Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523070/17/Br/Th

Linz, 07.03.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K, geb. x, R, M, vertreten durch J R D & P OG, B, R, gegen den Bescheid der  Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 18.01.2012, GZ.: VerkR21-91-2011, nach der am 17.2.2012 durchgeführten öffentlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, idF BGBl. I Nr. 111/2010, § 8 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010 iVm § 3 Abs.1 Z3, § 5 Abs.5 Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II. Nr. 280/2011.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde in Bestätigung des Mandatsbescheides vom 6.7.2011, AZ.: VerkR21-91-2011, wurde dem Berufungswerber

I. Die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur behördlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 24.09.1982, AZ.: VerkR-0301-52829 erteilte Lenkberechtigung unter Bezugnahme auf  § 24 Abs.1 Z1 und Abs. 4, 25 Abs.1 und 2 Führerscheingesetz, BGBl. Nr. I 120/1997 (FSG) idgF.  entzogen;

II. wurde ihm für den oben angeführten Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG  verboten. 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit,

1. Die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG einzuholen.

 

Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges gemäß § 32 Abs.1 Z. 1 FSG ausdrücklich zu verbieten.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z.1 FSG war es wegen Ihrer derzeit mangelnden gesundheitlichen Eignung erforderlich, Ihnen das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für den angeführten Zeitraum zu verbieten.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion R vom 28.02.2011 wurde ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich der zur Lenkung von Kraftfahrzeugen erforderlichen gesundheitlichen Eignung eingeleitet und die Frau Amtsärztin im Hause am 17.03.2011 um Erstellung eines Gutachtens ersucht.

 

Im amtsärztlichen Gutachten vom 28.06.2011, welches gemäß § 8 Führerscheingesetz erstellt wurde, wird festgestellt, dass Sie derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B aus folgenden Gründen nicht geeignet sind:

 

"Abklärung der gesundheitlichen Eignung wegen Aggressionsdelikt gegen Auto und Personen unter Alkoholeinfluss Silvester 2010.

Bei sehr auffälliger Anamnese ergab sich der Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeitserkrankung sowie auf eine psychiatrische Erkrankung. Die daher erforderliche psychiatrische Abklärung erfolgte am 23.5.2010. Dabei wurde bei Hr. K eine Alkoholabhängigkeitserkrankung bestätigt, wobei die beigebrachten, im Mai 2011 Normbereich liegenden alkoholspezifischen Laborwerte eine Veränderung der Alkoholkonsumgewohnheiten anzeigten. Da jedoch aus fachärztlicher Sicht Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit Impulskontrollstörungen, weiche sich auf das Einhalten von Regeln im Straßenverkehr und auf das Fahrverhalten auswirken können, vorliegt, liegt keine Eignung zum Lenken von Kfz vor und es wird eine stationäre Abklärung empfohlen. Derzeit liegt daher keine Eignung zum Lenken von Kfz vor.

Voraussetzung für eine Wiedererteilung ist eine genaue fachärztliche Abklärung, die Aufnahme einer Behandlung, der Nachweis einer mindestens halbjährlichen Alkohol-Abstinenz, eine neuerliche fachärztliche Stellungnahme mit der Fragestellung der ausreichend langen Behandlung mit Stabilisierung der Erkrankung, sowie eine VPU, wie sie in der jetzigen fachärztlichen Stellungnahme empfohlen wird (Bereitschaft zur Verkehrsanpassung und Auswirkung der Medikamente auf die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit)."

 

Es wurde Ihnen daher mit Mandatsbescheid vom 06.07.2011, VerkR21-91-2011, die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur behördlichen Feststeilung der gesundheitlichen Eignung entzogen und das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten.

 

Weiters wurde Ihnen aufgetragen, den Führerschein unverzüglich abzuliefern.

Gegen diesen Bescheid haben Sie am 14.07.2011 fristgerecht Vorstellung erhoben und gleichzeitig den Führerschein vorgelegt.

 

In weiterer Folge wurde Ihnen am 15.07.2011 mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.

Am 16.08.2011 wurde Amtsärztin im Hause am 16.08.2011 um eine Stellungnahme zum Gutachten der forensischen Neuropsychiatrie vom 07.04.2011, welches von ihnen am 14.07.2011 vorgelegt wurde, ersucht.

 

Am 26.09.2011 erstellte die Amtsärzin dazu nachstehendes Gutachten:

 

„Mit 17. März 2011 wurde aufgrund einer Polizeianzeige vom 28.2.2011 um Erstellung eines Gutachtens im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG hinsichtlich der zur Lenkung von Kraftfahrzeugen erforderlichen gesundheitlichen Eignung ersucht.

