Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523073/14/Br/Th

Linz, 07.03.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau U J, geb. x, vertreten durch Mag. H H, M, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr, vom 09.01.2012, AZ: S 5849/St/2011, nach der am 20. Februar 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

            Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben als die      Entzugsdauer auf sechs (6) Monate ermäßigt wird.

            Im Übrigen wird der Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, idF BGBl. I Nr. 111/2010, § 7 Abs.1 u. 3 Z1 u. § 26 Abs.2 Z1 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem oben zitierten Bescheid

1) gemäß § 24 Abs 1 Z 1 FSG die der Berufungswerberin am 14.11.1986 von der BPD Steyr für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung,  GZ: x, für den Zeitraum von

acht Monaten

 

gerechnet ab der Zustellung des Bescheides

 

1)     gemäß § 24 Abs.3 FSG als  begleitende Maßnahme eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker gemäß § 2 FSG-NV angeordnet, welche bei einer hiezu ermächtigten Stelle vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit zu absolvieren ist;

 

2)     forderte sie gemäß § 24 Abs 3 FSG die Berufungswerberin auf, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, einschließlich einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, durchgeführt von einer hiezu ermächtigen Stelle, vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit beizubringen;

 

3)     wurde gemäß § 32 FSG ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges sowie eines Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, verboten;

 

4)     erkannte der Berufungswerberin gemäß § 30 FSG das Recht ab von einem im Ausland ausgestellten Führerschein, umfassend alle Klassen, für die Dauer des Zeitraumes der Verkehrsunzuverlässigkeit in Österreich Gebrauch zu machen.

 

5)     forderte sie die Berufungswerberin auf, die Lenkberechtigung unverzüglich der Behörde abzuliefern und

 

6)     wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete die Entscheidung mit folgenden Ausführungen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

 

Aufgrund der Angaben in der Anzeige der Polizeiinspektion M vom 18.09.2011 lenkten Sie am 17.09.2011 von 01:01 - 01:04 Uhr in S, B, E, Kreisverkehr E, H das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand.

Die Untersuchung des Atemalkoholgehalts haben Sie verweigert.

 

Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur an Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

 

Als verkehrszuverlässig gilt gemäß § 7 Abs 1 Z 1 FSG eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigen Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs 3 FSG hat insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1 b StVO begangen hat.

 

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig.

 

Gemäß § 25 (iVm. § 26) FSG ist bei einer Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Ab einem Alkoholgehalt von 0,80 mg/l oder im Falle der Verweigerung der Untersuchung der Atemtuft auf den Alkoholgehalt, einer amtsärztlichen Untersuchung, einer Vorführung zum Amtsarzt oder einer Blutabnahme - bei jeweils erstmaliger Tatbegehung - hat der Entzug mindestens sechs Monate zu betragen (§ 26 Abs. 2 Z. 1 FSG). Wird ein solches Delikt innerhalb von fünf Jahren nochmalig begangen, so beträgt die Entzugsdauer mindestens zwölf Monate; wird ein solches Delikt innerhalb dieses Zeitraumes nach einem Delikt gem. § 99 Abs. 1a StVO gesetzt, beträgt die Mindestentzugsdauer zehn Monate (§ 26 Abs. 2 Z 2 und Z. 5 FSG).

 

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung können laut § 24 Abs. 3 FSG zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung angeordnet werden. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 erfolgt. Zudem dann, sofern eine Übertretung  gem. § 99 Abs. 1b StVO (ab 0,4 mg/1 AAG bis weniger als 0,6 mg/l AAG) innerhalb von fünf Jahren nach der Begehung einer Übertretung gem. § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen wurde. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahmen anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entzugsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

Eine Nachschulung für alkohol- oder verkehrsauffällige Lenker (§§ 2 und 3 FSG-NV) ist bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. §§ 4 Abs. 3 und 24 Abs. 3 FSG durch Verkehrs- oder alkoholauffällige Probeführerscheinbesitzer oder sonstigen Verkehrs- oder alkoholauffälligen Kraftfahrzeuglenkern zu absolvieren.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 FSG kann Besitzern ausländischer Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 FSG auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat.

 

Gemäß § 32 FSG kann Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich verboten werden.

 

Gemäß § 28 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen, sofern die Entziehungsdauer nicht als 18 Monate andauerte und zudem keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet wird. Vor der Wiederausfolgung des Führerscheines ist das Lenken von Kraftfahrzeugen unzulässig.

 

Gemäß § 64 Abs 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

 

Wertung und Entscheidung der Behörde

 

Aufgrund des Inhaltes der Anzeige vom 18.09.2011 und des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens und der im Akt angeführten Beweise, steht für die erkennende Behörde fest, dass Sie durch Ihr Verhalten eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs 1 und 2 FSG verwirklicht haben.

