Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730211/3/SR/Jo

Linz, 20.02.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, mazedonischer Staatsangehöriger, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 14. Juli 2010, GZ Sich-06/588/1990, betreffend eine Ausweisung des Berufungswerbers nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als eine Ausweisung unzulässig ist, solange X, StA von Mazedonien, geboren am X, X, StA von Mazedonien, geboren am X, X, StA von Mazedonien, geboren am X, X, StA von Mazedonien, geboren am X und X, StA von Mazedonien, geboren am X das Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 8 und 9 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF – AsylG, zukommt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 14. Juli 2010, GZ Sich-06/588/1990, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 3 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich angeordnet.

 

Begründend führte die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw erstmals am 22. Jänner 1990 einen Antrag auf Ausstellung eines Sichervermerkes zur Einreise nach Österreich gestellt habe und sich seither rechtmäßig in Österreich aufhalte. Den letzten Verlängerungsantrag auf Niederlassungsbewilligung beschränkt habe er am 17. Juli 2009 gestellt. Der Bw sei verheiratet und habe drei sorgepflichtige Kinder. Seit dem 20. Juni 2010 beziehe er Notstandshilfe.

 

Am 22. Jänner 2002 sei die Ehegattin des Bw mit den Kindern (geboren X) illegal in Österreich eingereist. Ein weiteres Kind sei X geboren. Den Asylantrag der Ehegattin habe das Bundesasylamt bereits am 16. Oktober 2002 abgewiesen. Nach negativem Abschluss des Asylverfahrens am 24. Juni 2010 sei der Ehegattin subsidiärer Schutz zuerkannt worden. Dieser werde nicht mehr verlängert und seitens des Bundesasylamtes sei die Ausweisung der Ehegattin und der gemeinsamen Kinder beabsichtigt.

 

Entsprechend den Bestimmungen nach dem NAG dürfe ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn gegen den Fremden ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates bestehe. Die Schweiz habe gegen den Bw wegen des "Verbrechens der mehrfachen Begehung gegen das Betäubungsmittelgesetz" am 16. Mai 1999 ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt.

 

In Österreich sei der Bw in den Jahren 2006 bis 2009 mehrmals wegen Verbrechen gegen das Suchtmittelgesetzes rechtskräftig verurteilt worden.

 

Auf Grund des Aufenthaltsverbotes in der Schweiz sei eine Erteilungsvoraussetzung nicht gegeben. Ein weiterer Versagungsgrund ergebe sich aus den rechtskräftigen Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz.

 

Nach Würdigung der zahlreichen Verurteilungen und Abwägung der persönlichen Verhältnisse kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Ausweisung zulässig und geboten sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine Rechtsvertreterin mit Schriftsatz vom 5. August 2010 rechtzeitig Berufung.

 

Den behördlichen Sachverhaltsfeststellungen hielt die Rechtsvertreterin entgegen, dass die Verurteilungen auf eine mittlerweile therapierte Drogensucht zurückgehe und er mit seinem früheren Leben abgeschlossen habe. Seine Ehegattin würde mit seinen Kindern im gemeinsamen Haushalt leben und er sei für sie sorgepflichtig.

 

Objektiv gebe es keine Anzeichen, dass der bis dato immer wieder gewährte subsidiäre Schutz nicht mehr zugestanden und eine Ausweisung vom Bundesasylamt erlassen werde.

 

Der Bw spreche ausgezeichnet Deutsch, die gesamte Familie, der Freundes- und Bekanntenkreis halte sich in Österreich auf. Er sei immer einer Arbeit nachgegangen, leider habe er zeitweilig Arbeitslosengeld und Notstandhilfe beziehen müssen. Der Bw habe aber immer versucht, schnellstens Arbeit zu bekommen. Bedingt durch die schwierige Wirtschaftlage sei ihm dies nicht immer gelungen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte inhaltlich eine anders lautende Entscheidung getroffen werden müssen.

 

3. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich am 1. August 2011 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich übermittelt wurde.

 

3.1.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Die am 31. Jänner 2012 vorgenommene ZMR-Anfrage ergab, dass der Bw überwiegend mit seiner Familie zusammengewohnt hat und er, seine Ehegattin und die gemeinsamen Kinder seit 18. Oktober 2011 in X, wohnhaft sind.

 

3.1.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche einerseits nicht beantragt wurde und andererseits nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus. Die im Bescheid der belangten Behörde wiedergegebenen rechtskräftigen Verurteilungen in Österreich und der Schweiz werden vom Bw nicht bestritten.