Die amtsärztliche Untersuchung erfolgt am 12.4.2011. Aufgrund der durch die Polizeianzeige aktenkundige Vorgeschichte und der amtsärztlich erhobenen Anamnese erhob sich der Verdacht einer psychischen Erkrankung und einer möglichen Alkoholabhängigkeit (Differentialdiagnose gehäufter Alkoholmissbrauch). Auch erhob sich der Verdacht auf eine schwere persönlichkeitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung. Es wurde daher eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme eingefordert und von Herrn K auch vorgelegt.

In dieser psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme wird ausreichend klar dargelegt, warum derzeit keine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bei Herrn K besteht. Sie wurde daher vollinhaltlich übernommen.

 

Die rechtsanwaltlichen Einwände gingen nun dahin, dass ein Gutachten von einem gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie, erstellt am 7.4.2011, keinerlei Hinweise auf eine Alkoholabhängigkeitserkrankung ergeben hätte, dass eine Erkrankung aus dem endogenen Formenkreis ausgeschlossen werden kann, dass keine durchgehende Beeinträchtigung der Affektstruktur bestehe, dass keine Beeinträchtigung der Erkenntnisfähigkeit in kognitiver Hinsicht bestehe, Herr K über eine gestörte Handlungsstruktur verfüge, sämtliche Werte von Aggressivitätsfaktoren im Normbereich liegen und die Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit Impulskontrollstörungen vom Sachverständigen gänzlich ausgeschlossen werden können.

 

Beurteilung:

Das neuropsychiatrische Gutachten wurde zur Frage der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zur Tatzeit (31.12.2010-1.1.2011) sowie zur Frage der allenfalls vorliegenden Voraussetzung zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 StGB erstellt. Es wurde dabei nicht die Auswirkung auf das Lenken von Kraftfahrzeugen beurteilt.

 

Zudem bezieht sich die Fragestellung auf einen konkreten Zeitpunkt zu dem eine strafrechtlich relevante Tat begangen wurde.

Das amtsärztliche Gutachten bezieht sich auf die generelle Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Es sind somit zwei verschiedene Fragestellungen.

 

Im Übrigen kommt die gerichtlich beeidete Sachverständige sehr wohl zur psychiatrischen Diagnose Alkoholmissbrauch und bei genauer Durchsicht der Diagnostik ist diese nicht so unauffällig wie rechtsanwaltlich dargestellt, sondern spiegelt Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung wieder.

Das fachärztlich neuropsychiatrische Gutachten sowie die psychiatrische fachärztliche Stellungnahme widersprechen einander daher nicht.

Da sowohl bei einer schweren persönlichkeitsbedingten Störung des Verhaltens und der Anpassung als auch bei Alkoholmissbrauch laut FSG-GV eine befürwortende fachärztliche Stellungnahme erforderlich ist und diese Befürwortung in der Stellungnahme vom 20.6.2011 nicht erfolgte, bleibt Herr K bis zur Vorlage einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und einer neuerlichen amtsärztlichen Untersuchung aus meiner Sicht nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen."

Dieses negative Gutachten wurde Ihrem Rechtsvertreter telefonisch zur Kenntnis gebracht. Nach mehreren Telefonaten teilte er am 14.10.2011 mit, dass Sie ein neues psychiatrisches Gutachten vorlegen werden. Es wurde vereinbart, dass dann ein neuerliches amtsärztliches Gutachten eingeholt wird.

 

Mit Eingabe vom 12.01.2012 führten Sie folgendes aus:

„Gegen den Bescheid zu oben angeführter Geschäftszahl vom 06.07.2011 habe ich namens meines Mandanten eine Vorstellung am 14.07.2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eingebracht.

Gemäß § 57 Abs.3 AVG hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der entsprechenden Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Aus dem gesamten Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass ein derartiges Ermittlungsverfahren rechtzeitig eingeleitet wurde. Im Sinn des § 57 Abs.3 letzter Satz AVG beantrage ich die Ausstellung einer Bestätigung, dass der genannte Bescheid außer Kraft getreten ist."

 

Bis zum Einlangen der zuletzt zitierten Eingabe sind wir davon ausgegangen, dass die Mitteilung vom 15.07.2011 als Einleitung des Ermittlungsverfahrens zu werten ist. Nunmehr wurde aber die Entscheidung des VwGH vom 21.10.1994, ZI 94/11/0202, bekannt. Darin kommt der VwGH zur Ansicht, dass eine derartige Mitteilung nicht ausreicht, sondern dass ein konkreter Ermittlungsschritt erforderlich ist.

 

Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass der Bescheid vom 06. Juli 2011, VerkR21-91-2011 gemäß § 57 Abs.3 AVG außer Kraft getreten ist. Insofern lag bisher ein Rechtsirrtum vor, als angenommen wurde, dass das Ermittlungsverfahren rechtzeitig eingeleitet wurde und die Entziehung der Lenkberechtigung aufrecht ist.

