Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983).

Eine bloße Untätigkeit einer Behörde – ob zu Recht oder Unrecht – erfüllt diesen Begriff grundsätzlich nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Begriffsnotwendig versteht sich darunter ein positives Tun (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (auch Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Befehls- und Zwangsgewaltsausübung definiert sich ferner im einseitigen Eingriff in subjektive Rechte des Betroffenen wenn dabei physischer Zwang ausgeübt wird (vgl. VwGH 29. Juni 2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

 

Die Nichtausfolgung des Führerscheines  stellte bereits nach dem früheren Rechtslage des § 76 Abs.1 KFG 1967 keinen tauglichen Beschwerdegegenstand und keinen Verstoß  gegen Art.5 und 8 StGG, Art.3 und 6 MRK dar, sodass die damals auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen war (VfGH 27.2.1984, B8/83, VfSlg. 9931 mit Hinweis auf VfSlg. 8669/1979).

 

 

Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde ebenfalls nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren – hier im Führerscheinentzugsverfahren - ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN).

 

 

Es handelt sich bei der sogenannten Maßnahmenbeschwerde, wie oben schon dargelegt, um einen subsidiären Rechtsbehelf, der dem Zweck dient, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden.

Demnach sind selbst Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn diese im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (s. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977). Auch Verwaltungsakte, die bloß als Maßnahme zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide anzusehen sind können nicht als Maßnahmen der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden (vgl u.a. VwSlg 11.468 A/1984; VfSlg 11.333/1987; 11.880/1988, 12.091/1989; 12.340/1990; 12.368/1990).

 

 

Da der gegenständlichen Beschwerde aus den angeführten Gründen kein geeignetes Tatsachensubstrat zugrunde liegt, ermangelt es hier primär an einem tauglichen Gegenstand für ein Maßnahmenbeschwerdeverfahren. Auch mit der am 28. 02. 2012 übermittelten Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde wird inhaltlich keine "qualifizierte" und damit beschwerdefähige Unterlassung aufgezeigt.

Sie war daher im Ergebnis mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig iSd § 67c Abs 3 AVG zurückzuweisen.

 

 

7. Eine Kostenentscheidung zugunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde, die gemäß § 79a Abs.3 AVG im Fall der Zurückweisung einer Beschwerde als obsiegende Partei anzusehen ist, waren der belangten Behörde der beantragte Schriftsatz und Vorlageaufwand zuzuerkennen.

Gemäß § 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, sind diese  nach § 79a Abs.5 und Abs.7 AVG im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c AVG, als Aufwandersatz zu leistenden Pauschbeträge für den Vorlageaufwand mit € 57,40 und den Schriftsatzaufwand mit € 368,80.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von Euro 29,90 angefallen [Eingabegebühr € 14,30 u. 4 Beilagen, á € 3,90 gesamt: € 15,60].

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

 

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