Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523102/2/Sch/Bb

Linz, 21.03.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des K. L., geb. x, vom 21. Februar 2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 7. Februar 2012, GZ VerkR21-349-2011-GG, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm

§§ 3 Abs.1 Z3, 8, 24, 29 Abs.3, 30 Abs.1 und § 32 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1997 - FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Freistadt hat in Bestätigung des vorangegangenen Mandatsbescheides vom 4. November 2011, GZ VerkR21-349-2011 mit Bescheid vom 7. Februar 2012, GZ VerkR21-349-2011-GG, K. L. (dem nunmehrigen Berufungswerber), die für die Klassen AV, A, B, B+E und F erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG mangels gesundheitlicher Eignung (§ 3 Abs.1 Z3 FSG) für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, gerechnet ab 4. November 2011 (= Zustellung des Mandatsbescheides), entzogen und gleichzeitig festgestellt, dass für die Dauer der Nichteignung gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG auch das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen untersagt ist. Des weiteren wurde dem Berufungswerber nach § 30 Abs.1 FSG das Recht, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt und er gemäß § 29 Abs.3 FSG aufgefordert, seinen österreichischen Führerschein als auch einen allfällig vorhandenen ausländischen Führerschein unverzüglich abzuliefern.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 14. Februar 2012, hat der Berufungswerber rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 21. Februar 2012 - Berufung erhoben, in welcher er im Ergebnis die neuerliche Begutachtung seiner Fahrtauglichkeit, die Möglichkeit der Absolvierung einer Probefahrt (gemeint wohl: Beobachtungsfahrt) und die befristete Erteilung der Lenkberechtigung – zumindest - für die Klasse B anstrebt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 2. März 2012, GZ VerkR21-349-2011-GG, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages der Verfahrensparteien und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Aus Anlass der Verlängerung seiner bis 6. November 2011 befristet erteilten Lenkberechtigung für die Klassen AV, A, B, B+E und F unterzog sich der Berufungswerber am 28. Oktober 2011 über amtsärztliche Zuweisung bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. x, einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung.

Entsprechend dem darüber erstatteten fachlichen Gutachten vom 28. Oktober 2011 leidet der Berufungswerber an einem organischen Psychosyndrom (Persönlichkeitsveränderung) nach Schädel-Hirn-Trauma vom Frontalhirntyp mit wiederholten Impulskontrollstörungen, an einem sekundären Parkinsonsyndrom unter laufender Risperdaltherapie und an Hypakusis (Schwerhörigkeit).

 

Die Fachärztin stellte beim Berufungswerber sowohl im psychopathologischen als auch im neurologischen Status Einschränkungen, insbesondere eine deutliche Verlangsamung, Konzentrations- und Auffassungsstörungen, eine Störung aller kognitiven Funktionen, Schwerhörigkeit, eine Verlangsamung der Bewegungen und der Motorik sowie einen seitenbetonten Tremor, fest. Die Gutachterin kam auf Grund dieser psychopathologischen und motorischen Einschränkungen, die auch die Reaktionsfähigkeit betreffen würden, zum Ergebnis, dass der Berufungswerber aus neurologisch-psychiatrischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 derzeit gesundheitlich nicht geeignet ist.

 

Das amtsärztliche Gutachten nach § 8 FSG der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Freistadt Dr. x vom 21. Dezember 2011, GZ San20-7-153-2011, stützt sich bei seiner Aussage im Wesentlichen auf diese neurologisch-psychiatrische Stellungnahme und weiters auf eine fachärztliche Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Dr. xx, x, vom 2. November 2011, wonach beim Berufungswerber auch eine bedeutende Schwerhörigkeit vorliege. Die Amtsärztin beurteilt den Berufungswerber unter Zugrundelegung der benannten Befunde zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 (Klassen A, B, E und F) sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen als gesundheitlich nicht geeignet.

 

Auf Grundlage dieses amtärztlichen Gutachtens erließ die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den nunmehr angefochtenen Entziehungsbescheid vom 7. Februar 2012, wogegen der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ergriff.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 8 Abs.1 erster Satz FSG hat der Antragsteller der Behörde vor der Erteilung einer Lenkberechtigung ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen (§ 8 Abs.2 FSG).

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten auszusprechen:

„geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet”. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

...

4.     zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat so hat das Gutachten „nicht geeignet” für die entsprechenden Klassen zu lauten.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen ...

...

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1.     um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 achter Satz oder

2.     um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Gemäß § 29 Abs.3 erster Satz FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

5.2. Auf Grund der schlüssigen neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme und des darauf aufbauenden amtsärztlichen Gutachtens steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat nachvollziehbar und unzweifelhaft fest, dass die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen sämtlicher Klassen der Führerscheingruppe 1 sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen derzeit nicht vorliegt.

 

Die Inbetriebnahme und das Lenken von Kraftfahrzeugen erfordert ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung, das der Berufungswerber nach den schlüssigen gutachtlichen Feststellungen jedoch derzeit nicht besitzt. Es erscheint aus diesem Grund zum gegenwärtigen Zeitpunkt die neuerliche Überprüfung der gesundheitlichen Eignung sowie die Durchführung einer Beobachtungsfahrt, die gemäß § 8 Abs.2 letzter Satz FSG ohnedies grundsätzlich nur dann anzuordnen ist, wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, nicht sinnvoll.

 

Angesichts der klaren Sach- und Rechtslage musste deshalb die Lenkberechtigung des Berufungswerbers für die Führerscheingruppe 1 (Klassen AV, A, B, B+E und F) gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG entzogen und im Hinblick darauf der gegenständlichen Berufung ein Erfolg versagt werden.

 

Mangels derzeitiger gesundheitlicher Eignung des Berufungswerbers, welche gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung darstellt, ist eine befristete Erteilung der Lenkberechtigung - wie beantragt – rechtlich nicht möglich. Im Interesse der allgemeinen Sicherheit im Straßenverkehr (Verkehrssicherheit) und damit des Schutzes der Allgemeinheit dürfen nur Personen Inhaber einer Lenkberechtigung sein, die gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der jeweiligen Klasse ausreichend geeignet sind.

Berufliche, wirtschaftliche oder persönliche Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung.

 

Das Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge ist eine gesetzliche Folge der Entziehung der Lenkberechtigung und steht nicht zur behördlichen Disposition   (§ 24 Abs.1 letzter Satz FSG). Die Ablieferungspflicht des Führerscheines ist in   § 29 Abs.3 FSG begründet. Hierbei handelt es sich ebenso um eine zwingende gesetzliche Anordnung.

 

Die Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen stützt sich auf die gesetzliche Bestimmung des  § 30 Abs.1 FSG und ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls dann auszusprechen, wenn die Voraussetzungen für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen ist in § 32 Abs.1 Z1 FSG begründet und ist ebenso zu Recht erfolgt. 

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG. Die Teilnahme am Straßenverkehr durch Kraftfahrzeuglenker, welche die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht erfüllen, stellt grundsätzlich eine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit dar. Es war somit Gefahr im Verzug gegeben, weshalb der Berufung zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

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