Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730272/2/SR/Wu

Linz, 22.02.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Sierra Leone, X, X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 9. April 2010, AZ 1067370/FRB, betreffend der Erlassung eines auf 2 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 52, 53 und 67 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 9. April 2010, AZ 1067370, wurde gegen den Bw (im Folgenden: Bw) ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf Grundlage der §§ 60 Abs. 1 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG) erlassen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Bw am 8. April 2010 in Linz einer Kontrolle unterzogen worden sei und dabei eine gefälschte Aufenthaltsberechtigung vorgewiesen habe. In Italien halte er sich seit ca. 9 Jahren auf, wobei der Aufenthalt der letzten 4 oder 5 Jahre mangels Aufenthaltsberechtigung illegal gewesen sei. Nach Österreich sei er gereist, um seine Verlobte zu heiraten.

 

Nach Wiedergabe der zum Entscheidungszeitpunkt einschlägigen Rechtsnormen kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Einreise in Österreich unter Verwendung falscher Dokumente die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährde.

 

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstoße nicht gegen Art. 8 Abs. 2 EMRK und sei auch im Lichte des § 66 FPG (in der Fassung vor dem FRÄG 2011) zulässig. Da das Verhalten des Bw massiv der öffentlichen Ordnung zuwider laufe, die sofortige Ausreise im öffentlichen Interesse erforderlich gewesen sei, hätte die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen werden müssen.

 

2. Gegen den am 9. April 2010 dem Bw persönlich ausgehändigten und damit zugestellten Bescheid erhob dieser mit Schreiben vom 19. April 2010, in Italien der Post zur Beförderung übergeben am 20. April 2010, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Begründend führte der Bw aus, dass sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Sachlage durch die Hochzeit mit der österreichischen Staatsbürgerin X deutlich verändert habe. Seine Ehefrau habe ihren Wohnsitz in Italien und arbeite auch dort. Somit habe er keinen Grund sich ständig in Österreich aufzuhalten. Um Besuche oder Urlaube in Österreich vornehmen zu können, ersuche er um Herabsetzung der "Strafe". Der Aufenthaltsstatus in Italien sei bereits beantragt und in Bearbeitung.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vorgelegt.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher nunmehr dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, durch Ermittlungen beim Magistrat Linz sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

 

Bei den ergänzenden Erhebung ist hervorgekommen, dass der Bw am 10. April 2010 die österreichische Staatsangehörige X (nunmehr X) geehelicht hat (siehe Ehebuch der Landeshauptstadt Linz, Einwohner- und Standesamt, Nr. X), die Ehe aufrecht ist, sich beide über einen längeren Zeitraum gemeinsam in Italien aufgehalten haben und die Gattin in der Folge alleine von Italien nach Österreich zurückgekehrt ist (lt. ZMR: von Italien zugezogen), da dem Bw die Einreise aufgrund des durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes (Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nicht möglich war. Die Gattin des Bw ist derzeit aufrecht in Österreich gemeldet.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkten 1., 2. und 3.2. dargestellten und unstrittigen Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011, konnte gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde für die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes daher grundsätzlich zu Recht die zitierte Bestimmung herangezogen.

 

Da – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist – im Berufungsverfahren von der angerufenen Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt deren Entscheidung heranzuziehen ist, sind die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, vorgenommenen Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 und der Statuswechsel des Bw in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

 

4.2.1. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige werden nunmehr durch § 52 f FPG geregelt. Die Bestimmungen lauten auszugsweise:

 

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(2) […]

 

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(2) […]

 

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

 

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

(5) […]"

4.2.2. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Familienangehörige und begünstigte Drittstaatsangehörige werden nunmehr durch §§ 65b ff FPG geregelt. Die hier einschlägigen Bestimmungen lauten auszugsweise:

 

Aufenthaltsverbot

§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.[.....].

 

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Familienangehörige von nicht unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und Österreichern

§ 65b Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 12) unterliegen der Visumspflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den     §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie)

 

4.3. Der Oö. Verwaltungssenat verkennt nicht, dass die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die damals einschlägigen (strengeren) Bestimmungen des FPG anzuwenden hatte und daher zu dem vorliegenden Ergebnis gekommen ist. Bedingt durch die nachträglichen wesentlichen Sachverhaltsänderungen war der Oö. Verwaltungssenat gehalten, Normen der Entscheidung zugrunde zu legen, die den Bw deutlich begünstigen.