 

Sie haben zwar angegeben, das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben und haben Sie erst nach mehrmaligen Auffordern und nach insgesamt mehr als drei Monaten angegeben, wer angebliche das Fahrzeug gelenkt haben soll. Ihr bisheriges Verhalten hat eindeutig gezeigt, dass es sich Ihrerseits um eine Schutzbehauptung handle, da Sie derart lange mit einer Bekanntgabe gezögert haben. Schließlich haben Sie Ihre Schwester als Lenkerin angegeben. Mit Ihrer Schwester wurde fernmündlich Kontakt aufgenommen und ist diese jetzt mehrere Monate nicht erreichbar. Sie war auch nicht bereit im Zuge der Amtshilfe eine Aussage zu tätigen. Telefonisch gab sie zwar bekannt, gefahren zu sein, jedoch meinte Sie sich an nichts erinnern zu können. Auch dies spricht wiederum dafür, dass es sich um eine Schutzbehauptung handle und offensichtlich wurde auch noch Ihre Schwester mit in das Verfahren hineingezogen. Es ist absolut unerklärlich warum Ihre Schwester keine Aussage tätigen wollte und warum sie sich an nichts erinnern könne. Weiters ist es absolut unglaubwürdig, dass Sie vollständig bekleidet und nicht schlaftrunken um 1 Uhr nachts angetroffen wurden, obwohl Sie nicht unterwegs waren.

Sie haben es als Lenker zu verantworten, dass Sie ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand auf einer öffentlichen Verkehrsfläche In-Betrieb-Genommen zu haben und damit eine Verwaltungsübertretung begangen haben. Es steht für die Behörde fest, dass Sie die angeführten Straftatbestände in rechtswidriger Weise schuldhaft begangen haben, weshalb Strafen zu verhängen waren.

 

Zudem handelt es sich bei dem von Ihnen verwirklichten Tatbestand schon aufgrund der Wertung des Gesetzgebers um eine besonders verwerfliche und im konkreten Fall vor allem auch besonders gefährliche Handlungsweise, welche schon an sich geeignet ist, die Verkehrssicherheit zu gefährden.

 

Gemäß ständiger Judikatur des VwGH gehören verkehrsrechtlich relevante Alkohol- und Suchtgiftdelikte zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht (VwGH 23.04.2004, ZI 2000/11/0184)

 

Erschwerend im Rahmen der Wertung anhand der Kriterien der Verwerflichkeit und der Gefährlichkeit der Verhältnisse waren folgende Umstände:

•      Verweigerung der Überprüfung der Atemluft auf den Alkoholgehalt

       Mildernd, insofern zu Ihren Gunsten, wurde im Rahmen der Wertung Folgendes entsprechend berücksichtig:

•      keine

Aufgrund dieser erwiesenen bestimmten Tatsachen, Ihrer Wertung und der von Ihnen im Straßenverkehr gezeigten Sinnesart verfügen Sie sohin über die zur Lenkung von Kraftfahrzeugen erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr und lässt sich auch eine negative Prognose für Ihr zukünftiges Verhalten im Straßenverkehr ableiten. Um Sie von der Begehung vergleichbarer Handlungen abzuhalten und zum Schutz der Allgemeinheit setzt die Behörde daher als vorbeugende Maßnahme die Entziehung der Lenkberechtigung.

Als begleitende Maßnahme zum Entzug Ihrer Lenkberechtigung war zwingend eine Nachschulung anzuordnen, welche bei einer hiezu ermächtigten Stelle zu absolvieren ist.

 

Zwecks Feststellung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ist überdies ein amtsärztliches Gutachten erforderlich, welches auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat. Diese ist von einer hiezu ermächtigen Stelle durchzuführen.

 

Aufgrund der jedenfalls mangelnden Verkehrszuverlässigkeit war auch ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG, sowie ein solches gemäß § 30 FSG für die entsprechend prognostizierte Dauer dieser Verkehrsunzuverlässigkeit auszusprechen. Aufgrund des der Entscheidung -Zugrundeliegenden Sachverhaltes kommen hinsichtlich der Lenkverbote die Vorschreibung von Auflagen, sowie eine zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkung nicht in Betracht.

 

Da die Weiterbelassung Ihrer Lenkberechtigung unter den gegebenen Umständen mit Gefahr für die übrigen Straßenbenützer verbunden wäre und die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist, handelt es sich beim Entzug Ihrer Lenkberechtigung um eine unaufschiebbare Maßnahme iSd § 64 Abs 2 AVG und berechtigt die Behörde, einer eventuellen Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

Auf persönliche, wirtschaftliche und berufliche Interessen kann daher keine Rücksicht genommen werden“

 

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit Ihrer fristgerecht durch einen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung.

Bescheid vom 09.01.2011, zugestellt am 18,01.2011, Aktenzahl Fe 246/2011 und NSch 181/2011

 

I.     Berufung gegen den o. a. Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, mangelndem Parteiengehör, unvollständiger Ermittlung des Sachverhalts sowie Willkür der Behörde bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens und der Bescheiderlassung.