 

Der Antrag vom 17. Juli 2009 auf Verlängerung der unbeschränkten Niederlassungsbewilligung wurde von der belangten Behörde am 18. November 2011 aus "Anlass der Aktenabtretung" abgelehnt.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1. Gemäß § 125 Abs. 15 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 54 als Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

Die bekämpfte Ausweisung wurde auf Basis des §§ 54, 55 und 66 FPG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011, erlassen, weshalb diese grundsätzlich als Ausweisung im Sinne des § 62 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 anzusehen und zu beurteilen ist.

 

Mangels entsprechender Übergangsbestimmungen sind die einschlägigen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011 heranzuziehen und der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

4.2. Im Hinblick darauf, dass der Bw seit 1990 fast durchgehend in Österreich aufgrund erteilter Aufenthaltstitel rechtmäßig aufhältig ist, ist zu prüfen, ob bereits eine Aufenthaltsverfestigung vorliegt.

 

Gemäß § 64 Abs. 1 Z. 1 FPG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Ausweisung gemäß § 62 nicht erlassen werden, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können.

 

Die Ausweisung des Bw wird unter anderem auf das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 12. März 1998 und das im Anschluss daran erlassene unbefristete Einreiseverbot des Kantons Zürich vom 16. Mai 1999 gestützt.

 

Unbestritten ist der Bw Anfang 1990 in das Bundesgebiet eingereist. Da er am 15. September 1997 mit in seinem Pkw eingebauten Heroinpaketen in die Schweiz gefahren, dort am 17. September 1997 festgenommen, in der Folge zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und anschließend einen Teil der Haftstrafe in der Schweiz verbüßt hat, erfüllt er nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 und 2 Staatsbürgerschaftsgesetz. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Fremden setzt jedenfalls voraus, dass sich der Fremde sich seit mindestens 10 Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

 

Da der Bw nicht von klein auf im Inland aufgewachsen ist, gelangt auch § 64 Abs. 1 Z. 2 FPG nicht zur Anwendung. § 64 Abs. 2 FPG ist nicht einschlägig.

 

§ 64 Abs. 3 FPG führt ebenfalls nicht zur Aufenthaltsverfestigung, da der Bw einerseits noch nicht 8 Jahre vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes im Bundesgebiet niedergelassen war und darüber hinaus gegen ihn eine strafgerichtliche Verurteilung erfolgt ist. § 64 Abs. 4 FPG gelangt auch nicht zur Anwendung, da der Bw über keinen der angeführten Aufenthaltstitel verfügt.

 

4.3. Nach § 62 Abs. 2 Z. 1 FPG sind Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid auszuweisen, wenn nachträglich ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitel entgegen gestanden wäre.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht. Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nach   § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.

 

Nach § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z. 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z. 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

 

Für die vorliegende Fallkonstellation – Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 NAG – hat der Gesetzgeber keine Ausnahmeregelung getroffen.

 

4.3.1.1 Das Bezirksgericht Zürich hat mit Urteil vom 12. März 1998, Prozess Nr. U/DG970923, über den Bw wegen Widerhandlung gegen Art 19 Z. 1 Abs. 3, 4 und 6 in Verbindung mit Z. 2 Lit. a Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher Übertretung von Art. 19a Z. 1 Betäubungsmittelgesetz eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt, dabei wurden 176 Tage Untersuchungshaft angerechnet.

 

Aufgrund dieser Verurteilung hat der Kanton Zürich am 16. Mai 1999 ein unbefristetes Einreiseverbot ausgesprochen. Nach Aktenlage ist dieses in Rechtskraft erwachsen. Das unbefristete Einreiseverbot scheint im Schengener Informationssystem auf.

 

Die Anklageschrift und die Urteils- und Beschlussausfertigung wurden vom Bezirkgericht Zürich mit Schreiben vom 11. Jänner 2010 der belangten Behörde übermittelt.

 

Das vorliegende unbefristete Einreiseverbot für den Schengenraum stellt einen absoluten Versagungsgrund für einen Aufenthaltstitel dar.

 

4.3.1.2. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen ist die Zulässigkeit des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 FPG 2005 ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG 2005 ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG 2005 gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 weiter.

 

Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG 2005 nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw führt.

 

Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass er sich seit der Einreise in Österreich im Jahre 1990 – abgesehen der Verbüßung der Haftstrafe in der Schweiz in den Jahren 1997 und 1998 – rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.

 

Abgesehen von Zeiten der Verbüßung von mehreren Haftstrafen in den Jahren 2006 und 2009 lebt der Bw seit dem Jahr 2002 (Einreise der Gattin und der Kinder in Österreich) überwiegend mit seiner Familie zusammen.