 

Angesichts der vorliegenden amtsärztlichen Gutachten muss aber davon ausgegangen werden, dass Sie nach wie vor nicht die erforderliche gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B besitzen. Die erforderliche Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie haben Sie bisher nicht beigebracht.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Da Sie derzeit nicht gesundheitlich geeignet sind und von Personen ohne gesundheitliche Eignung eine erhöhte Unfallgefahr ausgeht, war die aufzuschiebende Wirkung der Berufung auszuschließen.

 

Auf Grund dieses Sachverhaltes war Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkbe­rechtigung bis zur behördlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung zu entziehen."

 

 

 

2. Der Berufungswerber tritt der Berufungswerber mit seiner binnen offener Frist durch seine Rechtsvertreterschaft erhobenen Berufung und führt darin folgendes aus:

"Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 18.01.2012, zugesteht am 19.01.2012 zu Verk21-91-2011 erhebt der Berufungswerber

 

BERUFUNG

 

Der Bescheid wird in seinem gesamten Umfang angefochten; die Berufung wird wie folgt begründet:

 

Der angefochtene Bescheid stützt sich im Wesentlichen auf das „amtsärztliche Gutachten vom 28.06.2011", wo es unter anderem lautet wie folgt:

 

„Abklärung der gesundheitlichen Eignung wegen Aggressionsdelikt gegen Auto und Personen unter Alkoholeinfluss Silvester 2010.

Bei sehr auffälliger Anamnese ergab sich der Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeitserkrankung sowie auf eine psychiatrische Erkrankung. Die daher erforderliche psychiatrische Abklärung erfolgte am 23.05.2010. Dabei wurde bei Hr. K eine Alkolohlabhängigkeitserkrankung bestätigt, wobei die beigebrachten, im Mai 2011 Normbereich liegenden alkoholspezifischen Laborwerte eine Veränderung der Alkoholkonsumgewohnheiten anzeigten. Da jedoch aus fachärztlicher Sicht Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit Impulskontrollstörungen, welche sich auf das Einhalten von Regeln im Straßenverkehr und auf das Fahrverhalten auswirken können, vorliegt, liegt keine Eignung zum Lenken von Kfz vor und es wird eine stationäre Abklärung empfohlen.

Derzeit liegt daher keine Eignung zum Lenken von Kfz vor." (Hervorhebungen durch Parteienvertreter)

 

Das „Gutachten" führt aus, dass lediglich ein „Verdacht" auf eine Alkoholabhängigkeitserkrankung bestünde; dies auf Basis einer Anamnese(!). Es ist daher festzuhalten, dass es lediglich einen Verdacht gab und dass allerdings keinerlei objektivierte Daten vorlagen und nach wissenschaftlichen Kriterien haltbare Untersuchungen durchgeführt wurden, die eine Alkoholabhängigkeitserkrankung (objektivierbar!) feststellten. Aufgrund des bloßen Verdachtes sei dann eine psychiatrische Abklärung im Mai 2010 durchgeführt worden, bei der sich eine „Veränderung der Alkoholkonsumgewohnheiten" anzeigte. Bei dieser Abklärung wurde festgestellt, dass die alkoholspezifischen Laborwerte im Normbereich waren. Das heißt, dass erstmals im Mai 2011 eine systematische, nach wissenschaftlichen Kriterien offenbar haltbare Untersuchung vorgenommen wurde. Eine „Entwicklung" in der „Alkoholabhängigkeitserkrankung" kann dem gegenüber daraus nicht entnommen werden, zumal die Behörde vorerst lediglich von einem bloßen Verdacht ausging (ohne objektivierte Grundlagen zu haben) und in weiterer Folge alkoholspezifische Laborwerte (welche im Normbereich lagen) feststellte. In dieser angeblich offenkundigen „Entwicklung" unterstellt die Behörde jedoch, dass bereits bei der ersten Verdachtslage eine nach naturwissenschaftlichen Kriterien objektivierbare

Alkoholabhängigkeitserkrankung tatsächlich vorlag. Zumal keine ursprünglichen Referenzwerte vorlagen, kann auf Grundlage der im Mai 2011 durchgeführten Untersuchung, bei der im Übrigen die entsprechenden Parameter im Normbereich lagen, auch nicht von einer „Bestätigung" einer Alkoholabhängigkeitserkrankung gesprochen werden. Diese war zu keinem Zeitpunkt objektivierbar.