II.   Berufung gegen den Ausspruch der Berufung gegen den Bescheid gem. § 64 (2)

       AVG keine Aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und

III. Antrag auf Grund des besonderen Rechtschutz in teresses der Bw. über den Punkt II. dieser Berufung vorab zu entscheiden

 

Begründung

 

I.      Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

Die Behörde beruft sich hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes auf die Angaben in der Anzeige der Polizeiinspektion M . Obwohl die Bw. im Verfahren von Anfang an darauf hingewiesen hatte dass nicht sie, sondern eine ihr nahestehende Person das Fahrzeug gelenkt habe, obwohl massive Widersprüche in den Zeugenaussagen vorliegen, obwohl vorgesehene Ermittlungen teilweise unterblieben sind und die Beweisanträge der Bw. - welche den Sachverhalt hätten schnell und eindeutig aufklären können - nicht durchgeführt wurden hat die Behörde noch vor Abschluss eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens gegenständlichen Bescheid erlassen.

 

Er verletzt die Bw. in ihrem Recht auf Parteiengehör, auf die Durchführung eines fairen Verfahrens im Sinne des Art. 6 EMRK sowie der darin garantierten Rechte, im Besonderen der Punkte c) und d) des Abs. 3 Art. 6 EMRK.

 

Die erkennende Behörde belastet den Bescheid diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit, darüber hinaus gefährdet sie die wirtschaftliche Existenz der Bw. durch die willkürliche Aberkennung der Aufschiebenden Wirkung dieser Berufung. Gemäß § 64 Abs. 2 ist die Behörde berechtigt der Berufung der Partei die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten scheint. Gefahr Im Verzug, bei der die aufschiebende Wirkung einer Berufung nach § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossen werden kann, liegt nach Lehre und Rechtsprechung dann vor, wenn der unmittelbare Eintritt eines Schadens bei Unterlassung der bescheidmäßig angeordneten Maßnahme wahrscheinlich ist. Warum das jetzt plötzlich nach Monaten der Fall sein soll hat die Behörde nicht einmal zu begründen versucht, im Gegenteil, die Behörde hat nicht einmal das Ermittlungsverfahren    vollständig    abgeschlossen    und    von    der    Bw.    angebotene Beweismittelanträge zum Teil einfach negiert. Die Behördenvertreterin hat auch anlässlich der Ladung vom 05.01.2011 zum Vertreter der Bw. singgemäß bereits geäußert dass sie nicht verstehe warum die Beschuldigte dieser Ladung nicht selbst Folge leiste (man beachte Art. 6 Abs3. lit. c) EMRK), warum sie so spät erst angegeben habe dass sie nicht selbst gefahren sei (was wie   in   der   Folge   noch   zu   zeigen   ist   unrichtig   ist)   und   dass  es   in   Folge  dieser „Verfahrensverschleppung" wohl nicht bei einem Entzug von 6 Monaten bleiben werde - dies wohlgemerkt nur deshalb, weil die Bw. sich der ihr zustehenden Rechte bedient hat und damit der Behörde offensichtlich „lästig" gefallen ist. So ist auch auffällig dass sich zwar im parallel, und von der Bw. ebenfalls bekämpften Straferkenntnis Milderungsgründe für die Tat durch die Behörde finden ließen, im gegenständlichen Bescheid diese Milderungsgründe allerdings keinen Platz gefunden haben. Dabei wären gerade die bisherige verkehrsrechtliche Unbescholtenheit während der letzten 5 Jahre, das Wohlverhalten im Straßenverkehr der Bw. seit der Anzeige im September des letzten Jahres und die Tatsache dass die Tat keine schweren Folgen nach sich gezogen hat mildernd zu werten gewesen. In diesem Zusammenhang   wird mit dem im angeführten Straferkenntnis (S 5849/St/20) verhängten Strafbetrag von € 1.600,-   der die Untergrenze des Strafrahmens darstellt erkennbar dass es der Behörde beim Entzug auch darum ging der Bw. die im Verfahren bereiteten „Schwierigkeiten" ab- bzw. zu vergelten. Wie sonst könnte man erklären dass ein und derselbe Sachverhalt bezüglich der Bestrafung und bezüglich der angeordneten Maßnahme von der Behörde hinsichtlich der Schuld frage, die ja letztlich auch im Verwaltungsverfahren den Maßstab für die Bestrafung oder Maßnahme darstellt, völlig unterschiedlich beurteilt wird.

 

Die Behörde belastet den Bescheid diesbezüglich mit Willkür und daher in der Folge mit Rechtswidrigkeit. Der Bw. entstehen dadurch erhebliche wirtschaftliche und existenzielle Nachteile, ist sie doch auf die Verwendung ihres FS angewiesen zumal sie in Linz arbeitet und die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf Grund der Arbeitszeiten nicht möglich ist.