 

Die "Familienzusammenführung" erfolgte seitens der Gattin des Bw und ihren Kindern durch illegale Einreise und der Stellung von Asylanträgen. Bis zum negativen Abschluss des Asylverfahrens verfügten daher die genannten Familienangehörigen des Bw über ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz. Den vorerst zuerkannten Status der subsidiär Schutzberechtigten hat das Bundesasylamt mit Bescheid vom 22. Juli 2010, AIS 02 02.409, gemäß § 9 AsylG aberkannt und die Ausweisung der Familienangehörigen des Bw gemäß     § 10 AsylG verfügt. Die dagegen eingebrachten Beschwerden sind derzeit beim Asylgerichtshof anhängig.

 

Der Status der Familienangehörigen ist daher weiter als unsicher zu betrachten.

 

Wie bereits dargelegt, hält sich der Bw – abgesehen von den Zeiten der Haft in der Schweiz 1997/1998/1999 - seit 1990 in Österreich auf. Bedingt durch die zahlreichen gerichtlichen Verurteilungen (in Österreich und der Schweiz) konnte der Bw trotz der langen rechtmäßigen Anwesenheit im Bundesgebiet seinen Aufenthalt nicht verfestigen.

 

Seit 1996 war der Bw insgesamt knapp achteinhalb Jahre beschäftigt, wobei er seit 2005 nur 17 Beschäftigungsmonate vorweisen kann.

Den Berufungsausführungen, wonach der Bw "immer einer Arbeit nachgegangen sei" und nur zeitweise Notstandshilfe und Arbeitslosengeld bezogen habe, ist nach Darstellung der tatsächlichen Beschäftigungszeiten und dem vorliegenden Sozialversicherungsauszug nicht zu folgen. Durch die zeitweilige berufliche Tätigkeit ist zwar von einer Integration auszugehen, diese ist aber nicht so durchschlagend, wie der Bw behauptet.

 

Aus dem Sachverhalt gehen zudem keine besonderen Merkmale sozialer Integration hervor. Festzustellen ist weiters, dass der Bw den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Heimatstaat verbracht hat.

 

Wie ausgeführt, wurde der Bw in der Schweiz und in Österreich rechtskräftig verurteilt und hat einen Teil seiner Strafe verbüßt.

 

Die Verurteilung in der Schweiz erfolgte, da der Bw im September 1997 6 Pakete Heroin (2.923,1 Gramm [1.460 Gramm reines Heroin-Hydrochlorid]) versteckt in seinem BMW mit dem pol Kennzeichen X in die Schweiz eingeführt hat. Das Heroin hatte sich der Bw in Mazedonien von einem unbekannten Lieferanten beschafft. Da der Bw mehrere Straftatbestände erfüllte, ging das erkennende Gericht von der "schwersten Tat" aus. Im Hinblick auf den Strafschärfungsgrund ergab sich ein Strafrahmen von mindestens einem Jahr Gefängnis, dass mit einer Busse von bis zu einer Million Franken verbunden werden konnte. Der Bw habe sich damit verantwortet, dass er selbst regelmäßig Heroin (mindestens einmal wöchentlich) konsumiere. Bei der Bewertung des Verschuldens haben die Drogenmenge, die Gefährlichkeit der Droge, die Art und Weise der Tatbegehung, die Willensrichtung, das Verhalten nach der Tat und die persönlichen Verhältnisse des Bw eine wesentliche Rolle gespielt. Heroin sei eine harte Droge mit unbestrittenermassen gesundheitsgefährdender und abhängigkeitserzeugender Wirkung. Die transportierte Menge habe die vom Bundesgericht festgesetzten Grenzwerte (12 Gramm Heroin) um ein Vielfaches überschritten, weshalb der Bw die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen in erhebliche Gefahr gebracht habe.

 

Im Februar 2006 führte der Bw von Mazedonien nach Österreich 200 Gramm Heroin ein und handelte zwischen Herbst 2004 und März 2006 gewerbsmäßig mit einer mehrfach großen Menge Heroin.

 

Am 4. Dezember 2006 verurteilte das LG Wels (Zl. 15 Hv 106/2006s) den Bw nach den §§ 28 Abs. 2 4. Fall, 28 Abs. 3 1. Fall, 27 Abs. 1 1. und 2. Fall und 28 Abs. 2 2. und 3. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt.

 

Aufgrund dieser Verurteilung wurde dem Bw von der Bundespolizeidirektion Wels im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme am 28. März 2007 die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes "angedroht".