 

Auch das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Prof. Dr. E G vom 07.04.2011 betreffend Herbert K ergibt insbesondere auch im Gegensatz zur Stellungnahme der Amtsärztin vom 26.09.2011 keine Alkoholabhängigkeitserkrankung: In dem Gutachten wird ausgeführt, dass bei Herrn K ein „symptomatischer Alkoholmissbrauch" vorlag; Prof. G führt dazu auf Seite 22 auch detailliert aus, was er darunter versteht:

 

Bedingt durch den Verstimmungszustand konsumierte Herr K etwas vermehrt Alkohol. Es ist im weitesten Sinne von einem symptomatischen Alkoholmissbrauch zu sprechen. Symptomatisch bedeutet, dass Herr K durch den Konsum von Alkohol versuchte, seinen Verstimmungszustand zu „therapieren"". (Hervorhebung durch Parteienvertreter)

 

Herr K entwickelte laut Prof. G im Frühwinter 2010 eine längere depressive Reaktion (Anpassungsstörung) auf welche er damals - und dies steht auch außer Streit - vermehrt Alkohol konsumierte.

 

Das Gutachten des Prof. G kommt allerdings auch zu dem Ergebnis, dass „Hinweise auf eine Suchtproblematik nicht festgestellt werden konnten". Das mittlere korpuskulare Erythrozytenvolumen sei zum Zeitpunkt der eigenen Untersuchung durch Dr. G am 29.03.2011 im Normbereich gewesen. Mit Hilfe einer Harnanalyse habe er feststellen können, dass die aktuelle Einnahme von suchtmachenden Substanzen ausgeschlossen werden kann. Herr K sei erwiesenermaßen alkoholabstinent. Alkoholentzugssymptome seien nicht vorgelegen (siehe Seite 22 des Gutachtens vom 07.04.2011). Zum Zeitpunkt der Untersuchung habe sich eine leicht erhöhte Gama-GT gezeigt, deren Ursache des Befundes jedoch nicht sicher zugeordnet werden konnte (Seite 21 des Gutachtens vom 07.04.2011).

 

Die Beurteilung der Amtsärztin im Schreiben vom 26.09.2011, wonach sehr wohl „Alkoholmissbrauch" von Prof. Dr. G diagnostiziert worden seien, ist zu kurz und befasst sich in keiner Weise mit dem Gutachten Prof. G, in welchem nicht nur auf die Alkoholgewohnheiten des Berufungswerbers zum konkreten Zeitpunkt, zu dem eine strafrechtlich relevante Tat begangen war, sondern auch auf jene betreffend einen längeren Zeitraum eingegangen wird. Dem gegenüber ist in der amtsärztlichen Stellungnahme lediglich von bloßen Verdachtsmomenten die Rede.

 

Auch der Einwand, dass bei dem gerichtlich beauftragten Gutachten und bei dem amtsärztlichen Gutachten verschiedene Fragestellungen bestehen, vermag nicht zu überzeugen: Setzt man sich nämlich eingehender mit dem Gutachten des Prof. Dr. G auseinander, so wird man feststellen müssen, dass dieses sich unter anderem auch mit Fragestellungen befasst, die auch das amtsärztliche Gutachten zu beantworten versucht; insbesondere wird darin detailliert die Alkoholsituation erörtert und fundiert dargelegt, was dem gegenüber im amtsärztlichen Gutachten vermisst wird.

 

Darüber hinaus kommen die beiden Gutachten in diesem Punkt zu höchst widersprüchlichen Ergebnissen, was die Behörde in jedem Fall dazu veranlassen hätte müssen, ein weiteres fachärztliches Gutachten einzuholen. Auch die im Amtsgutachten erwähnten „Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit Impulskontrollstörungen" lassen sich in keiner Weise objektivieren und mit dem Gutachten Dris. G in Einklang bringen.

 

Derartige Zweifel und Widersprüchlichkeiten dürfen nicht im Raum stehen bleiben und Grundlage für eine derartige schwerwiegende Entscheidung eines Führerscheinentzugs sein und darstellen.

 

Auch wird in dem Bescheid vom 18.01.2012 nicht dargelegt, inwiefern das Gutachten des Prof: G „Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung" des Herrn K beinhalte.

 

Im Übrigen wird das Vorbringen in der Vorstellung vom 14.07.2011 auch zum Inhalt der Berufung gemacht.

 

Es wird sohin gestellt der

 

Antrag

 

der Berufung Folge zu geben und den Bescheid der BH Ried im Innkreis vom 18.01.2012 aufzuheben.

 

H K"

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Beweis geführt wurde durch Erörterung der Fakten- u. Gutachtenslage im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.2.2012 unter Beiziehung der Amtsärztin Dr. L, sowie im Beisein des zuständigen Abteilungsleiters der belangten Behörde. Der Berufungswerber wurde ebenfalls gehört.

Eingeholt wurde ergänzend noch eine Stellungnahme des im Gerichtsverfahren mit der Sache befasst gewesenen psychiatrischen Gutachters Prof. Dr. G, sowie im Sinne des anlässlich der Berufungsverhandlung gefassten Beweisbeschlusses die Präzisierung der psychiatrischen Stellungnahme v. 20.6.2011 durch Frau Dr. B-L und des Endgutachtens der Amtsärztin vom 5.3.2012 mit dazu gewährtem Parteiengehör.