 

Da der Bescheid diesbezüglich eine „offensichtliche Fehlleistung" der Behörde im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes darstellt und Voraussetzungen für die Anwendung des § 64 Abs. 2 AVG bei einem klar rechtswidrigen Bescheid nicht vorliegen wird beantragt:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat möge den Spruchpunkt der Behörde wonach der Berufung gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung gem. § 64 Abs..2 zukommt aufheben und

darüber auf Grund des besonderen Rechtschutzinteresses der Bw. vorab entscheiden.

 

II.     Zur Berufung selbst

 

Die Beschwerdeführerin ist Zülassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem pol. Kennzeichen x. Am Abend des 17.09.2011 hatte sie dieses Fahrzeug einer nahen Angehörigen verliehen.

 

Etwa gegen 1:00 Uhr früh läutete diese Person an der Wohnungstür der Beschuldigten um das Fahrzeug zurückzubringen und die Schlüssel zurückzugeben. Sie erzählte der Beschuldigten dass sie von einem Fahrzeug „verfolgt" worden sei und sie annehme dass es sich um eine Zivilstreife handle. Sie habe einige Seiterl Bier getrunken und fürchte mehr als die erlaubte Menge Alkohol konsumiert zu haben. Sie bat die Beschuldigte daher, falls diese vermeintlichen Zivilpolizisten ihr nachgehen würden, ihnen nicht zu sagen dass sie das Fahrzeug gerade gelenkt habe. Sie solle sich einfach „dumm" stellen, ihr könne ja nichts passieren, schließlich sei sie ja nicht gefahren. Man könne den Sachverhalt ja später - wenn auch ihr keine Gefahr mehr wegen der möglichen Alkoholisierung drohe - ohnehin jederzeit aufklären.

 

Während dieses Gespräches läutete es an der Tür. Die Angehörige der Beschuldigten ging ins Schlafzimmer, während die Beschuldigte selbst die Tür öffnete. Wie vereinbart verschwieg sie die Identität der Lenkerin. Sie gab gegenüber den Beamten an sie könne sich nicht mehr erinnern wo sie gewesen wäre, auch wisse sie nichts von einer Beschädigung an der Hausmauer oder am PKW und machte darüber hinaus keinerlei Angaben.

 

Im Protokoll der Polizei findet sich dazu der Hinweis dass „Schäden an der Hausmauer nicht festgestellt werden konnten und weitere Erhebungen hinsichtlich dieser Beschädigungen angestellt würden. Derartige Erhebungen sind bis heute unterblieben obwohl sie zumindest über die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen Aufschlüsse hätten bringen können. So ist es wohl lebensfremd dass bei - wie von den Zeugen angegeben - mehrfachen Zusammenstößen eines PKWs mit einer Hausmauer keinerlei Spuren am PKW oder der Mauer ersichtlich sind. Gerade bei einer Hausmauer sind üblicherweise kleinste Berührungen jedenfalls durch den Abrieb an Fahrzeug und Hausmauer sichtbar, selbst wenn der Aufprall noch zu keiner wirklichen Verformung bzw. Beschädigung führt. Dass dies dann auch noch mehrfach passiert sein soll ist völlig lebensfremd und unglaubwürdig und weist eher darauf hin dass die beiden Zeugen gegenüber den Polizisten die Geschichte über die vermutliche Alkolenkerin etwas „aufwerten" wollten. Im übrigen war bei der späteren Zeugenvernehmung plötzlich nur mehr von einem einmaligen „gegen die Mauer fahren" die Rede. So klingen auch die Erzählungen über die Fahrstreifenwechsel - wenn man die örtlichen Gegebenheiten kennt - zumindest in dieser Form mehr als abenteuerlich.

 

Leider finden sich in den beiden sehr kurzen Zeugeneinvernahmen weder die Namen der Zeugen, noch eine Unterschrift bzw. sind diese von der Behörde offensichtlich unkenntlich gemacht worden. (Was schon deshalb unverständlich ist weil sich die Namen und Adressen der Zeugen ja schon in der Anzeige finden, ein allfälliger Persönlichkeitsschutz also von vorne herein entfiel und die „Anonymisierung" von Zeugenaussagen im Gesetz in diesem Zusammenhang jedenfalls keine Deckung findet.)

Die Zuordnung zu den Zeugen H bzw. B ist der Bw, im Zuge dieses Schriftsatzes daher nicht möglich und wird daher in Folge auf die Zeugenaussage von 10:10 und 10:25 verwiesen.

 

So gibt der um 10.11.2011 um 10:25 vernommene Zeuge erst an der Beifahrer des Lenkers gewesen zu sein welcher die gegenständliche Anzeige erstattet habe. Gleich darauf sei er wieder auf der Ruckbank gesessen also wohl doch nicht der Beifahrer gewesen. Anschließend folgt die Aussage „dann haben wir die Polizei angerufen" wobei nicht klar ist wer mit w]r gemeint sein soll. Die Aussage dass man der Lenkerin dann bis nach Hause nachgefahren sei wirft die Frage auf woher die beiden Zeugen wussten wo die Lenkerin zu Hause ist. Die Haare waren anlässlich dieser Aussage dann auch nicht mehr hell - so wie ursprünglich gegenüber der Polizei angegeben.