 

Unbestritten ist der Bw Ehegatte einer österreichischen Staatsangehörigen und somit zumindest Familienangehöriger im Sinne des FPG. Bedingt durch die besonderen Umstände des vorliegenden Falles wird der Bw auch als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen sein, da seine Ehegattin in Italien ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat. Die Ehegattin hatte sich in Italien über einen drei Monate überschreitenden Zeitraum (laut ZMR von Anfang 2008 bis jedenfalls 22. Juni 2010) niedergelassen und ist dort einer Beschäftigung nachgegangen.

 

Selbst wenn die Stellung des Bw als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" in Frage gestellt werden würde, hätte dies auf die einschlägigen Normen keine Auswirkung. Bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw ist entweder direkt oder über die Verweisung des § 65b FPG auf § 67 FPG abzustellen.

 

Demnach muss das persönliche Verhalten des Bw eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Hinsichtlich der nach dem FPG anzustellenden Prognosebeurteilungen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass es letztlich immer auf das in Betracht zu ziehende Verhalten des Fremden ankommt. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Das FPG legt, bezogen auf unterschiedliche Personenkreise oder nach bestimmter Aufenthaltsdauer, ein unterschiedliches Maß für die zu prognostizierende Gefährlichkeit des Fremden fest. So setzt § 53 Abs 2 FPG ("Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" oder "Zuwiderlaufen anderen im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen") in Relation zu § 64 Abs 4 FPG ("schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") ein geringeres Maß der Gefährlichkeitsprognose voraus. Hingegen verlangt § 67 Abs 1 FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") im Verhältnis zu § 64 Abs 4 FPG ein höheres Maß der Gefährdungsprognose, die sich zudem nach dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG ("nachhaltige und maßgelbliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") noch weiter steigert (vgl. VwGH vom 20. November 2008, 2008/21/0603; E vom 3. April 2009, 2008/22/0913).

 

Der EuGH hat im Urteil vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, ausgeführt, dass jede Gesetzesverletzung eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt. Neben dieser Störung der öffentlichen Ordnung muss nach Ansicht des Gerichtshofes jedenfalls eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Frühere strafrechtliche Verurteilungen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände  ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Wenn auch in der Regel die Feststellung einer derartigen Gefährdung eine Neigung des Betroffenen nahelegt, dieses Verhalten in Zukunft beizubehalten, so ist es doch auch möglich, dass schon allein das vergangene Verhalten den Tatbestand einer solchen Gefährdung der öffentlichen Ordnung erfüllt. Es obliegt den nationalen Behörden und gegebenenfalls den nationalen Gerichten, diese Frage in jedem Einzelfall zu beurteilen, wobei sie die besondere Rechtstellung der dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen und die entscheidende Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit zu berücksichtigen haben.

 

Für den Oö. Verwaltungssenat hat die Gesetzesverletzung des Bw eine Störung der öffentlichen Ordnung hervorgerufen, die wie folgt dargelegt, nicht als hinreichend schwer zu beurteilen ist.

 

Im Sinne der wiedergegeben Judikatur (VwGH, EGMR, EuGH) ist nicht primär maßgeblich, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Im konkreten Einzelfall ist zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Fest steht, dass das strafrechtlich relevante Verhalten des Bw zu keiner Verurteilung geführt hat. Die negative Gesinnung des Bw ist nur punktuell zu Tage getreten. Aus den Beweggründen und der Tat selbst lässt sich keine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung ableiten. Indiz dafür ist auch die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft Linz, die hinsichtlich der Dokumentenfälschungen "eine Division in der Höhe von 400 Euro angeordnet" hat.

 

Ergänzend ist auszuführen, dass auch kein gegenwärtiges Gefährdungspotential erkennbar ist. Aus der Aktenlage ist erschließbar, dass der Bw nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides noch innerhalb der Rechtsmittelfrist das Bundesgebiet verlassen hat. Die Tat wurde vom Bw vor knapp zwei Jahren gesetzt und der Bw ist seither weder in strafrechtlicher noch in verwaltungsstrafrechtlicher Weise im Bundesgebiet in Erscheinung getreten. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass er entgegen dem durchsetzbaren Aufenthaltsverbot in Österreich eingereist ist und sich hier aufgehalten hat.

 

Die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltesverbotes sind nicht (mehr) gegeben.

 

Zusammengefasst stellt das persönliche Verhalten des Bw keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

4.4. Der Berufung war stattzugeben und der Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben.

 

4.5. Mangels eines entsprechenden Antrages war auf Spruchpunkt 2 (Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nicht einzugehen.

 

5. Im Hinblick darauf, dass der Bw ausreichend der deutschen Sprache mächtig ist, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG von der Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung Abstand genommen werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

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