 

 

4. Der erstinstanzlichen Verfahrensgang:

Am 28.2.2011 gelangte die Körperverletzung und Sachbeschädigung vom 31.12.2010 der Staatsanwaltschaft u. der Behörde erster Instanz seitens der Polizeiinspektion Ried im Innkreis, GZ: B6/1/2011-mair,  zur Anzeige.

Am 17. März 2011 forderte die Behörde erster Instanz den Berufungswerber nach § 24 Abs.4 FSG zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung auf. Am 12.4.2011 erfolgte die amtärztliche Untersuchung, wobei im Gutachten vom 26.6.2011 einerseits auf die im Auftrag der Staatsanwaltschaft Ried am 29.3.2011 an der D Klinik  erfolgte forensische Untersuchung und andererseits auf die (normwertigen) Laborwerte v. 22.4.2011, sowie auf die  im Auftrag der Amtsärztin vom Berufungswerber  vorgelegte fachärztliche Stellungnahme von Drin. B-L Bezug nimmt.

Gestützt auf die im amtsärztlichen Gutachten negative Bewertung der gesundheitlichen Eignung wurde dem Berufungswerber mit Mandatsbescheid vom 6.7.2011 die Lenkberechtigung entzogen.

Im Zuge der dagegen erhobenen Vorstellung wurde vom Berufungswerbervertreter mit Schreiben vom 15.7.2011 das 26 Seiten umfassende forensische neuropsychiatrische Gutachten von Ass. Prof. Dr. G v. 7.4.2011 der Behörde erster Instanz vorgelegt. Dieses wurde wiederum am 3.8.2011 und einem weiterem inhaltsgleichen Schreiben vom 16.8.2011 der für die Behörde tätigen Amtsärztin, offenbar irrig nur zur Beurteilung der Deliktsfähigkeit – "zum Zeitpunkt der Tat,"  anstatt der gesundheitlichen Eignung zum Lenken – vorgelegt.

Auf dem letztgenannten Schreiben befinden sich drei behördliche Aktenvermerke die von der Amtsärztin letztlich eine Stellungnahme zum forensischen Gutachten einfordern.

Am 26.9.2011 nimmt die Amtsärztin schriftlich zu den anwaltlichen Ausführungen in Verbindung mit dem forensischen Gutachten Stellung.

Dies mit dem Tenor, dass sich das forensische Gutachten nicht konkret mit der Fragestellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auseinander setzen würde, darin aber sehr wohl von einem Alkoholmissbrauch und einer "paranoiden Persönlichkeitsstörung bzw. einer schweren persönlichkeitsbedingten Störung des Verhaltens und der Anpassung als auch von Alkoholmissbrauch laut FSG-GV" ausgegangen worden sei. Es bedürfe daher, so die Amtsärztin, "einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und einer neuerlichen amtsärztlichen Untersuchung". Derzeit sei von einer gesundheitlichen Nichteignung auszugehen. 

Anzumerken ist jedoch, dass im forensischen Gutachten wörtlich weder von einer schweren persönlichkeitsbedingten Störung noch von einem Alkoholmissbrauch zum Untersuchungszeitpunkt die Rede zu sein scheint.

Ab dem 26.9.2011 lässt  sich bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides keine behördliche Aktivität nachvollziehen.

Mit Schreiben vom 12.01.2012 rügt der Rechtsvertreter im Ergebnis bis dahin die Untätigkeit der Behörde erster Instanz.

Mit Datum des 18.1.2012, dem Datum der Erlassung des angefochtenen Bescheides, teilt die Behörde erster Instanz dem Rechtsvertreter gemäß § 57 Abs.3 AVG mit, dass ihr Mandatsbescheid vom 6.7.2011 außer Kraft getreten sei.  

 

 

4.1. Die Beurteilung lt. amtsärztlichen Ergänzungsgutachten v. 26.9.2011:

"Das neuropsychiatrische Gutachten wurde zur Frage der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zur Tatzeit (31.12.2010-1.1.2011) sowie zur Frage der allenfalls vorliegenden Voraussetzung zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 StGB erstellt. Es wurde dabei nicht die Auswirkung auf das Lenken von Kraftfahrzeugen beurteilt. Zudem bezieht sich die Fragestellung auf einen konkreten Zeitpunkt zu dem eine strafrechtlich relevante Tat begangen wurde.

Das amtsärztliche Gutachten bezieht sich auf die generelle Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Es sind somit zwei verschiedene Fragestellungen.

Im Übrigen kommt die gerichtlich beeidete Sachverständige sehr wohl zur psychiatrischen Diagnose Alkoholmissbrauch und bei genauer Durchsicht der Diagnostik ist diese nicht so unauffällig wie rechtsanwaltlich dargestellt, sondern spiegelt Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung wieder.