 

Mit Urteil des LG Wels vom 11. Februar 2009, Zl. Hv 4/09y, wurde der Bw nach den §§ 28 Abs. 1 1. und 2. Fall und 27 Abs. 1 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, weil er am 8. Jänner 2009 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 200 Gramm Heroin besessen und mit dem Vorsatz am 10. Dezember 2008 erworben habe, dieses in Verkehr zu setzten und weiters Heroin in der Zeit Anfang 2008 bis 7. Jänner 2009 in wiederholten Angriffen erworben und besessen habe (Begehung der Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch).

 

Wie auch die zuletzt erfolgte Verurteilung (BG Liezen vom 23. März 2009, AZ 6 U 9/2009s, wegen Verstoß gegen § 146 StGB, ein Monat Freiheitsstrafe) verstößt der Bw in unregelmäßigen Abständen gegen die Rechtsordnung, nimmt Leistungen (Notstandshilfe, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe,...) in Anspruch und dürfte Teile davon zur Stillung seiner Sucht (Ankauf von Heroin) verwendet haben. Dieses über lange Jahre praktizierte Verhalten mindert seine Integration in einem erheblichen Ausmaß.

 

Stellt man vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ausschließlich auf den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw ab, ergebe sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht. Im vorliegenden Fall ist aber auf den besonderen Aufenthaltsstatus der Ehegattin, der vier gemeinsamen Kinder und die Auswirkungen der Ausweisung des Bw auf das gemeinsame Familienleben abzustellen. Dem aktuellen Verfahrensstand im AIS ist zu entnehmen, dass der Ehegattin und den Kindern nach Abschluss des Asylverfahrens vorläufig subsidiärer Schutz zugekommen ist. Mit Bescheid vom 22. Juli 2010 hat das Bundesasylamt gemäß § 9 AsylG den genannten Fremden den Status der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und gemäß § 10 AsylG die Ausweisung ausgesprochen. Innerhalb offener Frist wurde dagegen Beschwerde an den Asylgerichtshof eingebracht. Laut Mitteilung des Asylgerichtshofes vom 17. Februar 2012 werden die Beschwerden in ca. einem halben Jahr entschieden.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit einer Ausweisung insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, begründet abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt dazu fest, dass "nicht über die Dauer der Zulässigkeit, sondern allenfalls über die Dauer der Unzulässigkeit einer Ausweisung abzusprechen ist" (E vom 22. Februar 2011, 2010/18/0073 und E vom 3. November 2010, 2010/18/0348).

 

Unter Bedachtnahme auf den Wortlaut des Gesetzestextes und der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erscheint also im Fall einer bloß vorübergehenden Verletzung des Privat- und Familienlebens die Bindung der Unzulässigkeit der Ausweisung an eine auflösende Bedingung – im vorliegenden Fall der tatsächliche Wegfall des subsidiären Schutzes der Mutter und der vier Kindern des Bw – geboten.

 

Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände ist festzustellen, dass – bei Außerachtlassung der familiären Interessen der Gattin und der vier Kinder – die für die Zulässigkeit einer Ausweisung sprechenden Elemente des öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK die persönlichen Interessen des Bw an einem Verbleib im Bundesgebiet grundsätzlich überwiegen. Die durch die Ausweisung drohende Verletzung des Familienlebens ist aber aufgrund des befristeten asylrechtlichen Aufenthaltsrechts (§§ 8 und 9 AslyG; Antrag auf Verlängerung des Status als subsidiär Schutzberechtigte – Aufenthaltsrecht bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Verlängerungsantrag – Aberkennung des Status gemäß § 9 AsylG – Aufenthaltsrecht bis zur Rechtskraft der Entscheidung) der angeführten restlichen in Österreich lebenden Familienmitglieder des Bw als bloß vorübergehend zu betrachten.

 

Aus diesem Grund ist – bei Vorliegen eines unveränderten Sachverhaltes - die Ausweisung bis zum Wegfall des sich aus den §§ 8 und 9 AsylG ableitenden Aufenthaltsrechts der Ehegattin und der vier Kinder des Bw vorübergehend – und nicht auf Dauer – unzulässig.

 

4.3.2. Abstellend auf das vorliegende Ergebnis bedurfte es keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Aufenthalt des Bw öffentlichen Interessen widerstreitet.

 

4.4. Der Berufung war daher mit der Maßgabe einer bloß auf bestimmte Dauer unzulässigen Ausweisung stattzugeben.

 

5. Im Hinblick darauf, dass der Bw ausreichend der deutschen Sprache mächtig ist, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG von der Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung Abstand genommen werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

Mag. Stierschneider

 

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