 

Demgegenüber gibt der am 10.11.2011 um 10:10 Uhr vernommene Zeuge an er wäre der Lenker gewesen welcher die gegenständliche Anzeige erstattet habe. Später dann „hat mein Beifahrer die Polizei angerufen". Daraus ließe sich ableiten dass doch nicht er sonder sein Beifahrer Anzeige erstatte hat. Auch bezüglich der Haare gibt der Zeuge nunmehr braun bis dunkelbraun an obwohl im Protokoll der Polizei welches unmittelbar nach dem Vorfall angefertigt wurde mehrfach von hellen Haaren die Rede ist.

So heißt es dort „dass es sich um eine weibliche Lenkerin mit hellen Haaren gehandelt hat" und dann „die Frau mit den kurzen hellen Haaren stieg aus".

 

In diesem Zusammenhang ist auch auffällig dass sich die Beamten bei ihrer Einvernahme zwar an alle Details bei der Betretung der Bw. erinnern konnten allerdings keiner der Beiden sich mehr an die Aussagen der beiden Zeugen erinnern konnte oder wollte. Zumindest einer der Beamten konnte sich aber offensichtlich daran erinnern dass die Jugendlichen erzählt hätten das Fahrzeug wäre einmal zurückgerollt.

Die Bw. hat schon in Antwort auf die Ende September zugestellte Ladung sofort und unmittelbar bekanntgegeben nicht die Lenkerin gewesen zu sein. Zu diesem Beweis hat sie wörtlich beantragt:

 

„Die für den 06.10.2011 um 10:00 Uhr anberaumte Verhandlung zu verschieben und zum neu anzuberaumenden Verhandlungstermin die Zeugen

•   H

•   B

•   L

•   G

 

zum Beweis dafür dass es sich bei der von den Zeugen H und B beobachteten Lenkerin und der von den Beamten befragten Beschuldigten um verschiedene Personen handelt, zu laden.

 

Diesem Beweisantrag hat die Behörde aus unerfindlichen Gründen nicht entsprochen obwohl es wohl die einfachste und schnellste Methode gewesen wäre die Identität der Lenkerin durch die Zeugen bestätigen oder ggf. auch falsifizieren zu lassen.

Da sich die Behörde aber offensichtlich selbst nicht mehr ganz sicher war ob sie denn nun wirklich die richtige Beschuldigte verfolgt, hat sie mit Schreiben vom 11.11.2011, zugestellt am 15.11.2011 die Bw. aufgefordert bekanntzugeben wer das Fahrzeug gelenkt habe. Dieser Aufforderung ist die Bw. nicht nachgekommen und war die Behörde zur Stellung einer solchen Anfrage aus mehreren Gründen gar nicht legitimiert.

Die Behörde kann vom Zulassungsbesitzer gem. § 103 Abs.2 KFG Auskunft darüber verlangen wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt hat. Demgegenüber findet die Aufforderung der belangten Behörde an die Bw., bekannt zu geben wer das Fahrzeug an besagtem Tag gelenkt hat keine Deckung. (Vgl. VwGH 2009/02/0120).

Darüber   hinaus   verstößt   das   Begehren   einer   Lenkerauskunft   nach   Einleitung  eines Strafverfahrens gegen den „nemo tenetur" Grundsatz und ist auch aus diesem Grund rechtswidrig. Es war daher das gute Recht der Bw. die Auskunft nicht zu beantworten. Die Behörde erließ daraufhin eine neuerliche Ladung der Bw. für den 05.01.2012 zu welcher diese ihren Vertreter entsandte.