Das fachärztlich neuropsychiatrische Gutachten sowie die psychiatrische fachärztliche Stellungnahme widersprechen einander daher nicht.

Da sowohl bei einer schweren persönlichkeitsbedingten Störung des Verhaltens und der Anpassung als auch bei Alkoholmissbrauch laut FSG-GV eine befürwortende fachärztliche Stellungnahme erforderlich ist und diese Befürwortung in der Stellungnahme vom 20.6.2011 nicht erfolgte, bleibt Herr K bis zur Vorlage einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und einer neuerlichen amtsärztlichen Untersuchung aus meiner Sicht nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen."

 

 

4.2. Feststellungen im Rahmen des Berufungsverfahrens:

Auslöser dieses Entzugsverfahrens war eine vom Berufungswerber in der Silvesternacht 2010 begangenen Körperverletzung und Sachbeschädigung an einem geparkten Pkw.

Der Berufungswerber wurde diesbezüglich vom Landesgericht Ried, GZ: 7Hv 23/11, am 30.8.2011 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen á 25 Euro und weiteren 50 Tagessätzen, bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Dies gestützt auf ein umfassendes und die Disketions- u. Dispositionsfähigkeit des Berufungswerbers bejahenden Gutachtens von Prof. Dr. G, welches vom Genannten auf h. Anfrage lt. Mitteilung vom 17.2.2012 dahingehend interpretiert wird, dass  sich "aus der erhobenen Diagnostik aus neuropsychiatrischer Sicht - außer einem Alkoholmissbrauch - keine Hinweise einer negativen Individualprognose hinsichtlich der Fahreignung ergeben hätten".

In dem mit einem Mandatsbescheid v. 6.7.2011 unter der offenbar irrigen Grundlegung einer Unfallfahrt (Verkehrsunfallanzeige) eingeleitete Führerscheinentzugsverfahren, kommt die Amtsärztin unter Hinweis auf die psychiatrische Stellungnahme der Frau Dr. B-L vom 20.6.2011 zum resümierenden Ergebnis, wonach aus der Anamnese und den Unterlagen der Verlauf einer schwierigen Persönlichkeitsentwicklung hervorgehe, wobei auch eine paranoide Persönlichkeitsstörung nicht ausgeschlossen werden könne. Zusätzlich bestehe ein jahrelanger Alkoholkonsum, wobei die Mengenangaben und auch die Schwere der Alkoholisierung die Kriterien einer Alkoholabhängigkeit erfüllten. Dem Patienten sei  es seinen Angaben zu Folge aber seit Jänner 2011 gelungen keinen Alkohol zu trinken. Der vorliegende Laborbefund vom April 2011 bestätige seine Angaben. Er habe angegeben, dass es seit Jänner 2011 zu keinen weiteren aggressiven Affekthandlungen gekommen ist.

Da jedoch auf Grund der Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung mit Impulskontrollstörungen, die sich auch auf das Einhalten von Regeln in den Straßenverkehr und auch auf das Fahrverhalten auswirken könnten, wäre laut Amtsärztin eine diesbezügliche stationäre Abklärung erforderlich. Da die Abklärung einer paranoiden oder emotional instabilen Persönlichkeitsstörung den Rahmen einer Führerscheinstellungnahme überschreite, wurde von der Amtsärztin empfohlen, diese Abklärung vorerst stationär durchführen zu lassen, wobei auch eine verkehrspsychologische Untersuchung empfohlen wurde.

In den letzten 6 Monaten habe eine positive Entwicklung bezüglich Alkoholabstinenz stattgefunden, jedoch aufgrund der Impulskontrollstörung und der Rückfallsneigung bezüglich Alkohol sei Herr K dzt. nicht ausreichend fahrtauglich."

Anlässlich der Berufungsverhandlung, wobei der Berufungswerber einen sachorientierten und auch guten Eindruck hinterließ, wurde das  allseitige Einverständnis erzielt, der Berufungswerber nochmals einer Untersuchung bei Frau Dr. B-L zu unterziehen und eine befürwortende Stellungnahme seiner zwischenzeitig zu vermutende gesundheitlichen Eignung vorzulegen.

Der Berufungswerber wurde am 27.2.2012 fachärztlich untersucht. In der fachlichen Stellungnahme vom 29.2.2012 wird eine bedingte Eignung zur Abstinenzkontrolle mit einer Befristungsempfehlung  von einem Jahr angeregt. 

Die Fachärztin sieht im damaligen tätlichen aggressiven Impulsdurchbruch unter Alkoholeinfluss, die Annahme eines häufigeren Alkoholmissbrauchs und einer Toleranzentwicklung begründet. Alleine aus der Wortwahl der "Annahme" dieser zum nachfolgenden Kalkül führenden Fakten, lässt gerade keinen Rückschluss darauf zu, dass diese Annahme als gesichert gelten könnte. Andererseits hebt die psychiatrische Sachverständige das Gelingen der nunmehrigen aus den Laborwerten erschließbaren sechs Monate währenden Abstinenz als positiv hervor. Die vermeintliche Rückfallgefährdung bleibt jedoch gänzlich unbegründet.

