Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101042/11/Bi/Fb

Linz, 20.09.1993

VwSen - 101042/11/Bi/Fb Linz, am 20. September 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des M.B. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D. S., vom 29. Dezember 1992 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ..vom 15. Dezember 1992, VerkR96.., verhängten Strafe zu Recht:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 4.000 S sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 400 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG, § 99 Abs.3a StVO 1960. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit Straferkenntnis vom 15. Dezember 1992, VerkR96.., über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit.a Z10a und § 99 Abs.3a StVO eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er am 18. Jänner 1992 um 11.40 Uhr im Gemeindegebiet von A. auf der W. bei km 174,600 in Richtung W. den PKW, Kennzeichen .., im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 168 km/h gelenkt hat, wodurch er die in diesem Bereich erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 68 km/h überschritten hat. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 600 S auferlegt.

2. Gegen die Höhe der verhängten Strafe hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Der Rechtsmittelwerber hat in der Berufung ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt, diesen Antrag jedoch mit Schriftsatz vom 2. September 1993 zurückgezogen. Da sich die Berufung im übrigen nur gegen die Höhe der Strafe richtete, war eine Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, seine in L. wohnhafte Schwester sei zum Zeitpunkt der Übertretung schwer erkrankt und habe sich in stationärer Behandlung im LKH L. befunden. Seine Mutter H. T. habe beabsichtigt, das inzwischen bei einer Nachbarin befindliche Kind seiner Schwester abzuholen und diese in der Intensivstation zu besuchen. Diese Ausnahmesituation mit den daraus resultierenden psychischen Belastungen seien der Grund dafür gewesen, daß er die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen habe. Weiters sei seine Einkommenssituation (netto 12.000 S monatlich) sowie die ihn treffende Sorgepflicht zu berücksichtigen. Mildernd sei weiters sein Geständnis und die damit gezeigte Schuldeinsicht sowie seine Unbescholtenheit zu werten. Erschwerungsgründe stünden dem nicht gegenüber, sodaß die verhängte Strafe wesentlich herabzusetzen sei. Er beantrage seine, sowie die Einvernahme der Zeugin H. Telsnig, wobei zur Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung vorgeschlagen werde, das Berufungsverfahren gemäß § 29a VStG dem unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten zu übertragen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

In rechtlicher Hinsicht ist zum Berufungsvorbringen auszuführen, daß eine Übertragung des Berufungsverfahrens gemäß § 29a VStG an den unabhängigen Verwaltungssenat des Wohnsitzes des Rechtsmittelwerbers in den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen ist. Da nach dem Ausspruch der Erstinstanz die Übertretung in Oberösterreich begangen wurde, ist der oberösterreichische Verwaltungssenat gemäß § 51 Abs.1 VStG zur Berufungsentscheidung zuständig. Dem Ansinnen des Rechtsmittelwerbers würde außerdem entgegenstehen, daß die Vollziehung in Angelegenheiten der Straßenpolizei gemäß Art.11 B-VG 1920 idF von 1929 Landessache ist, was eine Übertragung an den Senat eines anderen Bundeslandes gemäß § 29a zweiter Satz VStG ausschließen würde.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen, und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S (bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe).

Die Zeugin H.T. hat bei ihrer Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Klagenfurt im wesentlichen die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers bestätigt, wobei sie betonte, sie habe sich über den Gesundheitszustand ihrer Tochter und den Verbleib ihres Enkelkindes Sorgen gemacht und deshalb gedrängt, so schnell wie möglich nach L. zu gelangen. Ihre Tochter sei mit offener Tuberkulose ins Krankenhaus eingeliefert worden und habe vor diesem Zeitpunkt bereits drei Selbstmordversuche gemacht, sodaß sie natürlich daran interessiert gewesen sei, so schnell wie möglich mit ihr in Kontakt zu treten, wobei sie auch nicht gewußt habe, wo sich das zweieinhalbjährige Enkelkind aufhalte. Sie und ihr Sohn seien wegen der Tochter sehr beunruhigt gewesen. Ihr Sohn habe sie knapp vor 8.00 Uhr abgeholt und sie seien über die P. nach L. gefahren.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist durchaus nachvollziehbar, daß sich der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Übertretung in einer angespannten psychischen Situation befunden hat, obwohl ihm vor Augen zu führen ist, daß selbst eine derartige, wie von ihm und seiner Mutter geschilderte Situation eine Geschwindigkeitsüberschreitung im festgestellten Ausmaß schon aufgrund der mangelnden Reaktionsmöglichkeit und daraus resultierenden Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen kann. Seine Schwester hat sich zum Zeitpunkt der Fahrt nach L. bereits im Krankenhaus und zwar in der Intensivstation befunden, sodaß eine sofortige Hilfeleistung im Notfall gewährleistet gewesen wäre. Nachvollziehbar ist allerdings, daß die Mutter des Rechtsmittelwerbers sich Sorgen über den Verbleib des kleinen Enkelkindes machte und auch deshalb den Rechtsmittelwerber zur Eile antrieb.

Insgesamt gesehen ist unter Berücksichtigung der als Milderungsgrund zu wertenden Umstände sowie der weiteren Milderungsgründe der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers sowie des Umstandes, daß er bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hatte, und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stand, daß die Tat aus achtenswerten Beweggründen und vor Vollendung seines 21. Lebensjahres begangen wurde, entsprechend zu berücksichtigen, sodaß trotz des sehrwohl als Erschwerungsgrund anzusehenden Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung um fast 70 % mit einer Herabsetzung der verhängten Strafe vorzugehen war.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers (12.000 S netto monatlich, kein Vermögen, Sorgepflicht für ein Kind), wobei es diesem frei steht, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe war im Hinblick auf ihren general- sowie vor allem spezialpräventiven Zweck nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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