Die Behördenvertreterin hat wie bereits ausgeführt anlässlich dieses Gespräches dem Vertreter der Bw. gegenüber singgemäß geäußert dass sie nicht verstehe warum die Beschuldigte dieser Ladung nicht selbst Folge leiste (man beachte Art. 6 Abs3. lit. c) EMRK), warum sie so spät erst angegeben habe dass sie nicht selbst gefahren sei (was insofern falsch ist als die Bw. sofort und in ihrer ersten schriftlichen Eingabe an die Behörde den vollständigen Sachverhalt aus ihrer Sicht dargelegt hat) und dass es in Folge dieser „Verfahrensverschleppung" wohl nicht bei einem Entzug von 6 Monaten bleiben werde - dies wohlgemerkt nur deshalb, weil die Bw. sich der ihr zustehenden Rechte bedient hat und damit der Behörde offensichtlich „lästig" gefallen ist. Im allgemeinen hat die Vertreterin der Behörde jedenfalls zu erkennen gegeben dass ihr der Akt an sich, das Verhalten der Bw., deren Entscheidung sich vertreten zu lassen und nicht selbst zu erscheinen und die Verfahrensdauer im allgemeinen ziemlich lästig sind. Sie würde der Bw. ohnehin nicht glauben dass sie nicht gefahren sei, das Ganze diene nur der Verschleppung des Verfahrens. Der Vertreter der Bw. hatte im Vorfeld zu dieser Ladung mit der Bw. gesprochen und ihr nahegelegt die tatsächliche Lenkerin - trotzdem ein gesetzliches Gebot dazu nicht mehr bestanden hatte - zu nennen um der Gefahr zu entgehen dass die Behörde dies als Schutzbehauptung abtun würde. Die Bw. hatte ihren Vertreter diesbezüglich auch ermächtigt und teilte der Vertreter der Behörde am 05.01.2011 auch mit wer das Fahrzeug gelenkt hatte, nämlich die Schwester der Bw. W M-T. In diesem Zusammenhang ist die Behauptung der Behörde falsch die Bw. habe erst sehr spät geltend gemacht nicht selbst gefahren zu sein, im Gegenteil die Bw. hat dies sofort reklamiert. Die Bw. hat lediglich Anfangs nicht bekanntgegeben wer gefahren ist wozu sie aber auch nicht verpflichtet war. Auf die Frage warum sie die Bw. nicht zur Einvernahme der Zeugen geladen habe gab die Behördenvertreterin keine Antwort. Auf die Frage des Vertreters der Bw. warum sie dann nicht einfach einen entsprechenden Bescheid erlasse und man das Ganze dann im Zuge der Berufung vor dem UVS kläre meinte sie wörtlich: „Ich kann ja der Frau J nicht den Führerschein entziehen wenn ich die Frau M noch nicht einmal befragt habe ob sie gefahren ist." Sie fragte den Vertreter der Bw., ob er die Telefonnummer von Frau M, der mutmaßlichen Lenkerin hätte was dieser verneinte. Er sicherte jedoch zu diese bis zum späten Nachmittag telefonisch bekannt zu geben, obwohl auch dazu keinerlei gesetzliche Verpflichtung bestand. Da bei der Behörde am späten Nachmittag telefonisch niemand mehr erreichbar war erstattete die Bw. durch ihren Vertreter die Bekanntgabe der Telefonnummer per Telefax.

Die Behörde hat daraufhin mit der Schwester der Bw. telefonisch Kontakt aufgenommen und hat diese gegenüber der Behörde auch bestätigt das Fahrzeug gelenkt zu haben.

 

Es ist wohl richtig dass die Schwester der Bw. für einige Wochen auf Urlaub in Tunesien ist, was dieser umstand allerdings zur Begründung dass sie nicht die Lenkerin gewesen sei beizutragen vermag ist unverständlich. Auch die Ausführungen der Behörde dass die Schwester der Bw. keine

Aussage vor der Polizei tätigen wolle kann als Begründung wohl nicht ausreichen.

Gemäß § 19 AVG ist die Behörde berechtigt Personen die im Amtsbereich ihren Wohnsitz haben und deren Erscheinen nötig ist vorzuladen. Personen die einer solchen Ladung nicht Folge leisten können durch Zwangsstrafen dazu verhalten oder vorgeführt werden.

Es ist völlig unverständlich warum die belangte Behörde Frau M nicht vorlädt um das Ermittlungsverfahren fortzusetzen. Gerade weil Beschuldigte das Recht darauf haben dass zeugen vor Gericht aussagen hat die Behörde auch die Möglichkeit diese mit Zwang zur Aussage zu bewegen. Es wäre geradezu eine rechtsstaatliche Unmöglichkeit dass zeugen in Verfahren ihre Aussagen nach belieben machen dürften. Gewiss, Frau M müsste nachdem sie ja bereits zugegeben hat gefahren zu sein sich selbst nicht mehr weiter belasten. Vor der Behörde zu scheinen hätte sie jedoch allemal. Gerade vordem Hintergrund dass das Verfahren nun schon Monate dauert wäre es auf die paar Wochen wohl nicht mehr angekommen. Aus der Tatsache, dass sich Frau M für einige Wochen nicht in Steyr aufhält jedoch abzuleiten sie könne nicht die Lenkerin gewesen sein und es handle sich bei ihrer Aussage um eine Schutzbehauptung (Eine Schutzbehauptung mit der sie sich belastet!) ist völlig widersinnig, willkürlich und damit rechtswidrig.

Auch was die Tatsache dass die Bw. um 1 Uhr nachts nicht schlaftrunken und angezogen war mag als Begründung wohl nicht herhalten, Die Bw. hat selbst angegeben ferngesehen, also nicht geschlafen zu haben, es ist auch nicht verständlich warum - offensichtlich aus Sicht der Behörde - jemand beim Fernsehen einerseits unbekleidet und andererseits schlaftrunken zu sein hat. Auch die Tatsache dass als die Schwester der Bw. mit dem Fahrzeug zu ihr kam das Licht in der Wohnung anging ist vor diesem Hintergrund erklärbar. Niemand hat die Zeugen etwa befragt ob die Lenkerin die Haustüre aufgesperrt oder ob sie geläutet hat.