 

 

4.2.1. Dieses Kalkül wird nach Vorlage eines aktuellen Laborbefundes anlässlich der Berufungsverhandlung und einem neuerlichen Begutachtungstermin des Berufungswerbers bei Dr. B-L, sowie auch seitens der Amtsärztin im Endgutachten v. 5.3.2012 abermals relativiert.

Zu beachten sei laut Amtsärztin jedoch, dass beim Berufungswerber derzeit eine hohe Motivation vorliege, sich entsprechend zu verhalten um die Lenkberechtigung wieder zu erhalten und anschließend naturgemäß mit einer Verschlechterung der Motivationslage zu rechnen wäre. Zudem sei die Alkoholaffinität am Arbeitsplatz am Bau ein Risiko für einen Rückfall in frühere Alkoholkonsumgewohnheiten mit mehreren Bier pro Tag, wie es bisher während seiner Arbeitstätigkeit für ihn üblich gewesen sei. 

Eine Befristung hielte jedoch das derzeitige Bemühen aufrecht, die eingeleitete Verhaltensänderung trotz möglicher äußerer negativer  Einflüsse aufrecht  zu erhalten. Diese würde vom Berufungswerber  selbst als positiv erlebt werden, sodass schließlich nach einem Jahr ohne weitere Aggressionsdelikte bzw. Verkehrsdelikte und des Nachweises der alkoholspezifischen Laborwerte im dreimonatigen Abständen im Normbereich könne von einer dauerhaften Verhaltensstabilität ausgegangen werden. Dadurch könne ein Alkoholmissbrauch sicher ausgeschlossen werden.

 

 

4.3. Beweiswürdigung:

In den vorliegenden, sich betreffend die gesundheitliche Eignungsfrage eher nur vorsichtig bis vage anmutenden gutachtlichen Äußerungen, vermag zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein neuerlicher Wegfall der Eignungsvoraussetzungen in einer rechtsstaatlich gesicherten Form zumindest nicht hinreichend belegt gelten.   Hinzuweisen ist, dass inhaltliche  Feststellungen der Amtärztin hinsichtlich zitierter Termini aus dem forensischen Gutachten nicht im Einklang scheinen.

So belegt etwa der  im  Rahmen der Berufungsverhandlung vorgelegte Laborbefund einen auch derzeit unbedenklichen Umgang mit Alkohol.

Der Berufungswerber ist auch in keiner Weise mehr negativ in Erscheinung getreten, sodass mit Blick darauf im Sinne des Hinweises der Behörde erster Instanz auf § 13 Abs.1 FSG-GV wohl noch die Präzisierung des psychiatrischen Gutachtens durch Frau Dr. B-L geboten schien. Dies unter Hinweis auf die Beurteilung des Prof. Dr. G betreffend dessen im Ergebnis positiven Meinung zur Fahreignung des Berufungswerbers.

Hier stellt das dem Bescheid zu Grunde gelegte und nun abschließend vorliegende Amtsarztgutachten, die gesundheitliche Eignungsfrage im Konjunktiv formulierend, wegen einer "paranoiden Persönlichkeitsstörung mit Impulskontrollstörungen auf das Einhaltung von Regeln im Straßenverkehr nachteilig auswirken könnten,"  die gesundheitliche Eignung immer noch fraglich dar. Aber konkrete Indizien für eine Verschlechterung des gegenwärtigen Status finden sich darin nicht.

Das Erstgutachten mochte wohl durchaus in Zeitnähe zum Anlassfall  als sachliche Grundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung gegolten haben,  ist zwischenzeitig aber nachhaltig relativiert und damit jedenfalls überholt.

Es bildet daher keine schlüssige Begründung dafür, dass der Berufungswerber auf Grund seines psychischen Konstellation zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich nicht bzw. nur als bedingt  geeignet anzusehen wäre, indem er künftig wieder vermehrt dem Alkohol zusprechen könnte. Dies könnte durchaus auf viele bisher nicht auffällig gewordene Verkehrsteilnehmer zutreffen.

Eine noch bestehende erhöhte Rückfallgefahr vermag die Berufungsbehörde den Gutachten weder aus sachlicher noch aus rechtsstaatlicher Sicht abzuleiten. Im Ergebnis liefe die Vermutung einer erhöhten Alkoholaffinität eines am Bau tätigen Menschen auf eine antizipative Diskriminierung der Berufsgruppe der Bauarbeiter hinaus. Auch die vermeintlich fehlenden Sozialkontakte sowie das konfliktreiche Verhältnis zu seiner Familie darf nicht gleichsam zur diskriminierenden negativen Prognosebeurteilung für ein künftiges Verkehrsverhalten  führen.

