Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523081/5/Kof/Rei

Linz, 27.02.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn W W,
geb. x, K, A, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. G O G, S, E gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 09. Jänner 2012, GZ:2010/226185 betreffend Aufforderung, einen Laborbefund über THC und Heroin vorzulegen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs.4 FSG,

  BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.4 und 8 Abs.2 FSG aufgefordert, binnen 1 Monat – gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides –
einen Laborbefund über THC und Heroin zwecks Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (§ 8 FSG) vorzulegen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw am 01. Februar 2012 eine begründete Berufung erhoben.

 

 

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Zur Rechtzeitigkeit der Berufung:

 

Der erstinstanzliche Bescheid wurde am Freitag, dem 13. Jänner 2012 von
Herrn NW (= Vater des Bw) – als Ersatzempfänger iSd § 16 Abs.2 Zustellgesetz -  persönlich übernommen.

 

§ 16 Abs.5 Zustellgesetz lautet auszugsweise:

Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

 

Der Bw bringt in der Berufung vor, er

·     unterhalte an einer exakt angegebenen Adresse auch einen Nebenwohnsitz und

·     sei erst am 20. Jänner 2012 wieder zu seinem Hauptwohnsitz gekommen; 

    sein Vater habe ihm an diesem Tag den erstinstanzlichen Bescheid ausgehändigt.

 

Mit Schreiben vom 23.02.2012 hat der (Rechtsvertreter des) Bw folgende eidesstättige Erklärung des Herrn NW vom 21.02.2012 vorgelegt:

 

"Ich N W, geb. ... erkläre hiemit an Eides statt, dass sich mein Sohn WW,
geb. ...
(= der Bw) in der Zeit vom 09.01.2012 bis 20.01.2012 nicht an
seinem Hauptwohnsitz an der Adresse ......... aufgehalten hat.

Da das Verhältnis zu unserem Sohn leider nicht konfliktfrei ist, ist er in der oben genannten Zeit nicht einmal auf einen Kurzbesuch bei uns vorbeigekommen. Unterschrift"

 

Das Vorbringen des Bw, er habe sich vom Zeitpunkt der Ersatzzustellung
(= 13. Jänner 2012) bis einschließlich 20. Jänner 2012 nicht am Hauptwohnsitz (= Zustelladresse des erstinstanzlichen Bescheides) aufgehalten, kann nicht widerlegt werden.

 

Gemäß § 16 Abs.5 Zustellgesetz gilt dadurch der erstinstanzliche Bescheid mit  Samstag, dem 21. Jänner 2012 als rechtswirksam zugestellt und wurde somit die am Mittwoch, dem 01. Februar 2012 eingebrachte Berufung rechtzeitig erhoben.

 

 

In der Sache selbst:

 

§ 24 Abs.4 FSG lautet auszugsweise:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 leg.cit. einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge,
ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung – im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides – bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann.

Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in der Richtung bestehen, welche die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

Derartige Bedenken sind im Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen.

ständige Rechtsprechung des VwGH

zuletzt Erkenntnis vom 28.06.2011, 2009/11/0095 mit Vorjudikatur

 

Aufforderungsbescheide iSd § 24 Abs.4 FSG sind

-         im Interesse der Verkehrssicherheit bzw.

-         im öffentlichen Interesse

zu erlassen;  VwGH vom 16.07.2009, AW 2009/11/0030  unter Verweis auf den

                    Beschluss vom 15.03.2002, AW 2002/11/0016 mwN.

 

Im vorliegenden Fall wurde der erstinstanzliche Aufforderungsbescheid nach
§ 24 Abs.4 FSG erlassen, da gegen den Bw eine Anzeige wegen Übertretung nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz (Tatzeit: Herbst 2009) vorliegt.

 

Betreffend die "Suchtgiftkriminalität" ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach

- es sich dabei um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt,

- bei dieser die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist  und

- an deren Verhinderung ein großes öffentliches Interesse besteht;

VwGH vom 12.04.2011, 2007/18/0882; vom 15.09.2010, 2010/18/0293; vom 24.09.2009, 2009/18/0317; vom 09.11.2009, 2007/18/0537; vom 02.10.2008, 2007/18/0515; vom 20.04.2006, 2006/18/0074; vom 15.12.2005, 2005/18/0653; vom 07.11.2003, 2003/18/0250; vom 03.11.2010, 2007/18/0533 und

vom 12.10.2010, 2010/21/0335,  jeweils mit Judikaturhinweisen 

      sowie

- strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt wird;

   VwGH vom 13.10.2009, 2009/17/0196

 

Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung ist ein Aufforderungsbescheid (nur) dann rechtmäßig, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dem Betreffenden fehle

·         infolge Suchtmittelabhängigkeit und/oder

·         wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung

die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen;

VwGH vom 24.05.2011, 2011/11/0026 mit Vorjudikatur.

 

Dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sind derartige "ausreichende Anhaltspunkte“ nicht zu entnehmen.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 18,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

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