 

Obwohl nicht bestritten wird dass es sich bei der Person mit welcher die Beamten gesprochen haben um die Bw. gehandelt hat könnten diese das im Zuge einer Zeugenvernehmung gar nicht mit Sicherheit behaupten, haben sie von der Bw. doch nicht einmal Papiere verlangt oder deren Personalien aufgenommen. Auch daraus lässt sich ableiten dass für die einschreitenden Beamten der Fall bereits "klar" war als sich Adresse und Daten der Zulassungsbesitzerin deckten, auch in diesem Zusammenhang also bereits eine "Vorverurteilung" erfolgt ist.

Zusammenfassens sei daher ausgeführt dass die Behörde das Ermittlungsverfahren einseitig, mit Vorurteilen, völlig willkürlich und dazu noch unvollständig geführt hat. Die Entscheidung der Behörde dient nur dazu, ein unliebsames Verfahren einem raschen Ende zuzuführen. Die Bw. ist massiv in ihren Rechten auf ein faires Verfahren, angemessenes Parteiengehör (die Behörde hat die Aussage der Frau M-T der Bw. gar nicht mehr zur Kenntnis gebracht, dementsprechend konnte sie dazu auch nicht Stellung nehmen) beeinträchtigt und werden letztlich Punkte (wie der jetzige Auslandsaufenthalt der Schwester, den die Behörde im Übrigen ja nicht einmal nachgeprüft hat) als belastend für die Bw. gewertet obwohl sie in Wahrheit keinerlei Aussagekraft über die Geschehnisse des 17.09.2011 bringen können. Dazu kommt dass die Behörde nun nach Monaten auf Grund dieser Tatsachen plötzlich „Gefahr im Verzug" erkennen will und der Berufung diesbezüglich völlig willkürlich die aufschiebende Wirkung aberkennt.

 

Die Bw. stellt daher die Anträge

I.       Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes möge in der genannten Sache eine mündliche Verhandlung unter Ladung der Zeugen

a. H

b. B

c. L

d. G

e. M

anberaumen und

 

II. Das angefochtenen Bescheid der belangten Behörde beheben

 

III. Wegen des besonderen Rechtschutzinteresses der Bw. über die Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegen diese Berfung gemäß § 64 AVG vorab zu entscheiden.

 

S, 23.01.2012                                                                                                                       U J

 

 

2.1. Diese im Ergebnis mit dem zum Verwaltungsstrafverfahren weitgehend identen Ausführungen erwiesen sich im Berufungsverfahren als nicht stichhaltig.

Mit Schriftsatz vom 6.3.2012 wird der Berufungsantrag abgeändert und gleichzeitig auf weitere Beweismittel – insbesondere die nicht möglich gewesene Vernehmung der Schwester der Berufungswerberin W. M – verzichtet.

Die Berufungswerberin beantragt nunmehr die  Reduzierung der Entzugsdauer auf sechs Monate, wobei sie diesbezüglich auf ihre bisherige Unbescholtenheit verweist.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt den Verfahrensakt und auch den Führerscheinakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Im Verwaltungsstrafverfahren erging bereits unter der Geschäftszahl VwSen-164640/13/Br/Th eine gesonderte Berufungsentscheidung.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat  hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage anlässlich der zu beiden Verfahren am 20. Februar 2012 abgeführten Berufungsverhandlung. Als Zeugen einvernommen wurden die Aufforderer H. B und M. H, sowie der einschreitende Polizeibeamten GrInsp. M. L. Verlesen wurde die schriftliche Stellungnahme des GrInsp. R. G, der den entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen konnte. Das Nichterscheinen der Berufungswerberin aus gesundheitlichen Gründen, sowie das deren Schwester M als Zeugin wegen eines Auslandsaufenthaltes  war entschuldigt. 

 

 

4. Sachverhalt:

Die Zeugen B und H haben vom Pkw aus die auffällig regelwidrige Fahrweise des Pkw´s der Berufungswerberin  ab dem Posthofberg wahrgenommen. Der Pkw fuhr teilweise links und nach der E wurde der Kreisverkehr in der Gegenrichtung befahren. Dies war der Grund, dass  B, H sowie ein dritter Mitfahrer diesem Fahrzeug folgten und via Handy die Polizei über diesen Vorfall verständigten. Nachdem das Fahrzeug in M,  L abgestellt wurde, hielten auch die Aufforderer in einiger Entfernung (zwischen 10 und 40 Meter) an. Dabei beobachteten sie, dass die Lenkerin beim Anparken gegen die Hausmauer gestoßen war. Als sie aus dem Fahrzeug stieg rollte dieses auf die Straße zurück. Die Lenkerin stieg wieder ein und fuhr abermals gegen die Wand, ehe sie sich um die Ecke in das Haus begab. Beide Zeugen vermeinten über Vorzeigen des Fotos aus dem Führerschein der Berufungswerberin, dass es sich dabei  um die damalige Lenkerin handeln könnte, diese aber als kürzeres und glattes Haar (die Haarfarbe wird von den Zeugen abweichend als hell, dunkelbraun, brünett) bezeichneten. Nach etwa fünf bis zehn Minuten traf an der Adresse der Berufungswerberin die Polizei ein. 