Ebenfalls darf aus dem Bestreben um die Wiedererlangung der Lenkberechtigung kein nachteiliger Schluss auf einen Rückfall in negative Verhaltensmuster gezogen werden, für die es, ausgenommen von den eigenen Angaben über einen lange zurückliegenden und teilweise erhöhten Alkoholkonsum, keinerlei objektivierbare Anhaltspunkte dafür gibt, etwa Trinken und Fahren nicht trennen zu können oder zu wollen. Seine bisherige Unauffälligkeit im Straßenverkehr indiziert jedenfalls das Gegenteil.  Der Berufungswerber ist nämlich im Straßenverkehr noch nie negativ in Erscheinung getreten, noch ergaben die bereits bisher vorgelegten Laborbefunde einen Hinweis auf eine aktuelle Alkoholaffinität. Mangels medizinisch gesicherter Indizien würde letztlich nur die Ehrlichkeit und Offenheit des Berufungswerbers hinsichtlich früherer Trinkmuster zu seinem Nachteil gereichen.

Aus dem hier verfahrensauslösenden und mit einer Verkehrsteilnahme in keinem wie immer gearteten Zusammenhang stehenden Fehlverhalten, welches der Berufungswerber nachhaltig bereut, vermag daher kein negativer Rückschluss auf das künftige Verkehrsverhalten des Berufungswerbers gesichert gelten. Sonst müsste im Grunde jegliches gerichtlich strafbare Verhalten in Verbindung mit einem vorausgegangenen Alkoholmissbrauch diese Eignungsfrage aufwerfen. Jüngst wurde die Rechtsgrundlage für einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG, nach einem aggressiven Verhalten gegenüber Polizeibeamten in Verbindung mit übermäßigen Alkoholkonsum verneint (VwGH 28.6.2011, 2009/11/0095).

Der im gerichtlichen Verfahren beigezogene Allgemein gerichtlich beeidete Sachverständige für forensische Psychiatrie, Ass. Prof. Dr. G,  teilte auf h. Anfrage mit, dass die von ihm durchgeführte Beurteilung wohl nicht die Fahreignung betroffen habe, es aber keinen Hinweis auf eine negative Individualprognose gäbe. Auf den damaligen Alkoholmissbrauch wies der Gutachter hin.

Der Berufungswerber legt anlässlich der Berufungsverhandlung seine Zusage über einen Arbeitsplatz bei einer Baufirma als Kranfahrer dar und wies dabei auf das seitens dieser Firma in ihn offenbar gesetzte Vertrauen hervor. 

Sohin vermag die Berufungsbehörde keine sachliche Grundlage für die Annahme einer über der Durchschnittserwartung anderer Verkehrsteilnehmer liegenden Neigung zu einer Alkofahrt gesehen werden.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (FSG idF BGBl. II Nr.  280/2011).

§ 3 Abs.1 leg. cit.: Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

            1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, ….

            und

            4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische  Leistungsfähigkeit verfügt.

   ...“

Der vorliegenden fachärztlichen Stellungnahme und dem ergänzenden amtsärztlichen Gutachten entbehrt es  einer nachvollziehbar Begründung für die Annahme, warum das bei dem Beschwerdeführer festgestellte Zustandsbild Einfluss auf sein Fahrverhalten haben könnte, ganz abgesehen davon, dass die Stellungnahmen der psychologischen Sachverständigen das Gegenteil nahe legen. Auch der bloße Hinweis auf mögliche aggressive Reaktionen bedürfte zu deren Stichhaltigkeit einer näheren Darlegung, ob und inwieweit damit eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens einhergehe (VwGH 2.3.2010, 2008/11/0001, so auch VwGH 20.11.2007, 2007/11/0127).

Um eine für die gesundheitliche (Nicht)Eignung nachvollziehbare und eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar noch in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art  nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. uva. VwGH v. 16.9.2008, 2008/11/0091 mit Hinweis auf VwGH 29. September 2005, Zl. 2005/11/0120 uwN).

Gemäß § 2 Abs. 3 FSG-GV zweiter Satz darf nach der jüngsten Änderung dieser Rechtsnorm für den Fall der Vorschreibung von Auflagen einer ärztlichen Kontrolluntersuchungen in den Fällen der §§ 5 bis 16, diese niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden.

Eine diesbezüglich schlüssige Erklärung für eine bloß  zeitlich befristete Eignung lässt sich auch aus dem amtsärztlichen Gutachten nicht schlüssig ableiten, sodass aus bloß präventiven Erwägungen eine Einschränkung der Berechtigung insbesondere aus Sachlichkeitserwägungen als nicht vertretbar erachtet wird (s. jüngst VwGH 19.12.2011, 2011/11/0179).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

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