Sie wurde von den Polizeibeamten L u. G in der Folge im Haus im sichtlich alkoholisiertem Zustand  angetroffen. Sie habe angegeben mit dem Pkw kürzlich heimgekommen (laut Meldung bis vor fünf Minuten unterwegs gewesen) zu sein, jedoch nicht zu wissen wo sie gewesen sei.

Den Alkotest habe sie jedoch trotz Hinweis auf die Rechtsfolgen verweigert. Am Folgetag wurden die Aufforderer auf der Polizeiinspektion zu deren Wahrnehmung befragt.

 

 

4.1. Die Berufungsbehörde gelangte  im Lichte der Zeugenaussagen zur Überzeugung, dass die Berufungswerberin als Lenkerin zumindest dringend verdächtig gewesen ist, wobei auf Grund der sich vor Ort bietenden Umstände nunmehr auch an deren Lenkeigenschaft nicht zu zweifeln ist. Da auf die Einvernahme der als Lenkerin ins Spiel gebrachten Schwester nunmehr verzichtet wurde, ist diese Sache spruchreif und die Berufungswerberin als damalige Lenkerin als erwiesen anzusehen.

Anlässlich der Berufungsverhandlung blieben die Aufforderer und Zeugen weitgehend inhaltsgleichen Angaben und es vermochte denen seitens der Berufungswerberin  nichts von inhaltlicher Substanz entgegen gehalten werden. Das diese nicht völlig ident und in kleinen Details, etwa die Beschreibung der Fahrt, der Haarfarbe der Lenkerin, das Anstoßen an die Hausmauer und die Beobachtungsentfernung vor dem Haus, abweichend dargestellt wurden, macht dies die Darstellung im Ergebnis nur lebensnäher und jedenfalls nicht abgesprochen. Die Zeugen traten sehr glaubwürdig auf, sodass einerseits an der Richtigkeit ihrer  Darstellungen kein substanzieller Zweifel gehegt wird und andererseits die Berufungswerberin als Lenkerin unzweifelsfrei feststeht.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Vorweg ist zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festzustellen, dass die Behörde erster Instanz den § 64 Abs.2 AVG zu Recht angewendet hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat  die Sach- u. Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides als maßgebend anzusehen (vgl. Hauer/Leukauf, Anmerkung 5 zu § 64 AVG). Es liegt in der Natur dieses Rechtsinstitutes, dass bei der Überprüfung dieser Frage der eigentliche Gegenstand des Berufungsverfahrens (konkret also die Frage der Entziehung der Lenkberechtigung) nur vorläufig und grob überprüft werden kann. Eine Detailprüfung dieser Frage erfolgt erst in der Entscheidung über die Hauptsache.

Der Verwaltungsgerichtshof bejaht ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollstreckung des Bescheides wegen Gefahr in Verzug bei derartigen Fällen regelmäßig (siehe zum Beispiel VwGH vom 24. März 1999, 99/11/0007 oder vom 29. September 2005, 2005/11/0123).

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

            2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist

gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten        im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.                sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

 

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei in den in Abs. 3 Z. 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen sind.

 

 

5.1. Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist die Lenkberechtigung auf mindestens 6 Monate zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmals ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.

Dabei handelt es sich nach dem klaren Gesetzeswortlaut um die jeweilige Mindestentzugsdauer. Der Gesetzgeber hat für bestimmte typische Alkoholisierungsfälle eine Mindestdauer der Entziehung der Lenkberechtigung festgelegt und damit bereits eine Wertung vorgenommen. Der Umstand, dass hier der Alkotest verweigert wurde indiziert jedenfalls keine bestimmte Tatsache, die über  den vom Gesetzgeber im § 26 Abs.2 Z1 FSG normierte Verkehrsunzuverlässigkeitszeitraum einen hinausgehenden Entzug sachlich rechtfertigen könnte (vgl. VwGH 28.4.2011, 2010/11/0217 mit Hinweis auf VwGH 29.3.2011, Zl. 2011/11/0039, mwN.).

 

5.2. Der Berufung war daher mit der Maßgabe Folge zu geben, als die vom Gesetz vorgesehenen Mindestentzugsdauer auszusprechen war.

Hinzuweisen ist abschließend, dass die Berufungswerberin sich letztlich vor Ablauf des hier ausgesprochenen Entzuges neben einer VPU auch einer amtsärztlichen Untersuchung betreffend ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu unterziehen hat.

 

 

II. Der Entfall von Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof     erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro  zu entrichten. 

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 26 Euro angefallen [Eingabegebühr 14,30 Euro u. 3 Beilagen á 3,90].

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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